8. Aus dem Pastor Fido Ihr blindes Volk, so euch denn dürstet so, viel Schätze, Geld und Gut zu haben, indem euch macht der liebe Geldsarg froh, darein ein güldnes Aas vergraben, welches schleicht um seine Gruft als ein Schatt' und blasse Luft, was könt ihr Lust an toter Schönheit haben? Reichtum, Schätz' und andre Güter haben keine Gegengunst, wahre, lebensvolle Brunst. Die Gemüter sind Gemüter. Alles andre, weils nicht wieder Liebe giebet, ist nicht wert, daß es die Liebe liebet. Die Gegenbulerin, die Seele nur allein kan eines Bulern wert und Liebe würdig sein. Es ist wohl ein süßes Wesen um den Kuß; den man gelesen von dem rosenroten Angesicht'; aber doch, wer nach der Warheit Pflicht (wie die ihr, ihr Buler, pflegt, als die ihr es wisset, die ihrs versucht) bekennt, wird sagen müssen, es sei ein totes Küssen, das die geküßte Zier nicht wieder küsset. Der verliebten Lippen Schmätze zweier herzvertrauten Schätze, wenn sich Mund mit Munde schlägt und der Streit zugleich erregt, wenn die Lieb' auf eins in Eil' einen und den andern Pfeil mit versüßter Rache zücket und auf einen Feind lostrücket, diß laßt mir Küsse sein, da eins so viel bekömmt mit ebengleicher Lust, so viel das andre nimmt. Es küsse nur ein wolverschlagner Mund die Brust, die Hand, die Stirn' und merke gar genau, so wird es ihm bald werden kund, daß sonst kein einigs Glied an einer schönen Frau als nur der Mund ihn wieder könne küssen, da Seel' und Seel' in Lust zusammen fließen und sich auch küssen müssen. Durch die regen, fremde Geister hauchen sie des Lebens Wind in die küssenden Rubinen, also daß die edlen Meister manches Wort von großen Sachen doch in kleinem Halle machen, von den Händeln so nur ihnen kund, uns andern heimlich sind. In einer solchen Lust, ja solchem Leben schwebt ein liebesvoller Geist, der in dem andern lebt, und sind die wiederum so bald geküßten Küsse, als wenn zwei liebender geliebter Herzen Füße einander unversehns begegneten, so süße.