DER BRAND DES TEMPELS
DIE PRIESTER: DER ÄLTESTE
ERSTER ZWEITER DRITTER ·
VIERTER UND FÜNFTER ALS BOTEN
Dass ich noch lebe dies zu sehn: wo draussen
Die stadt dem wall sich nähert reissen sie
Die steine auf und säen gras.
Da denkt mir
Wie vor zwölf jahren bei dem grossen misswachs
Der alte irre könig seine gärten
Durchschlich · sich auf dem grunde niederbog
Mit seinen weissen fingern wurzeln steckte
Ins trockne erdreich.
Alles wankt und bricht
Seit jener unglücksschlacht im Roten Feld
Wo unser fürst und führer sank im fliehn
Seit wir die Heunen sahn in unsern mauern
Und ER die burg bethront.
Was jahre bauten
Stürzt er in
einem
tag.
Doch seine horden
Hält er in zucht und schon gibt sich zufrieden
Das stumpfe volk.
Das schmiegt sich jeder fuchtel
Wenn es nur dürftig äst und schauen darf
Der obern missgeschick ..
Und mürber adel
Meint: DER wird nie besiegt.
Er gilt für billig.
Weil er zu kühl zum hass.
Die handelsherrn
Die um des satzes mildrung in ihn drangen
Der ihr verderb beschleunige · entbot er:
›Wer unter mir nicht leben kann · muss sterben.‹
Bittstellerinnen die ihn jammernd mahnten
Es fehle nahrung für die neugebornen
Empfahl er: ›Besser täte man dem weib
Das überm pflaster kreisst den wurf ersticken.‹
Und unser flehn um schutz des heiligtums
Wie wies ers ab! Mit unsren giftigen eifrern
Die lass geschont von je gesetz und staat
Verachtet – mit
der
schar versteht er sich:
›Ihr könnt nicht eures landes fäulnis heilen.
Was sind die götter die euch nicht mehr helfen?
Was bücher bilder die euch nicht mehr heben?
Dankt ihm der euch vom wust befreit.‹
Sein wort
Schmucklos und rauh · trägt nicht des unsern form ·
Lässt keine antwort zu .. doch trifft wie blitz.
Niemand kennt seine jahre seinen namen
Niemand sah ihn mit abgestülptem helm.
Allmacht umwittert ihn und er bleibt mässig
Dem bettler gleich · hier schlichter kriegsgenoss
Den seinen · dort gehorchen sie ihm sklavisch ..
Er hört · doch hat für schmeichelei kein ohr.
Er betet · heissts · vor einem rohen stein.
Des jünglings ist sein wuchs und seine wange
Doch mund und stirne alterslos.
Es nennt
›Gebieter‹ ihn sein heer · die mutter ›sohn‹ · sein freund
Wenn unbewacht mit einem laut wie ›JLI‹!
Er selbst sich Geissel Gottes.
Ganz verhärtet
Und düster ist er erst seit Clelios tod.
Sein bester krieger helfer aller kämpfe
Sein einziger vertrauter liess sich fangen
Vom gold und unsrer töchter seidnen haaren
Und hinterging im rat den Herrn – der merkt es
Und blieb drei tage stumm eh er ihn rief:
›Dein schmerz kann dich nicht sühnen · denn der meine
Ist gross im übermaass. Erinnre dich
Es war an unsrem stolzten schlachten-abend
Wir beide eifernd wer den kranz verdient ..
Da schwuren wir uns eine bitte zu
Die jeder unbedingt erfülle .. deine
Ist lang gewährt · hör jezt die meine: richte
Dich selbst damit ich dich nicht richten muss‹
Der so entlassne küsste seinem henker
Die hand und fiel alsbald durchs eigne schwert.
Auch schien sein joch fast linder als die greisin
Mit ihrem geier-aug und männer-mund
Noch neben seinem stuhle stand .. verwiesen
Hat er sie in ein kloster nah den wäldern
Wenn auch begleitet mit gewählten ehren
Und mit dem trost dass er nie fern ihr weile.
Auf ihren einspruch dass sie ihm von früh auf
Gefährtin und beratrin war versezt er:
›Die frau darf stimme haben in der zeit
Der zelte und der züge .. im palast
Ist sie der herrschaft untergang.‹ Vorm abschied
Versuchte sie ihn · sagt man · mit der mär:
›Du lagst an meiner brust noch: auf der flucht
Vor deines oheims häschern eilten wir
Mit Phrixos über die verschneiten berge ..
Da fiel ein wölfe-paar uns an · der treue
Erstach den einen · wehrte schwer dem zweiten.
Ich legte dich auf des gestreckten tiers
Noch warmen leib und sprang zur hilfe bei ..
So schlürftest du schon blut gleich mit der milch.
Im engen felstal wo du aufgewachsen
Trug ich dich stunden-lang zur höh hinauf
Damit du sonne sähest · diesen strahlen
Verdankst du deine stärke und dein glück.‹
Er hat entgegnet: ›Mutter wie mein heil
Ihr stets gesucht wünscht heut ihr mein verderben‹
Und hielt an seinem spruch.
Ist ER ein mensch!
Indes wir hier der Fremden loos bereden
Erfüllt sich unsres. Dies erhabne haus
Mit götter-säulen heiligen tafeln schriften
Das köstlichste vermächtnis vieler ahnen
Als dessen wahrer wir bisher gelebt
Ist von zertrümmerung bedroht .. vollbracht
Sind alle opfer und ererbten bräuche.
Wir haben unsre eigne macht erschöpft ..
Mögens die ewigen lenker günstig wenden!
Die junge Fürstin die an seiner statt
Das zepter tragen sollte .. die für uns
Hochherzig sich zum schweren gang erbot
Weilt nun bei ihm ... Vielleicht dass sie ihn rühre!
Wie viele hätten um ihr winken bloss
Gut ehr und leib mit freude weggeworfen ..
Nun tritt sie heischend über feindes schwelle.
Ihr Schützer dieses ortes steht ihr bei!
Die stunde naht die über uns entscheidet.
VIERTER
eintretend
Dies ist die botschaft: Mit drommeten-schall
Gleich einer königin liess er sie empfangen ..
Lud sie zum thron · erfragte ihr begehr.
Sie trug beredt ihm vor was selbst sie fühlte
Und was ihr eingabt .. dass den ruhm ihm mehre
Die wunder dieses bauwerks zu behüten.
Er wiederholte nur womit er einst
Uns selbst beschieden – ihr gefolg berichtet
Sein antlitz habe furchtbarn glanz gestrahlt –:
›Ich bin gesandt mit fackel und mit stahl
Dass ich euch härte · nicht dass ihr mich weichet.
Ihr wisst nicht was euch nüzt · ich muss euch rauben ·
Verfallne · wenn ihr dess euch nicht begebt
Was euch nur mehr erschlafft. So wills das recht.‹
Mit halber träne die die kältsten schmölze
Mit jenem holden lächeln das selbst greise
Erschauern machte hub sie nochmals an:
›O Herr wie stritte ich mit euch um recht!
Doch hoheit hat ein himmlisches geschenk
Wenn alles andre auch verwirkt ist: gnade.‹
Er zögerte für einen atemzug
Und heftete auf sie sein keusches klares
Barbaren-aug und sprach: ›Der hoheit ziemt
Vor jeder schwachheit milde aber nie
Wenn sinn dabei verlezt wird. So ists hier.
Soll ich
euch
um
den
preis gewogen sein?
Was heut mich umbiegt wird mich morgen brechen.‹
Vor seiner miene senkte sie die lider
Vor trauer wankend glitt sie durch den saal.
Kaum heimgekehrt · mit ihren treuen mägden
Schied sie · ein ungewürdigter besitz ·
Freiwillig aus der armgewordnen welt ..
Da uns die Schrecklichen Unfasslichen
Vergassen warest du uns Hort · wir fest
In unsrer drangsal nur durch dich .. sobald
Du nicht mit uns die gleiche luft mehr trinkst
Bricht unsre hoffnung ein .. Pamfilia
Du unsres ganzen stamms erlesenste
Und vollste blume! hier will ich vor allen
Dich reinigen vom widrigen gerücht
Dass du seit seinem einritt Ihn geliebt.
Dein hochgemutes herz ertrug es nicht
Dass jener Hunne dich in der entschleirung
Des flehens und des weinens sah.
Sie zeigt
Was uns zu tun erübrigt.
FÜNFTER
eintretend
Rettet euch!
Schon dringt der rauch herein · aus den vier ecken
Schlagen die flammen hoch.
Der tempel brennt.
Der tempel brennt. Ein halbes tausend-jahr
Muss weiterrollen bis er neu erstehe.