Die Bahnstation Rechts die Fabrik mit ragendem Schlot, Und der Bahnhof, wie tot, Mit hartem, kaltem Beamtengesicht. Links, nur auf sandigem Wege erreichbar, Einem Schmutzfleck vergleichbar Im Landschaftsbild, Die Glashütte. – Wild Und wüst umher: Schutt, Scherben und Schlacken. Ein Männerstiefel, zerlocht, ohne Hacken, Und ein rostiger, zerbeulter Kessel Feiern in Klee und Nessel Unterm Heckengehege Am Wege. Arbeiterwohnungen, langgestreckt Unter ein Dach gesteckt, Weiß getüncht, doch sauber nicht, Verfreundlicht von vollem Sonnenlicht. Vor allen Thüren Kinder und Weiber. Die Männer sitzen beim Zeitvertreiber, Beim Bierskat, oder die Kegelbahn Hat's ihnen angethan. Es ist Sonntag heute. Nach Wochenplag' Will der Mann einen frohen Tag. Die Weiber tragen immer ihr Pack, Feiern zu Hause bei Kaffee und Schnack, Haben immer zu thun, Können selten ruhn. Hahn, Hühner und Hennen Mit piepsendem Völkchen scharren und rennen. Unterm Zaun die große graue Katz' Rückt nicht vom Platz Und blinzt nach den Kücken. Welch' Trippeln, Picken und Pflücken. Auf dem Schutt, am Graben, am Weg, überall. Bei jedem Haus fast ein Hühnerstall. Auch Kaninchen mit weichen Fellen Entschlüpfen Verschlägen, dummschlaue Gesellen, An den Ohren zurückgetragen, Wenn sie zu weit davon sich wagen. Scherbengeflirr und -gefunkel, Weibergeplausch und -gemunkel, Kinderspektakel Und Hühnergegakel Überall. Zwischen Fabrik und Fabrik der Wall, Der Bahndamm mit blitzenden Eisensträngen, Bekleidet mit blühenden Seitengehängen: Haidekraut, Löwenzahn und kriechender Wicke. Abseits im Knicke Leuchten abblühender Dorn und Syringen. Aus dem Gärtchen dringen, Des Bahnwarts Gärtchen, Jasmindüfte. So still die Lüfte, Keine Regung, kein Hauch, Als wüssten sie auch, Dass Sonntag heute, Ruhtag. – – – – – – Geläute! Ein Bahnzug donnert heran und hält, Bringt Aufruhr in die kleine Welt. In roter Mütze der Herr »Inspekter«, Die Schultern reckt er, Würdebewusst und wichtig. Wie nichtig Erscheint sich der Kleine vom Dorf daneben. Zum Abschied küsst er die Mutter soeben, Die in die Stadt will, die Tante besuchen, Halb denkt er an Bonbon und Kuchen – Denn Moder bringt jümmers wat mit ut de Stadt – Halb aber hat Er Augen nur für das rote Tuch. Der Zugführer wartet mit Bleistift und Buch. Die Schaffner laufen. Ein Passagier Ruft nach dem Kellner: Schnell ein Bier! Thürenschlagen, Schelten und Fragen. Gleichmütig am Fenster erster Klasse Steht eine Dame. Das feine, blasse Gesicht so müde, so abgespannt. Sie gähnt übermannt. Von den hässlichen Schloten Der Fabrik und der roten Inspektormütze und dem gaffenden Jungen Ist ihr Blick hinübergesprungen Auf das Wiesengelände jenseits des Dammes. Bis zur fernen Linie des Hügelkammes Zieht sich das grüne Gewoge hin. Drei, vier Mäher darin Müh'n sich um kärglichen Sonntagslohn. Verloren herüber dringt ein Ton Vom Schärfen des Stahls. Wie Punkte zeigen, Die gegen die Bläue aufwärts steigen, Sich schwebende Lerchen. Am Horizont, So weit man sieht ist alles besonnt Vom milden Juniabendglanz, Liegt, wie ein halbgewundener Kranz, Wald, von duftigen Schleiern umzogen. Schnell haben das Stückchen Welt überflogen Die müden Blicke teilnahmlos. Die Welt ist so groß Und tausendmal schöner wo anders, als hier. Was ist dies Fleckchen Erde ihr? Die Wiesen, die Mäher, die gaffenden Kleinen, Die an der Barriere lachen und weinen, Sich stoßen und schelten, In Frieden selten; Das blasse Weib mit dem Säugling dort, Der ganze dürftige, rußige Ort. Wie alles sie langweilt. Abgewandt Gähnt sie hinter behandschuhter Hand. Wieder Geläute! Schreien und Laufen, Ein gellender Pfiff, ein Pusten und Schnaufen. Fern, fern verhallt's, verschwindet's. Husch! Vorüber! Ein Spuk? – Im Fliederbusch Flötet die Drossel, und leise, ting, ting, Von den Wiesen herüber grüßt Sensengekling'. Harmonikatöne von irgendwo. Es ist doch Musik, wenn auch so so. »Mädel ruck ruck ruck an meine grüne Sei – eite, Ich hab dich ja zu gern« – Aus duftiger Weite Blinzelt lustig der erste Stern. Wie lang, und vom Walde herüber kommt sacht Querfeld auf weichen Sohlen die Nacht.