SCHLUSSBAND MANUEL Vorbemerkung VORBEMERKUNG Die früheste fassung des Manuel – etwa aus dem jahre 1886 – behandelte auf kindlicher stufe nach art des vor-goethischen schäfergedichts einfachste urmenschliche verhältnisse. Die zweite – aus dem lezten schuljahr 1888 – war von gewissen fragen und spannungen des jünglings erfüllt .. von ihr ist leicht überarbeitet in die Blätter für die Kunst I. Folge 3. Band soviel übernommen als hinreicht um plan und anlage zu zeigen. Die dritte · die Um-schreibungen – Blätter für die Kunst II. Folge 2. und 5. Band – auf den ersten plan zurückgreifend stammen aus den jahren 1894/95. Erste Stufe ERSTE STUFE TIMON ( vor seiner hütte ) Wie lieblich liegt ihr da im morgenlicht Ihr glücklichen gefilde die die woge Des heiligen stroms bewässert. Goldne Sonne Du lächelst in dem heitren himmelsblau Du öffnest aller blumen duftige kelche .. O könntest du Natur den frieden Den du den dingen gibst · auch mir verleihn! Den kleinen gram vermagst du wol zu scheuchen Jedoch die brust die grossen kummer birgt Fühlt umso tiefer ihn und deutlicher Je zartre süssere lüfte sie umziehn. Zweite Stufe Erstes Bild ERSTES BILD Hütte Timons in der umgebung von Trapezunt. Sie liegt im vordergrund seitlich auf einer mit buschwerk bewachsenen erderhöhung von der ein schmaler pfad herabführt. Auf der anderen seite ein rasensitz bei einer quelle · nach der hütte hin durch bäume verdeckt. Im hintergrund das freie feld. Manuel am brunnen · Leila kommt mit einem wasserkrug aus der hütte und erblickt Manuel. Du hier Manuel Wie · du erschrickst vor mir? O nein ich hatte nur dich nicht erwartet. Komm ich dir nicht zu jeder stunde recht? Gewiss! doch macht dein anblick stets mir bange. Liebste warum? Wenn ich für mich allein bin So kann ich gar nicht anders denken als Dass ich dich liebe und dass du mich liebst Doch wenn du kommst wenn ich dich plötzlich sehe .. Mein kind du bist so scheu und traurig heut Traf dich ein leid? Wol quält mich eine frage .. Du weisst um was ich bat .. Das ist es nicht. Ich liebe dich zu sehr .. Auch wenn ich nie erfahre wer du bist. Ein andres ängstigt mich: warst du es nicht Der sich vor kurzem in der Unterstadt So tollkühn in des todes arm gestürzt Beim grossen feuer? Wie erfuhrst denn du's Man sprach davon in weiter umgegend Und an des vaters häufiger beschreibung Erkannte ich dass du es musstest sein Ich war so namenlos in angst um dich .. Es galt ein leben zu erretten Und da kein andrer aus der schar sich traute Versuchte ichs und ich vollbracht es glücklich. Ich habe lange drüber nachgesonnen Ob der so ganz · so innig lieben konnte Der sich so achtlos ins verderben wagt. Die liebe lässt in dir die selbstsucht reifen. Der mensch kennt nur die Eine überlegung Wenn er den nächsten in bedrängnis sieht: Dass zur gefahr er ankam ist ein zeichen Dass er erkoren ist sie zu bekämpfen .. Der heilige schmerz den leidenden zu sehn Treibt in dem augenblick der höchsten not Uns unentrinnbar an und lässt nicht zeit Zu denken weder was uns selber droht Noch was in trauer all wir lassen müssen Wenn hilfebringend selbst wir untergingen .. Und dies ist kein verdienst · den drang empfändest Du selber · Leila · wenn die stunde riefe. Dass ich an alles dies nicht selber dachte .. Was ich gesorgt · war töricht – tadle mich. Du fehltest nur aus liebe. Zweites Bild ZWEITES BILD Manuel und Leila an der quelle. Die türe der hütte öffnet sich · Timon ein greis tritt hervor. Leila! Vater! ( zu Manuel ) Der vater · schnell Manuel sie flüchtig küssend ab. Wo bleibst du Leila? LEILA ( mit dem krug entgegengehend ) Du weisst ich bin so gerne an der quelle. TIMON ( sie forschend ansehend ) Mir schiens als ob ich tritte hörte. Da drüben gingen männer. Ich weiss nicht was seit kurzem mit dir vorgeht Du bist nicht mehr so wie du früher warst Oft hast du ein so sonderbares aussehn Oft treffe ich dich wie im traum versunken Und wenn ich dich bei deinem namen rufe So siehst du mich so seltsam lächelnd an. Ich weiss nicht was du meinst · mein vater. TIMON ( etwas hart ) Sag liebst du deinen alten vater noch? LEILA ( zitternd ) O Gott · was fragst du! Wo hab ich dich beleidigt und gekränkt Dass du bezweifelst ob ich dich noch liebe? Und liebst du ihn noch so Wie du als kind getan wenn du beim feuer Auf seine alten märchen hast gelauscht · Als du entgegen gingst ihm wenn vom feld Er nach der schweren arbeit matt zurückkam · Als du mit einem frischen blumenstrauss Ihn froh beschenktest und so herzlich küsstest – Glaube deiner tochter. Ich liebe heute dich nicht weniger Als ich vor jahren kindlich es getan · Ja noch weit mehr. O wüsstest du wie schwer Du mich betrübst – So hab ich mich geirrt. Ich glaube dir · du bist mein gutes kind. Nimm deinen krug und geh hinauf ins haus. Ich komme bald. Leila geht. TIMON ( allein ) Ich habe mich geirrt. Wie sollte sie auch einen menschen kennen! Und kommen selten leute hier vorbei So läuft sie schnell hinauf ins haus. Sie hört allmählich auf ein kind zu sein Da kommen manche sonderbare wechsel. Wär es am ende doch nicht besser wenn – Nein · nein! ich lasse sie nicht aus den händen. Weshalb soll ich mein einzig kind verschenken? Und dazu ein so teures süsses kind. Drittes Bild DRITTES BILD Feld bei Trapezunt · Menes hinter einem baum sich verbergend. Hier muss sein weg ihn bald vorüberführen Wie oft er auch mit klugheit sich verdeckt Bald da bald dort in neuer maske auftrat Er wird mir diesmal nicht entgehn. Hier werd ich ihm erklären wer ich bin · Und wenn ich weiche weil er grösser ist Er glaube nicht dass ers um vieles mehr ist. Ein herb geschick · des lebens besten plan Auf einmal aufzugeben da er reifte Und mit dem kargen amte eines dieners In bestem falle helfers eines andren Zufrieden sich zu geben · es muss sein. Von grossen werken · vom geschick der völker Kann ich mich nicht zurück mehr ziehn ins dunkel Das lässt mein schwur mein reger geist nicht zu. Wenn auch sein diener will mit eifersucht Ich wachen über allen seinen taten .. MANUEL ( in der tracht eines bürgers will vorübereilen ) Erkennst du mich? Ich sah dich öfter meinen spuren folgen Ich glaube dass ich dich erkenne. Seit jener nacht da unter uns du tratest Mein herz wie das der andren wandeltest Mit dem versprechen eines hilfebringers Da hab ich unablässig nachgeforscht Bis ich entdeckte: Du bist der prinz von Trapezunt. Was willst du von mir? Dir sagen wer Ich bin. Menes ein bürger. Du weisst im volke lag des aufruhrs same Doch blieb es lange zeit nichts als ein same Es fehlte jemand frei von jedem band Der mit der kraft der sprache die verstreuten Erprobte mahnte reizte und vereinte Der für Ein ding sich ganz zum opfer brächte .. In langen nächten hab ich nachgesonnen Wie ich mich rächen könnte · mich und alle. Als knabe fühlt ich schon die schlimme herrschaft Sie trieben uns von haus und hof hinweg Ich aber schlug den einen unsrer schergen Und floh mit knapper not vor haft und tod ... Und immer klarer ward es meinem sinn Dass ich berufen wäre zum erretter. Was ich gelitten und gewirkt durch jahre Kann ich nicht · kann kein mund so schnell erzählen Doch am erfolge konntest du erkennen Welch eine kraft das ringen aufgenommen. Ich wusste · nichts geringes war geplant Drum kam ich grosses unglück zu verhindern. Da kamst du · ja · ich hatte dich vorher Schon manchmal in der Unterstadt gesehn Wo hilf und trost verbreitend du dich nahtest. Es griff mich eine heilige bewundrung Vor dir (wer du auch mochtest sein) ich dachte Der müsste einer von den Unsren werden. Oft bin ich deinen pfaden nachgegangen Dich anzureden und dich zu gewinnen Doch es gelang mir nie. Als mit gezücktem schwert ich auf dich zulief In der Verschwornen rat · erkannt ich dich Und plötzlich fiel ein licht in meine seele: Ich merkte dass ein grösserer als ich Erstanden war im wechsel der geschicke. Gebrochnen herzens leistet ich verzicht Und als die menge zögernd rings mich ansah Da riet ich abzustehn von meiner tat Und auf dein wort zu baun. Damals hast du mit staunen mich erfüllt. Nun komm ich als dein diener oder helfer Mich anzubieten. Menes sei mein freund! Im schweren amte das mir auferlegt ist – Das ich vom himmel hab – bedarf ich dein Die zeit wird festre bande um uns schlingen .. Du ältrer hast schon einmal überwunden Indes ich in des kampfes anfang bin. Mein freund! Auf diesem weg triffst du mich oft. Viertes Bild VIERTES BILD Leila von der quelle kommend. Timon wird im hintergrund sichtbar. – – – Eben kommt er! Fast fahre ich zurück vor seinem anblick. Und heftger schlag ist mir sein händedruck. Sie geht ihm entgegen. TIMON ( sie umarmend ) Du hast geweint – ich seh es wol mein kind – Dass ich so lange weggeblieben bin. Mein vater! Und wie vertriebst du dir die zeit? Ich strickte an dem netze dort am brunnen. Und so verging die zeit. Und heute hast du nicht umsonst gewartet · Ich komme nicht mit leerer hand zurück. Du sollst ein wunder sehn. LEILA ( bebend ) Doch willst du nicht zuerst ins haus? Du bist gewiss ermüdet. Nein · sieh zuerst! Sieh was ich aus der stadt für dich gebracht. Du wünschtest einen ring und eine kette Wie von den reichen sie getragen werden. Ich wollte zwar nicht gerne sehen dass An solchen eitlen dingen du dich freutest – Hier hast du beides. Wie es glänzt! Der goldschmied sah mit grossem aug mich an Als ich der arme unscheinliche mann So kostbares geräte kaufen wollte. Doch für mein liebes kind ist nichts zu kostbar. Sie nimmt das geschmeide in die hand · betrachtet es und gibt es überwältigt zurück. Nimm hier dein geschenk zurück .. Denn ich verdien es nicht. Was ist geschehen · Leila? Ich kann nicht länger heucheln · vater. Ich muss dir endlich alles eingestehn. Du wirst verzeihen. Rede schnell · was ist? Wenn ich dir sagte dass ich stets dich liebte Und mehr noch als vor jahren · war das wahr. Doch wenn ich sagte: dich allein · mein vater · So war das nicht wahr. Was · unglückselige! LEILA ( sich niederwerfend ) Verzeihung vater! aus der hauptstadt kam Ein jüngling an dem brunnen einst vorbei · Er war so freundlich und so schön und herrlich Dass ich ihn lieben musste – Wir trafen uns zuweilen an der quelle · Er sagte immer mir dass er mich liebte .. TIMON ( wild ) Was weiter? Beim abschied küsste er mich auf die stirn. Verbirg mir nichts von deiner schande · weiter! O nichts · mein vater. TIMON ( drohend ) Du lügst – Ich schwöre dir bei meiner seligkeit. O Gott · so hart hast du mich strafen müssen! Ich glaubte sie so engelrein und fromm Indessen sie mich schmählich hinterging. Von ihres buhlen frischen küssen triefend Kam sie an ihres armen vaters brust Und schmeichelte und schwazte! O fluch dir · falsches kind! Geh denn zu deinem buhlen Anstatt dem alten vater zu gefallen Der alles dir geopfert. Fluch dir! Er geht der hütte zu. Leila streckt flehend die hände nach ihm. Er weist sie barsch ab. Sie sinkt laut weinend zusammen. Timon sieht sich einigemal unentschlossen nach ihr um und tritt dann rasch in die hütte. Nach einiger zeit kommt er heraus · geht auf sie zu und sagt in ruhigem ganz verändertem ton. Leila! Du kannst nicht diese nacht im freien bleiben. Komm mit! LEILA ( sich aufraffend ) O mein vater! TIMON ( fast schreiend ) Aber sprich kein wort. Sonst bleibst du vor der schwelle Und kannst dich mit den tieren schlafen legen. Sie steht bebend da · er fasst sie bei der hand und nimmt sie mit sich. Fünftes Bild FÜNFTES BILD Szene bei Timons hütte. Manuel. Trost soll ich spenden Und bin doch selber der verzweiflung nah .. Timon Timon. Er ist nicht da Vielleicht hat angst ihm sinnloses befohlen Und ich bin hier und rühre keine hand · Des vaters armen seh ich sie entrissen Sie die nichts ahnt · sich keiner schuld bewusst ist Wird fortgeschleppt – o wie sie klagt · ich seh sie – In das verlies · das schöne haupt geneigt Umgeben rings von heuchelnden gesichtern Die ränkevolle worte auf sie atmen. Nur der gedanke dass ich bald erscheine Behütet sie vor der verzweiflung. Menes tritt auf Hier endlich find ich dich. O Menes du musst hilfe wissen. Was ist geschehn? ich suche dich schon lang. Ruchlose späher haben uns belauscht Sie haben die geliebte mir entrissen Mein vater gab befehl in einem kloster Gefangen sie zu setzen · und kein rat .. O prinz wie sehr erregt dich Die sorge einer reizevollen liebe Im augenblicke da du sinnen sollst Auf die erfüllung dessen was du schwurest. Du weisst nicht was ich dieser liebe danke Wie sie zuerst zum handeln mich erweckte Und kräfte mir verlieh in allen stürmen Ja anteil hat an meinem besten leben .. Wenn ihr durch meine schuld ein leid geschieht Was alle guten geister hindern mögen So ist es auch mit meiner tat vorbei. Was aber soll geschehn? was kannst du hoffen? Ich muss aus ihrem kerker sie befrein Ich muss sie ihrem vater wieder geben Ich muss sie unter sicherm schutze wissen Und wenn das schicksal trennung uns befiehlt Muss ich noch einmal mit ihr rede tauschen · Wenn ich sie sehe werd ich sie bewahren. So geh zum vater .. für die eine gnade – O schweig von ihm · ich tat was du geheissen. Und konntest du nicht heimlich botschaft senden? Mit dichten wachen liess man sie umgeben Und botschaft ach sie könnte vielmehr dienen ... So bleibt nur eines: die gewalt. In wenig tagen wird es mir gelingen In stadt und land die freunde zu versammeln Sie alle kennen Menes namen noch Ich blieb mit allen stets in engem bund In hellen haufen werden wir erscheinen Und mit den waffen die Gefangne holen .. Du redest von unmöglichem. Die stadtbevölkerung wird zu dir stossen Wenn selber an der spitze du dich zeigst. Zudem ist jezt der grösste teil des heers Weit auf dem marsche nach der Persergrenze .. Du brauchst nicht vom verzichte mehr zu reden Nicht angstvoll mehr zu harren braucht das volk Auf des erretters nahn. Das kann nie sein .. Wol mag mir alles wie du sagst gelingen Ich töte zwinge und ich herrsche dann – Wo aber Menes bleibt das friedensreich Das dauernd nur den frieden sichern kann ... Du dachtest wol in deinen frühen träumen An solch ein reich · du warst rechtmässiger herr In dessen händen jedes ding sich fügt .. Nun packt die wirklichkeit mit rauhem finger. Sieh ihr ins auge .. Träume – wirklichkeit .. Wenn mir die innre stimme trog · nichts bleibt · So bricht der ganze stolze bau zusammen .. Im ersten augenblick nur ist es furchtbar Wenn man sich trennen muss von einem glauben Den man als kostbarsten besitz gehegt. Doch kommt gelegenheit wo sein befolgen Uns unheil bringt und keinen nutzen stiftet So bleibt dem klugen keine wahl. Ich gehe .. kämpf! dein kampf wird bald zu end sein! ab Der vater stösst mich weg – der freund verlässt mich Dass ich mir treu bin soll nur torheit sein .. Ich stehe wie auf einem felsenriff Von allen seiten brüllen wild die wogen Sie schlagen über mich verschlingen mich! Wohin verlor ich mich?.. Nein dass ich treu bin kann nicht torheit sein Und unheil kann nicht aus der weigrung kommen So wenig wie aus weizensamen giftkraut. Die guten geister werden sie beschützen Und böser menschen pläne nichtig machen Das schicksal muss den knoten glimpflich lösen Es muss ein wunder wirken .. Die liebe haucht mir neue stärke ein Im augenblick wo mich zerschmettern will Der druck des alls dem ich entgegenwirkte. Sechstes Bild SECHSTES BILD Palast. Der König · der Oberste der Wache. Du hast befohlen dir sofort zu melden Was im Helenenkloster sich begibt Die uns zur hut gegebene gefangne Hat eben in der zelle sich getötet. Wie konnte dies geschehn? Mit einem messer schnitt sie sich die adern Eh man zur hilfe kam ist sie verblutet .. Sie war unbändig bis zum lezten tag Sie sprach im wahn von rettung · vom geliebten · Kein wort der nonnen brachte sie zu ruh Und heute stellte sie sich sanft · man brachte Ein mahl · sie schien sich kindlich dran zu freuen Und dann vollbrachte sie die tat. Das ganze kloster war in aufruhr. Gleich Rief mich die oberin zu sich streng erklärend Dass unter ihrem dach die sünderin Zur bessrung sie wol unterbringen dürfe Doch dass des ortes heiligkeit verlezt sei Wenn er der selbermörderin leiche berge. So brachten wir sie zum palast In einem seitenturm wird sie bewacht Wir harren deiner weiteren befehle .. Ich werde mit Sophron mich beraten. Darf nach der kunde die dir schmerzlich scheint Dein diener eine bitte wagen? Sprich. Als wir die leiche aus dem kloster brachten War es unmöglich zu verhindern dass Ein alter mann der in der nähe sass Seit tagen nicht vom platz gewichen war Uns weinend folgte · sich zur bahre drängend Rief er man trage dort sein kind. Sie hatte ihren vater noch? So scheint es Herr Und er beschwor mich seines kindes leiche Ihm zu gewähren. Sein gejammer hätte Verwirrung schaffen können · so versprach ich Wenn schweigend unsrem weg er folgen wolle Des Königs gnade anzuflehn. Es schmerzt uns Dass wir dem armen seine tochter raubten Doch was zu seinem trost jezt kann geschehn Das soll nicht unterbleiben. Bahrt ihm die leiche auf und gebt ihm wachen Die sie zu seinem hause tragen mögen Dann lasst den alten mann in seinem leid. Oberster ab. Minister tritt ein. Der prinz erhielt die kunde von dem tod Des mädchens .. er ist fortgestürzt Wie ich vermute nach des Alten hütte. Der eignen stimme möcht ich diesmal folgen Ich will nach meinem sohne suchen gehn Kein einwand! sorg für treue fackelträger Sieh dass wir bald den platz erreichen. Siebentes Bild SIEBENTES BILD Im vordergrund Manuel tot neben der bahre Leilas. Timon schichtet eifrig holz um die hütte. Menes. MENES ( allein nach pause ) Tot · tot – und ungerächt sollst du hier liegen Du selbst hast mir die rache ja verboten Du Reiner Heiliger ... Mit mord und mit gewalt soll ich nicht streiten Doch einen sturmwind gibts der besser noch Die lügner und bedrücker niederwirft. Mir schwebt ein riesengrosses kampfwerk vor Mit neuem geist will ich das volk durchsäuern Ich will erleuchten locken und bezaubern Und alle falschen schädlichen gewalten Zerfallen wie die staubgewordnen knochen Sobald sie frische luft berührt. Du teurer toter · nicht erstarb dein geist Du hast im leben ihn in mich gehaucht .. Ich muss hinweg dass ich vor diesem anblick Nicht überwältigt werde und verzweifle. Am besten zeig ich meine ehrerbietung Und meine liebe für den hohen freund Indem ich treulich seine erbschaft wahre. Leztes Bild LEZTES BILD Der König · sein Minister · von wachen und fackelträgern begleitet im vordergrund. Da liegt die leiche. Zwei leichen! der prinz · o himmel! Er hat mit einem dolch sich selbst getötet. Ihr seid geblendet. Kann das möglich sein! Und doch da liegt er mit dem dolch im herzen An der Geliebten bahre. Was hier geschehen ist war Gottes wille. Wir müssen uns den heilgen ratschlüssen So wunderbar sie auch den menschen scheinen Demütig unterwerfen. Legt beide leichen auf die bahre. Die träger tun es. Timon ist inzwischen aus der hütte gekommen in der allmählich flammen sichtbar werden. Die eine leiche ist nicht dir. Er kommt heran · ergreift · seine tochter und zerrt sie an sich. Die träger wollen auf ihn eindringen. Der könig macht ein zeichen ihn gewähren zu lassen. Der minister will Timon einen beutel mit gold aufdrängen den jener zur erde wirft. Damit kann ich mein kind nicht auferwecken. TRÄGER ( auf Timon eindringend ) Du stehst vor – Schweig und lasst ihn. TIMON ( zum könig ) Ich weiss nicht wer ihr seid. Nur sagt mir · Herr · Was hab ich euch getan · was tat mein kind Dass ihr sie rauben und sie töten liesset! Wenn jemand je von ihr beleidigt wurde So war nur ichs und ich verzieh ihr ja. Doch seid ihr billig wenigstens gewesen: Ihr habt mein eignes liebes kind gemordet Ihr machtets nicht viel besser mit dem euren. Er geht mit der leiche mühsam zur hütte. Der könig scheint in heftigem kampf begriffen ob er bewältigt sich an der bahre niederwerfen soll. Der minister ganz nahe an den könig tretend · zuversichtlich. Dich trifft nicht die geringste schuld · mein könig. Komm lass uns gehen · trauern später wir! Es war so Gottes wille. KÖNIG ( ergreift des ministers hand und gibt den trägern entschlossen ein zeichen die bahre aufzuheben ) Ja du hast recht · es war so Gottes wille! König mit gefolge ab. Die hütte steht in hellen flammen. Dritte Stufe Das Feld vor Timons Haus DAS FELD VOR TIMONS HAUS Manuel – Leila. LEILA ( blumen pflückend ) Was folgest du mir auf meinem blumengange? Du hebst nicht die hände und scheinst doch ein bittender. Ich möchte nur dies: mit dir zusammen blumen lesen. Wie das silber der birken und der gesang in ihren zweigen So gehört auch die weite wiese dir und mir. ( sie pflücken zusammen blumen ) Liebst du die glänzenden sterne zu betrachten Und die wechselnden bilder der wolken zu verfolgen? Ja und liebst du den schimmernden gewässern nachzublicken Und liebst du das schauern in den nächtigen wäldern? Was kommst du mir so nah und brichst mir meine blumen? Damit ich deine hände sehe die weisser als die lilien sind. LEILA ( sieht ihn fest an · sie pflücken weiter ) Willst du nicht meinen strauss zu dem deinen nehmen? Ich nehme ihn. Doch darfst du nicht so viele knospen mitbrechen. ( stimme Timons ) Der vater ruft – ich muss zurück in die hütte. Und du wirst mir nicht verbieten wiederzukommen? Ich sagte dir schon dass die wiese uns beiden gehört. Wenn du so sagst werd ich wol nicht wiederkommen. So sag ich es wäre mir schmerz wenn du nicht wiederkämest. ( sie flüchtet mit ihren blumen ) Am Brunnen AM BRUNNEN Manuel – Leila LEILA ( mit einem kruge kommend ) Warum lächelst du heute nicht froh da ich erscheine? Ich leide noch von der angst dass du ausbleiben könntest. Ich bin zum drittenmal gekommen und weiss nicht ob ich darf. Es verfloss keine stunde wo ich nicht bei dir lebte Ich rufe nach dir in nächten die ich ohne schlaf verbringe. Ich hörte häufig deine stimme deutlich hier an der quelle. Und zum monde sah ich denkend dass du auch hinsähest. Ich fühlte es an der plötzlichen wärme seiner strahlen. So kurze nähe und so lange trennung trag ich nicht mehr. Höre Leila! drüben in weiten gärten liegt mein haus. Was sagtest du wenn wir dort im morgen der blumen warteten Im abend den vögeln lauschten unter dunklen lauben Und wenn wir uns niemals verliessen für alle tage – ( sie schlingen ihre finger ineinander und heben sie bis zur schulterhöhe · dann reisst sich Leila los ) Du musst jezt schweigen und mich verlassen Denn meine seele ist ganz in zittern. ( Manuel steht traurig da · Leila geht mit ihrem krug zur hütte ) * Der Vater – Leila. Warum richtest du dein auge nicht auf die purpurne sonne? Ich sehe die purpurne sonne auch mit geschlossenem auge. Willst du nicht einige schritte mit mir wandeln eh sie untergeht? Ich bin den ganzen tag unter bäumen und durch blumen gewandelt. Ich glaube dass du deine jungen tauben noch nicht gefüttert hast. Meine jungen tauben werden ihr futter finden auch ohne mich. Warum bringst du mir keine blumen mehr wie früher? Es trocknen noch einige sträusse an unsrem fenster. Deine worte kommen mir zögernd und müde vor. LEILA ( sieht auf und schweigt ) Als ich dich heut morgen rief sahest du mich so starr an. LEILA ( schweigt ) VATER ( traurig ) Ich ahne dass deine liebe zu mir verloren geht. LEILA ( auf ihn zueilend ) Vater du züchtigst mich und ich weiss nicht warum. VATER ( abweisend ) Bleib und füge zu deinem undank keine lüge · Ich merke dass du dich von mir trennen willst. Ein rotes mal ist auf deine stirn gezeichnet. Ich werde bald aufhören dich meine tochter zu nennen. ( geht in die hütte ) Was ist vorgefallen in jenen kurzen tagen: Ich sah zwei augen und war plötzlich wie geblendet Blumen quellen und himmel kamen mir anders vor. Ich spürte zwei lippen und ich lebe seitdem In einem wunderbaren und süssen reiche. So oft ich die lider schliesse spüre ich sie wieder. Deshalb kann mein vater doch nicht erzürnt sein. Ich fühle mich rein wie die kinder im himmel droben. Der Vater – Leila Weit weg suchen deine augen nach einem glücke Höre: wenn die stimme meiner liebe dich nicht mehr hält So erinnre dich dass wir hohe flüchtlinge sind Und immer leben müssen nach den gesetzen unsrer krone. Vater ich bin mir keines dings bewusst wovor ich erröten müsste. Uns ist verboten mit jedem niedren uns zu verbinden. Und wenn kein niedrer sondern der sohn eines königs käme? Dann verbietet dir unser elend zu ihm aufzuschauen. So leben wir der verbannten herrscher los Nirgends auf der erde können sie sich mehr verknüpfen Ihre freude muss es sein dass sie stolz ertragen. Wenn meine zärtliche sorge dich nicht mehr lenken kann So wird das heilige blut in deinen adern dir sagen: Du vergehst dich wenn du einen fremden auch nur anlächelst .. LEILA ( allein ) Der vater spricht mir von unrecht dass ich ein altes band zerrissen Doch auch das neue zu zerreissen liegt nicht in meiner macht .. Ich fühlte mich nie als verbannte hier unter meinen blumen Von einer andren heimat hab ich kaum geträumt .. Ich bin gewiss wenn ich Ihn nicht mehr sehen soll Werd ich welken wie eine blume die man aus dem boden zog Und wenn ich Seiner liebe verlustig gehe So will ich nichts mehr als heilig und hoch erkennen ... Ich habe nur Ein leben · das mit ihm und für ihn. * Leila (tot) · Vater (vor ihr knieend). Langsam kommt ein zug von weissgekleideten Jünglingen mit goldenen stäben und palmzweigen. Heil Timon · Heil dir König Timon! So jauchzt in deinem land dein volk Bald ruft es dich zurück!