Emanuel Geibel Juniuslieder Morgenländischer Mythus Welch ein Schwirren in den hohen Lüften Nächtlich überm Kaschmirsee! – Von Flügeln Rauscht's, als kämpften droben Schwan und Rabe Flatternd hin und her, und wundersame Stimmen gehn dazwischen, scheltend, flehend. Weithin trägt den Schall der Wind im Mondlicht. Danhasch ist's, der dunkeln Geister einer, Die gebannt sind aus den obern Lüften, Danhasch und die schöne Fei Maimune Vom Gebirge Saleh. Durch die Mondnacht Leis auf silbernem Wolkenkahne schiffend, Traf den dunklen Dschinn auf ihrer Bahn sie; Nun bedräut sie ihn mit heftigen Worten: »Sohn der Finsternis, sag' an, wie wagst du Frech mit deinem gottverhaßten Anblick Meinen Pfad zu kreuzen, ein dich drängend In die Region, die dir versagt ist? Weißt du nicht, daß ich mit mächtigem Spruche Nun dich schmieden könnt' an Kafs Gebirge, An den steilsten Fels, daß blutige Geier Langsam dich zerfleischten, oder schleudern In den See der grausen Rochen Spielwerk?« Scheu zusammen schrak der Dschinn; die Arme Streckt' er flehend aus und redet' also: »Sei mir gnädig, schöne Fei Maimune! Denn du hast Gewalt, mich zu verderben; Aber glaub', es konnte nur ein Wunder So die blöden Sinne mir verwirren, Daß des Bannes ich vergaß. Doch schwöre, Schwör, o Holde, Freiheit mir und Leben, Schwör es mir bei Salomonis Siegel, Und ich will, was mir geschehn, dir künden.« Ihm erwiderte drauf die Fei Maimune: »Nicht verdienst du solche Huld, doch will ich Gnädig sein. Dich frei zu lassen schwör' ich Ungestraft bei Salomonis Siegel, Sprichst du lautre Wahrheit, aber leugst du, Wehe dir! so schleudr' ich aus den Lüften In der Fluten Abgrund dich, Verfluchter!« Tief aufatmend sprach der dunkle Danhasch: »Hohe Herrin, fern aus Indien komm' ich Blitzesschnell; du weißt, wie Geister reisen. Dort am Ganges liegt ein prächtiger Garten, Palmenreich, gehüllt in Duft. Inmitten Zwischen Laubgerank und springenden Brunnen Ruht auf blanken Säulchen eine Kuppel, Goldne Gitter sind die Wände drunter. Aber drinnen wohnt die Königstochter Badur, die so lieblich wie der Mond ist. Ach, ich weilte dort den langen Abend, Konnte mich nicht satt schaun an der Holden, Wie sie Laute schlug und sang und lachend Mit dem schönen farbigen Vogel spielte, Der im silbernen Reif zu ihren Häupten Hin und her sich schwang. So oft ich zögernd Von dem reizenden Bild die Augen kehrte, Immer wieder zog's mich hin, und endlich, Als ich floh, gedacht' ich tief im Herzen Ihrer nur und achtete nicht des Weges. Doch gewiß ist dies: sie ist das schönste Unter allen lebenden Menschenkindern.« Zornig blickt' ihn an die Fei, und: »Töricht«, Sprach sie, »redest du, o dunkler Danhasch. Weil die Königstochter dir den dumpfen Sinn verwirrte, hältst du sie für einzig. Aber wisse, schöner, zehnmal schöner Ist der schlanke Jägersmann Nurreddin, Den ich rasten sah bei Mondesaufgang Unterm Fichtenbaum am Berge Saleh. Reizend lag er da, aus frischem Schlummer Wie die Sonn' aus Meereswellen atmend. Wär' er nicht ein Mensch, ich müßt' ihn lieben!« »Zürne nicht«, versetzt' der Dschinn, »ich habe Lautre Wahrheit dir, o Fei, verheißen, Lautre Wahrheit red' ich. Mag der Jäger Schlank und hoch sein wie des Bergs Zypresse, Blühend wie die junge Morgenröte – Dennoch schöner ist die liebliche Badur.« Also stritten in der Luft die Geister Überm See noch viel mit heftigen Worten, Sie den Weidmann, er die Jungfrau preisend. Doch zuletzt beschloß die Fei Maimune: »Zwar nicht Ehre bringt es, solchen Gegner Siegreich zu bestehn, doch meine Laune Gönnt es dir, daß wir Entscheidung suchen, Drum wohlauf! Entfalte deine Schwingen, Nach dem Palmengarten fleuch am Ganges, Und die Königstochter trag' im Schlummer Auf mein Schloß; du sollst in seinen Toren Schon den Jägersmann Nurreddin finden; Auch ein Schiedsmann wird uns dort bestellt sein.« Sprach's, und eilig zog das Silberwölkchen, Das sie trug, von scharfem Wind getrieben, Wie ein wilder Schwan zum Berge Saleh. Aber Danhasch breitete seine schwarzen Fittich' aus und flog hinab gen Indien. Hastig durch die Lüfte schießt der Falke, Schneller schwirrt ein Pfeil, am schnellsten aber Ist der Flug der Geister und Gedanken. Unter ging der Mond, da sah in seinem Letzten Silberblick der dunkle Danhasch, Mit der holden Bürd' aus Indien kehrend, Liegen schon das Hochgebirge Saleh Und das Schloß der Fei, auf zackigem Gipfel Kühn gebaut von Geisterhand. Er schwebte Drüber bald wie eine Wolke Rauches; Dann langsameren Flugs herab sich lassend, Trat er auf das Dach und schritt auf fünfzig Breiten Stufen nieder in die Hallen. Aber sanft in seinen Arm gebettet Wie ein Kindlein schlief die rosige Badur Ahnungslos. Jetzt rauscht' ein seidner Vorhang Faltenreich zurück von hoher Pforte, Und geblendet stand der Dschinn – es strömte Plötzlicher Glanz ihm in die blöden Augen. Denn geschlossen in des Saales Decke Brannt' ein riesiger Demant, wie die Sonne Seliges Licht in milden Strahlen schießend. Rings umher an reich durchbrochenen Wänden Rankt' es grün; unzählige Stauden tauchten Weiße Blüten, tiefe Purpurkelche In den spielenden Schein; es wallten tausend Wohlgerüche durch den lauen Äther. Aber mitten im Gemach, auf weißen, Elfenbeinernen Pfosten zierlich ruhend, Stand ein breites Lager; rote Seide Floß auf schwellende Polster hingebreitet Rings herab. In tiefen Schlaf versunken Ruhte dort der Jägersmann Nurreddin. Lange stand gebannt der dunkle Danhasch Regungslos, er hatte nie im Herzen Solche Herrlichkeit geahnt. Doch endlich, Auf die Last in seinen Armen blickend, Schritt er zögernden Fußes hin zum Lager Und sich beugend legt' er sanft die schöne Badur an des schlummernden Jünglings Seite. Leise trat herzu die Fei, zum Lager Hin die Blicke wendend, und die Lippen, Die sie schon, den dunkeln Geist zu höhnen, Halb geöffnet, blieben stumm. In tiefes Anschaun ganz versunken stand sie schweigend, Schweigend neben ihr der dunkle Danhasch. Aber wie am Pomeranzenbaume Blüt' und goldne Frucht an einem Aste Oft erscheint, daß du vergeblich sinnest, Was du missen möchtest, also ruhten Beieinander jene zwei Erkornen, Beid' im Bade seligen Schlummers, beide Von dem unaussprechlichen Reiz umflossen, Der der Jugend Zauber ist. Ihm ruhte Auf dem Arm das Haupt; in lichtem Goldbraun Floß von schimmernder Stirne Lock' an Locke, Doch um Wang' und Kinn, wie Flaum des Pfirsichs, Sproßt' ihm Ahnung künftigen Barts; ein leises Lächeln schwebt' auf seinen blühenden Lippen, Süßen Traum verkündend. Also lag er Tiefberuhigt, hingestreckt in Schönheit. Aber hold in sich geschmiegt, als hätt' ein Süßverhüllt Geheimnis sie zu wahren, Lag die liebliche Badur. Leise stieg ihr, Wie im Schlaf sie atmete, Rosenanhauch In der Wangen zart durchsichtige Blässe Blumenhaft. Des Auges holde Seele Deckten sanft die langen, seidnen Wimpern, Schwarz wie Nacht, und schwarz in reichen Wellen Wogt' herab des glänzenden Haares Fülle, Daß sie fast den silbernen Fuß berührte, Der verstohlen aus den Falten vorsah. Endlich sprach die schöne Fei Maimune: »Sohn der Finsternis, du siehst mich staunen! Reizender wahrlich, als ich denken mochte, Ist die Maid vom Palmenhain am Ganges; Dennoch dünkt der Jägersmann mich schöner. Doch in eigner Sache Recht zu sprechen Ziemt sich nicht. Der schönheitskundige Gasban, Der aus Erz und farbig edeln Steinen Tag und Nacht am Herd des untern Feuers Kunstreich für die Burg des Geisterkönigs Bilder formt, er mag den Streit entscheiden.« Sprach's und dreimal mit dem Fuße stampfte Sie den Marmorgrund und murmelte Worte Dunkeln Sinns, – da öffnete sich der Boden, Und dem Spalt entstieg der kundige Gasban, Mißgestaltet selbst, der Schönheit Bildner. Aus der Werkstatt kam er her, sein dunkles Antlitz brannte kupferfarb vom heißen Widerschein der Lohe; grün von Goldstaub Starrten ihm die kunstgewandten Hände, Drin er noch die Feile trug. Er neigte Sich der Fei und sprach die kurzen Worte: »Was begehrst du? Sprich! Ich bin zur Stelle.« Ihm erwiderte drauf die Fei Maimune: »Meister, wohl im ganzen Geisterreiche Ist kein einziger aller Form und Schönheit Kundig so wie du, der du im Herzen Täglich hundertfache Gestaltung aussinnst Voll von Reiz und dann in Erz sie bildest; Drum verlangt uns hier nach deinem Spruche. Sag' uns, welches von den Menschenkindern, Die auf jenem Lager ruhn, ist schöner?« Mit neugierigen Augen auf die Schläfer Sah der kundige Gasban. Freundlich grinsend Nickt' er mit dem Haupt und schüttelte wieder, Wie der Kaufmann, wenn er zögernd Gold wägt; Prüft' und prüft' aufs neu, und endlich sprach er: »Holde Fei, der Fall ist schwer zu schlichten; Denn wohin ich auch die Blicke wende, Find' ich eitel Reiz; und keinen Mangel Kann ich weder dort noch hier entdecken. Doch sie ruhn im Schlaf. Der Schönheit Blüte Aber ist Bewegung, wenn die Seele In des Auges Glanz, im Schwung der Glieder Sich enthüllt. Vielleicht, wenn du sie wecktest, Möchten wir ein billig Urteil finden.« Zögernd stand die Fei, da schwirrte Danhasch Schon, zur riesigen Fledermaus verwandelt, Durchs Gemach. Mit hastigem Flügelschlage Traf er dann der Jungfrau nackte Sohle, Sie zu wecken. Doch die Fei Maimune, Keinen Vorsprung lassend ihrem Gegner, Ward zur Taube rasch; mit weißem Fittich Rührte sie des Jünglings lockige Scheitel. Doch die beiden, aus dem Schlaf erwachend, Glaubten noch zu träumen, schwankend blickten Sie sich um, des schönen, unbekannten Raumes fremde Wunder nicht begreifend. Und wie Kinder, die der Glanz der Sonne Blendet, tasteten sie umher. Da rührte Sacht des Jägers Hand den Arm der Jungfrau, Und sie sahn sich an. Und wie am Morgen Erst ein rosiger Schimmer leis am Himmel Aufgeht, und dann höher, immer höher Selige Glut emporweht, also zog es Lodernd über ihr Gesicht; vergessen Waren rings umher die blühenden Rätsel, Denn sie schauten sich ; sein dunkles Auge Hing an ihrem blauen. Aber plötzlich In jungfräulicher Scham zusammenschauernd, Wandte sich die liebliche Badur. Tränen, Heiße Tränen brachen aus den langen Wimpern ihr hervor, sie wollte fliehen. Doch mit flehender Stimme rief der Jüngling: »Bleib, o süßes Traumbild, bleib, o Holde! O wie nenn' ich dich – du meiner Seele Bester Teil, o wende dich nicht von hinnen! Was ich je vom nächtlichen Wald umsäuselt Wunderbares träumte, was der Frühling, Wenn er von den sonnigen Bergesgipfeln Zwischen Laub und Blüten leis herabstieg, Ahnungsvoll mir sang, was mir des Herzens Heilige Hoffnung still verhieß, ich hab' es Nun gefunden, habe mich selbst gefunden, Mich in dir – o bleib! –« Da kehrte leise Zu dem Flehenden sich zurück die Jungfrau, Bog ihr glühend Haupt, und durch die lichten Tränen lächelnd sprach sie: »Ja, du bist es, Du bist Du und Ich – Du bist mein Leben!« Stumm in Wonne ruhten nun die beiden Atemlos. Mit glänzenden Augen schauten Sie sich an. Sie schlangen ihre Arme Ineinander, daß sich ihre Locken Mit dem lichteren Haar des Jünglings mischten, Und zu seligem Kusse neigte Lippe Sich an Lippe. Doch die Fei Maimune Schwang den silbernen Stab in ihrer Rechten, Und hernieder von der hohen Decke Floß melodisches Säuseln, heiße Düfte Strömten aus den riesigen Blumenkelchen Schlafberauschend – sieh, und mählich lösten Sich der Liebenden Arme – ihre Lippen Rührten nur die Luft, die Wimpern fielen Ihnen zu – vom Zauber überwältigt Sanken sie zurück in tiefen Schlummer. Aber staunend sprach der kundige Gasban: »Wunder habt ihr mir gezeigt, doch fordert Keinen Richterspruch! Von beiden jedes Ist untadelig, aber doppelt reizend Sind sie eins beim andern – er der schönste Mann, und sie das schönste Weib auf Erden.« Sprach's und durch den neu sich öffnenden Abgrund Fuhr er nieder mit Getös. Doch also Redete drauf zum Dschinn die Fei Maimune: »Unser Streit ist aus. Ich unterwerfe Mich dem Urteil Gasbans, welches keinem Sieg erteilt. Du aber, dunkler Danhasch, Auf und trag im Flug die schlafende Jungfrau Heim gen Indien! Eh' der Tag im Osten Wieder dämmert, muß die Fahrt vollbracht sein.« Wie die Fei gebot, so tat der Dunkle. Aber sie, den leichten Wolkenwagen Rasch besteigend, schwebte mit dem Jüngling Nach der Waldschlucht am Gebirge Saleh. Dort am Fichtenbaume, wo sein Jagdspeer Frisch betaut noch lag im Rasen, lehnte Sie den Schlafenden hin und floh von dannen. Als sie aufstieg, krähten schon die Hähne. Prangend wie ein Fürst, der siegreich einzieht, War der goldne Morgen aufgestiegen Über Indiens Hochgebirg'. Ihm hatten Tausend frisch erschlossene Blumenkelche Ihren Weihrauch hingestreut, und lieblich Floß balsamische Luft um Tal und Höhen. Doch im Königsgarten an des Ganges Palmenufer war mit Sonnenaufgang Fröhlich klingendes Leben wach geworden. Frühe schon, bevor des Tages Strahlen Unbescheiden durch die Zweige lauschten, Hatten dort der Königstochter Jungfraun Sich erquickt am Bad im schattigen Teiche, Der vom Dickicht blühender Waldjasminen Hoch umbüscht war. Aber vor der Herrin Spielt' in Jugendlust auf sonnigem Rasen Jetzt die muntere Schar. Sie rührten Zimbeln, Schlugen Tamburin und schlangen Tänze; Andre warfen schimmernde Purpurbälle, Daß die Luft von Schellen klang, und lachten, Wenn die greifende Hand den Fang verfehlte. Aber auf den breiten Marmorstufen, Die empor zum luftigen Gittersaale Führten, saß, gesenkt das holde Köpfchen, Still die liebliche Badur. Nicht wie früher Mochte sie den Scherz der Schwestern teilen Noch im Tanz die flüchtigen Sohlen regen Leichtbeschwingt. Denn wie sich der Granatbaum, Wenn er prangt im grünsten Schmuck der Blätter, In der ersten Nacht des warmen Frühlings Jäh verwandelt und von tausend Blüten Plötzlich brennt in fürstlicher Glut – so war ihr Über Nacht das Herz verwandelt worden. Alle höchste Lust des Menschenlebens Kannte sie und allen Schmerz, und leise, Wie sich selbst zur Ruh' beschwichtigend, sang sie: »O, wo weilst du, Leben meines Lebens, Schönes Traumbild, aber meiner Seele Mehr als Traum, du, aller meiner Gedanken Holder Liebling, meiner Liebe König! Ach, nicht kann ich ja nach deinen Spuren Durch die Wälder pilgern noch der Berge Wildnis und das stürmische Meer durchschweifen, Dich zu suchen! – Aber still im Herzen Will ich dir die heilige Stätte rüsten! Meines Mittags Kühlung, meiner Nächte Mondlicht soll es sein, in treuen Sinnen Dein zu denken, bis du einst, o Hoher, Mild herab dich neigst in meine Kreise. Aber komm! O komm! Ich sterb' in Sehnsucht.« Also sang am blühenden Gangesufer Leise vor sich hin die liebliche Badur. Aber in der Schlucht am Berge Saleh Lag zur Stunde noch in tiefem Schlummer, Wie er nach unruhiger Nacht der Jugend Wimpern drückt, dahingestreckt Nurreddin. Über seinem Haupt mit leisem Rauschen Wogt' im Blau des Fichtenbaumes Krone Hin und her: es quoll behaglich murmelnd Seitwärts übers Felsgestein durch dichtes Oleandergebüsch herab ein Bächlein. Doch, die Schatten lösend, immer höher Schwebte nun die Sonne. Ihre Strahlen Wärmten schon des Jünglings Brust, jetzt trafen Sie den blühenden Mund, und endlich blendend Rührt' ihr Glanz die festgeschlossenen Wimpern. Hastig fuhr er auf, mit starren Blicken Schaut' er suchend um. Er schloß die Augen Nochmals, gleich als zweifl' er, daß er wache, Und dann blickt' er spähend wie ein Falke Wieder um sich her. Doch nichts gewahrt' er Als die waldige Schlucht, zu seinen Füßen Ein unendlich Meer von grünen Wipfeln, Fichten und Platanen, und dahinter Weitgedehnt das sonnige Land, vom blauen Hochgebirg' am fernen Saum umschlossen. Auf nun sprang er, doch am Jagdspeer lehnend Blieb er stehn und sann; und wie er tiefer, Immer tiefer in Gedanken wühlte, Wehte wie der Nachglanz eines Traumes Hohe Röte um sein schönes Antlitz. »Dies sind Wunder«, sprach er, »nein, es täuschte Mich kein Gaukelbild mit irrem Blendwerk. Daß ich Wahrheit sah, glückselige Wahrheit, Ach, mir sagt's mein Herz, das heimwehtrunken Nur noch ein Verlangen kennt, mir sagt es Dieser tödlich brennende Schmerz im Busen. Aber ihr, ihr fernher ziehenden Lüfte, Kündet mir, wo find' ich sie ? Ihr Wolken, Die ihr weit auf Berg und Tal herabschaut, Sprecht, wo steht ihr Haus? – Und wär's im fernen Ozean gebaut auf felsigem Eiland, Wär's umringt von siebenfacher Mauer Hoher Flammen, dräute jeder Schritt mir Unausbleiblichen Tod, ich muß sie finden! Und du, süßes Bild, nach dem vergebens Ich die sehnsuchtsvollen Arme breite, Nimm, o nimm im schwebenden Windesodem Meine Grüße, nimm die glühenden Seufzer Dieser Brust, nimm hin die ganze Seele! Glaub', ich komm', ich komme. All mein Leben Soll ein Wandern sein nach dir, ein Ringen Mit der Welt um dich. Ich will nicht rasten, Bis den Tod ich oder dich gefunden.« Also rief der Jüngling, in den goldnen Schein des Morgens weit die Arme streckend, Feuchten Blicks. Dann aber, rasch entschlossen Seine Pilgerschaft beginnend, eilt' er Längs dem Bach hinab zur Tiefe. – Rauschend Schlug die Waldnacht hinter ihm zusammen. Glück auf seinen Weg, und leite günstig Ihn ein Stern! – Denn weiter führt die Sage Nicht den Jüngling. Ob der Sehnsucht Irrfahrt Wonnevoll den köstlichen Preis errungen, Ob die Herzen, wund vom Pfeil der Schönheit, Sich in heimlicher Glut verzehrt – der Sänger Weiß es nicht. Beglückter Liebe Weise Ward ihm lange fremd. Aus tiefster Seele Sang er euch dies Lied der ewigen Sehnsucht.