AUS: SATURNISCHE GEDICHTE DIE STUNDE DES SCHÄFERS Rot tritt der mond aus dunstigem himmel vor Es scheint der nebel tanze – es verlösche Das rauchige feld .. und das geschrei der frösche Steigt aus dem schauer-überlaufnen rohr. Die wasserblumen ruhn · gebeugte schläfer Die pappelbäume bleichen in der weite Hoch und gedrängt · ein schemenhaft geleite Und nach den büschen irren feuerkäfer. Die käuze wachen auf und streifen sacht Die schwarze luft mit ihrem schweren fittich Mit dumpfem leuchten füllet der zenith sich Und weiss taucht Venus auf – und es ist nacht. HERBSTLIED Seufzer gleiten Die saiten Des herbsts entlang Treffen mein herz Mit einem schmerz Dumpf und bang. Beim glockenschlag Denk ich zag Und voll peinen An die zeit Die nun schon weit Und muss weinen. Im bösen winde Geh ich und finde Keine statt .. Treibe fort Bald da bald dort – Ein welkes blatt. AUS: GALANTE FESTE MONDENSCHEIN Dein herz ist ein erlesenes gefild Bezaubert von dem takt der bergamasken Von lautenspielen und von tanz – ein bild Fast traurig trotz der ausgelassnen masken. Wenn sie in sanften tönen auch besingen Der liebe siege und das leichte sein: Will ihnen rechte freude nicht gelingen Und ihr gesang verschmilzt im mondenschein – Im stillen mondenscheine schön und fahl Vor dem die vögel träumen in den hecken Und in verzückung schluchzt der wasserstrahl Der grosse schlanke strahl im marmorbecken. DER LAUBGANG Geschmückt gemalt wie zu den schäferzeiten In grossen bandes-schleifen zierlich geht Sie durch den laubgang wo sich schatten breiten Und wo das moos auf alten bänken steht: Mit tausend lärvchen tausend zierereien Als ob im spiel mit lieblingspapageien. Ihr langes schleppenkleid ist blau · ihr fächer Im schmalen finger mit den breiten ringen Erzählt von so verworrnen liebes-dingen Die sie zuweilen – ganz im traume – lächern. Blond also! Ihre nase ein zierlich eckchen Ihr mund voll fleischrot kindlich stolz ist ganz Entzückend – schöner als das schönheits-fleckchen · Es hebt des auges etwas faden glanz. DIE KINDLICHEN Die hohen fersen kämpften und die langen kleider · Und je nachdem es boden oder wind gefiel Erglänzten manchmal beine – aufgefangen leider Zu häufig – und wir liebten dieses torenspiel. Und störte eines neidischen insektes stich Den hals der schönen manchmal unter einem busche · So spähten wir ob glanz auf weissen gliedern husche Und unser närrisches vergnügen mehrte sich. Verfänglich war ein spätjahr-abend angebrochen · Die schönen hingen träumerisch an unserm arm Und sagten worte so verdächtig ohne harm Dass unsre herzen seit der zeit verwundert pochen. DER FAUN Der alte faun aus grauem thone · Sieht aus dem gras mit lüsternheit · Er profezeit uns zweifelsohne Ein schlimmes end auf heitre zeit Die mich geleitet dich geleitend Uns wanderer mit trübem geist Bis zu der stunde die entgleitend Beim klang der tamburine kreist. AMOR AUF DER ERDE Der nachtwind warf den liebesgott herab Der in des parks geheimstem winkel stand Und boshaft spielte mit des bogens band Und der uns einst so viel zu denken gab – Der nachtwind jagte ihn herab · es streichen Die morgenwinde drüber hin · o trauer! Den sockel anzusehn wo der erbauer Geschrieben steht in halbverwischten zeichen. O trauer! wie der sockel nun verwaist Für sich! Ein düsterer gedanke kam Und ging in meinem sinn wo tiefer gram In eine zukunft schlimm und einsam weist. O trauer! dich sogar schien zu bekümmern Das trübe bild wenn du auch keck und heiter Dem gold- und purpurfalter folgst der weiter Sich tummelt über den zerstreuten trümmern. GEFÜHLSAMES ZWIEGESPRÄCH Im alten einsamen park wo es fror Traten eben zwei schatten hervor. Ihre augen sind tot · ihre lippen erblassen · Kaum kann man ihre worte fassen. Im alten einsamen park wo es fror Rufen zwei schatten das ehmals hervor. – Entsinnst du dich unsrer alten minne? – ›Was willst du dass ich mich ihrer entsinne?‹ Dein herz klopft bei meinem namen allein· Siehst du mich noch immer im traume? – ›Nein‹ Ach die tage so schön · das glück so unsäglich Wo unsere lippen sich trafen! ›Wohl möglich‹ Wie blau war der himmel · die hoffnung wie gross! – ›Die hoffnung entfloh in den finsteren schooss.‹ Sie gingen hin in den wirren saaten · Die nacht nur hat ihre worte erraten. AUS: LIEDER OHNE WORTE VERGESSENE WEISEN I Dies ist die müde verzückung · Dies ist der liebe bedrückung · Dies ist aller wälder gesang Unter dem kusse der winde · Dies ist durch des laubes gewinde Der kleinen stimmen klang. O schwaches und frisches flüstern! Das murmelt und zwitschert im düstern · Das ähnelt dem sanften moll: Dem hauch auf bewegtem korne – Und fast auf dem ringligen borne Der kiesel dumpfem geroll. Die seele die leidende zage In dieser schläfernden klage Es ist die unsere · nicht? Die meine sprich! und die deine · Aus ihnen flieht leise der reine Psalm in das abendlicht. II Ich ahne hinter leisem geraun In feinem umriss alte stimmen Und in dem tönevollen glimmen · Bleiches lieb · ein neues morgengraun. Herz und seele – in wahnesschleiern – Sind nur noch ein zwiefach gesicht Wo zitternd durch trübes licht Das liedchen dringt von allen leiern. O stürben wir sacht so dahin! Lass jahr und tag im gegaukel Beängstigtes lieb! nur entfliehn – O sterben auf dieser schaukel. III Es tränet in mein herz Wie es tropft auf die häuser · Was für ein sehnender schmerz Dringt mir ins herz! Ein sanftes geräusch ist der regen Auf dem boden auf dem dach. Für ein herz das die leiden bewegen – O wie singt der regen! Es regnet ohne grund Im herzen das sich verzehret. Was? kein verrat ward ihm kund? Die trauer ist ohne grund. Das sind die ärgsten peinen: Nicht zu wissen warum .. Liebe keine – hass keinen – Mein herz hat solche peinen. IV Wir müssen – siehst du – uns versöhnlich einen: So können wir noch beide glücklich werden · Und trifft auch manches trübe uns auf erden: Sind wir doch immer – nicht wahr? zwei die weinen. Vermischen wir mit unsren wirren drängen · Verschwistert herz · das kindische belieben Uns fern zu halten von der menschen gängen Und frisch vergessen was uns weggetrieben. Wir wollen kindern · jungen mädchen gleichen · Den herzen die um nichts verwundert pochen · Die unter keuschem blätterdache bleichen Und wissen sich nicht einmal losgesprochen. IX Die schatten der bäume in umnebelten wogen Wie rauch verzogen! Und oben in lüften in dem wirklichen laube Klagt eine taube. Wie blicken · wandrer · auf dich diese blassen wasser – Dich selber noch blasser! Wie traurig weint es in dem hohen laube: Dein ertränkter glaube! SPLEEN Ganz rot die rosen blinken · Der efeu ist schwarz wie die nacht. Teure · wenn leis du nur winkest Die alte verzweiflung erwacht. Zu zart und zu blau war der himmel Zu mild die luft und zu grün die bucht. Ich erwarte – ich fürcht es immer – Von dir eine schreckliche flucht. Den leuchtenden buchs bin ich müde Des hulstes gefirnisstes dach Die endlos weiten gefilde Und alles – dich nur nicht – ach! GREEN Hier siehst du blätter früchte blumenspenden Und hier mein herz · es schlägt für dich allein! Zerreiss es nicht mit deinen weissen händen! Lass dir die kleine gabe teuer sein. Ich komme eben ganz von tau noch blinkend Den kühler wind an meiner stirn gefriert · Geruhe dass sie dir zu füssen sinkend In teurer rast die müdigkeit verliert. Mein haupt noch dröhnend von den lezten küssen Lass michs an deinen jungen busen tun Dass es genest von starken wettergüssen Und lass mich da du schläfst ein wenig ruhn! VÖGEL IN DER NACHT * Was verlier ich mich in eitler klage! Da ich weiss du liebst mich nicht: ists gut. Dass mich keiner zu bedauern wage Will ich leiden mit entschlossnem mut. Ja ich leide da ich dich geliebt · Doch ich halte wie ein krieger stand Der noch liebe voll sein leben gibt Blutend für ein undankbares land. Du in der ich liebe · schönheit fand · Trifft auch all mein kummer mich durch dich· Bleibst du immer doch mein vaterland Wie mein Frankreich toll und jugendlich. * Ich gleiche manchmal einem armen schiffe · Es läuft entmastet mitten durch die stürme · Es sieht kein licht auf Unsrer Frauen türme Und wartet betend auf den tod am riffe. Und manchmal leide ich wie jener böse Der sich verdammt weiss wenn er nicht bekennt · Der nicht mehr hofft dass ihn ein priester löse Und schon im vorgefühl der hölle brennt. Doch manchmal ach! mich fromme brunst belebt Des ersten christen vor dem strafgerichte: Er lächelt seinem heiland zu · ihm bebt Kein haar am leib · kein nerv im angesichte. AUS: WEISHEIT I Vermummter guter reiter auf dem stillen rosse – Das unglück traf mein altes herz mit dem geschosse. Mein altes herzensblut in einem strahl entfuhr Um zu verflüchten in dem lichte auf der flur. Mein aug erlosch · ein schrei entfuhr aus meinem munde · In wildem zucken ging mein altes herz zugrunde. Der ritter Unglück hat indessen beigelenkt · Ist abgestiegen · hat die hand auf mich gesenkt. Sein finger erzumkleidet trat in meine wunde – Er gab mit rauhem wort von seinem willen kunde. Und sieh! kaum drang sein kalter eisenfinger ein Ward mir ein neues herz – ein herz so stolz und rein. Und sieh! erleuchtet wie von einem himmelsdochte Ein herz so jung und gut in meinem busen pochte. Noch blieb ich zitternd und zum zweifel noch geneigt Wie einer dem der Herr im schlaf gesichte zeigt. Er aber sass von neuem auf · der gute reiter · Er nickte mit dem kopf herab und sprengte weiter. Er schrie: – und seine stimme gellt mir noch im ohr – Nun aber vorsicht! solches kommt nur einmal vor. KASPAR HAUSER SINGT: Sanften blickes ein stiller waise Zu grosser städte getös Kam ich auf meiner reise – Niemand nannte mich bös. Im zwanzigsten jahre ein grauen (Man heisst es auch liebesglut) Gab mir die schönheit der frauen – Sie waren mir nicht gut. Wenngleich ohne heimat und erben Wenngleich ich für tapfer nicht golt · Im kriege wollt ich sterben .. Der tod hat mich nicht gewollt. Kam ich zu spät · zu frühe? Ich weiss nicht wie mirs ergeht. O ihr all! schwer ist meine mühe – Sprecht für mich ein gebet! XVII Teure hände · ehmals die meinen · Nach diesem tödlichen irren Nach diesen heidnischen wirren Ihr die ganz schönen ganz reinen – Nach den rheden und uferräumen Nach den ländern und provinzen – Hehrer als hände der prinzen Geleitet ihr mich zu den träumen. Traum-hände · auf meiner seele · Was ihr zu sagen geruhtet Mitten in sünd und fehle Zu dieser seele die flutet! Trügt es mein keusches sinnen Von geistiger begleitschaft Von mütterlicher bereitschaft Von liebe weit und tief innen? Strafe · gute begehrte · Heils-träume – hände der weihen O hände · deine · verehrte · Hebet euch zum verzeihen!