25. An die baltischen Sirenen 1636 März 4. Auf alle meine Lust und Freud', auf alle meine Wonne empfind' ich nun die trübe Zeit, daß mir scheint keine Sonne. Blitz, Regen, Nebel, Sturm und Wind sind mich zu töten ganz gesinnt, das Wetter schlägt zusammen mit Güssen und mit Flammen. Seit daß ich euer bin beraubt, ihr Schönsten auf der Erden, ist mir ganz keine Lust erlaubt, ich kan nicht frölich werden. Ich weiß es, wie und was es sei um ewige Melancholei, weil nichts in meinem Herzen regiert als bittre Schmerzen. Leg' ich mich oder steh' ich auf, wach' oder schlaf ich wieder, so schläget Pein und Angst vollauf mein mattes Herze nieder. Ich schaffe, was ich immer kan. Bald greif' ich das, bald jenes an, doch kan ich meiner Plagen mich nimmermehr entschlagen. Habt ihr mich auch recht froh gesehn, ihr baltischen Sirenen? Ist mir von Herzen wol geschehn bei eurer Lust, ihr Schönen? Zwar eure Gottheit nahm mich ein, daß ich euch mußte günstig sein, doch war ich nie ohn' Schmerzen um meines Herzens Herzen. Apollo, der du alles weißt, Apollo, sei mein Zeuge, daß mir mein hochbetrübter Geist nicht zuläßt, daß ich schweige. Ich singe meiner Angst Begier den Wäldern und den Vögeln für. Die Vögel und die Wälder, die schreiens durch die Felder. Zythere, Mutter meiner Pein, ach sei doch einmal milde! Soll allzeit ich entnommen sein so manchem schönen Bilde? Ich flehe deinen Wagen an. Will Jupiter, ich werd' ein Schwan, ich werd' ein güldner Regen von meiner Liebsten wegen. Und du, o Stifter dieser Not, Kupido, dem ich flehe, bist du des Himmels stärkster Gott, so wehre diesem Wehe! O Kind, o Knabe, groß von Macht, nim deinen Diener doch in Acht, der sich erbeut, sein Leben in deinen Tod zu geben. Reißt aus, ihr Ströme meiner Qual, reißt aus, ihr Tränenbäche, befeuchtet meiner Wangen Tal, weil ich fast mehr nicht spreche. Brecht, meine Seufzer, durch die Luft, weil ich mich ganz hab' abgeruft, sagts, daß ich bin verloren, in ihre leise Ohren. Leander war ein Glückeskind für mir und meinesgleichen. Ihn hat verschlungen See und Wind vor seiner Liebe Zeichen. Ich walle durch das wilde Meer itzt hier, itzt da, bald hin, bald her. Mein Leitstern, eure Liebe verlöscht mir durch das Trübe. Laß aber diese Klagen sein, o mein Geist, o mein Wille. Auf Regen folget Sonnenschein, auf Sturmwind sanfte Stille. Tritt unter dich, hüll' dich in dich, bis daß das Wetter lege sich. Was man nicht kan vermeiden, das muß man tapfer leiden. Ach, Schönste, die der Himmel liebt und was den Himmel kennet erfreut mich, wie ihr mich betrübt, löscht, wie ihr mich verbrennet. Ein einiges Gedenken macht, daß dieser Mund auch weinend lacht. Wollt ihr dem Schaden schaden, so laßt mich sein in Gnaden. Merkt, was euch dieser Mund verspricht, das schwört sein Herze drinne. Aus meinem Sinne kommt ihr nicht, weil ich mich selbst besinne. Ihr Püsch', ihr Bäche, höret zu, du ungeneigter Himmel du, sag' ich es nicht von Herzen, so dupple mir die Schmerzen. Klagt mit mir mein Verhängnüß an, ihr adelichen Damen, und weil ich selbst nicht kommen kan, so nehmet meinen Namen. Vergießt ihr denn ein Tränlein nur um mich verlaßne Kreatur, ach wol mir, wol mir Schwachen, diß wird mich stärker machen! Säumt nicht, ihr trüben Zeiten ihr, säumt nicht, verlauft geschwinde, daß ich der Erden schönste Zier in ihrer Schönheit finde. O Menschentrost, o Götterzier, ach Föbus, scheine balde mir, laß mir nach diesen Plagen es frölich wieder tagen. Seid tausent tausentmal gegrüßt, ihr Sonnen meiner Freuden! Seid durch die hole Luft geküßt, ich muß und soll mich scheiden. Ade, zu guter Nacht, Ade, mein Herze bricht mir vor dem Weh', Ade, ihr Mensch-Götinnen, darmit bin ich von hinnen.