An Fräulein von der Lühe Ob ich nach deinen Küssen noch frage? – Dorette! wie fragst du? Was ist unter dem Mond' mehr wohl der Frage noch werth, Als ein herzlicher Kuß vom Rosenmunde der Unschuld? Mindestens dünket er doch Dichtern das liebste der Welt. Gold kann jeder im Schweiß' des Angesichtes erwerben, Man kauft vieles dafür, Küsse wie deine nur nicht. Was man mit Golde nicht kauft, das könnten freilich die Fürsten Einem Dichter verleihn: Würden und Orden und Macht. Aber sie könnten doch nicht Dorettens Kusse gebieten, Daß er auf den Mund hüpf' aus dem Herzen empor, Daß er bemerken nicht soll die silberfarbenen Haare, Nicht die gefaltete Stirn, nicht den gebogenen Hals. Wenn sich je der Wunsch nach diesem Kusse verlöre: Dann so hoble du mir, Tischler! die Bretter zum Sarg'. Todtengräber! bereite mir dann nur immer im voraus Eine Grube, die mich, Hoffnung und Wünsche verschlingt. Aber nehmet euch beide noch Zeit; denn wisset, im Frühling' Kommt Dorette zu mir. Wartet so lange vorerst!