Roga Schweigend unter den Genossen, Wie ers nie gewohnt, Wandelt Roga, gramverschlossen, Bleich wie dort der Mond. Stolzer Roga, Sänger, Räuber, Soll dein Ruhm verwehn, Kühner Roga, Stern der Weiber, Willst du untergehn? »Euch zu fliehen, war mein Wille, Aber ich bezwang Mein Gemüth«, so bricht die Stille Roga mit Gesang; Nimmt die Laute, die vertraute, Die ihm Gott beschied, Und die Männerzähre thaute Seinem letzten Lied: »Unterm Schatten der Olive, Auf dem weichen Moos, Lag ein Held, als ob er schliefe, Magdalan im Schoos – Aber diese schönen Wangen, Abendstrahlbegrüßt, Ruhend an der Brust der Bangen, Hat der Tod geküßt.« »Und die Hand des Todten führte Sie zum heißen Mund – Wie mich die Bewegung rührte, Thut euch Niemand kund – Wiegt in träumenden Gedanken Seine Arme, die Wieder ihrer Hand entsanken, Und dann weinte sie,« »Von dem Hügel stieg ich nieder, Trat mit Scheu heran, Wandte weg die Augenlieder, Weil die Thräne rann; Aber schauen mußt ich wieder, Nur nach ihr, ich stand Von der Züge, von der Glieder Anmuth festgebannt.« »Meinem Bruder, sprach die Reine Brach das Augenlicht; Mitleid, Fremdling, haben Steine, Menschen Mitleid nicht. Räuber haben ihn erschlagen, Welcher der Gefahr In des Lebens Maientagen Nicht gewachsen war.« »Als er heimwärts seine Schritte Lenkte von der Jagd, Hat er, ritterlicher Sitte, Tollen Kampf gewagt. Räuber haben ihn erschlagen – Ach, wo ist ein Freund, Der den Jüngling ohne Zagen Rächet, wenn beweint!« »Als ich dieser Trauerzüge Hohe Schönheit sah, Glaubt ich nimmer, daß ichs trüge, Was ich fühlte da. Blicke, die aus Thränen flammen, Und der heilge Schmerz, Schnürten mir die Brust zusammen, Schnitten mir ins Herz.« »Ihrer schmerzbeklommnen Rede Nie vernommner Ton Trieb mir aus der Brust die Fehde, Meinen Haß und Hohn; Ungekannter Regung Gluten Fühlt ich, wie sie sprach, Mich durchfluthen, mich durchbluten, Bis mein Trotz erlag.« »Und ich rief, in Lieb entglommen: Hast du keinen Freund, Hat doch Roga dich vernommen, Hab doch ich geweint Dieser Mord – war meiner Brüder Grauser Zeitvertreib, Du gibst mich den Menschen wieder, – Mädchen, sei mein Weib!« »Laß mich deiner seelenvollen, Strahlenden Gestalt Feurige Bewundrung zollen, Bis mein Wort verhallt; Bis der Athem aus dem Busen Nimmer kehrend geht, Bis verlassen von den Musen Dieser Geist verweht!« »Aber sie, wie eine Rose, Wenn die Knospe bricht, Hob sich leuchtend aus dem Moose, Glut im Angesicht – Und mit Augen, wundersamen, Stolz und sternenkalt, Daß mich Schauer überkamen, Schreitet sie zum Wald.« »Und sie ließ mich bei dem Todten, Wo ich, wie gebannt, Wie gewurzelt in den Boden, Lange starrend stand; Bis mich Nacht und Donner schreckten, Und der Eulen Schrei, Bis mich wilde Blitze weckten Aus der Träumerei.« »Alle Wälder, alle Fluren, Stadt und Burg und Land Forscht ich aus nach ihren Spuren, Die ich nirgends fand. Und der Abend sah mich wieder Am Olivenbaum, In der Brust der Qualen Hyder Und das Haupt voll Traum.« »Doch wo ist der Jüngling heute? Wo die Schwester, wo? Wieder schaut ich starr ins Weite, Hin, wo sie entfloh. Lange bin ich so gestanden, Habe so gestarrt, Bis die Sterne wieder schwanden Und es Morgen ward.« »Ach! und von der Wunderbaren, Der mein Lied erklang, Hab ich nimmer was erfahren, Tage, Monden lang – Magdala, der theure Name, Süß in jedem Mund, Ward mir einzig von der Dame Meines Herzens kund.« »Nun versandet ohne Gnade Liegt des Friedens Born; Meines Lebens sichre Pfade Haben sich verworrn. Dem Vollkommensten der Wesen, Das ich schauen sollt, Blutge Trübsal auserlesen Hab ich nicht gewollt.« »Wilde Brüder, Waldgenossen, Meiden muß ich euch, Denn ihr habt ein Blut vergossen Außer meinem Reich – Roga wankt, der heldenkühne, Ihr macht Roga bleich, Aber eine große Sühne Biet ich mir und euch!« »Wilde Brüder, Waldgenossen, Horcht, gehorchet mir! Meinen Tod hab ich beschlossen, Sterben will ich hier. Kann, o kann das Herz noch pochen, Hat das Leben Sinn, Wenn der Seele Schwert zerbrochen, Wenn der Muth dahin?« »Lasset eure Dolche blitzen In des Mondes Schein! Taucht die so geweihten Spitzen Tief ins Herz mir ein! Bis der Athem aus dem Busen Nimmer kehrend geht, Bis verlassen von den Musen Dieser Geist verweht!«