Erstes Lied Im Schweiße meines Angesichts Will ich mein Brod genießen, Und meine Wassersuppe; nichts Soll mich dabey verdrießen! Nicht dies, daß unter Gottes Fluch Nicht alle Menschen schwitzen! Nicht dies, daß Menschen, faul genug Sich ansehn, stille sitzen, Und thun, als wären sie gemacht Ohn' einen Fuß zu rühren, Mit ihrer bunten Kleiderpracht Die Erde zu verzieren; Und sehn, aus ihrem Schlafgemach, Nur Mittagssonne scheinen; Sehn arme Waisen weinen, ach! Und ohne mit zu weinen! Und sehen Thränen in den Fleiß Des armen Manns sich mischen; Und sehen täglich seinen Schweiß, Und ohn' ihn abzuwischen! Und sehen, daß er wie ein Thier Sich fast zu Tode quälet; Nur dieses will ich, daß es mir An keiner Arbeit fehlet. An Arbeit fehlen muß es nicht, Sonst muß er betteln gehen, Der Mann, in dessen Angesicht Die Schweißestropfen stehen! Er muß! – Er krümmt und windet sich Vor eine Thür zu treten, Und Vater unser jämmerlich Zu singen, und zu beten. Er muß! Er geht von Haus zu Haus, Ein Tagewerk zu finden; Scharf sucht er; Ungeduld bricht aus, Sein Hunger keimet Sünden. Er findet keins. Er muß! ach Gott, Er muß, ein Bettler, gehen, Muß laufen, um ein Stückchen Brodt Die Herzen anzuflehen. Und welche Herzen? Hart wie Stein, Wie Felsen! ach, ihr Christen! Daß viele doch, nicht hart zu seyn, Ihr Brod erbetteln müßten; Nur einen Tag! sie würden sehn, Daß Menschenliebe fehlet, Und, daß sein bißchen Brod erflehn Die ganze Seele quälet! Die ganze Seele! Kummer liegt Auf ihr! Von Leibesnöthen Wird sie bestürmt, wird sie besiegt, Und – ach! die Seele tödten Wird der von Hunger matte Leib; Sich helfen, und sich rathen, Will er, und kan nicht; Kind und Weib Reißt ihn zu Missethaten! Ach Gott! behüte, großer Gott, Daß ich es nicht erfahre! Gieb, daß ich mir mein täglich Brod Erwerbe, daß ich spare, So viel ich kan, für Weib und Kind Und mich, wenn ich erkranke; Damit, wenn böse Tage sind, Ich dann auch dir noch danke, Für die Erlassung meiner Schuld Ach! ich, ein armer Sünder! Erflehend Langmuth und Geduld Für mich und meine Kinder, Und alle Menschen! Gott ist gut, Ist Vater, ist Erbarmer! Uns alle hört er! Böses thut Ein reicher, und ein armer, Ein weiser und ein dummer Christ; Gott leitet es zum Guten! Wenn ein Tyrann im Harnisch ist, Und Unterthanen bluten, Auch da lenkt er den rothen Bach Des Blutes, eine Krümme, Der guten großen Absicht nach, Nicht im Tyranen-Grimme. Die Menschen, reich und arm, glaub' ich, Sind alle meine Brüder, Sind, all' in einer Kette, sich Des großen Staates Glieder, Zu dessen Wohlseyn jedes führt, Dies viel, und jenes wenig, Den oben unser Gott regiert, Und unten unser König! In diesem Staat bin ich vergnügt, Mir lächelt jeder Morgen; Ich singe mein: Wie Gott es fügt! Und lasse beyde sorgen! Gott giebt dem Armen seine Zeit, Dem Reichen seine Mittel, Dem Ritter sein besetztes Kleid, Dem Bauer seinen Kittel! Und seinen Kittel nicht einmal Dem Sklaven, der, gedrücket Zu schwerer Arbeit, Noth und Qual, Zum Himmel Seufzer schicket. Er nahm zum Erbe der Natur Kein Blut der Purpurschnecken! Er seufzet, seine Blöße nur Mit Lumpen zu bedecken! Mit Lumpen nur, mit Lumpen, ach! Ihr Reichen könnt ihr sehen, Ihn, euren Bruder, alt und schwach, In seiner Blösse gehen? Aus solcher Blöß' erzeugen sich Des Todes böse Seuchen, Und dann ersterben jämmerlich Die Armen sammt den Reichen! Die Reichen alle mögen sich In Gold und Seide kleiden, Und schmausen; Christen, sie will ich, Ich Armer, nicht beneiden. Sie mögen ohne Leibesnoth In Erdenfreuden leben; Nur, ihre Herzen rühre Gott, Daß sie uns Arbeit geben!