An den Herrn Domcapitular und geistlichen Regierungs- und Oberraths-Präsidenten, Freiherrn von Bibra, in Fuld Nicht Flaccus Lied bedurfte des Mäcens, Doch Flaccus selbst bedurfte sein vielleicht. Wird bis zum Tag' des großen Wiedersehns Nicht täglich noch durch Cid ein neues Herz erweicht, Indessen Chapelain's Trophäen, Trotz allem Schutz' der Richelieuen, Die Motte schon ein Seculum beschleicht? Wenn ein Mäcen mein Lied vom Untergang' Nicht retten kann: wozu ihn sonst, wozu? Wie schwankend wird des Dichters fester Gang In eines Richelieu zu engen Gallaschuh! Wie glücklich bin ich, daß ich keines Mäcens bedarf! Bedürft' ich Eines: So würd' es, Freund, kein anderer – als du! Sollt' ich dem Mann' nicht meine Lieder weihn, Der selbst der Freud' und Weisheit Lieder singt? Sollt' ich nicht dem mein Körnchen Weihrauch streun, Der jeglichem Verdienst' so gern ein Opfer bringt? Bei dem mich schämen einer Bitte Um Milch und Brod und eine Hütte, Um dessen Gunst ein Thor vergebens ringt? Du hast den Muth, am Hofe selbst zu seyn, Was mancher nur auf seinem Zimmer ist, Der, hier nicht karg mit süßen Schmeichelein, Den ahnenlosen Mann bei Rittern bald vergißt; Du aber hast den Freund, der ärmer An Glück, als Flaccus war, noch wärmer Im Angesicht' des ganzen Hofs geküßt. Wenn an dem Wahlspruch': Immer selbst sich gleich! Ein Sterblicher das Näherrecht besitzt: So bist es du! Nur für die Tugend weich, Hat nie ein Pfeil des Glücks noch deine Brust geritzt; Selbst, wenn's zum Fürstenstuhl' dich führet, Auf dem dein Ahnherr 1 itzt regieret, Bist du auch dann des Dichters Freund, wie itzt. Fußnoten 1 Der damalige Fürst-Bischof von Fulda, ein geborner Freiherr von Bibra.