Siegeslied nach der Schlacht bei Roßbach den 5. November 1757. Erschalle, hohes Siegeslied, Erschalle weit umher! Daß dich der Feind, wohin er flieht, Vernehme hinter her. Den, welcher unsern Untergang In bösem Herzen trug, Den schlage, mutiger Gesang, Wie Friederich ihn schlug! So, wie ein junger Löwe liegt, Und laurt auf seinen Feind, Der stolz ist, in Gedanken siegt, Ihn leicht zu zwingen meint; So, tapfre Brüder! lagen wir, Wir kleiner Hauf im Thal. Der Abend kam, da schliefen wir, Nach langem Marsch einmal! Vom Pulverdonner eingewiegt, Und von der Waffen Last Ermüdet, schliefen wir vergnügt, Und hatten gute Rast. Nur Friedrich, welcher immer wacht, Nur unser Held durchritt, Voll Anstalt zu der nahen Schlacht, Die Felder, Schritt vor Schritt. Vom Sternenvollen Himmel sahn Schwerin und Winterfeld, Bewundernd den gemachten Plan, Gedankenvoll den Held! Gott aber wog, bei Sternenklang, Der beiden Heere Krieg, Er wog, und Preußens Schale sank, Und Östreichs Schale stieg. Der Neid, der neben Thronen sitzt Im ungetreuen Wien, Knirscht mit den Zähnen, Rache blitzt Aus Augen, welche glühn; Der hatte wider Deine Macht Und Weisheit, Friederich! Der Erde Fürsten aufgebracht, Gott aber blieb für Dich. Nun mögen sie bei ihrem Krieg Verraten im Gesicht; Der Himmel gebe solchen Sieg Dem Ungerechten nicht. Der große Morgen brach hervor, Und brachte großen Tag. Den Morgengruß in unser Ohr Trug mancher Donnerschlag. Wir aber hörten kaum darauf, Wir dachten keinen Tod; Wir standen ausgeruhet auf Und kochten Morgenbrot. Die Feinde kommen, sagte man, Wir aber blieben still, Wir sahn sie kommen, nah daran, Wir aber blieben still! Denn Friedrich war noch nicht zu sehn, Bis Moritz sagte: Marsch! Von allen war er nun zu sehn, Und alle sagten, Marsch! Aus unser aller Augen stieg Ein rechter Freudenstrahl, Wir wurden alle lauter Sieg, Und lachten ihrer Zahl. Wir liefen alle, Mann bei Mann, Ein jeglicher ein Held! Als wollten wir, Berg ab Berg an, Durchlaufen alle Welt. Was meinte da der dumme Feind? Er meint: es wäre Flucht; Spricht sich einander, was er meint; Schwillt auf von Siegessucht; Zieht einen großen halben Mond Um unsre Flucht herum; Ruft laut: der Hunde nicht geschont! Wie dumm war er, wie dumm! Wir liefen auf der Siegesbahn, Die Friedrich in der Nacht Geritten war, und nach dem Plan, Den er allein gemacht. Es war ein rechter Wettelauf; Schnell aber hörten wir: Halt! richtet euch! marschieret auf! Steht! Plötzlich stunden wir. Mit einem Blick konnt' uns der Feind Querüber übersehn. Verspottend sah er uns vereint, Uns, kleinen Haufen, stehn, Da dacht ein witziger Franzos: Unrühmlich sei die Schlacht, Sein Ludewig sei viel zu groß, Zu wenig Friedrichs Macht. Als aber Keith drauf vor uns her, Der Britte, Feuer! rief, Und Feuer war; o da war er Der erste, welcher lief. Was dacht' er doch in seinem Lauf? Er dacht, erstarrt und stumm, Der Hölle Rachen thut sich auf, Lief fort, sah sich nicht um. Welch einen Sieg, o Friederich! Gab Gott uns bald und Du! Acht Haufen stritten nur für dich, Die andern sahen zu. Sie stritten, angefeurt von dir, Und Heinrichs Heldenmut, Er blutete, wir sah'n es, wie, Und rächeten sein Blut. Ha, welcher Donner! welcher Kampf! Wir speiten Flamm' und Tod; Wir wandelten in Rauch und Dampf, Schwarz wie der Höllen-Gott. Du, Frankreichs großer Donnerer, 1 Verstummtest! Rächte sich An deiner Kunst ein Stärkerer? War Müller über dich? Hat seines Donners Schlag auf Schlag Dir nicht ein Haar verbrannt? Die drohende Kolonne lag Stracks hingestreckt im Sand. Mit seinem Häufchen Reiterei Hieb Seydlitz mörderlich; Welch ein Gemetzel, welch Geschrei: Wer kann, der rette sich! Franzose, nicht an Mann und Pferd, An Heldenmut gebrichts. Was hilft dir nun dein langes Schwert Und großer Stiefel? nichts! Dich jagt der schwärmende Husar, Mit einem wilden Blick. Nur drohend, bracht' er eine Schar Gefangener zurück. Reicht' ihm der Ritter und der Graf Die Orden Ludewigs, Geduldig, wie ein frommes Schaf, Zum Zeichen seines Siegs: So fordert er kein Menschenblut, Schenkt ihm das Leben gern, Und spricht mit ihm vom Heldenmut Des Königs, seines Herrn. Den Bittenden verschonet er, Den andern haut er scharf; Vergnügt, wenn er zu seiner Ehr Kein Blut vergießen darf. O, welch ein Schlachtfeld, welche Flucht! Wo blieb der große Mond? Wo rufen sie voll Siegessucht: Der Hunde nicht verschont! Willkommen war die dunkle Nacht Dem Reiter und dem Roß, Das langsam anfing seine Schlacht, Geschwinde sie beschloß; Und allem Volke, das vom Neid Hinein gezwungen war, Aus allen Landen weit und breit, Am zehnten Januar. Dem Pfälzer, der vor Schmerz nicht lief, Starr haltend seine Hand: Still stand, und Himmel! Himmel! rief; Mein Finger ist verbrannt! Dem Trierer, welcher guten Mut In langen Beinen fühlt, Im Laufen stürzt, und Nasenblut Für Wundenströme hielt. Dem Franken, der erbärmlich schrie, Wie eine Katz' im Fang, Geberden macht, als macht er sie Auf einer Folterbank. Und als er hinter sich den Tod Von Bergen kommen sah, Andächtig betete zu Gott, Und sprach: da kommt er ja! Dem Bruchsaler, dem armen Tropf, Der Fluch und Segen sprach, Sich zu verstecken, seinen Kopf In Weiberhaube stach; Und seinen großen Knebelbart Abschnitt, und einen Pfahl, Zu springen schnell nach Frosches Art, Von einem Weinberg stahl. Dem Schweizer, der auf seiner Flucht Hoch lebe Friedrich! rief; Unaufgeschwellt von Siegessucht, Gern laufen sah, und lief; Und sagte: »Bruder! Friedrich ist Ein rechter Schweizerheld, Ein Tell, Gott hilft ihm wider List Und Macht der ganzen Welt!« Dem Schwaben, der mit einem Sprung Mit Berganstehndem Haar, Von Roßbach bis nach Amelung In seiner Heimat war. Dem Paderborner, welcher Gott Hoch pries und seinen Sporn, Und doch von kaltem Schrecken tot Ankam zu Paderborn. Dem Nürenberger, dessen Witz Umrennte, wie sein Tand, Gerührt vom ersten Waffenblitz, Starr ward, und stille stand. Dem Münstermann, der kriechend schlich In dicker Finsternis, Voll Furcht und Hunger, ritterlich In Pumpernickel biß. Dem Köllner, welcher rotes Blut Verglich mit weißem Wein, Und sprach: Wie gut wär' es, wie gut, Bei meiner Braut am Rhein! Dem Würtemberger, der sein Pferd Aus dem Geschwader riß, Mehr flog, als ritt, Pistol und Schwert Zum Teufel von sich schmiß. Und dem bezahlten Mainzer auch, Der ohne Hut und Herz, Saß hinter einem Dornenstrauch, Beweinend seinen Schmerz. Flieh, riefen tausend, Bruder, flieh! Sie kommen! sie sind da! Auf ihren Bäuchen lagen sie, Und baten Leben. Ha! Wir gaben es. Der Menschenfreund, Der große Friederich, Demütigt seinen stolzen Feind, Und dann erbarmt er sich. Er siegt! – – Fürtrefflicher Gesang, Wir haben noch zu thun, Halt ein, und werde künftig lang, Wenn wir von Arbeit ruhn. Wenn Friedrich, oder Gott durch ihn, Das große Werk vollbracht, Gebändigt hat das stolze Wien, Und Deutschland frei gemacht. Wenn er im Schoß des Friedens ruht, Mit Lorbeern – vollem Haupt, Nicht müßig, täglich Wunder thut, Und keine Wunder glaubt. Nachtwachend seiner Völker Glück Und Wohlfahrt überlegt, Und Gnad' und Huld im scharfen Blick Der großen Augen trägt; Zu Potsdam große Weisen lies't, Nach Weisheit Thaten mißt, Und mehr als alle, die er lies't, Ein großer Weiser ist: Dann sing' uns alle Thaten vor, Die wir mit ihm gethan, Der Enkel hab ein lauschend Ohr, Und steh und gaff' uns an. Jetzt folgen wir dem Menschenfreund, Den Blick gekehrt nach Wien, Zu schlagen einen andern Feind, Und lassen diesen ziehn. Fußnoten 1 Der berühmte Graf d'Aumale, Chef der furchtbaren französischen Artillerie, bei welcher sich auch dessen Vetter d'Aumale, der sich bei der Eroberung von Minorka hervorgethan, und der gleichfalls berühmte Obriste Brijot, nebst mehr als 100 Offizieren, und mehr als 1000 Artilleristen befanden, die sich verlauten ließen, die Preußen sollten ihnen kein Haar verbrennen, und wenn ihre 60,000 Mann die Schlacht verlören, so wollten sie solche wieder gewinnen.