An Herrn Koch, in Wismar Um den Reitz der Erde zu genießen, Siehest du dich um, mein lieber Freund, Wo aus ihrem Schooße Veilchen sprießen, Und der Vollmond durch die Birken scheint. Aber, wo die Distel ihren spitzen Stachel in des Wandrers Ferse sticht, Und die Wolken auf ihn niederblitzen, Diesen Irrweg sucht dein Auge nicht. Und weshalb auch suchen? Um die Hände Wund zu reißen an dem Distelheer'? (Eine von zehntausend!) Oder fände Nun der Blitz des Wandrers Haupt nicht mehr? Aber jede Nessel in den Gängen Deines Gartens, die uns tückisch sticht, Und den Busch voll Rosen will verdrängen, Auszureuten: machst du dir zur Pflicht. Sieh denn auch, des Lebens froh zu werden, Um dich her, wo stille Weisheit wohnt, Und das Glück zuweilen schon auf Erden Edler Seelen Tugenden belohnt. Aber da, wo Menschen, Menschen braten, Weil sie andres Glaubens sind als du, Und nach ihrem Glauben Gutes thaten: O da drücke fest dein Auge zu. Immer neue Lechzende auf Erden Aufzusuchen, macht die Welt zur Last, Da dir mehr schon itzt begegnen werden, Als du zu erquicken Wasser hast. Wahrlich, Bester! nur von fünf Minuten Alles Elend dieser Erde sehn, Wäre schrecklicher, als in den Fluten Des erzürnten Meeres untergehn. Ehe noch am fröhlichen Pokale Dieser Kranz von Rosen wird verblühn, Werden Tausende zum letztenmale Röchelnd ihren Athem in sich ziehn. Eh' wir unser Rheinweinlied gesungen, Und für Claudius das Glas geleert, Ist gewiß bereits ein Schiff verschlungen, Und durch Brand ein halbes Dorf verheert. Auch an uns wird einst die Reihe kommen, In der Zahl der Weinenden zu seyn, Ehe wir im stillen Thal' der Frommen Uns der wahren Freud' auf ewig weihn. Wirst du früher zu dem Thale wallen, Als der Freund, der auch hinüber strebt? Nie in eine von den Gruben fallen, Die der Böse hier dem Guten gräbt? Nein! dem Schmerze werden alle beide, Wie dem Tode, nimmer wir entfliehn. Darum laß uns hurtig aus der Freude Spindel, unsern Lebensfaden ziehn!