Graf Bothwell Personen Personen Personen. Maria, Königin von Schottland Lennox, ihr Schwager Moray, ihr unebenbürtiger Bruder Graf Bothwell Lady Bothwell, seine Gattin Der Erzbischof von Dublin Seton Montgomery Ashton, schottische Edelleute Der englische Gesandte in Edinburg John Craig, ein calvinistischer Prediger Huntley, Vertrauter Bothwells Damen der Königin, Volk, Soldaten, schottische Edelleute. 1. Akt 1. Szene Erste Szene Galerie im königlichen Schloss zu Edinburg. Es treten von verschiedenen Seiten auf Seton und Montgomery. SETON. Wohin so eilig, Lord Montgomery? MONTGOMERY. Zum Vorsaal Ihrer Majestät der Königin. SETON. Soeben war ich selber im Begriffe Dorthin zu eilen. Aber sagt, Mylord, Weshalb so zornig und so aufgeregt? MONTGOMERY. Nicht kann ich meinen Zorn beschwichtigen, Sooft ich jenen Schändlichen erblicke. Unfasslich ist mir's wie der freche Mörder Die Stirne haben kann sich hier zu zeigen, Obwohl doch die verruchte Mordtat klarliegt Und alle ihn für schuldig hier erkennen, Aus jedem Winkel in der Königsburg Es drohend schreit: dies ist der Königsmörder. Doch unbegreiflicher noch ist es mir, Dass ihn die Königin nicht gleich ergreifen Und ins Gefängnis werfen liess; statt dessen Lässt sie ihn in dem Vollbesitze seines Vermögens, seiner Ämter, seiner Würden Und adelt durch ihr Nichthandeln und Schweigen Gleichsam die freche, fluchbeladne Tat. SETON. Montgomery, Ihr seid der ärgste Feind Graf Bothwells, und da Ihr ihn hasst, so findet Ihr eben alles an ihm hassenswert. Was Euch so sehr in Unmut hat versetzt, Rief grad in mir den ersten Zweifel wach, Ob er vielleicht nicht doch unschuldig wäre. Und dieser Euer blinder Hass macht Euch Selbst gegen Eure Fürstin ungerecht. Es stehet allerdings Graf Bothwell in Dem dringendsten Verdacht, die blutge Tat Veranlasst oder gar vollführt zu haben. Doch auf den dringendsten Verdacht hin kann Die Königin den schottschen Edelen Und einflussreichsten Mann im Staate nicht In Ketten werfen lassen. Hierüber Muss ein genau Gericht gehalten werden Mit strenger Untersuchung. Und zuletzt, Wie könnt der Gattin Vorwürfe Ihr machen, Die einsam ihres Mannes Tod beklagt Und seit sechs Tagen keinen in Audienz Als höchstens den geheimen Sekretär Empfangen hat, ganz hingegeben nur Dem bittren Schmerze, ohne etwas andres Zu tuen und zu überlegen. MONTGOMERY. Seton, Wie weit Ihr recht, wie weit Ihr Unrecht habt, Darüber wollen wir uns jetzt nicht streiten. Sie wird heut zeigen, ob die Trauer über Den Hingeschiednen nur den Arm gelähmt Und ihr den Geist erschlafft hat. Heut wo sie Zum erstenmale wieder handeln will, Lasst sehn uns, wie sie handeln wird. Kommt jetzt, Mylord, die Stunde nahet sich, Die zum Empfang den Pairs sie angesetzt. Beide ab. 2. Szene Zweite Szene Bothwell und Huntley von derselben Seite kommend. HUNTLEY. Ich halte alles für verloren, Bothwell. Das einzge Mittel was Euch übrig bleibt Ist schnelle Flucht. Noch haben wir die Zeit, Ein Schiff liegt fertig in St. Andrews. BOTHWELL. Hältst du mich für so feige und so töricht, Dass ich den Plan, der schon seit Jahren mir Im Kopfe brennt, aufgeben soll, weil etwas Gefährlicher wie sonst die Dinge stehen? Dass ich das Feld hier räumen soll zur Freude Für unsre Widersacher, zur Verachtung Für unsre Freunde, die für mich und dieses Gewagte Werk ihr Leben eingesetzt? Wär das ein Lohn für ihre Treue, Huntley? HUNTLEY. Was aber hilft der Freund' und Feinde Achtung, Wenn man durch des Gerichtes Ausspruch als des Verrates und des Königsmordes schuldig Den Hals dem Henker überliefern muss? Jetzt sorge jeder für sich selbst. Ihr habt In Schottland Eure Rolle ausgespielt. Kommt, lasst von einem Freunde Euch beraten Und flieht das Unheil solang Ihr noch könnt. BOTHWELL. Du hältst es für so leicht den Grafen Bothwell Zum Blutgerüst zu bringen wie den Strauchdieb Zum Galgen. So schnell brauch ich nicht zu zittern. Und muss denn unbedingt ich schuldig sein? Wer wagt es hier mich anzuklagen und Wer kann mir die Beweise bringen, dass Ich jene Tat vollführt? Wer kann's? HUNTLEY. Vertraut Da nicht, wo nichts mehr zu vertrauen ist. Ein jeder klagt Euch an im Königreich. Habt Ihr vergessen jene grause Nacht? Sechs Tage sind ja kaum seitdem verflossen, Wo wilde Haufen des erregten Volks Mit wütendem Geschrei die Stadt durchzogen Und vor der Königin Palaste Euch Als Mörder Darnleys laut bezichtigten, Wie man an allen Strassenecken Euch In riesigen aufreizenden Plakaten Als den Vollführer von verfluchter Tat Erklärt. BOTHWELL. Was kümmert mich des Volkes Haufen? HUNTLEY. Der grösste Teil des Adels, an der Spitze Der alte Graf von Lennox fordert wütend Des Mörders Einziehung und strenge Sühne. Er ladet Euch vor des Gerichtes Schranken. BOTHWELL. Und bringe die Beweise. HUNTLEY. Und zuletzt Hat man der Königin auch selber einen Geringen Dienst getan. Furchtbare Rache Schwur sie dem Mörder Darnleys, und man hat Sie sicherlich schon überzeugt wo sie Denselben suchen muss. Und bei dem allem Wagt Ihr es in vermessnem Übermut Das Schicksal auf die Probe noch zu stellen? Ihr wollt die Stirne allen denen bieten Die Euch des Mordes zeihen? Ihr erblickt Das Schwert schon über Euerm Haupte schweben Und wollt noch hoffen? Seid Ihr rasend, Bothwell? BOTHWELL. Ich bin nicht rasend. Stünden meine Dinge Noch zehnmal schlimmer, was der eine Wurf Gewinns verspräche, schiene hoch genug mir, Dagegen Leib und Leben einzusetzen. Doch jetzt steh ich nicht vor dem Äussersten. Ich fürchte nicht des Pöbels schmähend Schreien, Ich fürchte nicht Graf Lennox' tolles Rasen, Ich fürchte auch nicht des Gerichtes Schranken. Ich bin schon über Grössres Herr geworden. Das einzge was ich fürchten könnte ist, Dass mich Maria selbst für schuldig hält. Jetzt gleich geh ich zu ihr. Heut ist der erste Tag an dem wieder sie Audienzen annimmt. Ich werde ihr beteuern, sie bereden, Dass ich vom Morde Darnleys nichts gewusst, Ich mal ihr ihrer, meiner, Gegner Tücke, Die nur bestrebt sei'n mich mit ihr zu stürzen, Ich fordre für mich selbst ein streng Gericht. Sie müsste denn kein Weib sein, wenn sie nicht An meine Worte glaubt. Sei mutig, Huntley, Kehr heim zu meinem Schlosse. Tröste meine Gemahlin mir und ordne wie gewöhnlich Die Angelegenheiten meiner Güter. Siehst du mich nicht als Herrn in Schottland wieder, Bin ich ein Stümper, und dann ist's noch Zeit Zu fliehn. Doch fühlst du deinen Kopf nicht sicher, So zwinge ich dich nicht. HUNTLEY. Ich hielt Euch stets Für mutig und für kühn, nicht für vermessen, Und dem Vermessnen hoff ich wenig Glück.. Doch harr ich aus. Ich habe nicht umsonst Den Eid der Treue, Bothwell, Euch geschworen. Sinkt Ihr dahin, so bin ich mitverloren. Huntley ab. BOTHWELL. Das Beste hoff, leb wohl, auf Wiedersehn. 3. Szene Dritte Szene Bothwell will abgehen, der englische Gesandte tritt ihm entgegen. GESANDTER. Dem Grafen Bothwell meinen untertän'gen Gruss. BOTHWELL. Wie, Mylord, Euch seh ich wieder hier In Edinburg? GESANDTER. Zu dienen. Es hat meine Monarchin mich hierhergesandt, um wichtge Geschäfte abzuschliessen neuerdings Mit Ihrer Majestät der Königin Von Schottland. BOTHWELL. Ah! Ich heisse Euch willkommen, Mylord, soweit mich dieses angeht. Will abgehen. GESANDTER. Kann Ich einen Augenblick Euch sprechen, Graf? BOTHWELL. Ihr mich? Ich wüsste wahrlich nicht ... GESANDTER. Ich habe Geheimen Auftrag meiner Königin An Euch, den sie von jeher hochgeachtet Als grössten Mann in Schottland, und sie will Euch ihren Schutz und ihre Hülfe bieten. In Eurer gegenwärtgen Lage, denkt sie, Habt dessen Ihr vonnöten. Und wenn Ihr In Schottland wieder fest am Ruder sitzt, So könnet Ihr BOTHWELL. Mylord, sagt Eurer Herrin, Dass ihr Vertrauen maasslos mich geehrt, Dass hoch ich ihre Freundlichkeiten schätze, Dass ich jedoch hievon in keiner Weise Gebrauch zu machen wünsche. Saget ihr, Dass ich am liebsten auf mich selber baue Und nur mir selber gern mein Schicksal danke. Und saget ferner, es sei meine Meinung, Dass englische Gesandte hier in Schottland Nur Übel angerichtet und Verwirrung. Ich bin zu sehr beschäftigt eben, Mylord, Sie werden meine Kürze darum gütigst Entschuldgen müssen. Geht mit Verbeugung ab. 4. Szene Vierte Szene Der englische Gesandte allein. Der verwegne Schotte! Selbst in dem Augenblicke noch bewahrt Er seinen ungemessnen Stolz, wo er Am Abgrund steht auf jener steilen Höhe, Die nach dem kühnsten Wagnis er erstiegen, Wo ihn im Handumdrehn des Glückes Spiel Herniederreissen kann. An ihm erprobe Ich meine Überredungskunst vergebens; Soweit der Auftrag meiner Königin Auf ihn Bezug hat wird's nicht möglich sein Denselben auszuführen. Dafür aber Will ich in andrer Hinsicht desto besser Ihm nachzukommen suchen. Die Barone Von Tylibardein und von Arlington, Vor allem auch Mariens eigner Bruder Graf Moray, auch Glencair und Ashton sind Auf unsrer Seite, und mit Klugheit werde Ich sicherlich noch mehr herüberziehen. Jetzt muss ich, eh mich noch die Königin Empfangen wird, erst meinen treusten Diener Und besten Förderer unsrer Sache suchen. John Craig vermag mit seiner Zunge mehr Als fünfundzwanzig Lords mit ihren Schwertern. Mit seiner Hülfe kann ich viel erreichen. Zwar sehe ich mit jeder Stunde mehr Ein, dass mein Auftrag, wenn auch ehrenvoll, Nicht allzu sehr im Einklang scheint zu stehn, Infolge seiner Grösse und Bedeutung, Mit strenger Rechtlichkeit. Doch was soll ich Hierum mich kümmeren? Man kann den Stein Zur Rechenschaft nicht ziehn, der listig aus Dem Hinterhalte abgeschossen ward – Man such und richte den, der ihn geschnellt. Ich bin von meiner Königin gesandt. Was ich hier tu, tu ich in ihrem Willen, Mein Amt ist's nur, ihn treulich zu erfüllen. Ab. 5. Szene Fünfte Szene Zimmer der Königin im Palaste zu Edinburg. Maria allein. MARIA. Nachdem der ersten Schmerzen Ausbruch sich Gelegt, muss ich nun wieder an die Staatsgeschäfte, An meine Pflichten denken. Meine Lords Erinnerten mich daran. Schellt. Ein Diener, der sogleich wieder abgeht. Geh, verkünde Den Herrn im Vorsaal, dass ich sie erwarte. 6. Szene Sechste Szene Es treten ein Graf Lennox, Moray, Ashton, Seton, Montgomery und der Sekretär der Königin. MARIA. Willkommen, edle Lords, Sie haben mich Um eine Audienz gebeten. Nun, Ich bin bereit zu hören. Lieber Lennox ... Sich setzend. LENNOX. Erhabne Königin, ich bitte um Gerechtigkeit. Schon eine Woche ist Verflossen, seit die freche Mörderhand Euch Euren Gatten, mir den Sohn geraubt, Dass sein zerstückter Leichnam draussen auf Den Feldern vor der Stadt gefunden ward, Und noch ist nichts geschehn für die Bestrafung Des Mörders. Frech tritt er die Schwellen des Palastes, spottet meines herben Schmerzes Und der Gerechtigkeit und der Vergeltung. Das schlägt stets neue Wunden meinem Herzen, Das halb verblutet schon bei jenem Anblick. MARIA. Mylord, glaubt, dass der Gattin Schmerzen über Den Toten nicht geringer sind als die des Vaters, Dass ich nicht minder den Gemahl will rächen Wie Ihr den Sohn. Ein bittrer Vorwurf klingt Aus Eurer Rede und ein ungerechter. Sogleich nach meines Gatten Tode habe Ich alle Mittel angewendet um der Verruchten Bluttat auf die Spur zu kommen, Doch konnt ich nichts Bestimmtes noch entdecken. Habt Ihr vielleicht die unumstösslichen Beweise und die untrüglichsten Zeugen, Wohlan, Mylord, zeigt mir sie und erklärt: Dies ist der Täter, und ich werde keine Minute zögeren ihn festzunehmen. LENNOX. Ich kann dies allerdings nicht, Königin, Doch hoffe ich sie Euch in kurzer Zeit In Eure Hand zu legen. Aber wer Gibt mir dann die Versichrung, dass der noch Zu finden ist und dass er nicht sein Heil Längst in der Flucht gesucht? MARIA. Ich selbst. Ich kenne Bothwell besser noch als Ihr. Graf Bothwell fliehet nicht ... Es hat Euch die Erfahrung dies gelehrt. Doch denket Ihr, Er kann leicht seinen Entschluss änderen, Wenn er mit jedem Tage mehr erkennt, Wie schlimm und drohend seine Lage ist. Gut, Ihr mögt recht haben, Graf Lennox. Ich Will dem zuvorzukommen suchen, will Verbieten ihm, die Mauern zu verlassen, Und ihm Spione stellen, die sogleich Beim ersten Fluchtversuche, den er wagt, Mit Ketten ihn beladen und, wenn er Zur Wehr sich setzet, ihn durchbohren sollen. Lesington, fertiget das Schriftstück aus Und übergebt die Abschrift Bothwell selbst. So werd ich Euch befriedigt haben, Graf. Lord Ashton, was habt Ihr mir zu berichten? ASHTON. Ruhmreiche Königin! Verzeihet wenn Zum Heile Schottlands etwas frei ich rede. Nicht klein ist Bothwells Anhang, aber den Bei weitem grössten Teil der Ritterschaft Hat er zu Feinden sich gemacht durch sein Hochmütig, herrschsüchtig und frech Benehmen. Sehr viele hat sogar er schon geschädigt. Auch in dem Volke hasst man seinen Namen, Wie wir erst kürzlich alle sehen konnten. Wenn er nun auch am furchtbarsten Verbrechen Nicht schuldig ist, macht allgemeiner Hass Ihn unwert, an der Spitze eines Volkes Zu stehn, mit wichtgen Ämtern überladen. Um unsrem Lande seinen vollen Frieden Und seine Ruhe wieder zu verleihen, Ist es vor allem nötig, Königin, Dass jener Stein, an dem fast alle Anstoss Genommen und stets nehmen müssen, aus Dem Weg geräumt werde, um jeden Preis. MARIA. Lord Ashton, für die Sorge, die Ihr tragt Um Euer Vaterland, sag ich Euch in Des Vaterlandes Namen Dank. Es wird In aller Bälde die Gerichtssitzung Stattfinden über den Verbrecher, der In jeder Hinsicht ja gefährlich scheint. Graf Lennox wird des Mords Beweise bringen, Und auch Ihr, Ashton, Eure Anklagen. Ein unparteilich strenges Urteil wird Gefällt. Euer Gerechtigkeitsgefühl, Mylord, soll keineswegs beleidigt werden. SETON. Und was befehlt Ihr, dass zur Dämpfung der Entstandenen Empörung wir beginnen? Solln wir mit der Gewalt der Waffen sie MARIA. Nein, Seton, wartet, nur nicht gleich die Waffen. Lasst erst uns sehen, was die freundliche Ermahnung über sie vermag. Vielleicht Dass sie der Klugheit Stimme folgen werden. Doch sorgt, dass baldigst unsre Boten abgehn. Alle ausser Moray ab. 7. Szene Siebente Szene Maria und ihr Stiefbruder Moray. MARIA. Und was ist dein besondrer Wunsch, mein Bruder? MORAY. Maria, ich hab dir nur zu verkünden, Dass ich den Plan gefasst, Schottland in kurzer Zeit zu verlassen, da ich eingesehn, Welch jämmerliche Rolle ich hier spiele, Dass ich für nichts geachtet bin. Ein Fremder Wird mich vielleicht für tauglicher befinden Als meine Schwester mich befindet. MARIA. Bruder, Was treibt dich, solchen Vorwurf mir zu machen? MORAY. Nachdem mit jenem lästgen Schwachkopf du Den Ehebund geschlossen, wurde ich Zurückgestossen in den tiefsten Winkel Trotz meiner Abstammung und meines Namens. Und als du deines Gatten unverschämten Und rohen Sinn erkannt, da hoffte ich Für mich auf bessre Zeiten, aber du Warfst dich in eines andren Arme, der Nicht minder meinen Einfluss weggeschoben, Und jetzt, obgleich er deinen Mann ermordet, Seh ich wie du ihm noch die Stange hältst. MARIA. O Bruder MORAY. Zeige dich nicht so bestürzt. Ich habe lang genug geschwiegen und Den tiefen Groll in meiner Brust verschlossen, Und hättest du daraus nicht folgern sollen, Dass ich gebilligt, wenn du mich beleidigt. Du hast jetzt die Gewalt, und ich muss dulden Solang ich hier bin, und da ich nicht mehr Es dulden will, so muss ich mich entfernen. MARIA. Höre, Wir wollen mit einander Frieden schliessen. Sag mir, was du verlangst. Soweit ich es Vermag, will ich dir gern gefällig sein, Nur jetzt verlass mich nicht. MORAY. Ich soll dir die Bedingungen zu unsrem Frieden nennen? Du kennst sie selbst so gut wie ich sie kenne. Vor allem schaffe jenen Eindringling Hinweg und setze mich an seine Stelle, Mit keiner Einschränkung und Schmälerung, Wie mir es zukommt. Und wie längst erklärt, Bewirkst du das Gesetz kraft dessen ich Und meine Nachkommen ... MARIA. Halt ein! nicht weiter. Zu solcher Ungerechtigkeit kann ich Mich nie verstehn, wenn auch zu allem andern. Was haben uns die Hamiltons getan, Welch schrecklichen Verbrechens sind sie schuldig, Dass du sie ausgeschlossen haben willst Von Schottlands Thron? Nie, Bruder, wären wir Dorthin gelangt, wenn solche ungerechten Gesetze unsre Vorgänger geschaffen Und angewendet hätten. Nur damit Ich deine Herrscherlüste stille, soll ich Das gute Recht der Hamiltons verletzen? MORAY. Nicht weil es gegen die Gerechtigkeit Verstösst, verweigerst du mir meinen Wunsch. Es ist der Thronen Vorrecht stets gewesen, Dass alles sie zum Rechte machen können. Nein, etwas andres ist es das dich leitet. Wenn du die Ansprüche mir auf den Thron Verschafft, so fürchtest meinen Einfluss du Und meine grössre Macht, mein grössres Ansehn. Du fürchtest grössre Rücksichten auf mich Nehmen zu müssen wie du früher tatest. Du fürchtest dass ich deiner Laune, die Dem Abenteuerlichen immer nachjagt, Ein wenig Halt gebieten könnte. Ja wenn du jetzt auch diesen Schurken Hinwegräumst, wenn dir der Gedanke Gekommen, dass es besser sei, dem Bruder Sich zu vertrauen als dem Fremden, der Nur seinen Vorteil zieht aus deiner Schwachheit Und schmeichelnd desto ärger dich betrügt, Wenn du vielleicht dies heute eingesehn, Wer sagt mir, dass du morgen nicht, getrieben Von einer neuen Grille, einem andren Der durch sein zierliches Gesicht, mit seinem Süssflötenden Geschwätze dich berückt, Blindlings dich hingibst.. MARIA. Wenn auch noch so sehr Du mich mit Vorwürfen beleidigst und dich Bemühst für meine reinen Absichten Für meine so gerechte Handlungsweise Die niedrigsten Beweggründe zu finden, Wenn du auch in dem Herzen überzeugt bist, Dass jene Handlungsweise niedrig sei, Ich kann aus diesem Grunde sie nicht ändern. Nie werde ich mich dazu je verstehen, Was du verlangst, ins Werk zu setzen. MORAY. Ist dies Dein letztes Wort, Maria? MARIA. Es muss es Sein. MORAY. Gut, es muss es sein. So muss auch ich den Plan Den ich gefasst, verwirklichen. Ich gehe, Vertrieben gleichsam durch dein eigensinnig Und törichtes Benehmen. Ich muss weichen, Und nicht so schnell belästig ich dich wieder. Doch merke dir, Maria, wenn wir uns Je wiedersehn, ist dies für dich kein freudges Ereignis: dann sollst du mit Bitterkeit An diese Stunde denken. MARIA. Bruder, halt .... Moray ab. 8. Szene Achte Szene Maria allein. Was bitte ich noch? Ach, der Undankbare! Aus jener Nacht, in die entehrende Geburt ihn hingeschleudert, hab ich ihn Entrissen und wie meinen Bruder stets Behandelt, wenn er auch entsprossen war Aus unerlaubtem Bett. Ich habe ihn Geehrt, ihn mit Vertrauen überladen, Doch o wie schlecht hat er mir Dank gewusst. Er suchte mich zur Ungerechtigkeit Zu bringen. Recht und Sitte sollt ich ändern Um ihn emporzuheben. Jetzt erbittet Er wieder von mir, was er längst verscherzt, Verlangt von neuem ungerechte Handlung, Versucht sogar es mit Beleidigungen Und Drohungen. Was trieb ihn an zu solchem Vermessnen Übermut? Und wie verwandtschaftlich Mein Schwager sich benimmt, wie er mich anklagt, Wie jene Lords so kecklich reden, wie Im Lande wieder Unruhen entstehn, Was ist von allem dem der Grund? Ich dachte Wohl, dass die Dinge eine andre Wendung Jetzt nehmen müssten, doch dass dies so schnell Eintreffen würde, hab ich nicht erwartet. Es geht mit diesen Lords wie mit den Hunden Von wilder und von bissiger Natur: Solang die Peitsche an dem Nagel hängt, Sind sie zu zügeln und zu leiten, doch Wenn sie den wuchtgen Stock zerbrochen sehn, Erheben sie voll Frechheit ihre Köpfe. Er nur war's, der die Zügel anzulegen Verstand für jene Zügellosen, und Mit seinem Sturze brechen sie hervor – Ein Weib genügt da nicht sie aufzuhalten – Und werden anmaassend, erheben sich, Und trennen von der Königsmacht soviel, Bis sie zum Spielball wird in ihren Händen, Zum Spielball ihrer Launen und Begierden. 9. Szene Neunte Szene Bothwell eintretend und Maria. BOTHWELL. Verzeiht, erhabne Königin, ich hab mir Den Weg hierher gebahnt. Wenn alle Ihr Anhört, so müsset Ihr auch mich vernehmen. MARIA. Wie, du Verwegner, wagest es vor meinem Antlitze zu erscheinen, den man mir Als Mörder meines Gatten nennt und anklagt? Hinweg aus meinen Augen, du Verruchter! BOTHWELL. Das wusst ich allerdings nicht, Königin, Dass mit des niedren Pöbels Schreien und Dem lästernden Geschwätze meiner Feinde Allein Ihr überredet werden könntet – Ich dachte andres von Maria. MARIA. Wie? Du wagst es noch zu leugnen? ha! Wenn ich dich sehe, zeigt sich unwillkürlich Mir meines Gatten blutig Bild, den Ihr Der Himmel weiss aus welchem Grund ermordet. Hinweg! BOTHWELL. Der Ausbruch Eures Zornes gegen Den, den für Eures Gatten Mörder Ihr Erkennt, scheint billig mir. Doch nennt Ihr das Gerechtigkeit, wenn allen Klägern man Gehör gibt, glaubt, dagegen den Beklagten Nicht einmal vorlässt, ohne ihn zu hören Ihn voller Zorn hinwegjagt? Königin, So ungerecht seid niemals Ihr gewesen. MARIA. So sprecht. BOTHWELL. Was soll ich mich, o Königin, Entschuldgen, dass ich jene blutge Tat Nicht angestiftet und nicht ausgeführt? Soll ich Euch auseinandersetzen, dass So gut wie ich noch viele andere In dem Verdachte stehen können? nein, Ihr werdet jetzo meiner Rede nicht Beachtung schenken und für Lug sie halten. Wenn an dem kommenden Gerichtstage Graf Lennox seine Anklage erhebt Und das Gericht genau die Sache prüft, So wird es klar werden, dass die Beweise, Die er Euch bringen will, nur Scheinbeweise Und Gaukeleien sind, die blinder Hass Und Neid für Wahres ihn erklären hiess. Dann wird es offen, dass mir grosses Unrecht Geschehen und dass ich nicht schuldig bin. Betrachtet meine Kläger nur, Maria, Des Volkes neidschen Haufen und die Lords, Die Übermütigen, die nur bestrebt sind Die Königin von ihrem treusten Diener Zu scheiden, um dann selbst nach ihrer Willkür Das Reich zu lenken und zu ihrem Vorteil, Zu Schottlands aber und der Schotten Unglück.. Betrachtet sie, Maria, und dann zweifelt Noch, welche Gründe jene leiteten, Als sie zum Mörder Darnleys mich erklärten. MARIA. Für jetzt erklärt die allgemeine Stimme Für schuldig Euch. Euch trifft am ersten der Verdacht; nicht kann ich ihn in mir verscheuchen. Seid Ihr nicht schuldig, so wird das Gericht Zu Eurer vollen Ehr Euch wieder bringen Und Eurer Gegner Tücke niederschlagen. Doch solang müsset Ihr der Täter sein. – Noch eine Maassregel, die freilich Euch Sehr bitter kränken muss, wenn rein Ihr seid, War ich zu treffen angetrieben, Bothwell. Ihr dürft bei Todesstrafe nicht die Mauern Von Edinburg verlassen. Lesington Wird Euch das weitre hierüber verkünden. Auch rate ich, von dem Palast Euch fern Zu halten für die kurze Zeit. Jetzt geht Und handelet nach meinem Willen. Geht. Ist eine Kränkung widerfahren Euch, So werd ich gern sie zehnmal Euch vergüten. Geb es der Himmel, dass ich das Vertrauen Das ich Euch geb, das niemals gänzlich Ihr Verlort, an keinen Unwürdgen verschleudert. BOTHWELL. Jetzt kenn ich meine gnädge Fürstin wieder. Gern folg ich Euren Wünschen und Befehlen, Gern will ich jene Prüfungszeit erdulden. Ab. 10. Szene Zehnte Szene Maria allein. Dämonisch fühl ich mich mit ihm verbunden. An seinem Loos hängt gleichsam auch das meine. Bist du an dem unmenschlichen und mir Ganz unbegreiflichen Verbrechen schuldig, So wird man dir das Blutgerüst errichten Und mir zugleich Gewalt und Glanz vernichten. Doch wenn am Mord du keine Schuld besitzest Und spricht dich der Gerichtshof frei davon, Wenn du mit mächtger Hand mich wieder stützest, So steh ich sicher auch auf Schottlands Thron.