AUS: VERSE I–V DAS BUCH Sie sprach: du sitzest verstimmt über deinen papieren Und zupfest im munde die feder die lange nicht ruhte. Brich ab mit deinen gedichten und ernsten gedanken Und weihe dem eigenen glück eine kurze minute! Und saugt dein gemüt durch vieles sinnen gefesselt Im garten der bücher einen belebenden odem Und stützest du brütend das schwere haupt mit dem arme Wie hölzerne götter in indischen pagoden: So stelle dir vor ich wäre ein buch: ein solches Das nie zu betrüben und immer zu trösten suche Und wenn aus der feder dir ein missklang gleitet So blättere einige seiten in diesem buche! IM NEBEL DES HERBSTES Auf meiner gedanken auen war lange dürre · Die gütige sonne strahlte den reifenden feldern · Heut stechen die scharfen stoppeln und werfen schweigend In nebel gehüllt einen langen blick nach den wäldern. Ich wollte das wasser der sinnlichen quelle schöpfen · Im rasen der lüste gelagert mich vergessen. Es ist zu spät! um die zieh-brunnen braust der nord · Ihre schwengel ragen empor wie verödete essen. Ich schaudere. Doch wenn manchmal die nacht in die augen Mir schaut und die träume fliegen – o traurige schemen: Es drückt mein gedanke sich an die brust der begierde Wie an seine stute der bronzene leib des moslemen. PALME IN DER WÜSTE Herrin · ich sah dich plötzlich schlank wie die palme Und dachte dass ich im wandern jezt rasten würde Mein schweres haupt dem schutz deiner haare vertrauend Wie einem baum ein pilger seine bürde. Ich wollte zu füssen deines kräftigen lebens Den lüften lauschen die deiner wimper begegnen · Ich möchte die wonnen mystischer liebe trinken · Erwartend ob weiche küsse auf mich regnen. Doch weisheit die jede lust zu zerstören bedacht ist Lässt mich mit trügendem gleichmut vorübereilen Damit ich nicht eines traurigen abends bedaure Die schatten des lieblichen baumes die hinter mir weilen. PHÖNIX STEIGT AUS DEN FLAMMEN Ewig unsterbliches lied der immer jungen liebe Fliegt geheimnisvoll durch vermooster jahrhunderte wald Auf der holdseligen schwermut melodischen flügeln. Schliessen möchten sich menschliche lippen gleich mimosen Rosen gleich wenn vom kirchturm der angelus niederfliesst Wie bei des mondes erscheinen die persischen tulpen. Auf der holdseligen schwermut melodischen flügeln Durch die gärten durch meine träume fliegt wonnend dahin Ewig unsterbliches lied der immer jungen liebe. MEINE GELIEBTE... Meine geliebte hat augen wie ein see Augen wie ein see hat meine geliebte. Warum geliebte? Siehst du in fernen gefilden irrend Inmitten der berge ein grünliches meer So sprich: In diesen gewässern schlummert ein stück meines lebens. Meine geliebte hat einen leib ganz weiss Einen leib ganz weiss hat meine geliebte. Warum geliebte? Fällt auf den kirschbaum der schnee der blüten Und tauchst du dein aug in das sinnige weiss So sprich: In diesen blüten beschau ich ein stück meines lebens. Meine geliebte hat ein berückendes lächeln Berückendes lächeln hat meine geliebte. Warum geliebte? Giessest du dir einen trank in den becher Und trübt der wein deine schaffenden sinne So sprich: In diesem weine schäumt ein stück meines lebens. Meine geliebte hat duftende haare Duftende haare hat meine geliebte. Warum geliebte? Wenn du im kies eines parkes wandelnd Den duft der orangen in dich trinkst So sprich: In diesem dufte schwebt ein stück meines lebens. Meine geliebte kennt ein entzückendes lied Entzückendes lied kennt meine geliebte. Warum geliebte? Wenn unserer freuden ernte vorüber ist Und hörst du ein lied aus einsamer gasse klingen So sprich: In diesem liede schluchzt ein stück meines lebens. Meine geliebte hat einen türkischen dolch Einen türkischen dolch hat meine geliebte. Warum geliebte? Liebst du mich sehr so schmied ich daraus eine feder Und wenn du priesterlich hehre sänge schreibst So sprich: In dieser feder gleitet ein stück meines lebens. DER ORTE GIBTS... Der orte gibts die eingedenk Der mensch umgeht mit achtsamkeit Als ob ereignis längst verschollen Sich traurig wiederholen könnte – In diesem leben rätselhaft Gibts orte welche eingedenk Der mensch umgeht mit achtsamkeit. Der orte gibts die wehmutvoll Der mensch besucht im träum – Vergangenem ereignis treu Verhüllt im mantel des gefühls Schöpft er unendliches bedauern An orten welche wehmutvoll Der mensch besucht im traum. LILIEN EIGENE BLUMEN Ich schreite mit des prunkenden herzens gefühlen Nach traurigen lebens rötlichen gestaden · Ich schreite mit weisen gedanken auf marmorner stirne Durch blinder erinnrungen zerfallene arkaden. Bevor die sonne den himbeerfarbenen fächer Entfaltet und meeresvögel den schrei erheben Besteig ich voll sanftmut das gespenstische fahrzeug Dess schwarze segel zur insel der toten streben. Mit angespielter leier zartem gesange Entfach ich was von sterbender liebe noch glüht Und segne diese duftende einzige wahre Von der in der ferne ein herz ohne namen blüht. TEICH DER ERINNRUNG Auf sehnsuchtvollem teiche der weissen erinnrung Auf schlafenden fluten von angst und von wahn Segl ich tief einsam in den stunden des seufzens Auf nachtäugigen angedenkens kahn. Ich gleite still und die schwäne der gefühle Tauchen ferne von mir in das dunkel ein · Ich gleite wie in einer feudalen ballade Mondlich beleuchtet von der gedanken schein. Ich segle schweigend – plötzlich aus klagenden fluten Hebt sich die maid der reue in sagengrau Und schluchzt die weissen lilienhände windend Wie einsame quelle auf der verwitweten au. Auf sehnsuchtvollem teiche der weissen erinnrung Auf schlafenden fluten von angst und von wahn Segl ich tief einsam in den drückenden nebeln Auf nachtäugigen angedenkens kahn. WACH AUF Wach auf die du mich geleitet durch einsame jahre Smaragdener stern meines lebens · wach auf! Wach auf · du leuchtende sfinx · denn es läutet Zum angelus droben vom turme der kirche – wach auf! Die kräuter der schlummernden felder duften berückend Und stimmen ertönen vom grünlichen wasser – wach auf! Wach auf! dem auge des himmels fallen die lider Vorm kusse der feierlichen nacht – wach auf! Wach auf! meine arme erhoben sich zum gebete · Erhoben sich wie zwei gespenstische vögel – wach auf! ERINNERUNG AN PAUL VERLAINE I AM TOTENBETT Der Weise der kühn in das auge des lebens schaut Wird unbereit vom tode nimmer ereilt. Er klagt weder bittend um ein verlängertes leben Noch rechtet er mit den jahren verflossener jugend Noch fürchtet er sich vor unbekannten gefilden Noch zeichnet er pläne der klugheit in seinen gedanken. Er schreitet mit stolzem abgemessenem schritte Und wenn er dem ehernen tod auf dem wege begegnet · So bleibt er stehen und bietet die stirn ihm dar: Er überliefert dem mäher die reifende ähre. II NACH DEM BEGRÄBNIS So bist du geschieden · pauvre Lelian · und liessest Uns treue hüter deines barmherzigen liedes Das wirken wird so lang im menschlichen geist Als unser planet das antlitz der sonne umkreist. Nachdem sie beturbant dich mit dem weissen lein Und dich verschlossen in schmucklosen fichtenschrein Und dich überschüttet mit erde – erdengeschicke – Wird sich deiner züge deutliche prägung verwischen. Doch ich werde oft dich noch sehn in der dunkelheit Wenn regen von den verhüllten gestirnen speit – Dein sagenhaft haupt in deinem mantel verborgen Auf Sankt Genovevens lateinischer höhe – Ich stehe und schaue erfasst von unheimlicher macht Und zwölfmal schlagen die glocken der mitternacht. MEINE MENSCHLICHE LIEBE Meine menschliche liebe ist nicht von fleisch und von blut · Sie schaukelt auf den geistigen b-moll-flügeln – Sie waltet eigenschaftslos in unendlichkeiten · Von sinnbildern frei und frei von ebenbildern. Ich fühle sie – heimliches flüstern der kommenden tage · Ich fühle sie – wonnende nebel des blauen sumpfes · Doch ich vermag nicht sie aus den saiten zu locken · Vermag sie zu malen nicht und nicht sie zu meisseln. Wenn ich die worte zum worttag des wohlklangs berufe Dass flügelgedanken auf durstigen mund sich mir setzen: Kein wort ist im stande das siegel des rätsels zu brechen · Denn nicht ist von dieser welt meine menschliche liebe. Vielleicht verstände sie irgendein meeresgestade Wo die sonne in heimweh den glühenden bogen zeichnet Auf felsen auf stränden wo schildkröten gleich und vögeln Die roten gedanken ruhen in sattem schlafe. REGEN-LANDSCHAFT Der regen · dunkel · der mond in verdichteten wolken Ertränkt die elektrischen augen im kühlen bad – Schlaf-wandelnden jungfrauen gleich in wehenden hemden Irrt luftiger nebel auf nasser hügel pfad. Ein haus steht geheimnisvoll am fuss eines hügels Ohne schutz ohne klang ohne licht ohne lied · Die läden sanken herab auf seine fenster Wie auf ein träumendes auge das müde lid. Der regen weint gleich der reifen frauenseele · Ist ihre heliotropische liebe vorbei – Die ganze welt ist bedeckt mit feuchtender schwüle · Wird finster und ruht nach abgebrochenem schrei. Ein wesen sonderbar gehüllt ganz in schleier Pocht heimlich wie eine maus an dem schweigenden haus Und wartet · pocht wieder und wartet gekauert Und giesst sich · ein trüber fleck · in die dämmerung aus. DIE SCHWALBEN Wie eine türkin bläulich grün gekleidet · So ging sie langsam in der felder fläche. Auf ihre hüften ihre haare flossen Wie morgenstrahlen auf zwei bergesbäche. Zur rechten grüsste sie der weisse roggen · Zur linken zitterte der lerchen chor Und wie die wache bei der fürstin nahen So stand des feldes pappel grad empor. Der tag versank schon und die sonne pflanzte Westwärts das banner der Johannis-nacht Dess bunte spitzen sich im winde hoben – Das Ave von dem dorfe schallte sacht. Auf einmal eine – zwei – drei schwalben – viere Mehr und mehr schwalben hinter ihr erscheinen · Sie ziehen überm haupt ihr blitzeskreise Und hundert kreise · kronen gleich · in einen. Der jungfrau bangt vor ihren schwarzen feinden · Sie jagt sie weg · sie schwenkt ihr tuch im winde · Doch unbotmässig folgen noch die schwalben Mit lautem schrei dem unbeschüzten kinde. Im freien so bestürmt von geistervögeln Will sie ins schloss zurück in banger eile · Sie läuft mit lautem pochen bleich erschrocken Umkrönt von diesen schwalben schnell wie pfeile. Zur linken grüsste sie der weisse roggen · Zur rechten sah die lerche staunend vor Und wie die wache bei der fürstin nahen So stand des feldes pappel grad empor. DIE ZAUBERIN Warum · geheimnisvolle herrin · führst du Mich und verbirgst mir rätselhaft die wege? Von deiner stirne strahlen engelslichter · Wohin du schreitest ist ein sonnen-land. Wie der ernährerin ein zartes lamm Aufmerksam nachläuft also folg ich dir · Gleich einem irrlicht auf verstreuten sümpfen Verlockst du mich und lächelst zauberisch. Bist du das märchen wohl der berges-grüne Von dem ich seit den kinderjahren träume? Bist du nicht sie die auf planeten herrscht? Dem ritter aus den grauen zeiten gleich Irr ich dir nach · o Melusine · träumend. Doch wohin führst du mich? ins land der trauer. WAHLSPRUCH Wozu der stolz auf den besitz der gefühle? Wozu dich rühmen deiner gedanken und taten? Bist du nicht geschaffen aus einer handvoll erde Vermischt mit einigen tropfen bittren wassers? – Ja – doch ich trage mein haupt so hoch erhoben Und so hoch streben seine wünsche und pläne Dass dieser turban womit es sich decke nur einzig Gefüttert sein kann mit den sternen des himmels. WIDMUNGEN AN S.G. I Es schimmerten gleich zwei sternen in frühlingsbläue Im weltraum unsre beiden leben · Gefährte – Gleich zwei planeten die über wolken träumen · Zwei leben traurige und unerklärte. Geheimnisse gibt es unter der ewigkeit siegeln: Dass sterne nach ihrem tode die erde betreten · Bevor ihr licht gelangt zu der erde tiefe Erstarrte oft der eisige tod die planeten. So ist unser lied voll tönender künstlerhöhe Verurteilt zu der menschlichen augen truge. In grabesnähe muss es erst erstöhnen Eh es die erde berühre mit seinem fluge · Da zu hoch oben seine klänge fluten · Da menschliche blicke zu schwach sind es zu lesen · Da es genährt an der jahrtausende busen Zu ernst ist für das kindliche erdenwesen. Einst wenn die trauer unseres sinnens entschlafen Erblicken die völker zweier sterne schein – Dies sind dann unsrer entfernten tage strahlen Die brennen werden über Weichsel und Rhein. II Wenn unsrer verwandten sänge lezte silben An lauten beifalls felsen brechen würden So müssten bitter wir die häupter schütteln Und rückwärts gehen wie enttäuschte besucher. Und müssten unsre haare mit asche bestreun Und sieben jahre schweigende busse tun Und erst im achten den bann der lippen brechen Zu hören ob edlere seele aus ihnen zittre. III Wir aber suchen nicht nach dem glück der erde · Wir die vor allen das glück der erde besitzen · Besitzend aber es schenken und meiden Um dann zu leiden. Wir wissen zu lachen und wir wissen zu schluchzen · In wollust die wollust – im grame den gram zu lieben · Das grosse und kleine mit weisem maasse zu messen Und zu vergessen. Verschieden sind der verschiedenen menschen sitten: Ein jeder gibt seinem glück einen anderen namen – Wie unsres glückes klingende silben sich fügen: Selbst uns genügen. IV Da unsere augen sich traurig machen mussten Und unser herz wie ein regentag nebelig weinen · Der mund sich gewöhnte bedenkliche lieder zu singen Und laut die unaufhaltsame trauer zu rühmen: So ist kein ort wo sich unser fürstliches sinnen Ergehen könnte als die entferntesten pfade Wo unschuldig weisse lilien erblühn und die quellen Mit ihrem schluchzen den schrei unsrer seele begleiten Nicht ist es sünde zu weinen wenn rhythmischer finger Die traurigen reime an klingende fäden kann reihen. Nicht ist es sünde zu schluchzen wenn herz aus oboen Ein unvergesslich bedauern zu tönen vermag. So wie Narziss in den eigenen schmerz uns verliebend Scheuchen wir nicht unsres lebens blasse gedanken Und weinen! o weinen gleich den pelikanen – An rosigen küsten der einsamen inselreiche. V Wenn manchmal langsam hinter uns sich schleppen Mit irrem aug der sorgen menschen-schatten · Geschieht es nur wenn – ohne dass wirs wollen – In uns sich der gedanken reihn verschieben. Wenn es uns dann erscheint als wär es nötig Des brodes willen einen tag zu leben In einfalt einen schönen kurzen tag · Lasst breit das fenster offenstehn auf trauer! Hörst du nicht fern geheimnisvolle laute Die zu uns von den frohen dörfern schwimmen? O unbemerkter glanz auf hohen stirnen · Besitzer dieser erde · Herrn der gnaden! Von allen tagen die Gott günstig gibt Ist nur ein schöner tag: der tag der dichter. VI Ich möchte wissen ob auf dieser erde Es fürsten gibt so fürstensinniger kraft Dass Deine durch sie überfinstert werde – Du der sich ohne salböl hub zum throne – Doch hältst Du auch kein zepter auf der erde Wird über ihr und ihnen Dir die krone. VII Nicht lang mehr wird es sein und der befreite geist Wird ruhig aus des körpers überwurf entschlüpfen · Fortfliegen in den sterblichen verhüllte länder – Nicht lang mehr wird es sein und alles endet dann. Die seele tritt vom sinnlichen gesanges-mahle · Sie zieht hinweg und lobt der gottesgaben güte · Die menschen werden gleich den dienern der tyrannen Sich auf die nachgebliebnen reste gierig stürzen. Und jene seele die satt hinging wird im spiegel Der sage wiederum in nebelform erscheinen · Gleich einer lilie der gewässer wenn sie senkrecht In einer mainacht auf entschlafnem teiche hinfähr. VIII Wenn du nun scheidest · nicht alltäglicher gast! Am Rheine wieder des Wortes banner zu schwenken So nimm auf den schmerzlichen gang meine vorderste trauer Und meiner redenden augen zartes gedenken. Erinnern werd ich mich all jener guten tage Auf deren schwingen der träume zweisang geflogen · An jene gespräche · lebendge gedanken spinnend · Die angenehm uns den weltlichen dingen entzogen. Noch schwimmen über die stirn mir wolken des traumes · Ich scheide und denke nicht was mit dem morgen droht · Wie nach korinthischem mahl auf lateinischer tafel Wo man zum nachtisch reichliche küsse bot. LIED UNTER TRÄNEN I Ein andrer sein glück verlierend verzweifelt unrühmlich · Mit hundert riegeln versperrt in dem häuslichen kloster · Und rollt von der höhe des schmerzes gleich einer lawine Den fluch auf das tal in dem nimmer er schreiten darf ... Wer das herzleid behüllt mit bösem zorne und welchen Gewundne gedanken hinführen durch abgrundswege Ist gleich einem menschen eines erloschenen glaubens Ohne gott ohne kirche ohne festtag und beten. II Ich hätte ohne zweifel das herzensrecht heute Zu wandeln wohin mich unfrei gefühle führen · Am Weichselstrand hin im weinen aufzustöhnen Wie einst die Juden an Babylons trüben gewässern. Ich könnte gleich diesen altertümlichen Juden So bangen schrei aus der tiefe der brust aufholen Und ihn so vielfach modulieren mit schluchzen Dass leichen röcheln würden · lebendige versteinern. III Wol hätte ich dies menschliche recht · doch zu sehr verführend Macht sich der erinnrung nymfe dem auge schön · Nicht ganz verblühte veilchen duften zu süss noch Auf wäldlichen stegen wo schatten ziehn von zwei seelen. Noch wurde die liebe · zweier herzen geheimnis · Nicht unterdrückt durch eigenwillige mächte Und noch gleich zwei vögeln rufen sich dein mund und mein mund Einander zu bei stiller bei träumender nacht. IV So also hinsitzend an heiliger gefühle orgel Sing ich dem Herrgott mein lob für verflossene tage. In wortlosen liedern und in biblischen tönen Vergiesse ich dort mein wesen und all mein lieben. Schon beben von mächtigen psalmen der seele gewölbe Und wiegen sich schäumend anschwellende widerhalle · An wänden hängend schluchzen erinnerungs-bilder Und Gott selbst · gleich deiner liebe · lächelt mir zu. BEGRÜSSUNG Das herz hat frisch sich geziert auf deinen empfang Gleich einem schloss im wald zur begrüssung des herren · Du trittst in ein mit träumen bemaltes gemach · Trittst etwas verwundert etwas gedankenversunken. Willkommen! es scheine dir dass es mein ruf nicht sei Den du vernimmst sondern dass auf gegebenen wink Die sonne ein goldnes willkommen zu füssen dir streue Dem neuen wohnsitz wonne verkündend und heil. Hier geben gedanken gleich gärten den schatten der wollust · Hier singen die worte gleich vögeln der wälder · hier trinken Der märchen falter den honig süsser empfindung In ruhe · stille · einsamer träume welt. Ein unbescholten leben hebt mir das herz · Kein winkel birgt drinnen mit staub erfüllte wüsten · In jeder falte für dich geschnittenen kleides Glänzt frischen gedankens und neuen gefühles faden. O müsstest du schreiten in ein nicht schimmerndes haus Verzichtend auf prunk und gefällige kleinigkeit · Sollt ich einen ärmlichen mantel um dich werfen: Ich schluchzte vor schande · stürbe vor dürftigkeit. IM HERBST DES LEBENS Ich liebe den mann auf dessen hoher stirne Der herbst des lebens furchen ausgehöhlt · Der viel ertragen hat und viel gelitten · Dem keine lüge aus den augen schaut · Der zu ergötzen zu verfluchen wusste · In dessen herzen feuer aufgebrannt · Der dieses feuer mit den tränen löschte · Verzweiflung kannte und den sehnsuchtsgram. Der ist imstande andrer herzen bängnis Wol zu begreifen · andrer seelen schmerz Versteht er – gleich erinnrungen – zu ehren · Er weint mit ihnen ohne dass ers weiss. STIMMEN DER EINSAMKEIT Gedenke meiner wenn dein blick sich senkt Auf jeden gegenstand den ich berührt · Wann die gedanken sich dir trüben wollen Und leer wird deines herzens heiligtum! Gedenke meiner wenn in zarte arme Der reue meine bangen sinne fallen · Wann einsamkeit an ihre brust mich drückt · Verzweiflung über meinem haupte hinzieht! Gedenke meiner! himmlisch denke meiner Wenn meine hoffnung manchmal mich verlässt · Erinnerungen wie ein feindlich heer Herziehend mich zu schwerem kampfe fordern! Gedenke meiner wenn in schwäche ganz Den todesengel ich willkommen heisse Und wenn ich mit der allerbangsten stimme Ihn frage nach des sonnenaufgangs zeit! Gedenke meiner wenn auf harte späne Gedungnes volk mein haupt wird niederlegen · Begräbnisglocken in den wolken schluchzen Um mich der nicht mehr fühlt und nicht mehr weiss. BITTE Geh nicht davon! kalt wird das heiligtum Wenn Gott und altar fortgetragen wird – Bleib · lass mein herz dich nicht beschuldigen! Lass meine augen keine träne spielen! So märchenhaft fliesst unser stilles leben · So gleichgestimmt ist unsrer herzen schlag Als leuchte über unsren beiden stirnen Derselbe als bestimmungs-stern. Mir ist bei dir so still so zauberhaft Als ob ich auf der harfe töne hörte. Kein peinender gedanke fällt mich an · Gleich einer zarten leier ist mein herz. Bleib! liebe! lass uns traumeskränze winden In treuen ketten herzlichen umarmens – Doch wenn du gehst zerschmettre erst die harfe · Dann wird es kalt · es stürzt des glückes haus. So auf ein prächtig schloss vom herrn verlassen Streun angst und wehmut ihren totenblick Und stolze pfeiler der gewölbe fallen Und türmen auf ein trauernd träumer-mal. ÄHRENLESEN Herrin voll trauer! wie bereitest du leid mir Dass du ein herz trägst gleich zerschmetterter harfe! Noch tönt aus den saiten echo alter sänge Indem der meister irrt in der unterwelt. Nicht schluchze wie der vorfahren klagefrauen Und opfere nicht der trauer deine seufzer! Den becher des verzichtes leere mutig Und wenn du kannst vergiss deines herzens zögling! Ehmals lieblich geborgen an zärtlicher brust · Nach sanftem himmel fliegend in gedanken · Zukunft der unerforschlichen bang lauschend .. Nun zieh durch unsrer liebe wüste fluren Wie mit verwehtem haar die bettlerin Übrige ähren der erinnrung sammelnd!