Der alte Derffling Es haben alle Stände So ihren Degenwert, Und selbst in Schneiderhände Kam einst das Heldenschwert; Drum jeder, der da zünftig Mit Nadel und mit Scher', Der mache jetzt und künftig Vor Derffling sein Honneur. In seinen jungen Tagen War das ein Schneiderblut, Doch mocht' ihm nicht behagen So Zwirn wie Fingerhut; Und wenn er als Geselle So saß und fädelt' ein, Schien ihm die Schneiderhölle Die Hölle selbst zu sein. Einst, als das Nadelhalten Ihm schier ans Leben ging, Dacht' er: ›Das Schädelspalten Ist doch ein ander Ding‹; Fort warf er Maß und Elle Voll Kriegslust an die Wand Und nahm an Nadels Stelle Den Säbel in die Hand. Sonst focht er still und friedlich Nach Handwerksburschen-Recht, Jetzt war er unermüdlich Beim Fechten im Gefecht; Es war der flinke Schneider Zum Stechen wohl geschickt, Oft hat er an die Kleider Dem Feinde was geflickt. Er stieg zu hohen Ehren, Feldmarschall ward er gar, Es mocht' ihn wenig kehren, Daß einst er Schneider war; Nur, fand er einen Spötter, Verstund er keinen Spaß Und brummte: »Für Hundsfötter Ist hier mein Ellenmaß.« Krank lag in seinem Schlosse Der greise Feldmarschall, Keins seiner Lieblingsrosse Kam wiehernd aus dem Stall; Er sprach: »Als alter Schneider Weiß ich seit langer Zeit, Man wechselt seine Kleider – Auch hab' ich des nicht Leid. Es fehlt der alten Hülle In Breite schon und Läng', Der Geist tritt in die Fülle, Der Leib wird ihm zu eng; Gesegnet sei dein Wille, Herr Gott, in letzter Not!« Er sprach's und wurde stille – Der alte Held war tot.