Joseph Alois Gleich Der Eheteufel auf Reisen Lokales Zauberspiel mit Gesang in zwei Aufzügen Personen Personen. Herr von Storch, ein reicher Privatmann. Lisette, seine Frau. Schwarz, ein Magier und Anverwandter von Storch. Herr Wildgans, Frau Marthe, Herr Altberg, Anverwandte Storchs. Mehrere Freunde und Anverwandte. Erste Reise. Herr Mehlthau, Bürger und Hausinhaber. Gustel, seine Frau. Johann, Nettchen, in Mehlthaus Dienste. Frau Sperling, Nachbarin. Tobischka, Tanzmeister. Zweite Reise. Adam, ein Hausierer. Bärbel, sein Weib. Hänsle, Jockerle, ihre Kinder. Erster, Zweiter, Bandelkramer. Eine Hausiererin. Simon, ein Schiffmeister. Ein Grundwächter. Ein Hausknecht. Seib, ein Vagabund. Mehrere Bandelkramer. Dritte Reise. Herr Kalb von Kälberburg, Gutsbesitzer. Major Stern. Hans, Reitknecht des Majors. Turbarius, Amtsschreiber. Gretchen, ein Bauernmädel. Philipp, Diener bei Kalb. Lisette, Stubenmädel. Der Richter. Ein Geschworener. Landleute beiderlei Geschlechts. Geschworne. Vierte Reise. Harmonikus, Kapellmeister. Jeanette, seine Verlobte. Malchen, Köchin, Bernard, Diener, bei Harmonikus. Herfort, Lange, Musikfreunde. Nachbarsleute. Rauchfangkehrer. Fünfte Reise. Mathias Grob, Hausmeister. Susanne, sein Weib. Therese, Sabine, Anverwandte. Robert, ein Klaviermeister. Christoph, Eisenhändler aus Steiermark. Ein Korporal. Wache. Nachbarsleute. Genien. Nebenpersonen. 1. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt Zimmer in Storchs Hause. Lisette sitzt schwermütig auf einem Stuhle. Anverwandte beiderlei Geschlechts, unter denen auch Schwarz, Altberg, Wildgans, Marthe, sind versammelt und bemüht, sie zu trösten. Introduktion. Liebe Muhme, liebe Base, Mäßigen Sie Ihren Schmerz, Suchen Sie sich doch zu fassen – Kann Ihr Gatte Sie verlassen, So verdient er nicht Ihr Herz. Warum will er sie verstoßen? Hat ihn was von ihr verdrossen? Nichts, es zeigt sich sonnenklar, Der Herr Vetter ist ein Narr. Nichts hat ihn von ihr verdrossen, Und doch will er sie verstoßen, Da zeigt sich wohl sonnenklar: Der Herr Vetter ist ein Narr. Gegen die Seitentür schreiend. Ja ja, ein Narr – ein Narr! 2. Auftritt Zweiter Auftritt Vorige. Storch. Wird das Lärmen da bald gar? Himmel tausend sapperment! Wer ist's, der ein Narr mich nennt? Was ich sag, das muß geschehen Und nach meinem Kopfe gehen; Denn ich bin da Herr im Haus, Schweigt, sonst jag ich euch hinaus. Ach Herr Vetter – Schweigt, potz Hagel Donnerwetter! Red mir nur kein Mensch was ein, Was ich sage, das muß sein! Redet lieber gar nichts ein, Denn sonst könnt's noch ärger sein. Lisette, komm jetzt her zu mir. Wir sind jetzt dreiviertel Jahre als Mann und Weib beisammen, und das war, glaub ich, lang genug. Es gibt Ehen, wo die Leute schon nach den ersten vierzehn Tagen auseinandergehen. Ich will nicht der letzte in der Mode sein. Es ist also fest beschlossen, daß wir uns trennen. bittend. Aber lieber Mann – Da haben wir's, jetzt bittet sie wieder, und sie weiß, daß ich das durchaus nicht leiden kann. zu Lisette. So sei die Frau Mahm recht grob mit ihm. der es hört. Das ging mir noch ab – ein Weib darf nicht grob sein. Das Vorrecht gehört nur dem Manne zu, weil er schon von Natur aus einen massivern Körperbau hat. Aber was soll denn das arme Weiberl tun? Soll's alleweil hüpfen und springen? Warum nicht gar. Ich kann keine solche Tanzgretel leiden. Nun, so muß halt die Frau Mahm recht melancholisch sein. Das ging mir ab, wo sollte denn der Mann hernach eine Aufheiterung hernehmen? Sie ist so häuslich, geht den ganzen Tag nicht aus dem Hause – Das ist gefehlt, dafür brummen die Weiber alleweil zu Hause. Ah, wenn das ist, so muß halt die Frau Mahm recht oft ausfahren oder ausgehen. Warum nicht gar, daß mir das Weib liederlich würde? Das gehört sich nicht. Nein, einen solchen Mann könnte ich nicht ausstehen. Ob die Frau aufhört, ich glaub, sie will mir's abspenstig machen. Ah, das ist nicht zu besorgen, die Frau Mahm ist in ihren Mann gewiß recht verliebt. Und das kann ich auch nicht leiden – ein verliebtes Weib denkt auf sonst nichts als ihren Mann. Kurz und gut, ich bin keinem Menschen Rechenschaft schuldig. Küßt Lisetten auf die Stirn. Ich bin nicht böse auf dich, aber wir gehen auseinander. Da hast du den Schenkbrief von meinem Hause in der Stadt, du kannst gut leben davon. Der Wagen ist unten angespannt, mach, daß du fortkommst, und wenn mir die ganze Freundschaft da nicht bald aus den Augen geht, so spring ich ins Wasser, damit ich's nicht mehr anschauen darf. Liebe Muhme, liebe Base, Suchen Sie gefaßt zu sein, Ihre unverdienten Tränen Werden auf der Seel ihm brennen, Ja er wird's gewiß bereun. Alle sehn wir's sonnenklar: Der Herr Vetter ist ein Narr! Gehen mit Lisetten ab. 3. Auftritt Dritter Auftritt Storch. Schwarz. Jetzt habe ich die Teufel ausgetrieben! Aber lieber Herr Storch, ich habe die ganze Zeit geschwiegen, jetzt muß ich doch auch ein Wort dareinreden. Geb sich der Herr Vetter keine Mühe, es nutzt nichts. Mein Weib kann mit dem Haus in der Stadt zufrieden sein. Wenn's mit dem Zins nicht draus kommt, soll's die Parteien steigern. Das müssen sich die Inwohner gefallen lassen, warum sind's nicht wie die Schnecken gleich mit einem Hause auf die Welt gekommen. Wenn ein gutes braves Weib von ihrem Manne getrennt ist, so fehlt ihr alles. Jetzt hör der Herr Vetter auf, das ist zum Lachen. Bei der Zeit ist der Mann gerade das, was den Weibern am wenigsten abgeht. Oh, sie wissen sich schon zu helfen; wenn sie nur so viel Geld haben, als sie brauchen, hernach kann der Mann das ganze Jahr hingehen, wo er will, sie wissen schon einen zu finden, der sie aufheitert. War dies bei Frau Lisetten auch der Fall? Wenn sie mit einem Chapeau hat diskurieren wollen, so hat s' mich gewiß nicht zuschauen lassen. Kurz, es gibt gar keine glückliche Ehe, und allemal ist das Weib schuld. Die eine spielt, die andere verschwendet auf den Putz, die dritte will der Herr im Hause sein, und die vierte ist ein Ganserl oder eine Enten, mit der man kein gescheites Wort reden kann. An vielen Zwistigkeiten ist aber auch der Mann schuld. Das kann nicht sein, ein Mann kann gar nicht unrecht haben. Wenn eine Ehe unglücklich ist, so muß man nur das Weib darum hernehmen. Bis jetzt habe ich zwar noch keine Ursache gehabt, mich über meine Liserl zu beklagen, aber eben deswegen, damit meine Ehe nicht unglücklich werden kann, bin ich vorgekommen und hab mein Weib fortgejagt. Jetzt will ich erst meine Passion recht ausüben. Wo ich einen Bekannten weiß, der mit seinem Weib gut lebt, da will ich mich einnisten und so lange keine Ruhe geben, bis sie auseinanderkommen. Es ist besser, so was geschieht durch einen guten Freund als durch einen Fremden. Ja ich muß dem Herrn Vetter unter vier Augen sagen, aber daß ja sonst niemand hört, ich habe schon über zwölf solche Ehen auseinandergebracht. für sich. Elender, das sollst du mir büßen. Laut. Ehmal glaubte man an einen bösen Geist, der die Ehen störe, aber wahrhaftig, dieser Eheteufel sind Sie. Recht haben S', der Name freut mich, den behalte ich auch. Die halbe Welt will ich ausreisen und als Eheteufel Unheil anstiften; aber nur bei den Weibern, denn die Männer sind brav, das leidet gar keinen Widerspruch. Wie aber, wenn ich Ihnen den Beweis lieferte, daß der Mann oft mehr Schuld trägt als das Weib? Das kann nicht sein, und ehe ich das zugebe, will ich mein ganzes Vermögen verlieren. Das verlange ich nicht, wir gehen einen andern Vertrag ein. Sie geloben mir, sobald Sie Ihr Unrecht einsehen, Rückkehr zu Ihrer verstoßenen Gattin. Das ist zwar ein starkes Stuck, was Sie da verlangen, aber auch das lasse ich mir gefallen. Sie werden lang darauf warten dürfen, hahaha! Mich, den Eheteufel, wollen Sie bekehren? Das ist just so viel, als wenn Sie einen Portier oder einen Sesseltrager höflich machen wollten. Meine Kunst soll mir helfen. Ihre Kunst, Herr Vetter? Die Wette ist einmal geschlossen, und kein Rückfall kann mehr stattfinden. So wissen Sie denn, daß ich eingeweiht bin in die Magie und mir unglaubliche Kräfte der Natur zu Gebote stehen. Da können wir zwei nichts mitsammen zu tun haben. Sie könnten mich auf einmal in einen Simandl verzaubern, der mit allem zufrieden sein muß, was sein Weib haben will. Nein, nur in natürliche Verhältnisse will ich Sie versetzen. Merken Sie wohl auf. Auch auf Lisetten und alle Personen der Familie, die ich bedarf, soll meine Zaubermacht wirken. Sie sollen alle, ohne es zu wissen, zur Besserung ihres Mannes beitragen. Sie und Ihre Frau sind meiner Kunst anheimgefallen und sollen so lange in andern Gestalten umherwandeln, bis mein Ziel erreicht ist. Berührt Storchs Stirne und geht ab. die Stirne reibend. Mir wird ganz kurios auf einmal, so gewiß schwindlig – das soll einer Zauberei gleichsehen? Da kommt der Herr Vetter zu einem Unrechten; ich bleibe bei meiner Bosheit – ich behaupte einmal, daß an allen Übeln in der Welt nur die Weiber schuld sind, und das ist so wahr, so wahr als ich da stehe! Versinkt plötzlich. 4. Auftritt Vierter Auftritt Zimmer bei Mehlthau. Johann bringt einen Tisch mit vielen Medizinflaschen und Tiegeln und einen Armstuhl. Nettchen trägt Kissen. Lege Sie die Kissen nur auf den Stuhl da. Aber lieber Johann, ich bin erst acht Tage in dem Hause, aber ich kenne mich gar nicht aus, was ist denn das mit unserm Herrn? Will denn der arme Mann gar nicht gesund werden? Ob er will? Hängt denn das von ihm ab? Solange ihm's der Doktor nicht erlaubt, ist an gar keine Gesundheit zu denken. Jetzt ist es schon über zwei Jahre, daß er den einen Tag ein Bad braucht, den andern ein Dunstpulver, den dritten eine Schwefelkur und den vierten einen Einguß von Mandelöl und Scheidewasser. Und so geht das Ding ohne End fort. Alle Tag eine andere Krankheit, und alle Tag eine andere Medizin. Das ist eine saubere Wirtschaft. Ich bedaure nur unsre Frau. So ein junges hübsches Weiberl, der man die Lustbarkeit aus den Augen ansieht, und so einen mühseligen Mann. Nein, ich begreife nicht, wie sie das aushalten kann. Es wird gepocht. Wer kommt denn schon wieder? Gewiß der Doktor – heute werde ich wohl wenigstens dreißigmal in die Apotheke laufen dürfen. Wenn ich zu befehlen hätte, so müßte mir jeder Doktor so viel Pillen und Medizinen selbst einnehmen, als er seinen Patienten verschreibt, und ich weiß gewiß, daß die Kranken viel geschwinder wiederhergestellt wären. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Vorige. Tobischka. tritt mit Komplimenten ein und spricht im böhmischen Dialekte. Grüß Ihne Gutt, mach ich Ihne Kompliment. Ah, der Herr Tanzmeister! Was Teuxel führt denn Sie daher? Was wird mich's herführen – möcht ich's einmal wieder sehen meiniges Skolarin Madam Mehlthau. Nun, wie stehen mit Gesundheit auf der Frau von Haus? Wie's mit der Gesundheit auf der Frau steht? Das ist ein prächtiges Deutsch! Ja, mein Herr Tanzmeister, unserer Frau geht es halt wie einem Krummen, der gern tanzen möchte. Oder wie einem Schiffer, der windfeiern muß. Krummes tanzen? Feiern auf Wind? Kann nicht verstehen, was wollen damit sagen liebes Freund? Der gnädige Herr ist halt noch alleweil krank, das ist das Ganze. O zatracenj! da haben Madam weniges Freud von Heirat – waren gewesen immer so lustigs Humor wie Vogel in Luft – müssen ja sterben bleiches Todes ganz ab, werden sein vor Langesweil bald maustot. Man hört leise trillern. Da kommt unsre Frau – ich begreife nur nicht, wo sie den guten Humor hernimmt. 6. Auftritt Sechster Auftritt Vorige. Gustchen. tritt ein und trillert ganz leise. Ihr ganzes Wesen zeigt von einem lebhaften Temperamente. Nettchen, Johann, das ist ein prächtiger Tag! Schaut nur hinaus in den Garten, wie alles so heiter ist. Es ist halt doch eine Freude, auf der Welt zu sein. Bei meiniges armes Seel, werden's Madam alle Tag jüngeres und schöneres – kann's mich nicht genug wundern auf meiniges Ehr über das Anblick auf das liebe Gesicht. Ah, mein Tanzmeister! Nun das freut mich – und wie er aussieht, so galant, so modern, Dreht ihn herum. Hahaha! Ich bitte Sie, lieber Tobischka, kommen Sie nur recht oft zu mir, damit ich recht viel über Sie lachen kann. Wenn's kann beitragen zu gutes Humor, lachen auch mit von ganzes Herz, Lacht recht herzlich mit. Liebes Madam sein immer lustig – hab ich's nicht bald sehen solches heiteres Mensch. O Gott, lustig bin ich für mein Leben gern. Da herüben muß ich freilich ganz still sein, weil mein Mann noch krank ist; aber wenn ich in mein Zimmer hinüberkomme, da wird gesprungen und gesungen. Und über die dümmsten Sachen muß ich von Herzen lachen, das haben Sie jetzt erst bei Ihnen gesehen. Was macht denn mein Mann? Schläft er noch? Jetzt ist ja die Stunde, wo er auf Befehl des Doktors schlafen muß, darum hab ich ihm müssen die Augen zubinden, damit ihn das Licht nicht blendet. Hahaha! Der muß spaßig aussehen, der arme Mann muß jetzt schlafen, er mag wollen oder nicht, hahaha! – Was bringt denn Sie zu mir, lieber Herr Tobischka? Hab ich zu besorgen eines großmächtiges musikalisches Ball – wird's gegeben in der neuverbaut Saal prächtiges Tanz – kommen's zusammen gar vieles von Nobleß. Kennen's Madamerle junges Herrn Barons – wie heißt denn? Kann's mir nicht recht merken soliches deutsches Nam – Baron – Baron – stellen's vor ein Fisch mit langes Zähn – haben's oft kleineres Fischele im Leib – Der Baron? Nein, nein, sein Namenskollega – He – He – Hecht – ja, Baron Hecht. Sie, das ist ein spaßiger Mensch, er reitet oft vor mein' Fenster vorbei, und da sieht er mich immer so starr an, daß ich laut auflachen muß. Letzthin hat er sogar die G'fälligkeit für mich g'habt und hat sich von seinen Fuchsen abwerfen lassen, nur damit ich sehen soll, wie schön er sich im Kot ausnimmt. Oh, der Mann hat schon einzig ausgesehen, wie er im Graben g'legen ist. leise. Er sein's in Sie verliebt bis in das Tod. Was? Der Baron ist in mich verliebt? Hahaha! Johann, Nettchen, ich bitte euch, hört den Spaß an, der Baron Hecht ist in mich verliebt. Was machen Sie denn vor das Dienstleut? Ah, den Spaß muß ich hernach gleich meinen Mann erzählen. Da komm ich sauber an, was reden's da Madam für dummes Zeugs? Sie, hat er Ihnen das selbst gesagt, daß er in mich verliebt ist? Kommt er auch auf den Ball? deutet ihr behutsam zu sein. Hab ich ihm müssen komponieren einen Favorittanz. Ah, den möcht ich hören. Warum nicht, Für sich. Vielleicht kann ich's dahin bringen, daß gehen hinüber auf Ball. Herr Baron bezahlen's mir, was ich begehr, für soliches Freud. Laut. Wenn's erlauben's, Madam, will's spielen vor meiniges Komposition. Jaja, aber nur nicht zu laut, damit's mein Mann nicht hört. nimmt seine Geige und spielt, mit oder ohne Begleitung des Orchesters. 7. Auftritt Siebenter Auftritt Vorige. Mehlthau. im Schlafrock, kommt aus dem Nebenzimmer und hört zu. Das ist ein prächtiger Deutscher! Der gefällt mir, da muß ich mir gleich einen Knopf ins Tüchel machen, damit ich ihn nicht vergesse. Fängt an zu tanzen, plötzlich bricht er ab. Johann! Mir wird gleich der Atem ausbleiben. Bist du munter, lieber Mann? Du geh mir aus dem Weg, und den böhmischen Tanzmeister werft zum Fenster hinaus. – Ja mein lieber Johann, meine Kräfte lassen ganz nach, ich glaube, wenn ich mich an einen Wagen Holz anspannen wollte, ich könnte ihn schwerlich bis auf Gumpendorf hinausbringen. – Da schau Er meinen Krankenstock an – Zeigt ihm einen dicken Prügel. brich Er ihn übers Knie ab, wenn Er kann, ich bin's nicht imstande, ich bin viel zu schwach dazu. Lieber Mann, weil's heute gar so schön ist, geh mit mir in den Garten hinunter. Warum nicht gar. Mir ist recht miserabel – heute nacht hab ich die Anginettene bekommen – ich kann kein lautes Wort reden. Wo ist denn meine Medizin? Schreiend. Johann! Tauber Esel, einnehmen will ich. Was haben S' denn gnädig Herr eigentlich für Fehler auf Natur? Ja mein lieber Tanzmeister, das weiß ich selbst nicht. Der Doktor sagt halt, ich habe Blut in meinen Adern, und das ist ein schreckliches Unglück. Denn wenn das Blut gar alleweil lauft und endlich müd wird oder gar einschläft, so weiß man hernach nicht, wie man's hernach wieder aufwecken soll. Wenn's Blut schlafen, sein's Mensch tot. So? Machen's einiges kleines Komotion. Glauben Sie? Nun, ich werd's probieren. Geht langsam auf und ab, fängt aber endlich mit so großen. Schritten an, daß die andern kaum nachfolgen können. 8. Auftritt Achter Auftritt Vorige. Frau Sperling. die von Mehlthau beinahe über den Haufen gerannt wird. Nun, nun, da geht's ja zu, als ob ein Ochs auskommen wär, sacre di donc! Gebt mir geschwinde meine Pillen her. Kann ich der Frau Sperling mit einem halben Dutzend aufwarten? Sie machen eine prächtige Wirkung. Bin obligiert für die Speise. Wenn ich was haben will zum Magenverderben, so darf ich nur zu meinem Mann nach Haus gehen; denn wenn der nur ein paar Wort red't, so ist's ärger als ein Muttertrankel. Es ist mit dem Herrn Mehlthau auch nicht viel anders. Ich begreif gar nicht, wie die Frau Nachbarin mit so einem lebendigen Medizinflaschel drauskommen kann? Reden wir von was anderm. Sacre di donc! Da hab ich ein Frühstück mitgebracht, das sich g'waschen hat. Nu, meine Partie soll leben aus der Hofkuchel, der Bratelbrater-Feuermachers-Adjunkt! Das ist halt ein Mandel, sacre di donc! Derweil sich der Oberschlegeltranschiermeister umg'schaut hat, hat er mir ein Frühstück in seine Schlafhauben versteckt; das wird schmecken! Kramt den Korb aus. Das ist Ihr Frühstück, Frau Nachbarin? Das ist ja ein ganzes Mittagmahl. Wir wollen's mitsamm' verzehren. – Nun was ist's denn so, Herr Tobischka, heute ist ja auf dem neuen Saal Ball und Picknick? Wird unsereiner kein Billett dazu bekommen? Sacre di donc! To je zatracenj! Wollt ich's eben aufwarten auch an Madam von Haus. Ja, wenn's meinem Mann recht wäre. Nicht wahr, du erlaubst mir die kleine Freude? Nun, das versteht sich; der Herr geht auch mit, vielleicht sind Masken dabei, so kann er gleich als eine Plutzerbirn eintreten. Geh Er nur mit, Er ist nicht so schwach, als Er glaubt. Nein, Frau Nachbarin, daraus wird nichts. Ich gehe nicht auf den Ball, folglich muß mein Weib auch zu Hause bleiben. Aber schau nur, jetzt bin ich schon fast zwei Jahre bei keiner Unterhaltung gewesen, ich möchte doch auch ein bissel in der Welt leben. Jetzt will das Weib in der Welt leben, das ist zum Schlagtreffen! Geh, bleib bei mir, Gusterl! – Steht auf. Schau, dafür will ich auch recht gut mit dir sein. Nun meinethalben, dir zulieb – Ist das wahr? Geh her, Weiberl, dafür muß ich dir ein Busserl geben. Will sie küssen. Doch halt, gib mir lieber statt dem Busserl meine Magentropfen her. Nein, jetzt wird's mir aber doch zuviel, und jetzt halt ich's auch nicht mehr bei dir aus. Wenn du im Ernste krank wärst, ließ ich mir's gefallen, aber du bist ein eingebildeter Narr, und ich werde deinetwegen nicht mein Lebtag eine Krankenwärterin machen. Bleib du bei deinen Tiegeln und Flaschen, ich geh von heute an alle Tage spazieren und in Gesellschaft – ich gehe auf den Ball. Kommen Sie, Monsieur Tobischka – und wenn mir der junge Baron, der in mich verliebt ist, gefallt, so hast du's nur dir zuzuschreiben, wenn ich mit ihm auf und davon gehe. Haben's schon recht, liebes Madam, wollen's tanzen so lang's kann rühren unsriges Fuß. Beide ab. Das kann sich der Herr Nachbar zur Notiz nehmen: Wenn man einem jungen, muntern Weibe gar alle Freud versagen will, so ist's gar kein Wunder, wenn ihr das Radel laufend wird – sacre di donc! Ab. Was? So handelt das Weib, das ich arm geheiratet und zu einer reichen Frau gemacht habe? Ist das der Dank für das gute Leben bei mir? – Gutes Leben? – solang ich verheiratet bin, bin ich ja krank, sie hat ja gar keine vergnügte Stunde bei mir gehabt. Ich bin ja ein Barbar gewesen, ein Eheteufel, der ihr alle Tage verbittert hat. Nein, ich will mich ändern – fort mit dem Plunder! Wirft die Tiegeln zum Fenster hinaus. Frisch und gesund will ich sein, und damit's mein Weib gleich hört, so will ich an der Stelle mein Favoritliedl singen. Will singen. Sapperment, jetzt fallt's mir just ein, der Doktor hat mir das Singen verboten. Geht langsam ab. 9. Auftritt Neunter Auftritt Freie Gegend. Mehrere Bandelkrämer und Hausiererleute kommen singend herein. Juhessa! Juhessa! Der Tag geht zu End, Drum wird jetzt auf Lustbarkeit etwas verwend't. Wir kommen daher aus dem Landel 1 Und messen brav Schnürriem und Bandel, Und messen wir endlich das Kramel gar aus, So trag'n wir dem Weibel das Geldel nach Haus. Heut hab ich keinen guten Tag gehabt. Eine einzige Köchin hat mir ein Büschel Zwirn abgekauft, weil's aber so wild war, so hab ich ihr recht einen schlechten geben, er muß ihr untern Händen abreißen. Es gibt halt allerhand Kundschaften. Was ich aber am wenigsten leiden kann, das sind so gewisse gnädige Frauen, die wegen einem halben Kreuzer den ganzen Markt ablaufen, die möchten allemal bei einer Ellen Bandel anderhalb Ellen zuhaben; ja wenn die hübsche schwabische Hausiererin von mir was kaufen möcht, da wollte ich schon ein paar Restel zugeben. Nun, heut gibt ja ihr Mann einen Ball, da wird's weiter nicht zugehn. Ich kann nur nicht begreifen, wo's die Leute hernehmen. Sein Handel mit Zahnbürsteln, Federmesserln und Hosenträgern kann unmöglich so viel tragen, und dabei sitzt er noch den ganzen Tag im Branntweinhaus. Ich bin auch eine Hausiererin und weiß, was sich verdienen laßt, aber soll ein Mensch nur den Aufwand sehen – sein schwabisches Weib hat ja alle Augenblick ein anders Häuberl auf; den schwarzen Federhut, den ich allemal ins Theater aufsetze, habe ich schon ein ganzes halbes Jahr, und ich kann mir noch keinen andern schaffen. Aber übrigens ist die Frau Hausiererin ein braves Weib, es ist schon genug, daß sie eine Schwäbin ist. Niest. Mein, mein, das redet der bloße Neid aus der Frau Nachbarin. Die Frau Bärbel gibt halt ihren Kundschaften lauter gute Sachen – ihre Handschuh und Pantoffeln sind alle so nett, als ob s' vom Drechsler wären; aber der Frau ihre alten zusammengeflickten Patschen will freilich kein Mensch kaufen. Schaut's da, da kommt s' just mit ihren zwei Buben. 10. Auftritt Zehnter Auftritt Vorige. Bärbel. Hänsle. Jokkerle. Sie trägt einen Hausiererkram. Nun Frau Bärbel, wir haben schon alle Feierabend gemacht, jetzt wollen wir uns zum Ball herrichten, es bleibt doch dabei? Ei freilich, was man verspricht, muß man halte. Es ist freilich nicht recht, daß wir bei unserm sparsamen Erwerb so aufhaue; aber mein Mannle will's so habe, und ich darf mich nicht muckse, wenn ich nicht ein paar blaue Fleckle davontrage will. Juhe! Heut wollen die Bandelkramer recht lustig sein, heut muß es drunter und drüber gehn! Alle ab. Ach du lieber Herrgott, was ist das für ein Lebe, ja, es wäre schon recht, ich wollte auch gern tanze und gute Bißle esse, wenn wir nur auch das Geldle dazu hätte. Aber mein Mann, das ist ein Lump ohnegleiche – den ganzen Tag sitzt er in Branntweinhäusle, und ich kann nicht begreife, wo er auf den Abend das Geldle hernimmt. Er wird's doch nicht etwa gar stehle? Ach du lieber Herrgott, bewahre jedes Menschenkind vor solch einem Unglück; da will ich ja lieber arbeite, daß mir die Schweißtröpfle vom Gesicht laufe. Es muß anders werde. Ja, wenn er wüßte, daß ich nach Hause geschriebe und meinen Vetter um Aufnahme gebete habe. Ah, da kommt ja das liederliche Tüchle. 11. Auftritt Eilfter Auftritt Vorige. Adam mit einem Stelzfuß. Nun, bist du da? Ich bring dir eine Neuigkeit mit. Beim Bäcken war gestern Feuer, und da sind viele Hundert von deinen Landsleuten verbrannt. Ja, unterm Herd, nicht wahr? Kreuz divi domini! Du mußt alleweil was zum Foppe habe. Nun, nun, Schwabin, nur nicht so hitzig. – Auf dem Wasser ist wieder ein ganzes Bandel heruntergeschwommen. Einer davon hat mich kennt und hat mir eine Adresse an dich gegeben, dein Vetter laßt dich grüßen und laßt dir gratulieren, du hast eine Erbschaft gemacht. Mannle, hör auf! Ist's mir doch in alle Glieder gefahre, als ob mich das Blitzle getroffe hätt. Wer kann mir denn von meinen Freunden was vermacht habe? Der Schneiderfranzle? Der hat nix; der Schusterlipple? Der hat a nix; der Stöffle und der Görgle? Die habe alle zwei nix; daß dich das Mäusle beißt! Jetzt fallt's mir ein, der Martinle wird g'storbe sein – ja, ja, lueg mich nit so an, er hat sich bei mir gemeldet und hat bei der Nacht geweint wie ein Katzle. Da ist die Adresse, wo du hingehen sollst; geh, lies g'schwind. Herrje! was fallt dir ein, Männle, ich han ja gar nicht lese gelernt. Die paar Wort wirst doch lesen können? Wenn ich aber gar keinen Buchstaben kenne. Laß gut sein, lieber Mann, der Binder nebenan wird das Briefle schon lese. Wenn wir keins lesen können, so braucht ein anderer Mensch auch nicht zu wissen, was drinnen steht. Aber lieber Mann, wenn ich eine Erbschaft gemacht hab, so wirst du doch aufhöre, so ein liederliches Tüchle zu sein? So? Soll ich nicht etwa zu arbeiten anfangen? Jetzt wird aufgebaut, solang was da ist, hernach fangen wir wieder zum Hausieren an. Bist du denn vom bösen Feind besesse? Ich muß da mit mein Kramle die ganze Stadt herumlaufe, und er sitzt den ganzen Tag im Branntweinhäusle und verspielt und versauft alles – die Erbschaft gehört mein, und ich muß auf unsre Würmle da denke, daß sie gute Hösle und Jankerle bekomme und was Rechtschaffenes werde. Die Erbschaft geht dich nichts an. Ja? So gehst du und die Würmle mich auch nichts an. – Apropos, wie sieht's denn aus? Ist zum Ball alles hergerichtet? Ja, aber wir werde zu wenig Geld auf Wein habe, ich kann nicht mehr als zehn Maß hole lasse. Warum nicht gar; fünfundzwanzig Maß ist das wenigste. Jetzt gehst du gleich und verkaufst um fünf Gulden Pantoffeln. Wie sagst denn du zu den Leuten, wenn sie dir was abkaufen sollen? Wie werd ich denn sage? Sein Sie so gut und kaufe Sie mir was ab. So sagst? – Kannst du den Leuten nicht was vorlamentieren? Ei was lamentiere – wenn man fleißig arbeite will, so braucht man nicht so viel obligiert zu sein; aber du Saufaus bist ans Bitte und Bettle schon gewohnt. Kommt Kinderle, kommt, unser Elend wird auch ein End nehme, der liebe Herrgott wird uns schon helfe. Ab mit den Buben. Jetzt geh, du schwäbischer Zöger. Ich wette darauf, sie steht wieder in einem Winkel und weint. Da bin ich ein anderer Kerl – ich hab jetzt meinen ganzen Kram im Branntweinhaus versetzen müssen, bis auf die zwei Zahnbürsteln da – was liegt daran? Ein lustiger Kerl geht niemals z'grund. Arie. Ich bin halt gar ein armer Mann, Der sich nicht viel verdienen kann – Euer Gnaden, Euer Gnaden, Euer Exzellenz, Euer Durchlaucht! O kaufen S' doch was! Ich bitte Euer Hoheit, schaffen S' keine Zahnbürstel, erbarmen Sie sich über einen armen Mann, der schon fünfzig Jahre im Spital gelegen ist, kaufen S' mir was ab. Jetzt geh ich ins Wirtshaus zum Pelikan h'nein. Und trink um ein Gulden ein guts Glasel Wein. Ich bitte untertänig, nur diesmal schenken S' mir was, weil wir heut einen Hausball haben – ich bitte nur um einen einzigen Dukaten. Drei Wochen nach Ostern z'geht der Schnee auf dem Platz, Aber wenn man kein Geld hat, so g'hört man der Katz. Ab. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Simon, dann Adam. Nun, jetzt wär ich einmal an Ort und Stelle. Es soll recht gute Leute geben, hab ich sagen wollen, und da gehör ich auch dazu. Jetzt bin ich nur kurios, wo ich meine schwäbische Frau Mahm antreffen werde; aber so wahr ich ein Floßmeister bin, der ein bissel Maxen hat, ich will ihr gute Tage antun. Sie soll einen rechten Tagdieb zum Mann haben. Nun, mit dem werd ich nicht viel Umständ machen, ich pack das Weib auf ein' Zeiselwagen und schicke sie zu ihren Freunden nach Hause; ihr Mann, der Lump, kann bleiben, wo er will. kommt und geht näher. Was gibt's denn? Ich bitte Euer Gnaden, kaufen S' mir was ab. lachend. Ja, was hat Er denn für eine Ware, ich sehe ja nichts. Zwei saubere Zahnbürsteln hab ich da. So? Das ist ein kurioser Hausierer – was kostet denn eins? Fünf Gulden. Warum nicht gar. Es ist keine ordinäre Ware; sie heißen auf französisch vergettes de dents, und da kann ich's nicht wohlfeiler geben. Laß Er mich gehn, ich kaufe nichts. So schenken S' mir so was; ich bin gar ein armer Mann, der siebzehn Kinder hat, eines größer als das andere, ich bitte Sie nur um einen einzigen Gulden auf ein biss'l ein Brot. Nun warum nicht gar, will er nicht hernach noch einen Taler auf eine Pastete auch noch haben? Um einen Gulden kann man eine schöne Portion Brot kaufen, hab ich sagen wollen. Aber gnädiger Herr, Euer gräflichen Gnaden, was ist das für so viele Mäuler? Ich hab siebzehn Kinder, Euer Gnaden, ein alten Vater und zwei Dienstboten. Was? Ein Hausierer hat zwei Dienstboten? Nein, Euer Exzellenz, ich hab s' nur dafür angenommen, weil s' mir die größern Kinder herumtragen müssen. Euer Durchlaucht, ich bin gar ein armer Mann, ich hab einen kranken Vater zu Haus, der schon über hundertsechsundsiebzig Jahr alt ist, und hab gar nichts anzulegen. Wenn Sie mir nur ein bissel was schenken möchten auf einen franzblauen Gehrock. Warum nicht gar auf eine Repetieruhr. Er ist ein kurioser Patron – mir scheint, es ist nicht recht richtig bei Ihm, hab ich sagen wollen. Aber der arme Teufel wird halt doch recht arm sein. Was ist's denn mit sein Fuß? Er geht ja krumm? Ist Er vielleicht blessiert? War Er einmal Soldat? Nein, bis dato noch nicht, aber wenn wieder ein Krieg auskommt, werde ich schauen, daß sie mich unter die Ulanen nehmen. Das wäre keine üble Figur. Wie ist Er denn hernach zu einem krummen Fuß gekommen? verwirrt. O lieber gnädiger Herr, das Unglück ist mir über Nacht geschehen. Was? Über Nacht? Wie ist denn das zugegangen? Oh, das war gar eine traurige Geschichte, die Haare stehen einem gen Berg, wenn man's hört. Ich war bei einem Forstmeister, während der Forstmeister auf die Jagd geht, leg ich mich zu Hause ganz ruhig schlafen. Auf einmal bringen s' ihn mit einem durchgeschossenen Fuß daher – sie halten Konzilium, sehen mich im festen Schlafe, schneiden mir einen Fuß ab und setzen ihn dem Forstmeister an. Am andern Tage geht der Forstmeister frisch und gesund auf und ab, und ich bin ein Krüppel. Der Kerl ist ein Narr, hab ich sagen wollen, aber er gefällt mir; da werd ich schon ein bissel raisonnabler sein müssen. Da hat Er zwei Gulden, und jetzt pack Er sich. Euer Gnaden, gehören die zwei Gulden für mich? Nun ja, das versteht sich. Ich küsse tausendmal die Hand. Jetzt bitte ich halt für mein Weib und für meine siebzehn Kinder auch um ein bissel was. Marschier Er fort. Nur zwei Gulden. Was fallt Ihm denn ein! Euer Gnaden, Sie müssen mir noch zwei Gulden geben. Ich muß? Sie werden mich sonst zu einem Schritt bringen, den ich in meinem Leben nicht getan hab. Will fort. He! so bleib Er da, Er wird doch kein Narr sein und wird, Gott bewahre einen – da hat Er zwei Gulden; aber jetzt sage Er mir, was hätte Er denn getan? Euer Gnaden, ich hätt arbeiten müssen, und das hab ich in meinem Leben nicht getan. Geht langsam fort. in einem Überrocke kömmt von der andern Seite. Gnädiger Herr – Nun was gibt's denn? Ah, sapperment, ich habe geglaubt, es ist schon wieder ein Hausierer, müssen schon verzeihen. Gnädiger Herr, es tut mir leid, daß Sie Ihr Geld an einen Nichtswürdigen verschwenden. Glauben Sie denn, daß der Kerl wirklich krumm ist? Warum nicht gar – er wird sich doch nicht so verstellen? Ich werde ihn gleich gerademachen, es braucht nur ein paar tüchtige Hiebe. Ich bitte, erlauben Sie. Nimmt Simon den Stock aus der Hand. Warte, verdammter Kerl, ich will dich lehren, ehrliche Leute so zu betrügen. Will nach Adam schlagen, dieser läuft davon. Wart, Spitzbube, du sollst mir nicht mehr entkommen. Läuft ihm nach. Aber das ist doch ein Lump – lauft der Kerl jetzt davon, geschwinder als ich nachkommen könnte; und wie ihm der andere nacheilt. Jetzt laufen s' in eine andere Gasse – schauts, schauts, der andere war gewiß ein braver Mensch, hab ich sagen wollen, der sich recht um mich annimmt. – Ja, aber wo bleibt er denn? Sapperment, wenn er ihn nicht einholen kann, so soll er mir doch meinen Stock zurückbringen, es war ja ein silberner Knopf darauf. Ah, das ist doch kurios, hab ich sagen wollen, ich werde doch nicht eine Stunde da auf ihn warten müssen? 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Simon. Ein Hausknecht, dann ein Grundwächter; später Adam, Seib, Bandelkrämer. tritt lachend ein. Nun, das war doch wieder eine Schelmerei ohnegleichen, ah, da muß man doch darüber lachen. He, guter Freund, hat Er nicht einen recht scharmanten Herrn gesehen, der einen Hausierer mit einem spanischen Rohr recht abgeprügelt hat? Nein, die hab ich nicht gesehen, aber da im Gassel drüben sind ein Paar gestanden, einer hat einen Stock mit einem silbernen Knopf in der Hand gehabt und hat, just wie ich vorbeigegangen bin, zum andern g'sagt: Du Brüderl, das war ein Fang, den Dummkopf haben wir schön um seinen Stock betrogen, von dem allein können wir heut unsern Ball aushalten. Warum nicht gar, der Stock gehört mein, er ist mir gestohlen. So? Hätte halt der Herr besser darauf achtgegeben. Vor einem solchen Volk kann man sich nicht genug in acht nehmen. Es gibt Betrüger genug in der Welt, hab ich sagen wollen, aber wer wird denn auf eine solche Spitzbüberei denken. Laufe Er ihnen doch nach, lieber Freund, und schau Er, daß Er mir meinen Stock wiederbringt. Was geht denn das mich an? Hätte ihn der Herr nicht hergegeben. Wie kann man denn so dumm sein und solche Sachen aus der Hand lassen? Ab. Das geht ja recht gut, um meinen Stock betrogen, und Grobheiten auch noch. Sapperment, wenn ich nur wüßte, was ich jetzt machen sollte. Wenn ich wirklich nachlaufe, so hole ich s' nicht mehr ein. Ich bin so toll, daß ich mich mit meinem eigenen Stock karbatschen wollte, wenn ich ihn da hätte. Will fort und stoßt an den eintretenden Grundwächter. Bitte um Verzeihung, es ist nicht gerne geschehen, aber leid ist mir auch nicht, hab ich sagen wollen, so habe ich doch durch einen Rippenstoß meinen Zorn auslassen können. Seh ich recht? Der Floßmeister Simon! Nun freilich bin ich ein Floßmeister, dem sie erst das Ruder davongetragen haben. Kennen Sie mich denn nicht mehr? Ich bin doch einige Jahre als Aufseher bei Ihnen in Diensten gestanden. Daß dich, daß dich! Schau, schau, schau! Das ist ja der kleine Pepi – nun das freut mich. Komm Er mit mir auf ein Glasel Wein, ich geb's von Herzen gern, hab ich sagen wollen. Für jetzt kann ich nicht profitieren. Dort steht meine Mannschaft, ich muß einem betrügerischen Kerl nachgehen, der als Hausierer herumschleicht und die Leute auf allerhand Art betrügt. Er soll sogar heut einen Ball geben, und da will ich den Kerl abfangen. So? Einen Hausierer? Da geh ich mit, vielleicht kann ich da zu meinem Stock und zu meiner schwäbischen Frau Mahm zugleich kommen. Wir bleiben jetzt beisammen. Beide ab. Adam, Seib, mehrere Bandelkrämer kommen zurück. zu Seib. Du, laß dich von dem Betrug nichts merken, sonst schlagen uns die Bandelkramer selber tot. Allons, Brüderln, jetzt geht's auf den Ball, lustig aufg'rebellt! Juhe! Da sind wir dabei! Quodlibet. Ein traurig Leben führen wir, Ein Leben voller Sorgen! Nur Zwirn und Bandeln hab'n wir – Keine Ruh bei Tag und Nacht, Nichts, das uns Vergnügen macht – Schmale Kost und wenig Geld – Nur wenn wir manchmal ins Wirtshaus gehn, Sind wir froh dudeldei! Ins Wirtshäusel, mein lieber Papa, Ins Wirtshäusel, da möchten wir halt a. Vivat Bacchus! Bacchus lebe! Bacchus ist ein braver Mann! 's ist schon spat, schreit nicht so, Geht euren Trap, Sonst kommt d' Patrouille daher, Schafft uns noch ab. Ei, der Wachter und der Richter Machen allweil wilde G'sichter. Silentio facciasi! Schwerin, bist wirklich tot? Kommst auch nicht mehr zum Leben – Geht d' Frau Gevattrin auch mit der Leich? Nein, ich schick mein' Buben. Hat der Herr G'vatter ein saures Kraut? Nein, heut haben wir Ruben. Kraut oder Ruben sind ja zu niedrig, Wir essen Hühner, Gäns und Fasan – Holde Schwabin, deine Treue Ist mir ein sichres Zeichen, Daß uns in Hymens Reich Ein Rosengarten blüht. Alles huldiget der Liebe, Reiche, Bettler, jung und alt. – Ach, jetzt gehn zum Hausball wir! Alle ab. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Stube bei Adam. Musikanten treten ein und musizieren, ihnen folgen Bandelkrämer usw. Paar und Paar, und nun beginnt ein charakteristischer Tanz. – Bärbel bedient mit Wein usw., dann Adam. Tanz. tritt am Ende des Tanzes ein. Seid's alle beisammen? Geschwind die Geigen weg; das ist ein Spektakel! Wir haben's nicht gemeldet, daß wir heut einen Ball geben, die Wache folgt mir auf dem Fuße nach. Alle fahren untereinander und verstecken die Instrumente. 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Vorige. Grundwächter. Simon. Wache. Was gibt's da? Was ist hier für ein Volk beisammen? Lauter brave Leute, ich bin das Muster davon. auf Adam deutend. Das ist der nämliche Spitzbube, durch den ich meinen Stock verloren habe, der ist davongelaufen. Ich bitte Euer Durchlaucht – Es wird sich alles zeigen. Was ist da in dem Korbe verborgen? Alte Stiefelhölzer. Die Wache nimmt die Geigen hervor. Auch eine Baßgeige ist da. Die ist von meiner Frau Ahnl, sie hat sich im Lerchenfeld recht viel damit verdient. Nein, jetzt kann ich's nicht mehr aushalte, so wahr ich ehrlich bin und Bärbel heiße, du bist ein gottloser Mann. Ich erkenne sie, ja es ist richtig, das ist meine schwäbische Frau Mahm, die kommt mit mir. Nur fort mit ihm, er wird arretiert. Recht ist's; ich gehe wieder zu meiner Freundschaft, ich will mit dir Betrüger nichts mehr zu tun habe; denn ich hab ja alleweil gesagt: Ehrlich währt am längste. Recht, Frau Mahm. So ein liederlicher Mann verdient ein solches Weib nicht und ist selbst daran schuld, wenn sie ihn sitzenläßt. Oh, es gäbe schon noch mehr Männer, die es nicht besser verdient hätten. Alle ab. Wo bin ich? Wie geschieht mir denn? Ich fange ja an, ganz ein anderer Mensch zu werden. Das Kleid fliegt weg, er ist wie im ersten Auftritte gekleidet. 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Voriger. Schwarz. tritt unter Musik ein, welche fortwährt. Sie sind bei Ihrem Freunde, durch meine Macht wandelten Sie als eingebildeter Kranker und als Betrüger umher und waren allemal schuld an einer unglücklichen Ehe. Da haben Sie recht, Herr Vetter, aber das beweist nichts; solche Männer verdienen keine braven Weiber. Aber es gibt gar viele Männer, die alles für ihre Weiber tun und doch nur durch sie unglücklich sind; das Weib ist allemal schuld, ich lasse mir's nicht nehmen. Verblendeter, so entschlummre denn, bis du zu neuen Proben erwachest. Er winkt. Das Zimmer verwandelt sich in ein Wolkentheater. An den Kulissen sind verschiedene Sinnbilder des Schlafes und der Träume angebracht. In der Mitte steht eine Bettstatt, Genien führen Adam hin; wie er sich niederlegt, umgeben Wolken das Bett, aus denen viele Genien mit Flügeln an den Schultern und Schlafhauben auf dem Kopfe gähnend und schläfrig hervorblicken. Unter charakteristischer, aber kurzer Musik fällt die Kortine. Ende des ersten Aufzugs. 2. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt Garten auf dem Landhause des Herrn Kalb von Kälberburg. Mehrere Landleute, von Turbarius angeführt, kommen herein; dann Major Stern und Hans. Lasset uns mit Blumen schmücken, Jubelsang erquick das Ohr – Rufet alle voll Entzücken: Hoch leb unser Herr Major! Schon gut, schon gut, ich danke für euren guten Willen. Geht nur wieder an eure Arbeit, Kinder, ich kann das Aufsehen nicht leiden. Abends seid ihr alle meine Gäste. Vivat, der Herr Major soll leben. Alle gehen jauchzend ab, Turbarius bleibt im Hintergrunde. Vermaledeiter Lärmen, daß einem die Ohren zerspringen möchten. Hol mich dieser und jener! Hans, hab ich recht oder nicht? macht bei dieser Frage immer eine stumme Verbeugung. Das ist mir unangenehm. Ich wollte meine Schwester und ihren Mann überraschen. Stelle dir nur vor, Hans, meine Schwester schreibt mir, daß sie von ihrem Manne recht herzlich geliebt wird, daß sie aber doch nicht länger bei ihm bleiben kann, weil er vor lauter Zerstreuung einen dummen Streich um den andern macht. Es ist ja entsetzlich, am Hochzeitabend vergißt er, daß er geheiratet hat, laßt die ganze Gesellschaft sitzen, geht ins Dorf hinab und spielt mit den Kuhmägden Blindekuh. Er ist imstande und sieht meine Schwester einmal für den Reitknecht an und karbatscht sie mit der Jagdpeitsche – da soll ihm ja gleich das Donnerwetter über den Kopf fahren! Hans, hab ich recht oder nicht? Möchte ich doch nur den Tölpel kennen, der meine Ankunft ausgeplaudert hat. Euer Exzellenz, ich war der Glückliche, dem es durch einen Zufall vergönnt wurde, hoch dero Ankunft zu erfahren und hunc parvam festum zu veranstalten. So? Da hätte Er auch etwas Gescheutes tun können. Wer ist Er? Lod Amtschreiberius. Nun, warum steht Er so unbrauchbar da wie eine vernagelte Kanone? Wie der Mensch aussieht, wie die personifizierte Dummheit. Hol mich dieser und jener! Hans, hab ich recht oder nicht? Der gnädige Herr Major haben allemal recht. Semper recte habemus. Beantworte Er meine Fragen: Wie geht's meiner Schwester? Soviel ich weiß, geht dieselbe recht gut, habe sie noch nie über Fußschmerzen klagen gehört. Ist mein Schwager, der Herr von Kalb, gesund? Wenn Hochdemselben nichts fehlt, genießt er einer vollkommenen Gesundheit. Wie lebt denn das Ehepaar zusammen? Doch immer mit Harmonie? Nicht immer, an Festtagen haben wir auch Trompeten und Pauken. Da kann Er sein Fell dazu hergeben, Esel! Hans, hab ich recht oder nicht? Zu Turbarius. Warum lacht Er? Weil ich da eine auffallende Ähnlichkeit zwischen hochdero Gesichte und dem meinen bemerke. Wenn das wahr wäre, ließ ich ihm heute noch den Kopf abschlagen. Bitte tausendmal um Excusationem, brauche meinen Kopf gar zu notwendig, hehehe! Würde meine Braut sich höchlich wundern, wenn ich heute ohne Kopf zur Hochzeit käme. Er ist Bräutigam. Das wird eine saubere Nachkommenschaft werden. Sieht die Braut Ihm gleich? Sie ist nicht gar so sauber wie ich – dort ambuliert sie eben im Garten. Wenn es erlaubt wäre – Hole Er sie nur her, ich muß ja da mit allem bekannt werden. ruft in die Szene. Mea Gretula, non audis – komm doch hieher ad dominum Majorum. 2. Auftritt Zweiter Auftritt Vorige. Gretchen. Was hat Er denn so gnädig? O Himmel, ein fremder Herr! Erschrick nur nicht. Es ist der Herr Major, ich stehe recht in der Gnade bei ihm. Est bonus amicus. Und das sagt Er mir jetzt erst, und ich stehe schon so lang ohne Kompliment da. Nun, grüß Ihn Gott, Herr Major, wie geht's Ihm denn? O Bauernmadliana! sagt man denn zu einem Herrn Major Er? Man spricht ja in der vielfachen Zahl, im plurali. So bitte ich halt um Verzeihung, daß ich nicht höflich genug mit Eng war – Ös müßt's deswegen nicht bös sein. O Dummkopfiana. Halt Er sein Maul, Strohkopfianus! zu Gretchen. Siehst du, wie gern er mich hat, weil er schon latein mit mir spricht. Schweig Er und packe Er sich, ich will allein mit dem Mädel sprechen. Ja, ja, er kann schon gehn, ich brauche ihn nicht dabei, wenn mir der Herr Major was Schönes sagt. O ich glücklicher Mensch! Sogar der Herr Major nimmt meine Braut in Protektion. Ab. Du bist also wirklich Braut? Freilich, drum sehe ich auch so lustig aus, weil ich nicht weit mehr zur Hochzeit habe. Ist denn der Gutsherr damit zufrieden? Um den fragen wir nicht viel, der weiß ja nie, was er tut. Letzthin hat er mich für die gnädige Frau angesehen, hat mir gute Perlen schenken und durchaus vor der gnädigen Frau küssen wollen. Ah, das ist noch nicht genug – in der vorigen Nacht glaubt er auf einmal, er ist auf der Jagd, nimmt die Flinte, und ich weiß nicht, für was für ein Tier als er dem Herrn Major seine Schwester muß angeschaut haben, er hat's durchaus erschießen wollen. Million Donnerwetter! Jetzt ist's Zeit, daß ich den Narren den Kopf zurechtsetze. Ja, ja, das würde recht gut sein. – Nun, wenn der mein Mann wäre, dem wollte ich den Kopf auf eine kuriose Art zurechtsetzen. betrachtet sie mit Wohlgefallen. Ein Mordkerl von einem weiblichen Rekruten! Das wäre so ein Bursche in meine Leibkompanie. Hans, habe ich recht oder nicht? – Aber sag mir nur, Mädel, wie kann dir denn einfallen, einen solchen Dummkopf zu heiraten? Das macht nichts. Wenn mein Mann auch dumm ist, da bin ich doch versorgt, und ein solches Glück wird nicht leicht ein Bauernmädel machen. Also nimmst du ihn bloß der Versorgung wegen? Zu was hat man denn sonst einen Mann, als daß man eine Frau spielen kann. Ich werde ihn schon nach meiner Hand ziehen. Es kommt nur darauf an, daß man den Männern gleich im Anfang das neue Jahr abgewinnt. Wenn der Mann im Zimmer herumrumpelt und brummt wie ein Bär, so setzt man sich halt stille in einen Winkel und lacht ihn heimlich aus. Er kommt schon selber wieder. Wenn er aber hernach gut werden und ein Busserl haben will, da heißt's: just nicht! – oh, da werden s' hernach so heimlich, und eh man einen Gedanken hat, rucken s' mit einem Hut oder ein Kleid hervor, sie mögen's hernehmen, wo's wollen. Nun, wenn der Herr Major verheiratet ist, so wird Er's ja ohnedem selber wissen, daß die Männer unterm Pantoffel stehn. Teufelskerl! Nein, die ist zu lebhaft für den dummen Amtsschreiber. Mir fällt was bei – mein Hans ist ein braver, tüchtiger Junge, der soll's haben. Zu Hans. Nicht wahr, Bursche, nach einem solchen Mädel wässert dir das Maul? Hans, hab ich recht oder nicht? – Wie ihm die Augen funkeln. Ich gebe sie dir zum Weibe, Hans, hab ich recht oder nicht? Nein, der Herr Major haben unrecht, denn als Reitknecht kann ich sie nicht erhalten. Verfluchter Kerl, du sollst mir nicht widersprechen. Ich mache dich zu meinem Stallmeister. Jetzt haben der Herr Major wieder vollkommen recht. Komm einmal her, Mädel, und sieh den Burschen da an; wie gefällt er dir? Der da? Dreht ihn nach allen Seiten herum und sagt dann ganz vertraut zum Major. Der passiert. Wer ist Er denn? Von heute an mein Stallmeister. Ich gebe ihn dir zum Manne. So? Ist er mehr als der Amtsschreiber? Er lebt viel angesehener und besser. Nun, willst du ihn? Ja, er wäre mir schon recht; aber ich weiß ja gar nicht, was ich als Stallmeisterin zu tun habe. Muß ich etwa auch dem Herrn Major die Pferde besorgen helfen? Warum nicht gar. Besprecht euch nun zusammen, und wenn ihr euch gefallt, so sagt mir's. Hier habe ich eine Heirat gestiftet, jetzt eile ich zu meinem närrischen Schwager, vielleicht eine zu trennen. – Nun, ich glaube, ihr möchtet je eher je lieber schon Hochzeit halten? Hans, habe ich recht oder nicht? Ab. Hans und Gretchen sehen sich komisch an. Nun, Herr Stallmeister? Nun, Frau Stallmeisterin? Ist's denn schon richtig? küßt sie. Da hast du die Darangabe. Das war zuviel, da muß ich Ihm was davon herausgeben. Was wird denn aber der Amtsschreiber dazu sagen? Wer frägt um den. Ich will mir eine Schrift aufsetzen, die der gnädige Herr unterschreiben muß. Weil wir nur den Herrn Major auf unserer Seite haben, dann geht alles gut; aber du, ich bleibe Herr im Hause – Element! Das Recht laß ich mir nicht nehmen. I bewahre, wer wird das tun – du bleibst Herr im Hause, dafür kann ich aber auch tun, was ich will. Einverstanden! Denn das Widersprechen nützt ohnehin nichts – und wer könnte denn so einem hübschen Weiberl was abschlagen. – Juhe! Jetzt bin ich auf einmal ein glücklicher Kerl! Ein solches Weib und Stallmeister auch noch dazu! Gretchen, wir wollen mitsamm' leben wie die Kinder. Herumspringend. Juhe! Jetzt setze ich den Heiratskontrakt auf, und heute muß noch Hochzeit sein. Leb wohl, Gretchen, in einer halben Stunde sind wir Braut und Bräutigam. Will fort, kömmt zurück und hält die Hände zusammen. Aber ich bitte dich, liebes Gretchen, laß mich nur wenigstens im Anfang der Herr im Hause sein. Ab. Solange du willst. – Mein Gott, den Wunsch haben die Männer alle. Was liegt denn daran, so laßt man ihnen die Freud. Kindisch, wir Weiber wissen ja deswegen doch, wie wir daran sind. Ariette. D' Männer glaub'n, sie sind die Herren, Wer wird ihnen das verwehren, Laßt man s' zanken, laßt man s' brummen Und als wie die Wespen summen, Gehn sie finster aus dem Haus, Zuckt man d' Achseln und lacht s' aus. Sind die Herrn auch noch so böse, Machen Lärmen und Getöse, Braucht's oft nur ein freundliches Blickerl, Nur ein Busserl, nur ein Zwickerl, Gleich ist d' ganze Herrschaft gar. Geltens, was ich sag, ist wahr? Ab. 3. Auftritt Dritter Auftritt Zimmer bei Herrn von Kalb. Seitwärts ein Schrank, auf dem eine Figur steht. Philipp, dann Herr von Kalb; später Lisette. staubt mit einem Tuche ab. Jetzt ist alles sauber, wenn der Herr Major kommt; der gnädige Herr wird auch schon angezogen sein. Ah, da kommt er schon. frisiert, im halbmodernen gestickten Kleide, an den Füßen gelblederne Pantoffeln, kömmt trillernd herein. In dem Anzuge wird meine Frau Gemahlin aufs neue in mich verliebt werden. Nun Philipp, wie seh ich denn aus? Wie ein Pfau, der nicht auf seine Füße schauen darf. Was haben denn Euer Gnaden schon wieder angefangen? Schauen S' doch nur auf die Postamenter. Ei, ei, da war ich schon wieder in der Zerstreuung – geschwind bringe die Schuhe. Philipp läuft ab. Jetzt kann ich mich schon wieder nicht erinnern, warum ich mich heute in Gala angezogen habe. Es ist kein Wunder, wenn man den Kopf so voll Gedanken hat. kömmt zurück. Euer Gnaden, es ist ein Mädel draußen, die Sie hierherbestellt haben. So? Kann mich nicht erinnern. Ist sie hübsch? Recht sauber. Laß Er s' gleich hereinkommen. öffnet die Türe, Lisette tritt ein. Was will Sie, mein Kind? Euer Gnaden haben mich hierherbestellt, mich als Stubenmädel aufzunehmen. Ja? Ist recht. Kann Sie frisieren und barbieren? Das letztere nicht. Ist auch recht, mein Kammerdiener wird Ihr's lehren. Sie ist aufgenommen. Aber Euer Gnaden verzeihen, wir haben ja ohnehin schon zwei Stubenmädel. Hab ich nicht eine abgedankt? Nein, aber der Sekretär ist entlassen, und Sie wollten einen andern aufnehmen. So? Richtig. – Kann Sie schreiben? Nein. Das macht nichts, deswegen können wir doch Heimlichkeiten haben, wenn's auch keine schriftlichen sind. Geht zum Tisch, dann nach einer Pause. Nun geh der Herr, geh der Herr. Was schaffen Euer Gnaden? Zeig Er dem Menschen sein Zimmer und die Kanzlei. Euer Gnaden, es ist ja ein Frauenzimmer. So führe er die Menschin auf ihr Zimmer. Ich rekommandiere mich Euer Gnaden. Geht in Gottes Namen. auf die Schuhe deutend. Tummeln sich Euer Gnaden, es kommen Leute. Mit Lisette ab. Jetzt hab ich ein Stubenmädchen in die Kanzlei aufgenommen; aber das macht nichts, ich bin nicht der einzige, der ein Stubenmädel lieber als einen Sekretär hat, besonders wenn's einer von Holz ist. 4. Auftritt Vierter Auftritt Kalb. Philipp kömmt zurück. Der Richter. Ein Geschworner. Ah, bei einer solchen Angelegenheit können wir nicht lange im Vorzimmer bleiben. – Ah, da ist ja der gnädige Herr. Was gibt's? Was wollt's ihr dummen Leute? Wir kommen uns anzufragen wegen dem kuriosen Befehl, den Euer Gnaden hinunter geschrieben haben. Unser Förster trifft eine Schar Wilddieb an. Er und sein Hund jagen s' alle in die Flucht – und einen von den Spitzbuben bringt er zurück. Da kommt auf einmal ein Bescheid vom gnädigen Herrn, der Hund soll aufs Schloß kommen, damit sich die Herrschaft bei ihm bedanken kann – der Wilddieb soll zehn Gulden Douceur und der Herr Förster fünfzig Prügel kriegen. – Gnädiger Herr, das geht nicht so, der Förster hat seine Schuldigkeit getan. Das kann ich nicht geschrieben haben, das muß in der Zerstreuung geschehen sein. Da ist der schöne Bescheid. Her damit, ich werde ihn gleich ändern. Schreibt. Pause. Du Nazel, das dauert lang, und wir haben keine Zeit. Schau nur hin, was er denn schreibt. Mit Verlaub. Guckt in die Schrift. Das kann der Teufel lesen. So, da ist mein Befehl, und der muß an der Stelle vollzogen werden. nimmt das Blatt, reibt sich die Augen und liest. Du Paul, schau, was da steht – statt dem Förster kriegt ein jeder Geschworner fünfundzwanzig, und der Richter muß Soldat werden. Nein, das ist zuviel, den Streichen muß ein Ende gemacht werden, ich fahre selber nach der Stadt und zeige es an. Komm Paul, wir Geschworne wollen unsre fünfundzwanzig aufheben, damit wir einen Vorrat haben. Gehen ab. Philipp, warum ist die Statue dort nicht geputzt? Nimmt das Tuch. Kann ich doch heute nicht hinauflangen. Weil Euer Gnaden noch nicht auf dem Tisch stehen. Auf das habe ich vergessen. Steigt hinauf und staubt ab. Du, Philipp, mein Bruder hat mir geschrieben, daß er heiraten will, er braucht tausend Gulden zur Kaution – das muß heute noch geschehen. Der Brief ist schon drei Jahr alt, der Herr Bruder ist ja schon gestorben. So? Auf das hab ich vergessen. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Vorige. Stern. Der Herr Major kömmt. Stern tritt ein. Ah, mein Schwager. Vergißt auf den Tisch und fällt zu Boden. Was zum Teufel machen Sie denn? Ich habe vergessen, daß ich auf dem Tisch gestanden bin. Schöne Streiche muß ich durch meine Schwester erfahren. Plagt Sie das höllische Donnerwetter? Ihre Frau haben Sie erschießen wollen – der Baronesse Dorring haben Sie in der Zerstreuung das Heiraten angetragen, und wie letzthin ein großer Schweizerstier durchs Dorf getrieben wurde, haben Sie in Ihrer Narrheit behauptet, er sei ihr leiblicher Schwager, und haben ihn zum Essen eingeladen. Million Donnerwetter! Sie sind ein Narr, habe ich recht oder nicht? Sie verzeihen, ich habe nicht gehört, was Sie gesprochen haben – ich habe den Augenblick auf meinen Affen gedacht, der vor vierzehn Tagen gestorben ist. Kurz und gut, wenn Sie sich nicht ändern, kann meine Schwester nicht bei Ihnen bleiben. Vor allem machen Sie den Fehler mit der Dorring gut, ich will Ihnen ein Billett diktieren. Setzen Sie sich. Kalb setzt sich und schreibt. 6. Auftritt Sechster Auftritt Vorige. Gretchen. Hans. Gnädiger Herr Major – Wir zwei sind schon richtig mitsammen, wir haben eine Menge diskuriert, und ich hab's schon gemerkt, daß mein Stallmeister recht ein guter Mensch ist; denn weiß der Herr Major, was das schönste an ihm ist? Er hat mir versprochen, daß er zwar der Herr im Hause bleibt, aber einen Tag schweigt er still, und den andern darf er nichts reden – und so glaube ich, werden wir zwei recht gut mitsammen drauskommen. Da wäre der Heiratskontrakt, und da steht auch drinnen, daß uns der Herr Major die ersten zwölf Kinder aus der Taufe hebt. Warum nicht gar ein ganzes Regiment. Nun, an jungen Stallmeistern wird's freilich nicht fehlen, Hans, hab ich recht oder nicht? Also her mit dem Wisch – da unterschreib der Herr Schwager, daß sich die zwei Leute heiraten dürfen. 7. Auftritt Siebenter Auftritt Vorige. Der Richter, mehrere Geschworne, dann Turbarius. Nein, das geht nicht an, mit dem gnädigen Herrn ist's nicht mehr zum Aushalten – die ganze Gemeinde ist rebellisch. Die Geschwornen sollen fünfundzwanzig kriegen. Der Richter soll Soldat werden. kommt eiligst. Spectaculum horrendum inauditum! Die gnädige Frau hat von dem gnädigen Herrn sein Schokolade getrunken, und jetzt ist ihr totenübel, sie macht Gesichter, als ob s' die Fraiß hält. Frasiam habet. Das kann nicht sein, es ist echte Mailänder Schokolade. Sieht in der Tischlade nach. Verdammt, in der Zerstreuung hab ich ihr statt der Schokolade meine Schuhwixzelteln gegeben. Spektakel! Jetzt hat das Weib lauter Kienruß und Vitriolöl im Magen. Nun ist's genug – meinen Wagen anspannen, meine Schwester fährt gleich mit mir fort. Diesen saubern Herrn Schwager laß ich in Narrenturm sperren, und Er Zu Turbarius. wische sich den Mund ab – das Mädel heiratet meinen Stallmeister. Er kann sich ein altes Küchenweib aussuchen – hol mich dieser und jener, Hans, habe ich recht oder nicht? Mit Hans und Gretchen ab. Ein Sequester muß gestellt werden. Alle ab. Kalb folgt mit Turbarius zerstreut nach. 8. Auftritt Achter Auftritt Zimmer bei Harmonikus. Herfort 2 und Lange treten ein. Ich bin neugierig, wie die erste Probe von Harmonikus' Meisterwerk ausfallen wird. Bis nicht das Werk vollendet ist, kann man gar kein gescheites Wort mehr mit ihm sprechen. Ich bedaure nur seine Braut, die junge Jeanette. Das glaube ich Ihnen, weil Sie selbst in sie verliebt sind. Es ist aber auch schrecklich, was der Herr Kapellmeister treibt – will ein junges Mädchen mit dreißigtausend Talern heiraten und vernachlässigt sie ganz, und noch dazu eine Französin, die ohnehin so viel leichtes Blut hat. Er ist ein kluger, redlicher Mann, der sein Weib nicht unglücklich machen wird. Nein, er ist ein Narr. Wenn er komponiert, so hat er für nichts Sinn als Musik und vernachlässigt das Haus und die Frau. Zu Herfort. Darum sind Sie klug, und lassen Sie das Mädchen nicht aus. 9. Auftritt Neunter Auftritt Vorige. Jeanette. im modernen Überwurfe und Hute tritt ein, sie spricht im französischen Dialekte. Messieurs, eh bien dites donc, sein mein future schon wach? Der sitzt schon seit frühestem Morgen an seiner Arbeit. Mon Dieu, wie kann ein Mensch so viel sich occupir – es seien wohl schön, wenn man haben viel von der Fleiß, aber man müssen auch denk auf seiner plaisir. Imaginez-vous? Messieurs nun seien schon der sechste Woch, daß ich haben kaum gesprochen mit ihm einer ganzer Stond. Sie dauern mich, liebes Fräulein, Sie verdienen mehr Aufmerksamkeit von Ihrem Verlobten. O mon Dieu, was werden das sein für ein Leben, wenn er werden sitzen immer bei seiner Clavecin – ich werden fahren spazier en ville, aux environs, au Theater – ich werden mir suchen un attaché fidel, man müssen doch jemanden haben zu conversir – Würden Sie dies aber auch tun, wenn Sie einen Gatten hätten, der Sie zärtlich liebt, der nur für Sie lebt? En verité – Sie mich verkennen – nous sommes en France de bon aise – ich werden sein toujours alerte; aber ich werd auch wiß zu schätzen mon ami, ich werden ihn lieben de tout mon cœur. Dann würden Sie einen Freund von uns glücklich machen, der Sie lange schon im stillen anbetet. Mich anbeten? Hahaha! Ich seien ja keiner heilig Person – wer ist denn der unbekannte Adorateur? Mein Freund Herfort. C'est drôle! Und haben mir gesagt keiner Wort – Sie mir auch gefallen, je vous trouve als bon homme. Eh bien! Wenn Herr Kapellmeist nicht sich werden ändern, ich unrecht werden verstehn und mir nehmen zu Gemahl ce joli garçon. Stille, der Herr Kapellmeister kömmt. 10. Auftritt Zehnter Auftritt Vorige. Harmonikus. viele Noten unterm Arm und ein Blatt in der Hand, kömmt aus dem Nebengemache. Er singt aus dem Blatte und geht auf und ab, ohne die andern zu bemerken. Endlich sieht er sie. Ah, willkommen meine Herren! Nun, das freut mich, daß Sie so pünktlich sind, jaja, so pünktlich sind. Wünschen Sie mir Glück, mein großes Werk ist vollbracht. Ein solches Meisterstück hat die Welt nicht aufzuweisen, jaja, nicht aufzuweisen. Bei vollständiger Besetzung des Orchesters sind alle Säle zu klein, es muß im Freien gegeben werden. Denken Sie nur selbst – fünfhundert Prim- und fünfhundert Sekondgeigen, zweihundert Bratschisten, hundert Violoncelle, fünfzig Violone, vierundsechzig Trompeten und achtzig Pauken, jaja, achtzig Pauken. – Meine Herren, so weit wie ich hat es noch keiner in der Musik gebracht. Staunen Sie! Den tiefsten Baß drücken Kanonen aus, welche nach dem Takte geladen und abgefeuert werden. Es ist entsetzlich! Es ist unmenschlich, müssen Sie sagen, jaja, unmenschlich. die immer sprechen wollte. Mais mon Dieu, Sie wollen mich ja gar nicht sprechen lassen. Sprechen? Nein, meine Liebe, in meinem Hause darf künftig gar nichts mehr gesprochen werden. Singen Sie, und ich stehe Ihnen zu Diensten, jaja, ich stehe Ihnen zu Diensten. Ich möchten doch gerne wissen, wann denn wird sein unser Vermählung? Eher nicht, als bis mein Hochzeitkarmen fertig ist. Ja meine Liebe, auch das muß ein Meisterwerk werden. Bewundern Sie die herrliche Idee: Wenn auf die Hoffnung von baldiger Nachkommenschaft angespielt wird, so müssen im Nebengemache ein halb Dutzend Weiber mit kleinen Kindern stehen, welche nach dem Takte gezwickt werden, jaja, gezwickt werden. Gedulden Sie sich, sogar wenn wir beide mitsamm' zanken, so muß es nach einem musikalischen Tempo geschehen. 11. Auftritt Eilfter Auftritt Vorige. Malchen. Bernhard. Gnädiger Herr, es ist schon spät, und Sie haben noch nicht angeschafft – sie sperren mir sonst die Fleischbank zu. Welche unharmonische Töne! Habe ich Ihr nicht schon oft befohlen, mir den Speisezettel vorzusingen! Sie erlauben, meine Herrn, meine häuslichen Angelegenheiten zu berichtigen. Hier hat Sie die Noten. Zu Bernhard. Und Er auch, Er Eselskopf, jaja, Er Eselskopf. Nun, wird's bald? Terzett Malchen und Bernhard singen aus den Noten. In der Suppen feine Nudel – Nudel. Hören Sie die Repetition? Weil ich die Mehlspeise gerne esse. eintönig. Und ich führ zum Schanzel zum Waschen, zum Schwimmen den Pudel. Wie das hüpft, man sieht den Kerl ordentlich apportieren. Zu dem Fleische frische Brockerl. Ich lauf zum Friseur mit des Herrn sein Parockerl. Statt Braten ein' gedünsten Schlegel. Ich hol den Kopisten daher zu dem Flegel. Zum Kegel. Was übrigbleibt, behalten wir. Und ich trink auf d'Jausen ein paar Plützerl Bier. Es wird nach dem Takt gekocht da im Haus, Ich lauf musikalisch zum Tempel hinaus. Alle drei ab. Nun, mein Fräulein? En verité, c'est insurportable, cela me chagrine – mich gar nicht anzuhören. Wenn Sie seine Frau sind, wird es noch weit ärger sein. Oui, vous avez raison – ich sehen ein meiner bêtise, zu nehmen einen Mann, der mehr haben Gefühl pour ses compositions, que pour sa femme – ich bin entschlossen, ich geben auf der Mariage. Und? Eh bien, wenn Sie sich schick dans mes caprices, ich erklären Sie zu mon mari. Sie umarmen sich und eilen fort. kömmt zurück. Halt! halt! Wo wollen Sie denn jetzt hin? tritt ihm in den Weg. Sie kommen zu spät – während Sie ganz in Ihre Musik vertieft sind, hat Jeanette einem Manne ihr Herz gegeben, der eine so schöne Gabe zu schätzen weiß. Erlauben Sie, das ist kein Scherz, das Mädchen hat dreißigtausend Taler, jaja, dreißigtausend Taler. Gleichviel, Sie müssen halt so viele Noten dafür schreiben. Ich habe sie, solange ich sie kenne, mit keiner Silbe beleidigt. Aber auch nicht vergnügt. Es ist nicht genug, daß der Mann gut und fleißig ist, er muß wegen seinen Geschäften nie das Weib vernachlässigen. Ich bedaure, aber merken Sie sich diese Lehre für die Zukunft. Ab. Es ist entsetzlich, jaja, entsetzlich! Wenn sie mir nur wenigstens musikalisch den Abschied gegeben hätte. Aber ich will mich rächen, die Gottlose darf in meiner neuen Kantate nicht mitsingen. Wo ist die Partitur? Sogleich will ich die Singstimme ändern. Schlägt eine Partitur auf und gibt den Takt. Gewaltiger Lärmen von außen. eilig. Feuer, Feuer ist im Hause! Still, hier mach ich eine Pause. Helft, die Flamme bricht herein. Hier muß ein Allegro sein! Die Trommel wirbelt, alles stürzt herein. Feuer, Feuer ist im Hause, Welch ein Lärmen, welch Gebrause! Seht, die Flamme bricht herein! Schnelle Flucht kann nur befrein! Die Flamme schlägt ins Zimmer herein, Rauchfangkehrer eilen herbei. Harmonikus komponiert noch immer und wehrt mit der Hand ab, bis ihn zwei Rauchfangkehrer abtragen, wobei er immer noch aus den Noten den Takt schlägt. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Zimmer bei Mathias Grob mit Mittel- und Seitentüren. zwei Blumentöpfe und ein Papier in der Hand, kömmt durch die Mitteltüre und sieht sich, furchtsam um. Hereingekommen wäre ich glücklich, wenn mich aber der dumme, eifersüchtige Hausmeister sieht, so hält er mich für einen Liebhaber von seinem Weibe, und dann kann's gewaltigen Lärmen geben. Zum Glück dauert's nicht mehr lange, bis mir meine Erbschaft ausgezahlt wird – dann heirate ich Theresen, verdiene mir durch meine Klavierlektionen ein hübsches Geld und lebe recht glücklich. Heute ist ihr Geburtstag. Diese Blumen und mein Gedicht werden sie freuen, und meine Nachtmusik wird sie überraschen. Es kömmt jemand – wer weiß, ob's nicht der Hausmeister ist. Es ist besser, wenn ich mich verberge. Verbirgt sich hinter einen Schrank. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Voriger. Sabine. kömmt aus dem Nebengemache. Nun, heute wird's wieder was absetzen, weil der saubere Herr Vetter so lange ausbleibt. Um den Menschen wäre schade, wenn er kein Hausmeister geworden wäre; denn der ist noch hundertmal gröber als ein Livreetuch. Ich bedaure nur meine Frau Mahm – nimmt sich der Balsam von einem Grobian ein junges, belesenes Weib und hat an seiner Grobheit noch nicht genug, nein, er muß sie auch mit seiner Eifersucht zu Tode quälen. Was hat sie denn davon, daß er ihr nichts abgehn laßt, wenn s' dabei eing'sperrt ist wie eine Malefikantin. Nun, wenn mein steirischer Eisenhändler so wäre, da könnte ich eine Freude haben. Mein Eisenhändler? Ah, wer weiß, ob der noch auf mich denkt. Sieht die Blumen. Was ist das? Blumen? Ein Gedicht? Mich trifft der Schlag vor Freuden, wenn das von meinem Christoph ist. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Vorige. Therese. aus dem Nebengemache. Ob denn mein Robert heute auch noch nicht kommen wird? Ah, bist du da, Therese? Das ist gut, du weißt, daß morgen mein Geburtstag ist – Der meine auch. schnippisch. Ich weiß es, ich werde dir schon gratulieren. Wir sind an einem Tage und zu gleicher Zeit geboren. Zu gleicher Zeit? Nun, es werden höchstens zwanzig Jahr dazwischen sein, das macht keinen großen Unterschied. Schau einmal her, was mir ein unsichtbarer Verehrer hergestellt hat. I zum Henker, die Alte wird doch nicht glauben, daß ich es für sie gebracht habe? Recht schöne Blumen. Für sich. Die sind gewiß von meinem Robert. Und ein Gedichtchen ist auch dabei. Da höre einmal. Liest. »Deine Augen leuchten wie die Sonne« – Das ist wahr, ich habe immer noch ein gewisses transparentes Feuer in meinen Augen. »Von deinem Munde lächelt holde Wonne, Es blühen Lilien am Busen Dir.« Nun, da wollen wir drüber hinausgehn. »Dein Blick verkündet süße Freude mir.« Nein, das ist ein göttlicher Mensch, der das geschrieben hat; und wer kann das sein als der Eisenhändler, der um mich negoziert. Aber liebe Frau Tante, so lassen Sie sich doch nur sagen – Ich bitte dich, schweige still, du glaubst, weil dich dein Vater hat im Fräuleinstift erziehen lassen, so mußt du jetzt alles besser wissen. Mein Mann war auch von Bedeutung, er war Fleischwägers-Adjunkt, was haben wir jetzt von unserm noblen Charakter? Daß du als arme Waise und ich als eine charakterisierte Witwe bei einem gemeinen Batzen von Hausmeister auf der Kammer logieren müssen. Aber Gott sei Dank, ich werde bald erlöset, wenn mich mein Eisenhändler nicht sitzenläßt. Ist er denn noch jung? Das glaub ich, in seinen schönsten Jahren, auf Georgi wird er siebenundsechzig Jahre alt, und dabei ist er frisch und gesund. Kann man sich mehr wünschen? Wie ich gestern bin schlafen gegangen, hat's in der Kammer g'rebellt und kracht, und das ist ein gutes Zeichen. Es geschehen heftige Schläge an der Türe. Therese, halte mich, so kann nur mein Eisenhändler anklopfen. 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Vorige. Christoph. Guten Abend da beisammen. Sackerlot, weil's draußen dunkel ist, so hab ich schon glaubt, ös werd's schon alle im Nest liegen. Er ist's – mein Christoph! Nun grüß Gott – sackerlot, schaut das Weib nicht aus wie ein steirischer Kapauner. O Sie loser Schelm – Sie waren schon einmal da. Meiner Seel nicht. Leugnen Sie nur nicht. Die zwei Blumenstock da mit die Veiligen und Maurunkerln – nicht wahr Sie, die sehen Ihnen gleich? Das könnt ich nicht sagen, ich bin ja viel größer. Wie fein sich der Mensch herauswindet. Nun, und das Gedicht von der Sonne – Ja, da haben S' recht, bei der Sunn hab ich erst ein kostbars Rostbratel gegessen. Ich hab Ihnen wollen einen Fleck mitbringen, aber der Kellner hat kein Papier gehabt. Aber das Ding kommt mir ganz kurios vor, von wem sind die Blumen? Sie werden doch nicht noch einen Liebhaber haben? Sie, das wäre ein starkes Stück; denn mei ner Seele, ich nehme Sie nur bloß deswegen in meine Wirtschaft, weil ich mit Ihnen nicht mehr eifern darf. rasch. Nein Engerl, das dürfen S' nicht mehr, ich bleib Ihnen treu bis in den Tod. So wie ich meiner Therese, der ich diese kleine Freude machte. Umarmt sie. So? Also der Wisch ist von Ihnen? Zu Christoph. Und Sie haben mir nichts zu meinem Geburtstag mitgebracht? Nein. Ein ung'rischen Rauchtabak hab ich da, wenn ich damit aufwarten kann, sonst hab ich nichts. 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Vorige. Susanne. aus dem Nebengemache. Was gibt's denn da für Lärmen? Ich habe gar geglaubt, mein Mann ist schon zu Hause. Sie verzeihen, daß wir Sie belästigen. Ach das macht nichts. Seid nur recht zärtlich mitsamm', das hör ich gern. Da fallt mir allemal der gewisse verliebte Mensch ein, von dem ich einmal gelesen habe – wie hat er denn nur geheißen? Ich glaube Sieghart, 3 der auf dem Grab seiner Mariandl erfroren ist. O mein Gott, mein Mann erfriert nicht für mich, er setzt sich lieber in ein Branntweinhäusel. Sie dauern mich, daß Ihr Man so massiv und so eifersüchtig ist. Ja, wer kann helfen? Was das Massive anbelangt, so wollt ich's ihm noch verzeihen, weil er nur ein Hausmeister ist, aber die Eifersucht – ach, das ist gar schrecklich. Ich bitte Sie, letzthin geh ich abends in Hof hinaus und geb unserm Geißbock ein Futter, sieht der im Dunkeln den Geißbock für einen Liebhaber an und will ihn arretieren lassen. Sie, das bitte ich mir aus, Herr Christoph, in Steiermark, hör ich, gibt's Steinböck, daß da nicht auch etwa eine Eifersucht entsteht. Wenn ich mir was machen lasse, so soll mir der Schneider und der Schuster keine Maß nehmen. Bringe ich vom Einkaufen ein Fleisch nach Hause, das nicht recht schön ist, so sagt er, ich habe mit einem Chapeau diskutiert, statt achtzugeben; und ist das Fleisch recht schön, so sagte er, der Aufhackknecht muß in mich verliebt sein. Ich bitte Sie, ich habe einmal von einem eifersüchtigen Kavalier gelesen, der hat seiner Frau das Herz von ihrem Liebhaber kochen lassen, seit der Zeit traue ich mir gar kein Herz mehr zu essen, weil man halt doch nicht wissen kann, ob's nicht auch von einem Liebhaber herkommt. Ja, ich muß Ihnen aufrichtig sagen, meine Herren, es wäre mir recht angenehm, wenn Sie anderswo mitsammen diskurieren könnten, denn wenn mein Mann kommt und trifft Sie da an, so laßt er sich's gar nicht ausreden, daß einer von Ihnen Absichten auf mich hat. für sich. Dann wird ihm die Nachtmusik auch nicht angenehm sein, die ich veranstaltet habe. Wenn aber der Mann ein solcher Narr ist, wie kann's denn die Frau bei ihm aushalten? Ja, ich habe schon oft von ihm fortgehen wollen, denn Sie müssen wissen, ich kann viel schöne Arbeiten – wer weiß, was geschieht, wenn er mir's einmal zu toll macht. Man hört Lärm von außen. Da ist er, ich bitte Sie um alles in der Welt, verstecken Sie sich, sonst wird er so wütend, wie ich einmal von einem Ritter gelesen habe – wie hat er denn nur geheißen? – ja richtig, der rasende Harax zu Rom. Was ist denn anzufangen? Es muß was zu bedeuten haben, daß er so früh kommt, vielleicht geht er bald wieder. Ich bitte Sie, gehen Sie indessen da in die Kammer hinein. Ah warum nicht gar, wenn ein Hausmeister grob ist, so kann's ein Steirer auch sein. Ich schlag ihn auf einen Streich nieder. Kind, willst du meine gute Freundin blamieren? Wenn ich dich bitte, so wirst du mir doch einen kleinen Verstecker nicht abschlagen? Nun, diesmal laß ich mir's gefallen; aber sackerlot, der Hausmeister soll mir so nicht kommen. Er und Robert gehen in ein Nebengewölbe. zu Therese. Wir wollen ihm auch ausweichen, denn seit ich den artigen Christoph kennengelernt habe, ist mir der Mensch zuwider wie das saure Bier. Ab mit Therese. 17. Auftritt Siebenzehnter Auftritt Vorige. Mathias. Nun, was stehst du so da und hast den Kopf auf der Achsel? Hast du nichts anders zu tun, als mit den Affenparteien oder Afterparteien, wie s' heißen, deinen Plaudermark zu halten? Wenn sie dir nicht recht sind, so sag ihnen auf. Das kann nicht sein; wenn ich keine Nebenzuflüsse hab, kann ich von meinen bissel Revenüen nicht standesmäßig leben. Ein paar Zimmerherren wären dir freilich lieber; aber es ist mit den Weibsbildern auch nicht gefehlt, die können recht ohne Verdacht Posten zutragen. Geh nur, geh, du verfolgst mich so unschuldig, als wie ich einmal von einer gewissen Herzogin Maultaschin 4 gelesen habe. Wenn du mit deiner Belesenheit nicht aufhörst, so kannst von mir noch eine Maultaschen kriegen, an der du genug hast. Du bist schuld daran, daß ich weniger Einkünften hab wie andere Hausmeister. Schau die Parteien in unserm Haus an, wie sie's machen, weil die Quartier so teuer sind. Sieben, acht Parteien auf einer Kammer. Wenn man in der Früh das Tor aufmacht, so ist das ein Spektakel, wie die Leute prozessionweise hinauspoveln, als wenn die Archen Noe aufgemacht wurd. Aber auf die Nacht kommt das Volk richtig vor dem Zusperren nach Haus. Nun, das wird auch anders werden. Wir Hausmeister haben uns schon verabredet, und weil ich der G'scheiteste drunter bin, so muß ich eine Bittschrift an die Justizi machen, daß die Haustör alle um fünf Uhr dürfen gesperrt werden, damit mehr Trinkgeld eingeht. – Ja, da im ganzen Zimmer hätte ich können Bablatschen aufrichten lassen, und ich hätte alle Abend von ein Dutzend Bandelkramer oder Leinwandmännern meine Schlafkreuzer kriegt – aber dem Weib ist ja nicht zu trauen. Mann, ich werde mich doch mit keinem Bandelkramer oder einem Leinwandmann abgeben! Weil man nicht schon Geschichten genug gehört hat. Hast du noch nichts gelesen davon? Wenn's nicht bald anders wird, so geh ich aus Desperation unters Militari. Du bist ein eifersüchtiger Narr, gar nirgends nimmt er mich hin, nicht einmal 's Jahr einmal in eine Komödie. Nur mit der Komödie laß mich aus, das ist lauter Fopperei; bin erst letzthin erwischt worden. Da steht auf dem Zettel, das Stück spielt von Sonnenaufgang bis abends; nun, hab ich mir denkt, da wird man doch genug um seine zwölf Kreuzer sehen können, und bin um zwei Uhr in der Nacht schon aufgestanden, damit ich vor Sonnenaufgang hinkommen bin; derweil hat sich kein Mensch dort gerührt. Ja, um sechse auf d' Nacht haben s' erst aufg'macht, da haben sich die Leut in der Dunkel auf d' Bänk hing'setzt und haben diskuriert, der Würstelbub hat sich ein paarmal hören lassen, und das war alles – hernach bin ich wieder gangen. Man hört von außen Musik. Das ist ja eine Nachtmusik? Von so was habe ich öfters schon gelesen. Ja nicht wahr, wie in Wällischland, wo die Liebhaber Kasematten gehn und bei der Nacht auf der Zigarre spielen. Wird aufmerksamer. Du Weib, das ist vor unserm Fenster, das geht dich an – mir wird nicht recht gut. Sieht zum Fenster hinaus. Da schau hinaus, eine halbe Kompanie steht draußen, ist nicht der Regimentstambour auch dabei? So sei doch nur ein bissel still, daß man was hören kann. Ich werde gleich rechten Lärm anfangen. Du brauchst nichts zu hören, nichts zu sehen – marsch da ins Kammerl, bis ich staubaus gemacht hab. Schiebt sie in die Kammer, wo Robert und Christoph sind, sperrt zu und nimmt den Karbatsch. Nur Geduld, jetzt komme ich dazu und mach den Regenschori. Ab. Die Musik von außen währt fort. Plötzlich hört man Schlägerei, die Stimme des Hausmeisters usw. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt Mathias wird von einem Korporal und Wache hereingeschleppt, Sabine und Therese kommen aus dem Nebengemache. Nur herein da, wir wollen gleich aus einem andern Ton mitsammen sprechen. Reden Sie aus was für einem Ton, als Sie wollen, den meinen haben Sie schon kennengelernt. Ich darf keinen solchen Lärm vor dem Hause leiden, mein Hausherrn sein Pudel hat Junge kriegt. Verfluchter Kerl, wer heißt Ihn denn gleich auf die Leute schlagen? Das ist schon so meine Gewohnheit, und kurz und gut, an der ganzen Geschichte ist mein Weib schuld; aber jetzt soll sie's gleich eingestehen, wer ihr die Nachtmusik gemacht hat. Öffnet die Kammer, Robert tritt heraus. Was geht denn da vor? Mich trifft der Schlag, der ist bei meinem Weibe gewesen, jetzt bring ich s' um! Will in die Kammer, Christoph kommt ganz phlegmatisch und Tabak rauchend heraus. Da ist noch einer und gar ein Oberländler – nein, das ist zuviel. Aber so lasse Er sich doch nur sagen – Nichts laß ich mir sagen. In mir kocht alles – da sehen S' her, wie's in mir arbeitet, als wie in einer Ochsenmühl. Aber jetzt hab ich's. – Herr Korporal, wenn S' einen Rekruten brauchen, nehmen S' mich; daß ich gut zuhauen kann, haben S' schon gesehen. Setzt den Hut des Korporals auf. So – jetzt gehöre ich zum Militari, und morgen geb ich eine Bittschrift ein, daß mir ein Krieg bewilligt wird, damit ich mich kann totschießen lassen. Vorher aber will ich da eine militärische Ausziehzeit halten. Wirft verschiedene Gerätschaften zum Fenster hinaus – auf Therese und Sabine deutend. Da sind auch noch zwei – die alte muß voran, damit die junge nicht so hart fallt. Was? Du Gispel du, meine Braut willst du zum Fenster hinauswerfen? Wer sich an meiner Geliebten vergreift, hat es mit mir zu tun. Was? Braut? Geliebte? Und ihr wäret nicht wegen meinem Weib da? Ich habe die Nachtmusik zu Theresens Geburtstag machen lassen. Und du Tappschädel hast dein Weib selber zu uns hereingesperrt. Sie hat aber einen Gescheiten gemacht, ist beim hintern Türl fort und hat gesagt, sie will von dir nichts mehr wissen. O ich Narr, ich Dummkopf! Meine Einrichtung zerschlagen – ich Soldat und 's Weib von mir weg –, an allem bin ich selber schuld. Aber mein Suserl muß ich noch einholen und muß sie bitten, daß sie mich recht derb abprügelt. Eilt fort, alle ihm nach. 19. Auftritt Neunzehnter Auftritt Romantisch schöne Gartengegend. Im Hintergrunde führt eine Blumenbrücke über das Wasser. Am Ende der Brücke ist ein kleiner chinesischer Turm mit einer Glocke. – Sämtliche Anverwandte des Storchischen Hauses treten ein – Genien mit Rosengirlanden tanzen vor ihnen her und formieren verschiedene Gruppierungen. Bald wird der Schleier schwinden Und wieder die sich finden, Die sich getrennt geglaubt. Durch redliches Bemühen Wird nun der Argwohn fliehen Und Ruh bekränz ihr Haupt. Ich hoffe, meine Freunde, redlich zu Herrn Storchs Besserung beigetragen zu haben. Wir werden unser ländliches Fest auf Herrn Storchs Gut mit ruhigem Herzen feiern. Er hat viel erduldet, aber mit ganz andern Gesinnungen erscheint er nun in unserer Mitte. Der Schleier, der seine Sinne umgab, schwindet – er sieht in diesem Augenblicke ein, daß er fünfmal in unglücklicher Ehe lebte und nur er als Mann daran schuld war. Ich bin überzeugt, daß er nun ganz anders von dem schönen Geschlechte denken wird. Schwarz winkt – die Genien entfernen sich auf beiden Seiten, die Musik währt fort – Storch und Lisette werden von den Genien herausgeführt und sinken sich in die Arme. Liebes Weiberl, du bist wieder mein und sollst es auch bleiben. Viktoria! Herr Schwarz, Sie haben mich verdammt herumgehetzt, es hat mir aber nicht geschadet. Ich habe einsehen gelernt, daß bei einer unglücklichen Ehe meistens der Mann schuld ist. Aber eins möchte ich halt doch noch wissen. Wie's denn mit der weiblichen Treue aussieht – ob denn mein Liserl auch so treu ist wie wir. Wenn Sie mir nur da noch Aufschluß geben könnten. Sie verlangen viel, doch auch dies sei Ihnen gewährt. Wer dort über jene Brücke geht, solange im Turme das Zauberglöckchen läutet, und keine Untreue begangen hat, der wird ohne Gefahr hinüberkommen. Wer aber nicht rein geblieben ist, fällt in den Bach. Nun meine Damen – jenseits der Brücke ist die Tafel serviert, ist's gefällig? Allons, Weiber, geht's hinüber. Wir haben keine Proben nötig, wir sind so brav. Wir sind so brav. Aha, fürcht's euch schon, und wir wollen's, es muß sein. Jaja! Nun so überzeugt euch denn, ihr ungläubige Thomasse. Kommt, wir wollen die weibliche Ehre retten. Musik, währenddem läutet das Zauberglöckchen. Die Weiber gehen unter der Musik über die. Brücke, Lisette zuletzt. Ah, das ist ein Wunder! Kommt, Männer, wir müssen unsere Weiber umarmen. Liserl, wart, ich muß dir ein Busserl geben. Ah, das ist ein Freud! Storch eilt zuerst über die Brücke und plumpst ins Wasser, noch einige fallen hinab. Halt, halt! Bleibt zurück, wir purzeln alle hinunter. Es ist ein Spektakel, kein Mann ist, wie er sein soll. Er wird herausgezogen. So bestehst du also auf der Probe? Und mich hast du verstoßen wollen? Wer ist denn jetzt braver, die Männer oder die Weiber? Nein, weißt, ich bin nur aus Spaß hineingefallen – ich hab dir wollen eine heimliche Freud machen. Ich laß mich scheiden. Wir lassen uns scheiden. Ist der Vetter auch hineingefallen. Ich bitt euch Männer, kniet's euch nieder, wir sein alle nichts nutz, wir müssen uns aufs Bitten verlegen. Die Männer knien nieder. Wir werden's in unserm Leben nicht mehr tun. Nun, so steh auf, dasmal wollen wir noch verzeihen; aber das ist das letztemal. zu ihrem Mann. Du freust dich, du kriegst es schon zu Haus. Und jetzt ruft's mit mir: Vivat! Es leben alle braven Frauen! Vivat! Schlußchor. Vivat die Frauen! Flechten und weben Himmlische Rosen ins irdische Leben. Hat man ein Weibchen, Ist man geborgen, Küßt man das Täubchen, Fliehen die Sorgen. Vivat die Frauen! usw. Allgemeine Gruppe. Fußnoten 1 das Land Oberösterreich, die Heimat der fliegenden Händler 2 Charaktername für einen sentimentalen Liebhaber, nach dem Roman ›Herfort und Klärchen‹ von Ch. B. Naubert (1770). 3 Anspielung auf M. Millers ›Siegwart Eine Klostergeschichte (1777). 4 Margarete Maultasch, Gräfin von Tirol (1318-69) wohl nach G.H. Heinses ›Margarete mit dem großen Maul‹ (1797)