An Herrn Helmuth, in Würzburg Wärst du, wie ich, in Gröningen geboren, Du hättest keine Messe noch gehört, Für Wachslicht keinen Kreuzer noch verloren, Und Hagedorns Porträt nicht minder, Als das von Sanct Anton geehrt. Und hätt' in Würzburg mich zuerst umleuchtet Vom Leistenberg' 1 herab, der Sonne Glanz: Ich hätte Nantens Liebe dort gebeichtet, Geknieet vor dem Hochaltare, In meiner Hand den Rosenkranz. Wär' aber auch, o Helmuth, unser Leben An jedem Ort' im weiten Reich' Europens, aufgekeimet: unser Streben, Den Kern im Inneren der Schaale Zu suchen, blieb sich immer gleich. Der eine Apfel spielt mit hundert Farben, Der andre hat ein Streifchen kaum, Und recht besehn, hat jeder seine Narben, Doch alle gleichen Kern; denn alle Trug Eine Wurzel und Ein Baum. Wir streiten uns nicht um die äußre Schaale, Wie Knaben sich um bunte Aepfel; frei Steht dir und mir, daß jeder sie sich male, Wie ihn es gut dünkt, ja sich schmeichle, Daß er der beste Maler sey. Gern wollen wir die Narben oder Flecken Und kleinen Warzen schweigend übersehn, Vor fremdem Blick' sorgfältig sie bedecken; Denn, ohne Duldung, laß zu Heiden Uns weg von Afterchristen gehn! Sie gleißen zwar von außen, trotz dem Stiche Des Wurms; allein zu Staub ward längst ihr Kern, Und wie der Ros' erquickende Gerüche Lockt keiner so wie du, mein Lieber! Den matten Wanderer von fern. Du würdest Vater deiner tausend Armen Gewiß so gut in meinem Ellrich seyn, Als du zu Würzburg bist. Erbarmen Quillt wahrlich nicht aus Catechismen, Quillt aus dem Herzen ganz allein. Ich liebe dich vor tausend meiner Brüder, Denn sind die Helmuths aller Kirchen, nicht Der wahren unsichtbaren Kirche Glieder, So ist die unsichtbare Kirche Nur ein ersonnenes Gedicht. Fußnoten 1 Auf welchem das alte Schloß von Würzburg steht.