Zuschrift an den König von Siam Kommt diese Dedication, Durch Schiffer Peter Nils von Emden, Nach Wunsch, vor Eurer Hoheit Thron, Und laßt Ihr dann sie übersetzen: So seyd kein Kind, und denkt nicht gleich, Daß Deutschland, weil ein Deutscher Euch Besingt, gar sehr Euch müsse schätzen. Zerbrecht Euch, Sir', auch nicht das Haupt Darüber, wie Ihr zu der Ehre Gekommen seyd? Wenn Ihr's erlaubt, ( Ihr habt ja nichts zu thun!) erklären Wir Euch das Ding ganz kürzlich so: Die Dichtkunst drischt bei uns nur Stroh, Die Kunst zu schmeicheln aber, Aehren. Nun ist bei uns so der Gebrauch, Von Aehren, nicht von Stroh, zu leben. Drum lernen wir Poeten auch Die Kunst, sie andern auszudreschen; Das heißt: den Durst nach Schmeichelein Löscht der Poet; den Durst nach Wein Muß ihm dafür der Andre löschen. Glaubt, Sire, wollt' ich manchen Herrn In unserm Welttheil', so besingen, Als ich wohl könnt': er setzte gern Bei einer Arbeitfreien Stelle, Auf seine Kosten, mich in Ruh', Denn jeder hat ein Haus dazu; Man nennt es: Eine Zitadelle. Und doch besang ich niemals sie. Warum? das kann Euch nichts verschlagen. Doch wär't Ihr dümmer als ein Vieh, Geruhtet Ihr daraus zu schließen: Ich legt' Euch diese Zuschrift, voll Von Eurem Ruhm', als einen Zoll, Der dem Verdienst' gebührt, zu Füßen. Ihr seyd vielleicht ein schlechter Held? Das thut nichts! dafür seyd Ihr König! Wenn mir es sonst einmal gefällt, Euch Preußens Friedrich vorzuziehen: Wer darf in Siam sagen: »Ha! Wie lügt der Schurke!« Niemand ja Läßt gern sich schinden oder brühen! Ich aber, Sire! bin kein Thor, Auf gutes Glück zu creditiren. Nein! Zug um Zug! Ihr müßt zuvor Mir diese Zuschrift baar vergüten, Sonst wird sich ihr Verfasser schier Vor Eurem Lobe, so wie Ihr Vor einer Mützen-Schlange 1 hüten. Es thut vielleicht Euch wenig leid, Ob Siam Euch nicht liebt? nur fürchtet? Doch wenn Ihr nicht ein Faulthier seyd, Muß für den Ruhm bei Nationen, Wo jeder Bettler, ungescheut, Euch preiset und vermaledeit, Doch wohl ein Wunsch noch in Euch wohnen? Soll ich den Wunsch erfüllen? Top! Schickt mir nur einen Elephanten! Für Euer Gold kann ich, Gottlob! Weil ich's entbehren lernte, danken; Allein ein Thier zum Reiten, kann Mir Dienste thun; ich kranker Mann Fang' etwas früh schon an zu wanken. Der Herr Professor Pauli 2 hat Zwar ausgelobt, doch Euer Leben Schreibt Schirach gern an seiner Statt, Wenn ich das Reitthier ihm vermache; Denn seyd Ihr gleich uns hier zu Land Auch nach dem Namen unbekannt, So thut das eben nichts zur Sache. Fußnoten 1 Oder Brillenschlange. Sie ist die gefährlichste von allen indianischen Schlangen, und in Siam zugleich die häufigste. Ihr Biß ist tödlich, wenn man nicht auf der Stelle ein Mittel dagegen gebraucht. S. L' Histoire du Royaume de Siam, par M. Turpin. T.I. p. 343. 2 Verfasser des Lebens großer Helden.