Johann Friedrich Wilhelm Gotter Der Dorfjahrmarkt Eine komische Oper in zwei Aufzügen Personen Personen Der Obriste Der Lieutenant Fikfak, Feldwebel Lukas, verlobt mit Bärbchen Suschen, ihre jüngere Schwester Paul, ihr Vater Eve, Mutter von Lukas Lene, Tyrolerinn Greif, Weinschenk Nathan, Jude Tobis Jeremis Michel Jobst, Bauern Bauern, Soldaten, Verkäufer, Ausrufer u.s.w. 1. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Tobis. Jeremis. Michel. Jobst Sitzen auf einer Bank vor der Bude, trinken und fingen. Greif in der Bude. Trinkt, trinkt, trinkt! Weil in eurer Flasche Noch ein Tröpfchen blinkt, Weil in eurer Tasche Noch ein Heller klingt; Trinkt, trinkt, trinkt! Jeder Tag hat seine Plage, Jahrmarkt ist nicht alle Tage. Prost, Jeremis! Prost, Tobis! Prost, Jobst! Prost, alle zusammen! Prost! Juchhe! Es leben alle Jahrmarktsgäste hoch! Hoch! Sie trinken; die Musik macht das gewöhnliche Freudengetöse; hierauf wird das Chor wiederholt. Nu, ihr Leute, meine Bulle ist leer, und meine Ficke auch. Ich dächte, wir giengen nun in die Schenke, und trischäkten eins. Ja, was meynt ihr denn dazu, ihr andern? Da hab' ich wohl noch so eine verrufene Blechkappe – Und ich ein Paar abgeschlagene Sechser – Ey, ihr Herren, trinkt so viel ihr wollt. Ich kenn' euch ja. Weiß euch zu finden. Euch geb' ich lieber Kredit, als manchem unsrer schamarirten Stadtherrn, und schreibe keinen Tropfen mehr an, als ihr trinkt. Das ist räsonnabel. Ein ganzer Mann, unser Herr Wirth! Er soll leben! Noch ein Nösel auf Pump, weil er so brav ist. Meynt ihr nicht? Ja, ja, immerhin. Ich bin Jeremis Troll hinter der Schule. Und ich Jobst Labberhans am Schloßthor. Und ich bin Michel Knapp, der Becker. Und ich bin der lahme Tobis. Schon gut, ihr Herren, schon gut. Sie fahren fort zu trinken. Du, Jobst, hast du den gnädigen Herrn schon am Tage gesehen? Man konnt' ihn gestern bey der Dämmerung nicht recht erkennen. Nä, Gevatter, bis dato noch nicht. Ich habe dir über eine Stunde gelauert, ob er etwann spazieren reiten würde. Ey, der Herr Obriste werden noch zu müde von der Reise seyn, sonst hätten Sie wohl schon den Jahrmarkt besucht. Zu müde? Er? Was weiß er von Müdigkeit? Sie sind, wie mir der Gärtner sagte, den ganzen Morgen in den Gärten herumgestrichen, er und sein Vetter. Was? Der Lieutenant, der drüben in Ramberg auf Werbung liegt? Heute mit dem frühsten kam er angejäckert. Ha! der geht wieder einmal auf Wildpret aus. Er mag sich wahren. Ich kenn' ein Paar, die haben's ihm zugeschworen, wenn sie ihn in ihrem Gehäge treffen – Einen davon kenn' ich auch. Er heißt mit dem ersten Buchstaben Lukas. Daß sie's ihm nur recht derb gäben, dem Fuchs! Ich glaube, dem gönnten wir's alle, so viel unser sind. Ja wohl, von ganzem Herzen. Nein, da lob' ich mir den gnädigen Herrn. Vor dem kann man sein Mädchen in Ruhe haben. Und er sieht doch gewiß gern was Hübsches. Dafür wird ihm auch der Himmel eine hübsche Frau aufheben. – Kommt, Kinder! das Restchen auf seine Gesundheit! Vivat! Trinken und stoßen zusammen an. Noch eins, ihr Herren? Großen Dank, Herr Wirth. Wir haben just unsre volle Ladung. Und müssen doch auch das Jahrmarktsbier versuchen. Gelte, Kinder? Es soll nicht viel taugen, sagen die Leute, soll durch's Wasser geritten seyn. So soll der Wirth kein ganzes Glas im Hause behalten, keinen ganzen Topf, keine ganze Schüssel. Wohlgesprochen, Tobis, wohlgesprochen! Also mir ein Nösel angeschrieben, Herr Wirth! Mir auch! mir auch! Tcaralala! Sie schlendern Arm in Arm singend ab, und stoßen auf den Obristen und Lieutenant, die aus dem Hintergrunde kommen. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Der Obriste. Der Lieutenant. Die Vorigen. Nun, ihr Sappermenter! Könnt ihr nicht aufschauen, wenn eure gnädige Herrschaft kömmt? Die Bauern nehmen erschrocken und beschämt die Hüte ab. Mit Gunst, gnädiger Herr – es ist nicht gern geschehn – Der gnädige Herr! Ich kannt' ihn mein Seel nicht. Setzt auf, ihr Leute, setzt auf! Laßt euch nicht stören! Ich bins nicht, wills heute nicht seyn. Versteht ihr mich? durch einander sprechend. Der liebe Herr! Er ist wie unser einer, wie unser einer. Gehen ab. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Der Obriste. Der Lieutenant. Greif in der Bude. Seyd Ihr nicht ein wunderlicher Mensch, Vetter! Ich ziehe meinen abgetragensten Ueberrock an, setze meinen ältesten Hut auf, um nicht erkannt zu werden, und ihr laßt euch einfallen, meinen Ausrufer zu machen. Que diable ! Die Kerls müssen Respekt vor ihrer Herrschaft lernen. Der lahme Bengel hat mir den Fuß gequetscht, daß ich kaum in acht Tagen werd' auftreten können, und ich bin übermorgen zur Gräfinn Wachtel auf den Ball gebeten. Wenn ihr denn auch übermorgen nicht tanzen könntet! Das große Unglück! Ihr habt die Bälle dutzendweise im Jahre, aber jene guten Leute nur zwey oder drey Tage der Freude. Ihnen diese durch den geringsten Zwang zu verderben, wäre Sünde. Sünde? Also sollen wir uns nach den Bauern geniren? Das ist mir zu hoch. Desto schlimmer für euch. – Doch was wissen Euresgleichen von Behagen an Unschuld und Natur? Genug, mir thut es wohl, Vetter, meine Augen endlich einmal wieder von Kriegsspektakel und Hofmaskeraden wegzuwenden, die gesunde Luft meines Geburtsörtchens zu athmen, und ein stiller Zeuge dieses frölichen Getümmels zu seyn. Hier steh' ich, von Gefühl durchdrungen. Gegrüßt seyd mir, Erinnerungen An meines Lebens ersten Traum! Hier unter dem bejahrten Baum Genoß ich oft des Abends Kühle; Zur Schule führt das Gäßchen dort; Und jener Hügel war der Ort Für meine jugendlichen Spiele. Ach! ihr, der Kindheit Wonnejahre, (Zu schnelle, süße, goldne Zeit!) Der Zwischenraum von euch zur Baare, Was ist er? – Müh' und Eitelkeit. der sich indessen mit seinem gelähmten Fuße, mit Dose, Riechfläschchen und parfumirter Brieftasche beschäfftigt hat. Aber, Herr Vetter, haben denn die Kirschleber Sie eben so gern wiedergesehen, als Sie Kirschleben? Ob sie mich gerne wiedergesehen? Kein Kind war im Dorfe geblieben. Als ich noch da oben am Hopfenberge ritt, gieng das Jauchzen schon an. Hm! Es ist doch sonst ein verzweifelt grobes Volk. Sogar die Mädchen sind so dummspröde, so bäurisch. Ich habe mir alle Mühe von der Welt gegeben, sie ein wenig gesitteter zu machen – aber vergebens. Ich danke, Vetter, für die vergebliche Mühe. Wo Euresgleichen Mädchenschulmeister sind, mag ich nicht Gerichtsherr seyn. Euresgleichen? Schon zum zweytenmale Euresgleichen? Wer sind denn Meinesgleichen? Soll ich's mit Einem Worte sagen? soll ich? Nur zu, Herr Vetter! Wildfänge. Lieber ein Wildfang – als ein Grandison! All' das übertriebene, affektirte, überspannte moralische Wesen ist mir zuwider, wie der Tod. Und an einem Soldaten vollends! Ein Soldat also, meynt ihr – schnell einfallend. Darf durchaus kein Kopfhänger seyn, muß schwärmen und mitmachen, so viel und so lang er kann. Ist's nicht von jeher unter uns Helden so hergebracht? War nicht Alexander dem Trunk und Cäsar der Liebe ergeben? Ueber die Cäsars und Alexanders, die noch keinen Feind gewittert haben! Immer thun sie, als ob sie allein auf der Welt wären. Wer nichts nach der Welt fragt, nach dem fragt die Welt wieder nicht. Das ist mein Grundsatz. Treibt's nur nicht zu arg, Vetter. Am Ende möchten sich doch wohl Leute finden, die darnach frügen. Zu arg? zu arg? Wollte der Himmel, ich könnt' es! Aber wie wäre das in dem Neste möglich, wohin mich das Schicksal gebannt hat? Ma foi , ich wundere mich oft, daß ich noch nicht vor Langerweile gestorben bin. Soll ich's Ihnen einmal schildern? Schildert's so gefährlich, als Ihr wollt, ich weiß schon, was ich davon halten soll; weiß, daß Ihr dieses Nest mit den umliegenden Landgütern, Forsthäusern und Vorwerkern, nicht um die Hauptstadt vertauschtet, daß Ihr da, wie ein Vicekönig in der neuen Welt, hauset, daß Ihr Mädchen und Weiber, ohne Ansehen der Person, in Kontribution setzet, daß Ihr ein wöchentliches Gelag haltet, in welchem – ungeduldig einfallend. Lieber Herr Vetter, wollen wir nicht unter die Buden gehen? Die Luft – mich dünkt, die Luft zieht hier entsetzlich – Mich dünkt's nicht. Es ist so ein hübsches Fleckchen. Gefällt's Euch nicht? lenen von weitem erblickend. Voïez donc, mon Cousin ! Die artige Trutschel! – Bst! Bst! 4. Auftritt Vierter Auftritt. Lene. Die Vorigen. Schöne Herren, schaut und wählet, Hier ist, was ihr nur befehlet; Kauft doch was, ihr schönen Herrn! Ich verkaufe gar zu gern. Seidne Strümpfe, seidne Tücher, Souvenirs und Taschenbücher, Und von Silber, Gold und Stahl Kleinigkeiten ohne Zahl; Kauft doch was, ihr schönen Herrn! Ich verkaufe gar zu gern. Alle Sorten, alle Namen Von Geschenken für die Damen; Kauft doch was, ihr schönen Herrn! Ich verkaufe gar zu gern. Bluhmen, Bänder, Flohr und Spitzen, Mäntel, Schürzen, Kappen, Mützen, Alles in Paris erdacht, Und in Leipzig nachgemacht. Kauft doch was, ihr schönen Herrn! Ich verkaufe gar zu gern. Nun, ist nichts gefällig? Gefällig? O ja, vielleicht mehr, als dir feil ist. Das versteh' ich nicht. vertraut ins Ohr. Ich will dir's erklären, Lenchen. Ich mag nichts wissen, Schäker. Kauf mir lieber was ab. Der Herr Obriste muß zuerst aussuchen. Was er übrig läßt, ist für den Lieutenant gut genug. zum Obristen. Nun, Alter? Liebes Kind, du siehst wohl an meinem Aufzuge, daß ich wenig brauche, sehr wenig. Es muß ja nicht just für dich seyn he? Du hast doch ein Schätzel, so heimlich du auch thust. halblaut. Recht so, Trutschel. Stich ihn an. Hum! Er spricht mir zu wenig. Mit den Leuten ist's nichts. Zum Lieutenant. Nu, Windbeutel, ist's mit dir auch nichts? Es gilt eine Probe, Lenchen. Ich bin bereit. Will schön thun. Trarare! Wenn ihr mir nichts abkauft, geh ich meiner Wege. Adies. Singend. Kauft doch was! Kauft doch was! Geht ab. Wir sind gestört worden, Vetter. O, fangen Sie Ihr moralisches Kollegium nicht wieder an. Sie hätten sich treflich zum Professor geschickt. Ich hab' aber noch etwas auf dem Herzen. Permission. Es fällt mir eben ein, daß ich mit einer Dame um einen Fächer gewettet habe. A revoir, mon Cousin ! Indem der Lieutenant durch die Buden streicht, wird er von verschiedenen Verkäuferinnen angerufen, mit ihnen zu handeln, die er im Vorbeygehen alle beym Namen nennt, und vertraut grüßt. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Der Obriste. Greif in der Bude. Nachher Nathan Geh nur. Du sollst schon erfahren, was du nicht hören willst. Du bist am längsten Werber gewesen, und zu deinem Glück. Noch ist es Zeit umzukehren, ehe dich Müßiggang und Wohlleben ganz zum Dienste verderben. Geht auf und ab. geht über das Theater, ausrufend. Nichts zu handeln hier? Alte Kleider! Alt Gold! alt Silber! Um die Illusion von der Vorstellung eines Jahrmarkts mehr zu befördern, hängt es von den Personen, welche die Gruppe des Hintergrundes formiren, ab, ähnliche Ausrufungen von Zeit zu Zeit anzubringen, auch andere Reden, die im Kauf und Verkauf vorkommen, am schicklichen Ort einzustreuen. Dieses ist nur durch Extemporiren möglich zu machen. Vorschrift des Dialogs würde die Haupthandlung zu sehr unterbrechen und aufhalten. sich umsehend. Er kömmt nicht wieder! Das konnt' ich wohl denken. Leih deinen Freunden nur Geld, oder sag' ihnen die Wahrheit, wenn du ihrer los seyn willst. – Ob ich ihm nachgehe? der, so oft der Obriste seiner Bude nahe gekommen ist, sich immer tief gebückt hat, ohne bemerkt zu werden, schreyt endlich heraus. Ganz ergebener Diener, Ihro Gnaden. ohne sich umzusehen. Sein Diener! Will ab, erblickt Bärbchen. Sieh, sieh! welch ein artiges Mädchen! Bleibt stehen, sie zu betrachten. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Bärbchen. Die Vorigen. ohne den Obristen zu sehen, beschäfftigt ein Band um einen neuen Mannshut zu binden. Ja, Lukas, dieser Hut soll dich, Dich diese Schleife zieren; In diesem Hute sollst du mich Zum Traualtare führen. Allein, wie leicht kann unsre Ruh Indeß ein Unfall stören! Ach, Lukas, ach! daß ich und du Schon an der Kirchthür wären! näher tretend. Guten Tag, mein Kind. erschrocken. Ach, ich glaube gar, es ist der gnädige Herr – Will ab. sie zurückhaltend. Und darum willst du fort? sich sträubend. Laß er mich los! – Lukas kann's nicht leiden – wenn's Lukas erfährt – Wir müssen bekannter mit einander werden, meine Tochter. Nicht so wild! Wer ist denn Lukas? Mein Bräutigam. So viel hab' ich wohl schon gemerkt; aber wer ist er? Mein Bräutigam, gnädiger Herr, und will durchaus nicht, daß ich mit einem andern Mannsbilde rede. Auch nicht mit mir? Aber um dir das verbieten zu lassen, mußt du erst seine Frau seyn. schnell. Ach, wär' ich's nur schon! Woran liegt's, daß du's noch nicht bist? Frag' er meinen Vater und Lukas Mutter. Wollen die Alten nicht? Sie wollen wohl, aber sie können wegen der Zeit nicht eins werden. Das eine spricht Michaeli, das andere Martini, und darüber geht ein Vierteljahr nach dem andern hin. Das ist nicht recht. Ja, ich bin auch manchmal so ungeduldig, so ängstlich – Als ich noch ein kleines Mädchen war, dacht' ich jedesmal, ich würde die Christbescherung nicht erleben – und jetzt, denk ich – wenn der Vater nicht bald macht – wird mir's noch gehen, wie Mariechen. Wie gieng's denn Mariechen? Weiß er das Unglück nicht, gnädiger Herr? Schluchzend. Sie war meine Spielkameradinn, wir giengen zu gleicher Zeit in die Pfarre, und das Jahr drauf hielt sie mit Wilhelm Springer Verlöbniß; da tanzten wir noch bis um Mitternacht, und machten uns so lustig – Weiter, mein Kind! Laß Er mich nur zu Athem kommen! Romanze. In unserm ganzen Dorf war Sie Das lieblichste Gesicht; Kein Jüngling blühte so, wie Er, Mein Lukas selber nicht. Und beide waren gut und fromm Von Kindesbeinen an, Und beide sich, wie Engelein, Mit Liebe zugethan. Schon aufgeboten waren sie, Ja, schon zum drittenmal; Und morgen sollte Hochzeit seyn, Bereit war Bett' und Mahl. Da giengen sie noch Tags vorher Hinaus, und gruben Leim; Und ach! sie kamen dießmal nicht Von ihrer Arbeit heim. Denn über ihrem Haupte bricht Das hohle Land, stürzt ein, Begräbt sie – ängstlich hört man noch Sie unterm Schutte schreyn. Zu spät! Man zieht sie todt hervor, Auch noch im Tode schön; Lautweinend kömmt das ganze Dorf, Das Unglückspaar zu sehn. Ein Hügel deckt sie nun, Ein Sarg Umschließet ihr Gebein. Der Kirchthür' gegenüber blinkt Der goldne Leichenstein. Beym Aus- und Eingang seh' ich ihn, Und thränend fragt mein Blick: Verdien' ich, Himmel, wohl von dir Ein günstiger Geschick? Fürwahr eine betrübte Geschichte. Aber nimm sie weniger zu Herzen, meine Tochter. Du sollst es erleben, was Mariechen nicht erlebte. Ich will selbst mit deinem Vater reden. freudig. Soll ich ihn rufen, gnädiger Herr? Heute nicht. Heute ist Jahrmarkt, und Freyheit die Losung. traurig. Wenn denn? Sey ruhig, mein Kind. Verlaß dich auf mich. Bald soll der hochzeitliche Kranz In deinen Locken prangen; Bald soll dein Arm im Reihentanz An Lukas Armen hangen. Will ab, kömmt wieder. Noch ein Wort, Kleine! Hat dir nicht eben ein Officier begegnet? Ein Officier? Doch nicht der Herr Lieutenant? Denkt doch! Kennst du den Herrn Lieutenant? verdrüßlich. Ih wer kennt den nicht! Er kömmt ja oft genug herüber. Du bist nicht gut auf ihn zu sprechen. Er macht's auch darnach. Trägt er vielleicht die Nase zu hoch? Das Gegentheil. Wie das? Ey, er packt gleich an, und thut so vertraut, und läßt nicht los. Er hat mir schon ein paarmal mit Lukas Verdruß gemacht. Der unartige Mensch! Ja, käme mir ein anderer so, ich wollt' ihn abführen – Mit einem Knix. aber vor des gnädigen Herrn gnädigem Herrn Vetter muß man denn freylich ein Auge zudrücken. Mein Vetter ist nicht besser, als ein anderer. Führ' ihn nur ab. Du thust mir einen Gefallen. Er mag dich bey mir verklagen. muthwillig. Wenn ich das wüßte – Ohne Bedenken, Mädchen! – Also – auf der Hochzeit sehen wir uns wieder. Ich darf doch das Strumpfband lösen? Nein, Herr, aus Knie darf er mir nicht kommen. lachend. Schon gut. Komm mir nur indessen der Leimgrube nicht zu nahe. Geht ab. nachrufend. Sey er nur nicht von den vornehmen Leuten, die viel versprechen und wenig halten! An mir soll's nicht fehlen. – Ha! was wird Lukas zu der Nachricht sagen? Geschwinde zu ihm! Will ab. 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Bärbchen. Suschen. Greif. In der Bude. ihr entgegen hüpfend. He, Bärbchen, Bärbchen! Trifft man dich hier an? Warum? Hat Lukas nach mir gefragt? Lukas? Lukas fragt heute viel nach dir. Er ist zum Weine. Ich habe dich gesucht, ich! Nun, Naseweiß! ihr eine Puppe zeigend. Da! Sieh! Meinen Jahrmarkt! Freue dich doch mit mir! Pfuy! So ein großes Mädchen, und noch mit Puppen zu spielen! Soll ich denn nichts zu spielen haben, wenn du den ganzen Tag mit Lukas schäkerst? Wie neidisch! Wie abgeschmackt? Und weißt du, wie der Kerl heißt? – Lukas. Ha! Der hat ihn dir geschenkt. Ja, es hat sich. Selbst gekauft hab' ich ihn, aus meinem Beutel gekauft. Du? Und noch Geld übrig behalten. Da, sieh! Mädchen, wie kömmst du zum Gelde? Ich hab's verdient. Rath' einmal, wie? Ich mag nicht. Es ist heute des Vaters Geburtstag. Heute? Und da schlich ich mich an sein Bette, als er noch im Morgenschlafe lag, und sang ihn mit einem Liedchen an, das mich meine Pathe, die Frau Pfarrerinn, gelehrt hat. Laß doch hören! Schlaf immerhin am Abend deines Lebens! Dir gab die gütige Natur Den Hang zur Ruhe nicht vergebens; Drum schlafe, Vater, schlafe nun. Ganz hast du sie, des Tages Last getragen; Genieße deines Lohnes nun! Es ist so reizend, sich zu sagen: Ach, endlich kann ich sorglos ruhn! Das klingt anders, als des Herrn Kantors Stückchen. Nicht wahr? in Gedanken. Daß ich nicht an den Geburtstag gedacht habe! Woran kannst denn du jetzt denken? Läufst, sobald du aus dem Bette bist, zu Lukas Mutter, und kömmst nicht eher wieder, bis du zu Bette gehst. Der arme Vater! Wenn er mich nicht hätte! Ich will auch bey ihm bleiben. Ich will unter den ersten zehn Jahren nicht freyen. Leb wohl, Schwester! Der Vater hat meinen Lukas noch nicht gesehen. Das ist ein Kerl! So einen Schnurrbart kriegt dir deiner sein Lebtag nicht. Itsch! Etsch! Geht ab. für sich. Wie ich's nun anfange, daß der Vater meine Vergessenheit nicht übel nimmt? Mit einem Glückwunsch nachgeschlichen kommen, läßt so dumm – ich will Mutter Even fragen. Will in Gedanken ab. 8. Auftritt Achter Auftritt. Der Lieutenant. Bärbchen. Greif in der Bude. ihr in den Weg tretend. Wohin, Mädchen? schmollend. Dorthin. Indem sie den Hut versteckt. faßt sie bey der rechten Hand, und läßt sie die ganze Scene durch nicht los. Halt! so kömmst du nicht vorbey. Ich will nicht umsonst alles durchstänkert und umgerannt haben. will sich losreißen. Herr, ich muß fort. Erst mich angehört! Was hätten denn Er und ich mit einander auszumachen? Sehr viel. Wenn du nur wolltest, wildes Ding! wie vorhin. Ich will fort. Und ich laß dich nicht fort. drohend. Herr Lieutenant, es läuft nicht gut ab. Das ist meine Sorge. Ein seidnes Tuch und eine Perlenschnur zeigend. Sieh einmal, Bärbchen! siehst du? Ich bin nicht blind. Es soll für meine Schöne. Ists nicht hübsch? Wenn seine Schöne nicht hübscher ist! Wie verstehst du das? Daß es für ein Fräulein ein verzweifelt kahles Geschenk ist. Wer denkt's denn einem Fräulein zu? Er selbst. Für meine Schöne soll's. Da, nimm! Vexir'er mich nicht, Herr! Was wird's? Ich hätte den Gukuk von seiner Schönen und von seinen Geschenken. – Will sich wieder losreißen. Auh! Er verrenkt mir die Hand. Mädchen! werde doch Einmal gescheut! Hm! ich möchte wissen, wer von uns beiden der größte Narr wäre. Sachte! sachte! Ein bischen höflicher! Immer mit der Thür ins Haus. Losgelassen, oder es kömmt noch toller! Laß mich erst sehen, was du vor mir versteckst! fährt ihm mit dem Hut unter die Nase. Da! Riech dran! Haha! Gewiß für Musche Lukas? Es kann seyn. Wir wollen tauschen. Nimm du das, und gieb mir den Hut. Immerhin. Aber einen Kuß in den Tausch! Er küßt sie, sie schlägt ihn mit dem Hute, und lacht aus vollem Halse. Ah! noch Einen zur Strafe! Küßt sie wieder; sie schreyt, will sich wehren, läßt den Hut fallen, und wird doch geküßt. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Lukas. Vom Wein erhitzt. Die Vorigen. der das letztere von weitem mit angesehen hat. Ein feines Spielchen! Habt ihr das mehr probirt? Ih Lukas! Du hier? und stehst mir nicht bey? Wo führt dich denn der Henker her, Kerl? wild. Blitz! über den Herrn Lieutenant! Ich will ihn bekerlen. Ich will ihn die Bauermädchen küssen lehren. Will auf ihn los. die Hand an den Degen. Untersteh dich! Lukas zurückhaltend. Laß ihn gehen, Lukas! Ich bitte dich. Was? Du hilfst ihm über? Du bist mir die Rechte. Hatt' ich dir nicht verboten, dich mit ihm einzulassen? Wenn er mich aber anpackt – nachsprechend. Anpackt! anpackt! und zerherzt und zerküßt! Und du dich halbtodt darüber lachst! Unverschämte! nach einer kleinen Pause sich ihm erschrocken nähernd. Lukas, ist das dein Ernst? Drey Schritte vom Leibe! Lukas! Hab' ich den Spektakel nicht mit Augen gesehen? Und wär' ich nicht just dazu gekommen, wer weiß, was – schmeichelnd. Lieber Lukas, willst du mich wohl anhören? Halt's Maul! für sich. Vortreflich! Stellt sich seitwärts, um das Ende des Zanks abzuwarten. Du bist betrunken – Den Teufel bin ich's! Ich habe gesehn, ich habe gehört. nimmt den Hut auf, stäubt ihn ab, und nähert sich wieder mit Vertraulichkeit. Sieh einmal, Alter, was ich dir für einen schönen Hut zur Hochzeit gekauft habe! Lukas reißt ihr den Hut aus der Hand, wirft ihn hin, und tritt darauf. empfindlich. Deinen Bräutigamshut! knirschend. Bräutigamshut! Tritt noch einmal darauf. weinend. Nein, das ist zu arg! Schon gut! Ich will's dem Vater klagen, wie du mit mir und meinem Geschenk umgehst. Schon gut! Heule nur! Stell dich an, wie du willst! Klag's dem Vater, klag's! Ich frage nicht so viel darnach – Ein Schnippchen schlagend. Es ist aus mit uns. Duett. Glaubest du mit Schmeicheleyen, Süßen Blicken und Geschenken, Falsche, mich zu hintergehn? Kannst du das von Bärbchen denken? Kannst du mich so schmerzlich kränken? Kannst du meine Thränen sehn? Mich, der dich so herzlich liebte, Falsche, mich zu hintergehn! Mich, die dich noch nie betrübte, Mich durch den Verdacht zu schmähn! Nie verdient' ich das an dir. Nie verfuhrst du so mit mir. Geh nur! Bald soll dich's gereuen. Geh nur, geh! ich kenne dich. Dennoch will ich dir verzeihen. Lukas! ach, nur höre mich! Lukas geht im Zorn ab, Bärbchen voll Verzweiflung nach; er kehrt sich um, stößt sie zurück, und nimmt einen andern Weg. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Der Lieutenant. Greif. In der Bude. Hahaha! Wie komm' ich dazu? – Das Glück verläßt doch seine Lieblinge nicht. – Völlig entzweyt! So weit glaubt' ich's nie zu bringen. – Ja, wer nun geschwinde vom Tempo profitiren könnte! aber geschwinde! Denn jetzt geht er hin, sich vollends um den Verstand zu trinken, und morgen hat er Rausch und Bosheit ausgeschlafen. – Da ist guter Rath theuer. Sinnt. wie vorhin bey dem Obristen. Ganz ergebener Diener, Herr Lieutenant. ohne ihn zu bemerken. Wenn ich das Mädchen aufsuchte, mich stellte, als thäte mir's leid, den Anlaß gegeben zu haben, mich erböte, Lukas zu besänftigen, ihn sogar, im Nothfall, um Verzeihung zu bitten – und wenn ich sie dadurch treuherzig gemacht hätte – wollen sehn – Will ab, stößt auf Fikfak. 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Der Lieutenant. Fikfak. Greif. In der Bude. hastig. Bist du's, Fikfak? Was willst du? was ist vorgefallen? Nichts, Herr Lieutenant, nichts. Bin ich denn so ein Hiobsbote? Was willst du aber hier? Mich ein wenig auf dem Kirschleber Jahrmarkt umsehen? Ohne Urlaub? Den wollt' ich eben bey Ihnen holen. drohend. Du! nimm dir nicht zu viel heraus! Befahl ich dir nicht gestern, keinen Fuß aus dem Thore zu setzen, bis du die Handwerkspursche hättest? wo sind sie, heh? Zum Teufel. wild. Wo du auch hingehörst. Ich konnte sie nicht halten. Sie rochen Lunte, so schön mein Kamerad und ich uns auch verkappt hatten, und machten sich mit Tagsanbruch davon. Dafür hab' ich aber einen armen Hungerleider von Maler ertappt, der zeither auf den Dörfern da herum die Kreuzer und Grenzsteine angestrichen hat, und dem ich weiß machte, der König brauchte einen Bataillenmaler. Aber ich werd' ihn wohl wie der laufen lassen, denn der Schlag hat ihm den rechten Arm gelähmt. Narrenstreiche! Und unser Transport, der morgen fort soll, und an dem noch drey Mann fehlen? St! Sich geheimnißvoll umsehend. Merken Sie nicht Unrath? Darum komm' ich eben. Auf Jahrmärkten giebt's immer was. Meine Pursche sitzen schon in den Schenken und lauern. Da ist der lange Pfefferkuchenmann, ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen – den hätt' ich schon längst gern weggeputzt. Nun, so mache deine Sachen klug. Will ab. Sie könnten mir auch wohl spioniren helfen, Herr Lieutenant. Ich habe keine Zeit. Wie gewöhnlich. Ihm ins Ohr. Was haben Sie denn auf dem Korne? sich verstellend. Nichts. Ich muß wieder zu meinem Vetter. Und darum eilen Sie so? – Um Vergebung, Herr Lieutenant. Schalkhaft. Mit dem Herrn Vetter ists nicht richtig. – Theilen Sie mir immer Ihr Plänchen mit! Ich verrathe Sie nicht. Aber hilfst mir auch nicht? Wer weiß? Ich kann ja den Jemand, der Ihren Absichten im Wege steht, mit in die Schenke nehmen und besaufen. der gehorcht hat, den Hals aus der Bude streckend. Um Vergebung, das Schenkenbier taugt nichts. Ich führ' auch Bier, braun Bier, weiß Bier, Bryhan, und Wein, von welcher Sorte man nur beliebt. sinnend. Hm! – Du bringst mich auf einen verzweifelten Einfall. – Lehnt sich ihm auf die Schulter. Höre, Fikfak! Besaufen ist keine Kunst. Wenn du nicht mehr kannst! Was denn noch? Ihn anwerben. mit Gelächter. Anwerben? Liesens Vater? Den alten Graukopf! ungeduldig. Was willst du mit Liesen? hab' ich die Meerkatze nicht schon seit einem Monat aufgegeben? – Bärbchen, Bärbchen – das wär' ein Leckerbissen! Denkt doch! Lukasens Bärbe? Kein schlechter Geschmack, in der That. – Aber wie wollen Sie der beykommen? Das begreifst du nicht, Star? Sie hängt viel zu sehr an ihrem Schatz, und der hat Augen wie ein Luchs. Man könnte Thüren mit dir aufrennen. – Den sollst du eben in die Eisen jagen. sich einfältig verwundernd. Haha! Und du fängst ihn, greifst du's nur halbweg gescheut an. Alles ist vorbereitet. Er hat schon einen Hieb, hat sich schon mit seinen: Mädchen auf mein Anstiften überworfen. Mach ihn vollends toll und voll – und er ist unser. mit verstelltem Ernst. Aber, Herr Lieutenant! Was? Wäre das auch recht? Wie so? Wär's keine Sünde, einen armen Teufel, in der Besoffenheit, um seine Freyheit, um sein Mädchen, um alles zu prellen? erstaunt. Kerl! Ja, Herr Lieutenant. Ich bin des Gemäkels müde. Das Gewissen wacht auch einmal auf. Wo es mit rechten Dingen zugeht, laß' ich mir weder Mühe noch Wege in meinem Dienste verdrießen. Aber daß ich Ihnen zu gefallen ein Seelenkipper werden soll, davon steht nichts in meiner Ordre. mit verbißnem Aerger. Hat's übergeschnappt? Ich schaffe dem König freywillige Rekruten; Ihre Mädchen mögen Sie sich selbst schaffen. in vollem Zorn. Unverschämter Pursche! Mache mir den Kopf nicht warm, oder ich fuchtle dich, daß es eine Art hat. So ein Schleicher! Mich erst auszuholen, um hernach – Ich will nichts mehr von dir wissen. Morgen sollst du zum Regimente zurück. Meine Uhr heraus! Eher wollt' ich sie auf die Gasse werfen, als dir lassen. losplatzend. Hahaha! Verstehen Sie denn keinen Spaß mehr, Herr Lieutenant? Was? So holterpolter in Eifer zu kommen? Um des albernen Lukas willen! – Ich dächte, wir kennten uns. – Ihre Hand, Herr Lieutenant! Werden Sie wieder gut! Nennen Sie mich wieder Ihren Sancho Pansa! Ihre Hand! Auf deinen Buckel! – Seit wann bin ich dein Narr? Ist's jetzt Zeit, Possen zu treiben? Lassen Sie mich immer spasen! Gut genug, ich hab' ihn schon. Keiner ist beym Bataillon, Keiner, der, wie Fikfak, würbe. Finten, Flausen, Pfiffe, Nasen, Werden endlich mir nicht schwer. – Ach, Herr, wenn man davon stürbe, Lebten Sie und ich nicht mehr! Ja, mit meinem Gewissen will ich schon fertig wer den. Stehen Sie mir nur sonst für die Folgen. Folgen? Wenn die Braut mit ihrem Anhang aufwacht, und die Sturmglocke zieht, und mich beym Herrn Obristen verklagt, der über gewisse Dinge ganz anders denkt, als wir. Das giebt sich. Schaff ihn nur erst fort. Da läßt sich schon ein Deckmantel finden. Und hernach, meynst du denn, daß ich das Mädchen auf dem Halse behalten will? Sie soll ihn wiederhaben, aber erst von mir erkaufen. Für Lukas bleibt sie immer gut genug. – Du hast doch noch Geld? Wird nicht viel seyn. Hier ist mein Beutel, mit à peu près zwanzig Pistolen. Mein ganzer Rest. Halte gut Haus damit. Ich will mein Möglichstes thun, Herr Lieutenant. Indessen – schreiben Sie lieber wieder frisch um Vorrath! So Schlag auf Schlag? Das geht nicht. Sie wollten mir schon meine letzten Rechnungen nicht passiren lassen. Ich weiß nicht, was den alten Perrücken anwandelt. – Laß sie brummen! Nur diesen Streich noch durchgesetzt! Das wird mich nicht ruiniren. Dann will ich aber auch anfangen zu wirthschaften – daß du deine Freude sehen sollst. Geht ab. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Fikfak. Greif in der Bude. Zu wirthschaften? Ja, wie bisher. Eine schöne Wirthschaft! – Was kümmert's mich? Ich schmiede das Eisen, weil's glüht. Aber – aber der Krug geht zu Wasser, bis er bricht. – Immerhin. Bricht er, so bricht er. Ein Soldat muß sich in alles finden. In der Garnison ist's auch fein. Da sitzen wir auf den Wällen und schmauchen, und singen Gassenhauer. Will trällernd ab. nachdem er vergebens durch allerley Geräusch sich bemerken zu machen gesuchthat, ruft nach. Um Vergebung, Herr Fikfak. Auf ein Wort! sich umdrehend. Bonus dies , Herr Greif. Um Vergebung. Haben Sie die französischen Deserteurs schon gesehen, die sich auf dem Jahrmarkt aufhalten sollen? Deserteurs? Französische? Das ist mir lieb zu hören. Es geht auch ein Tyroler mit wollenen Decken herum, der sein gestrichenes Maaß haben mag. Danke für die Nachricht, Herr Greif. Das Leipziger Lenchen ist auch hier. Immer besser! Danke! danke! Will fort. ihm stärker nachrufend. Schon gehen? so rund vorbey? Einen alten Kunden mit Verachtung strafen? Ein andermal. Ich bin eilig. Trällert wieder im Abgehen, steht still. Halt! war das nicht die Melodie vom Rekrutenliede? – Das könnt' ich just brauchen, um meinen Mann fidel zu machen – Wie geht's doch? Trällert. Falsch! – Ey, es fällt mir wohl im Gehen ein. Will ab kömmt wieder. Ich hab's, ich hab's. Auf ewig, o Kriegsgott, ergeb' ich mich dir. Hier bin ich! O, mach' einen Helden aus mir! Was heißen Gefahren, Strapazen und Müh? Mit Ehr' und Vergnügen belohnest du sie. Wie will ich in meiner Montirung mich blähn! Will stolz um mich her, wie ein Junkerchen, sehn, Wenn Bürger und Bauer vor mir sich nun bückt, Und jegliches Mädchen mir freundlicher nickt. Der Bürger und Bauer lebt immer so so, Wird alt, und dabey seines Lebens nicht froh. Ich lobe mir kurz, aber lustig gelebt, Und sorge nicht, wann und wo man mich begräbt. Geht ab;Greif hat sich indessen verdrüßlich wieder in seine Bude zurückgezogen. Ende des ersten Aufzugs. 2. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Nathan. Tobis. Jeremis. Jobst. Michel. Lukas. Bauern. Fikfak. Greif. In der Bude. Nathan springt über das Theater; Tobis hinkt hinter ihm an; die übrigen wollen auch nach; Lukas sucht sie zurückzuhalten; Fikfak schleicht herbey, und lauscht vom weiten. Tumultgesang. Dort lief er hin. Ey, laßt ihn gehn! Er ist der Dieb. JOBST Ich hab's gesehn. bringt Nathan geschleppt. Hier ist der Dieb! nathan defreyend. Ey, laßt ihn gehn! Er hat's, er hat's. Ey, laßt ihn gehn! TOBIS, JEREMIS, JOBST, MICHEL Zusammen. Schlagt Arm und Bein dem Schelm entzwey! Auweih! auweih! zu Nathan. Sey nur getrost! ich steh dir bey. Ey mey! Ihr Leut, habt doch Gerechtigkeit mit einem ehrlichen Jud. Ist das ein Spektakel und ein Rumor! Das hab' ich mein Tage nit gesehn und nit gehört. Was wollt ihr? Wo soll ich's denn haben hingethan? Ein ganz Stück Kattun ist doch kein Pfeifenstiel, den man kann stecken beyseite. Denkt doch an! sich vor ihn stellend. Halt dich nur zu mir, Mauschel. Den Pelz auf! Da steckts! Seht ihr wohl? Da steckts! Was? Hör mir einer an die Streiche! Ist das doch nur mein Brustlatz. Hab' ich müssen vormachen ein Küssen, weil ich hab' den Husten gar sehr. Bey meinem Leben! der Hals war mir doch heint Morgen, wie zugeschnürt. Warte! wir wollen dir ihn anders zuschnüren, wenn du's nicht 'raus giebst. Raus damit! 'raus! Wollen über ihn her. dazwischen tretend. Aber ihr hört ja, daß er's nicht hat, ihr Buben. Ih Lukas, du wirst dich doch nicht eines Diebes annehmen? – Er stiehlt wie ein Rabe. – Er hat's – Ich seh' ja, daß er's hat – Freylich hat er's. Ich will nun aber nicht, daß er's haben soll – Ich laß ihm nichts zu Leide thun, das sag' ich euch – Drohend. Der erste, der ihm zu nahe kömmt – den Kopf schüttelnd. Ueber den Lukas! – Kommt nur, ihr Leute! – Laßt ihn gehn! – Lukas hat heute seinen Kopf auf. Wir wollen dem Hebräer schon beykommen. Ich trag's ihm so noch nach, daß er mich mit dem Hosenzeuge beschummelt hat – Und mich mit dem halbseidenen Halstuch – Und mir hat er neulich einen Rock abgeschachert, und soll mir das Geld noch bringen. Man hört eine Trommel; Ein Ausrufer, Hannswurstartig gekleidet, erscheint mit der Trommel, und geht über das Theater, indem er ausruft: Heh! Allhier ist angekommen, und logirt im schwarzen Bär der weltberühmte Tausendkünstler Giovanne Macaroni, item der Hochgelahrte Doktor Amadeus Quinola , Seiner allerchristlichen Majestät etc. unterbrechen sein Geschrey durch das ihrige. Was zu sehen! Was zu lachen! im schwarzen Bären! Laufen alle nach, so daß der Hintergrund des Theaters in den folgenden Scenen leer bleibt. Uff! Das ist mir ein Bauernvolk! Erst wollen sie prügeln einen armen Jud, weil sie ihn halten für einen Schelm, und dann tragen die Narren ihr Geld zu einem Preller, weil er ist privilegirt. An den Kirschleber Markt soll ich denken, so lang' ich hab' ein Haar auf meiner Scheitel. Zu Lukas. Dank dem Herrn, daß er sich so hat angenommen meiner Unschuld! Kann ich dem Herrn wieder dienen, will ich's auch thun. Da hab' ich ein Paar schöne Kamaschen; rar sind sie; sie kosten mich, so wahr ich lebe, meine baare zwey Gulden. Aber dem Herrn will ich sie lassen für einen halben. Nu? Nein, Kerl, so haben wir nicht gewettet. Du bist der Dieb, du hast's. Todtschlagen wollt' ich dich nicht lassen, aber ungestraft sollst du auch nicht wegkommen. Prügelt ihn. schreyend. Auweih! Auweih! Für was schlagt ihr mich? Bin ich doch unschuldig, als ein kleines Kind: weiß es der Himmel! Ueber dem Bestreben, sich loszureißen, fährt der Pelz auf, und das Stück Kattun fällt zur Erde. wirft den Stock weg. Da lag die liebe Unschuld! Reiß aus, Spitzbube! Laß dich nicht wieder auf dem Kirschleber Markt blicken, oder ich bin der erste, der dich todtschlägt. beschämt. Was soll ich thun? Nu! ich will gehen weg, will lassen den Kattun im Stiche. Bring mich der Herr nur nicht um meine Kundschaft. Aber ich will nicht heißen Nathan, wenn's nicht ist mein Kattun. hebt den Kattun auf, und trägt ihn in eine Bude. Da, junge Frau, bringe sie einmal den Kattun dem Kaufmann wieder. Er sitzt oben am Amthause. Sage sie nur, Lukas Stark hätt' ihn dem Dieb abgejagt. schleicht indessen zu Fikfak. Hat der Herr nicht etwas zu schachern? seinen Stock aufhebend. Ih du Teufels-Nathan! springt bey Seite, findet den neuen Hut, welcher auf dem Theater liegen geblieben ist, vor sich. Was ist das? Ein Hut! noch nagelneu! noch gar nicht auf dem Kopf gewest! Versteckt ihn, und reißt aus. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Lukas. Fikfak. Greif in der Bude. näher tretend. Brav, Lukas, brav! Gebt mir die Hand! Ihr seyd der rechtschaffenste Kerl, den ich kenne. Guten Tag, Herr Fikfak. Wo kömmt Er her? Da hab' ich gestanden, und mit Bewunderung zugesehen, Ey, Herr Lukas, auf die Motion schmeckt ein guter Trunk. Mit Gunst, heute muß ich ihn traktiren. Wir haben schon mancher Flasche Wein zusammen den Hals gebrochen; aber heute muß ich ihn traktiren. Ich danke, Herr, ich kann unmöglich trinken, habe mich heute zu viel geärgert. Possen! Wenn ich mich mit meiner Frau gezankt habe, schmeckt's immer am besten. An die Trinkbude gehend. He, Herr Greif! Ihr Diener! Ergebener Diener, Herr Fikfak! Was steht zu Befehl? Laß er uns doch ein Tischchen und ein paar Stühle hersetzen! Zu Befehl! sogleich! Indem er einen Stuhl herausbringt. Belieben Sie auch zu trinken, Herr Fikfak? Ein Glas Wasser. will den Stuhl wieder zurücktragen. Wasser? Damit kann ich nicht aufwarten. Nun, so sey's Wein: Zu Befehl! Vom besten! Den Augenblick! indem Greif nebst einem Jungen das Verlangte anschleppt. Was macht die Frau, Herr Greif? Liegt sie wieder in Wochen? Zu Befehl, Herr Fikfak. Wird wohl das zehntemal seyn? Zu Befehl. Ungefähr. Das heißt Segen, Herr Greif. Armer Leute Segen, Herr Fikfak. Muß mir's halter gefallen lassen. zu Lukas. Setzt euch, Herr, und trinkt auf meine Verantwortung. Es wird euch nicht schaden. Schenkt ein. sich setzend. Mags doch! So kömmt man von der dummen vertrackten Welt. Lieber heut als morgen! Trinkt. Ey was! Die Welt ist ja so schön – Ach, Herr, ich bin heute so desperat – einschenkend. Nur brav von dieser Arzney eingenommen! trinkend. Trunk auf Zorn ist Gift. Ich kann vom Gegentheile zeugen. Hör' er, Herr Fikfak, er ist ein wackrer Mann – aber sein Lieutenant ist ein – ihm schnell den Mund zuhaltend. Sachte, sachte, Herr Lukas! wenn man's hörte! Ey, ich frage den Henker darnach. Sag' er ihm nur, ich hätt's gesagt, ich. So etwas sollt' ich auf meinem Lieutenant sitzen lassen? Dankt dem Himmel, daß ihr's seyd, Lukas. Für euch hab' ich zu viel Freundschaft. Ich will thun, als hätt' ich's nicht gehört. Aber verschont mich mit solchen Reden. Einschenkend. Hübsch aufgeräumt! Stoßt an! Alle hübsche Mädchen! nimmt das volle Glas, und wirft es an den Boden. Ich hätte den Teufel davon! Nicht doch! Rufend. Heh, Herr Greif, ein anderes Glas! Man bringt ein Glas. Die Memmen von Bauern! warum schlugen sie denn nicht zu? Ich hätte mich so gern herumgeprügelt. Warum schlugen sie auch nicht zu? Pfuy, Herr! Was kömmt aus solchen Prügeleyen heraus? Wer Kourage hat, muß nicht unter den Bauern bleiben. Da ist sie am unrechten Orte. Ja, ich bin auch heute so desperat, so rappelköpsisch – daß ich gleich Soldat werden möchte. Trinkt hastig. Ihr, Lukas? Ihr? Nein, für euch wäre das keine Sache. Warum nicht, Herr? Meynt er nicht, daß ich mich so gut zum Soldaten schicke, als er? Ey was! Einschenkend. Wer so warm sitzt, als ihr, wird auch dem Kalbsfelle nachlaufen? Wo könnt ihr's denn in der Welt besser treffen? Habt ein feines Gütchen und ein feines Mädchen – aufschreyend und stampfend. Ein freches, nichtsnutziges Ding! stellt sich erstaunt. Wie? was? wild. Da stand sie, und spielte des Ohrfeigens mit ihm, und gab ihm für jede Ohrfeige einen Kuß? Wem denn? Stille davon, Herr, wenn er mich nicht rasend machen will! Trinkt hastig. Nu, nu! Trinkend. Ich weiß vielleicht mehr, als ihr mir sagen könnt, guter Freund. die Ellbogen auf den Tisch gestützt. Mehr als ich? Was weiß der Herr? Ich will's auch wissen. Daß ich euch noch mehr in Harnisch brächte! mit verbissener Wuth. Nur heraus damit! ich bin völlig, völlig bey kaltem Blute. Trinkt. Ich wundere mich, daß ihr nicht eher hinter die Schliche gekommen seyd. Ich hatte den Herrn Lieutenant gewarnt – Und ich der Kreatur verboten, sich mit ihm gemein zu machen. Mädchen ist Mädchen. Nehmt euch ein anderes. Eh wollt' ich – Springt auf. Ich bin – Herr, wenn er mich brauchen kann, ich bin da. Hoho! Mit dem Brauchen hat's gute Wege. Setzt euch, Lukas! Brauchen? Ich muß lachen. Nach einem so hübschen und noch mehr so braven Purschen liefe sich unser einer wohl die Beine ab. sich setzend. Mein Seel, Herr, wenn er den verwünschten Lieutenant nicht hätte – Was Lieutenant? den ließen wir Lieutenant seyn. Ich brächt' euch morgen mit dem Transporte nach der Hauptstadt, und dort kämt ihr zu einem andern Regimente. hämisch. Und Bärbe kriegte zeitlebens keinen Mann? nicht wahr? Sehr vermuthlich. Die arme Tröpsinn! wie vorhin. Bliebe sitzen – wäre beschimpft – würde von den Jungen ausgezischt, wenn sie in die Kirche gienge – Auf den Tisch schlagend. Ihr zum Schur, Herr, werb' er mich an! warnend. Lukas, bedenkt, was ihr sagt! Mit mir ist in diesem Stücke nicht zu spasen. Herr, es ist Ernst; Ernst sag' ich ihm. Schier möcht' ich euch beym Worte nehmen. Doch nein – ich kann's nicht über's Herz bringen. Wenn's euch morgen gereute – Denkt der Herr, daß ich besoffen bin? Es wird mich nicht gereuen, es soll mich nicht gereuen. aufstehend. Ih, wenn ihr's denn durchaus so haben wollt – Heh da, Herr Greif! Zu Befehl! von welcher Sorte? Haben Sie's gehört? Ein neuer Rekrute! Er hat sich selbst bey mir angegeben. Haben Sie's gehört? So, Herr Fikfak? Das gesteh' ich. Gratulire, gratulire. Befehlen Sie nicht noch eine Flasche? Immerhin. Greif bringt eine Flasche. Allons, Kamerad! gute Brüderschaft! Von Herzen. Sie trinken und küssen sich. Nun sollst du auch die Ehre haben, des Königs Hut zu tragen. Her mit deinem Deckel! Sie wechseln die Hüte. Herr Wirth, sehn Sie einmal, wie dem Herrn der Montirungshut steht! Vortreflich! recht martialisch! Ja, Lukas wird ein ganzer Kerl. Deß bin ich Bürge. In zehn Jahren hat er uns alle übersprungen. In zehn Jahren? Wer weiß, in welchem Loch ich da liege! Dacht' auch so, Kamerad. Der Geyer hole! bey der ersten Affaire war mir's nicht anders, als ob mich der Leibhaftige beym Schopfe hätte. Aber nun – ob's zur Bataille geht, oder zum Bier, es gilt mir gleich. Prosit, Herr Bruder! Sie trinken. Anfangs wird das Herzchen dir pochen. Laß es pochen, junges Blut! Doch wer einmal Pulver gerochen, Kriegt flugs, wie ein Löwe, Muth. Bey schmetternden Trompeten, Bey wirbelnden Trommeln, Bey rollenden Paulen, Bey donnernden Karthaunen, Wird das Herzchen anfangs dir pochen. Laß es pochen, junges Blut! Doch wer einmal Pulver gerochen, Kriegt flugs, wie ein Löwe, Muth. Sapperment, Bruder! Wenn alle Kugeln träfen, möchte der Henker Soldat seyn. indessen aus der Hitze in Schwermuth gesunken. Laß sie treffen, Kamerad! Wie gesagt; ich bin des Lebens überdrüßig. Fang erst an, es zu genießen! Für mich ist nichts mehr auf der Welt. Das wäre! Du weißt nicht, wie mir um's Herz ist. Ich lebte so zufrieden, als ein König, und kein König hätte mich aus unserm Dörfchen herausgelockt. Auf Martini wollten wir Hochzeit machen. – Ach, ich liebte sie so zärtlich! Ach, mein ganzes Glück war sie! Und ich will mich von ihr trennen? Und ich sollte leben können? Leben können, ohne sie? – Schäme dich, Kamerad! Nachdem sie dir so schlecht mitgespielt hat! Ob sie mich wohl vermißt? Ob sie wohl ihre Aufführung berent? Das wird sie, die Hexe, wenn du als Hauptmann oder Rittmeister wiederkömmst, deine Mutter zu besuchen. Geh doch! Hab' mich nicht zum Besten! Ein einfältiger Bauer – Hauptmann oder Rittmeister? Wärst du der erste? Wie mancher hat's bis zum Obristen gebracht! Jugend und Kourage – An Kourage soll's nicht fehlen, Kamerad, das schwör' ich dir. Ich habe so viel Ehre im Leibe, als einer. Glück muß freylich auch dabey seyn, und damit ist's wunderlich bestellt. Den einen sucht's, den andern flieht's. Hätt' ein Anderer die Hälfte von dem gethan, was ich gethan habe – Puh! ihn feurig umarmend. Ach, Kamerad! es wird mir schon allmälich besser. Die Ehre! die Ehre! Es ist doch eine schöne Sache um die Ehre. Ließen wir uns sonst dafür todt schiesen? Aufstehend. Aber laß uns die Flasche ausleeren, Kamerad. Wir müssen zur Stadt, eh' es Nacht wird. Ohne von der Mutter Abschied zu nehmen? Soll sie dir das Herz schwer machen? Hier sind funfzig Thaler, dein Handgeld. Laß ihr die Hälfte davon zurück. Das ist der beste Abschied. Auch das. Herr Greif! Noch eine? Den Augenblick. Uebermorgen. Was befehlen Sie sonst? Er hat gehört, daß ich dem Kameraden hier funfzig Thaler Handgeld gegeben habe? Ich wünsche, daß er sie gesund verzehren möge. Alles, was ich habe, steht zu Diensten: Weine, gebrannte Wasser, Kaffee, Schokolade, Bratwürste, Servelatwürste, Kringel, Waffelkuchen, etcetera, etcetera. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Lene. Die Vorigen. Sieh da, Fikfakerle! Guten Abend! Wie geht dir's? Treflich, wie du siehst. Willst du nicht mit mir trinken? Schenkt ihr ein. Wenn du mit mir handeln willst. auf Lukas zeigend. Da hab' ich meine Messe schon. Tausendsasa! Bist glücklich gewesen, Gauner. So einen braven gesunden Bruder! Nimmt das Glas, und klopft Lukas auf die Achsel. Glück zu, Herr Soldat! Trinkt. sich verdrüßlich wegwendend. M! Macht er doch ein Gesicht, als ob er schon zehn Jahre mitgelaufen wäre! Zu Fikfak. Hör' einmal, du! Halblaut. Der Lieutenant schickt mich her. Ob ich dir vielleicht helfen könnte? Du brauchtest dich nicht zu übereilen. Er sey mit dem Obristen spazieren geritten. halblaut. Desto besser! laut. Hast's verstanden, Brüderle? Willst's auch thun? Wenn's der Kamerad zufrieden ist. – Höre doch, Lukas. Die Trutschel muß diesen Abend wie der nach der Stadt, und fürchtet sich, allein zu gehen. Wir möchten sie doch mitnehmen. Wollen wir? sauersehend. Meinethalben. Es ist eine gute Trutschel. Der Weg wird uns nicht lang werden. Nicht wahr, Lenchen? Will sie liebkosen. Hübsch manierlich. Du weißt wohl' daß ich das Geziere nicht leiden kann. Ey, Lenchen, was hab' ich dir versprochen? Da könnt' ich lange warten. Nein, Dicker, du schickst dich nicht für mich, und ich schicke mich nicht für dich. Der lange Pfefferkuchenmann aber, heh? – Wird mir doch zehnmal lieber, als du, seyn. Schön! Weil er's zehnmal ehrlicher meynt. Und wenn ich heute noch einschlüge, wär's ihm recht. Mir wär's schon vor Jahr und Tag recht gewesen. Aber ein Soldat kann nicht immer, wie er will. Laß mich nur erst von der Hauptstadt zurückseyn! Morgen reis' ich hin, um den Trauschein zu holen. Und den Konsens von deiner alten Frau hast du schon? Von meiner alten Frau? Hahaha! – So wahr ich von keiner alten Frau weiß, so gewiß sollst du Frau Fikfakinn werden. Noch diesen Abend wollen wir Verlöbniß halten. Der Kamerad soll Zeuge seyn. Aber morgen sobald der Tag grauet – Sieht nach der Uhr. Terzett. Pflicht und Ehre winken, Folge, Kamerad! Thau und Schatten sinken. Freunde, kommt zur Stadt. Pflicht und Ehre winken; Dörfchen, lebe wohl! Laßt uns noch in Freuden Diese Nacht begehn. Lasset uns zum Scheiden Wie zum Tanze gehn. Ach, daß ich dich meiden, Ewig meiden soll! ZUSAMMEN Scheiden bringet Leiden. Doch es muß geschehn. Sie wollen alle drey Arm in Arm ab, und begegnen Tobis und Jeremis. Greif hat indessen Tisch und Stühle bey Seite geräumt. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Tobis. Jeremis. Die Vorigen. berauscht. Was Teufel! Lukas! Bist du's, oder nicht? trotzig. Nun ja, ich bin's. Kömmst mir in Wurf, Brüderchen – just in Wurf – um mir Bescheid zu thun, Bescheid – Ich kann jetzt nicht. Will ab. Kannst nicht? Wie? was? wohin denn? Fort! Fort? Mit einem Unterofficier und einer Trutschel, und im Montirungshute! Uh! was bedeutet das? Was soll's bedeuten? – Daß er Soldat ist. Soldat? Soldat? Du Soldat? Bist ein Narr geworden, Brüderchen? Packt euch eurer Wege, ihr Besoffenen – Was? ich besoffen? ich? Ih Lukas, der Henker wird dich doch nicht plagen, Hab' und Gut und Freund' und Mädchen im Stich zu lassen? Warum nicht? Im Stich lassen? Hehehe! Bärbchen im Stich lassen? Bärbchen? Geh an Galgen! Das laß' ich wohl bleiben. – Holen will ich sie, holen – Das wollen wir, Bruder – das wollen wir. – Besinne dich indessen, Lukas – werde wieder vernünftig – ich rathe dir's – Ja – ich rathe dir's – Zu Fikfak. Aber besoffen bin ich nicht – du Eisenfresser dort – besoffen bin ich nicht – Taumelt mit Jeremis ab. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Lene. Fikfak. Lukas. Greif in der Bude. zu Lenen halblaut. Du, das Ding geht schief. Lauf und ruse meine Pursche. Im Mops und in der Tonne triffst du sie gewiß. Sie sollen sich in die Nähe machen. halblaut. Aber thue mir ja dem jungen Purschen kein Leides! Lukas steht abgewandt, beide Hände vor dem Gesicht. stößt ihn an. Wo fehlt's, Kamerad? Lukas fährt auf, nimmt den Montirungshut mit Ungestüm ab, setzt ihn auf einen grimmigen Blick von Fikfak wieder auf, und fällt in Nachdenken. Wir müssen marschiren. Allons! wild. Nur noch einen Augenblick! Vielleicht kömmt sie. Du sollst deine Freude an dem Abschied haben. Wie ich ihr begegnen, wie ich sie anlassen, wie ich sie heruntermachen will! Sie verdient nicht, daß du sie noch im Weg ansiehst. Komm! – Bärbchen erblickend. Da haben wir das liebe Unglück. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Bärbchen. Die Vorigen. außer Athem. Lukas! Lukas! was muß ich hören? Will ihn umfassen. Laß mich, Ehrvergeßne! Halt uns nicht auf, Fidelchen! Denkst gewiß, du hättest den Herrn Lieutenant vor dir? Was für Reden! Ich bin des Todes – Die Uniform wird sie schon wieder lebendig machen. Nur fort! lukas ängstlich ergreifend und festhaltend. Recitativ. Mich willst du, o Geliebter, Mich willst du, mich verlassen? Arie. Dich laß ich nicht aus meinen Armen; Nichts als der Tod trennt mich von dir. Zu Fikfak. Dir fleh' ich bänglich um Erbarmen, Grausamer! Laß, o laß ihn mir! bewegt. Kamerad! sollte man nicht schwören, es geh' ihr von Herzen? Und vorhin, als du sie ertapptest, gieng's auch von Herzen. Ertapptest? Worüber? Hast du die Aufführung mit dem Lieutenant schon vergessen? Ist's möglich, daß du mir das noch nachträgst? spöttisch. Soll er dergleichen schon als Bräutigam verdauen? Der gnädige Herr list an allem schuld. Der gnädige Herr? Den Augenblick zuvor hatt' ich ihm die Unverschämtheit seines Vetters geklagt, und da befahl er mir, ihn bey erster Gelegenheit abzuführen. Merkst du, wie sie's herumzudrehen weiß? zu Lukas. Komm mit zum gnädigen Herrn, und frag ihn. Komm mit zum Gerichtshalter, und ich will's beschwören. Ich bin so gewiß ein ehrliches Mädchen, als ich wünsche deine Frau zu werden. Aber du wurdest gleich so unvernünftig böse, und hörtest mich nicht an. Laß sie schwatzen. So ehrlich sind sie alle. zärtlich. Bärbchen! lebhaft. Zweifelst du noch? Lukas wendet sich schnell von ihr, und schlägt sich vor die Stirne. Ziererey! – Komm, Kamerad! Will ihn wegführen. sie zurückhaltend. Ihr dürft nicht, ihr dürft nicht. Rufend. Hülfe! Hülfe! 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Eve. Bauern. Die Vorigen. Zuletzt Soldaten. in Lukas Arme stürzend. Mein Sohn! mein einziges Kind! willst du mich unter die Erde bringen? berbeyeilend und durch einander sprechend. Was giebt's da? Was ist's denn? Was sind das für Histörchen? Lukas sich anwerben lassen? Lukas Soldat werden? Nicht anders, ihr Herren; ihr könnt nur Abschied von ihm nehmen. Dummes Zeug! Einen jungen Purschen besaufen, beschwatzen, beym Oehrchen kriegen! Das wäre fein! Das geht nicht, Herr Eisenfresser. Nein, das geht nicht. Was wollt ihr, ihr Leute? was räsonnirt ihr? Ich hab' ihn weder besoffen, noch beschwatzt, noch beym Oehrchen gekriegt. Er hat sich freywillig angegeben, freywillig den Hut aufgesetzt, freywillig das Handgeld genommen. Der Herr Wirth dort kann's bezeugen. Greif, der diese Scene über, den Hals aus der Bude gestreckt hatte, um alles zu sehen und zu hören, fährt geschwinde zurück. Heh, Herr Greif! Stärker rufend. Herr Greif! – Sind Sie taub? verwirrt. Was steht zu Befehl? Ihr Zeugniß! Ist's nicht dem so? Wie? Was? Ich kann von nichts sagen, von gar nichts, ich habe nichts gehört, nichts gesehen, ich menge mich in nichts, geb' auf nichts Acht, als was in meiner Bude vorgeht. Spitzbube! Ein andermal kannst du deinen sauern Wein selbst saufen. – Rede du, Lukas! gieb der Wahrheit die Ehre! Hast du dich mir nicht aufgedrungen? Leider! Aber, Brüderchen – warum warst du denn so ein Narr? Ich weiß nicht. Du weißt nicht? Hihi! Ja, so weiß ich's, mein Seel, auch nicht. Der Hund muß doch irgendwo begraben liegen. Hast du vielleicht etwas angestiftet? Nein. Hast du vielleicht in puneto punel ? Hihi! O, laß mich! Aber in aller Welt, Lukas, was hat dich sonst dazu gebracht? Quält mich nicht mit Fragen! – Eifersucht, Rausch, Tollheit, der Teufel, wenn ihr wollt. Ach, Lukas, was haft du gethan? Was einen braven Kerl nie reut. Welch ein großes Glück schlägt er denn dabey in die Schanze? Was soll er hier? Tag aus, Tag ein hinterm Pfluge gehn, sein Vieh abschinden, und sich wieder vom Gerichtsherrn schinden lassen? Sey ruhig, Mädchen! Wenn du so ehrlich bist, als du sagst, soll's dein Schade nicht seyn. Er kömmt zurück, er holt dich. Nicht wahr, Lukas? und wenn du auch Hauptmann oder Rittmeister wurdest, du kämst doch wieder, dein Bärbchen zu holen? Ich bin ein ehrlicher Bauer. Der will ich bleiben, der will ich leben und sterben. Kamerad! wer hatte denn vorhin so viel Ehre im Leibe? Da war ich von Sinnen. Schon lockte mich der Schall der Ehre, Schon fühlt' ich Muth in jeder Ader, Ich sah dem feindlichen Geschwader, Ich sah dem Tod ins Angesicht. Allein, sie schlägt mit Einer Zähre, Mit einem Blick mein Feuer nieder. Umsonst lockt mich der Schall der Ehre: Ich seufze nach dem Glücke wieder, Das nur die Liebe mir verspricht. Keine Faxen gemacht! Wer A gesagt hat, muß B sagen. Es ist zu spät, auf die Hinterbeine zu treten. Setzt euch an meine Stelle, Herr. Hier ist das Handgeld zurück. Reicht es ihm im Hut. Ich nehm' es nicht. Ich geb' euch noch einmal so viel. Nichts. Zweymal so viel, und sollten wir Brod und Wasser essen. Nichts. Sey er billig, Herr Fikfak. Billigkeit kömmt durch die Welt. Laß er muß sich handeln. Auf die Art kriegt er zwey Rekruten für einen. Aber keinen Lukas. Alle Hagel! Ich glaube, der Herr Patron hat uns noch obendrein zum Narren. – Das kömmt vom Komplimentiren. Das Rauhe herausgekehrt! Er muß ihn losgeben. spöttisch. Muß er? springt herzu, und faßt ihn bey der Brust. Will der Herr, oder will er nicht? Ih du Lahmer – Will den Degen ziehen. ihn festhaltend. Laßt ihn stecken, oder – zu Lukas. Rette dich, Lukas! wirst den Hut von sich. Da liegt Hut und Handgeld. Entspringt. sich wehrend. Mordsapperment! alle über Einen? Heh, Kameraden! Pfeift. springen mit bloßem Seitengewehr aus den Buden hervor. Da sind wir. Da sind wir. Die Bauern ergreifen bestürzt die Flucht. indem er Hut und Geld aufnimmt. Holt ihn ein! Dort läuft er! Seht ihr nicht? Dort! um die Ecke! Rechts um die Ecke! Die Soldaten laufen voran, Fikfak nach. der auf die Seite gesprungen war, kömmt wieder zum Vorschein. Fickerlot! Da möchte sich einer krumm und lahm ärgern! Hinkt auch nach. 8. Auftritt Achter Auftritt. Eve. Bärbchen. Greif. In der Bude. Um des Himmels willen, Mutter! wollen wir nicht auch nach? Du nicht, bey Leibe nicht, mein Kind. Wenn das Volk anfängt, ist's ärger als Panduren und Kroaten. Ich will hin – sehn, wo er geblieben ist – ob ich ihm durchhelfen kann. Such indessen deinen Vater auf. Er soll auch kommen. Ruf die ganze Freundschaft zusammen. Gebt ab. für sich. Meinen Vater? – eh' er aus seinem Großvaterstuhl aufkommt – Unsere Freundschaft? – eh' sie eins wird, was sie thun soll – Lieber will ich beym Herrn Pfarrer Rath holen – Will ab, steht still. Ich hin ganz irre – hier geht's ja nach dem Schlosse – nach dem Schlosse? – Sinnt. Wie? wenn ich dießmal der Nase folgte? – Der gnädige Herr wird mich nicht abweisen – Kann uns am ersten helfen – Sey's gewagt! Will ab. ruft ungesehen. Bärbchen! Heh, Bärbchen! dreht' sich um. Wer ruft? Steht ihren Vater kommen, läuft nach der andern Seite, ihm entgegen. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Paul. Die Vorigen. Ach Vater! – die Werber – Die Werber – o Schrecken! – Sind hinter ihm her. Er will sich verstecken. Sie suchen. Sie fluchen. O, lauft doch! O, helft doch! Ich kann nicht mehr. Sinkt in seine Arme. Werber? – Werber? – Weiter nichts? – Dem Himmel sey Dank! – Ich dacht', es wäre gar Feuer. – Wie ist denn das Ding zugegangen? deren Unruhe mit jeder Rede wächst. Fragt nicht, Vater! helft! Dort bey Schulzens Haus um dir Ecke – Am lieben Jahrmarkt, an meinem Geburtstag so ein Lärm! Vier Soldaten, mit bloßen Säbeln – Wir spielten so ruhig Solo – Wenn sie ihn wiederfänden – Ich hatt' eben mein Pfeifchen angesteckt – Hört ihr nicht? Der Lärm nimmt zu – Und ein Solo mit beiden Wenzeln in der Hand – Vater! Vater! Ich hab's nur zu mir gesteckt, um es hernach auszuspielen – Seht doch, was da vorgeht, lieber Vater! – Ich muß aufs Schloß – Daß der Himmel sich erbarme! Geht ab. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Paul. Greif in der Bude. Ich bin gelaufen, daß ich keine Luft bekommen kann – Setzt sich vorne an die Trinkbude. Wenn mir's nur nicht schadet! – Ich hab' eine starke Mahlzeit gethan – und sollte mich da noch ereifern und abäschern, und vielleicht gar ein Unglück nehmen? – Da müßt' ich mein Leben gestohlen haben. – Sie werden ihm den Kopf nicht abreißen. – Warum ist er so dumm gewesen, sich fangen zu lassen? – Ich kann ihm nicht helfen – in der Bude. Da hat der Herr Recht – das ist vernünftig – Paul dreht sich langsam um, zu sehen, wer hinter ihm spricht. Um Vergebung! ist nichts gefällig? Ein Gläschen Rosoli auf das Schrecken! Immerhin. Wenn der Herr glaubt, daß es nicht schädlich ist. E contrario – Schenkt ihm ein. Ist gewiß der Schwiegersohn von dem Herrn, der junge Pursche? – indem er den Beutel zieht. Schwiegersohn hin! Schwiegersohn her! – Wie viel macht's? Sechs Pfennig. – Hier ist ein Groschen. Kann nicht wechseln. Ist nicht ein Kringel gefällig? nimmt und ißt. Meine Bärbe kriegt immer wieder einen Mann – Es ist ein reiches Mädchen – die gehen ab, wie neue Heeringe – 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Tobis. Hernach Jeremis. Die Vorigen. eilig, außer Athem. Sie haben ihn! Sie haben ihn! – auf Kunzens Heuboden – desgleichen. Auf Kunzens Heuboden haben sie ihn wiedergekriegt – Da bringen sie ihn – Läuft wieder zurück. Wie er aussieht! – Ey, wenn ich's wäre, eh' ich mich so zerzausen ließe, lief ich frisch mit. Hinkt auch wieder zurück. Ob ich bleibe? – Aber bey Leibe darf ich mir nicht merken lassen, daß ich der Schwiegervater bin – So von weiten! – Zieht sich zurück. Daß dich! Ist mir meine Pfeife ganz ausgegangen! Setzt sich in eine der hintern Buden, schlägt Feuer auf, und fängt an zu rauchen. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Fikfak. Lukas mit aufgerissenem Wamms, zerstreuten Haaren, bleich und von Soldaten geführt. Eve. Tobis. Jeremis. Bauern. Die Vorigen. Was für Gesperre! Was für Geplärre! Welch Teufelszeug! Blitz, Hagel und Verderben! Ergebt euch gleich, Sonst zeig' ich euch, Wie meinesgleichen werben! Aber in aller Welt, Herr, was wollt ihr mit einem so schwachen, zärtlichen Jungen? Er ist stark genug. Es ist ja nur noch ein Milchbart. War ich doch auch nicht besser. Der Bart wächst von Strapazen. Er kann gar nichts ausstehn. Er wird's lernen. Er kriegt alle Mittage das Fieber. Das Freßfieber vermuthlich. Noch vor acht Tagen blutete er so stark aus der Nase, daß wir ihn für todt hatten. Als ob ich meine Alte hörte. Die stellte sich auch an, da man mich fortschleppte, wollte sich das Haar ausraufen, schrie, daß es durch's ganze Dorf schallte – Ihr habt noch eine Mutter, Herr? Ein altes siebzigjähriges Mütterchen. Ich habe sie nun in die zehn Jahre nicht gesehn. Ach, um eurer alten Mutter willen, gebt mir meinen Sohn wieder! Bey mir ist er so gut aufgehoben, als bey euch. Und nun kein Wert mehr! Duett. Fort mit ihm! Marsch! Um eurer alten Mutter willen, Die lange schon mit bangem Sehnen Vom Himmel euch zurück erfleht! Fort mit ihm! Marsch! Laßt euch von einer Mutter Thränen, Laßt euch erweichen, eh' ihr geht! Daß ihre Thränen auch sich stillen, Und ihr euch glücklich wiederseht! Fort mit ihm! Marsch! Geht voran; die Soldaten mit Lukas folgen. 13. Auftritt Dreyzehnter Auftritt. Der Obriste. Der Lieutenant. Bärbchen. Die Vorigen. sich in den Weg stellend. Wo geht der Marsch hin, Feldwebel? Fikfak und die Soldaten stehen still, und grüßen militarisch. bestürzt. Unterthäniger Diener, Herr Obrister. Wohin? frag' ich. Mit einem Rekruten nach der Stadt. Wer ist er? Ich gratulir' auch Ihro Gnaden unterthänig zur glücklichen Retour. Antwort auf meine Frage! Gnädiger Herr, es ist ein Bauer aus dem Orte, er heißt Lukas Stark. Wie hat er ihn bekommen? Gnädiger Herr – er hat sich – er hat sich – nachdem er Fikfak vorher gewinkt hat. Heraus mit der Sprache! Ist's wahr, was dieses Mädchen gegen dich ausgesagt hat? Ist Gewalt oder Betrug mit untergelaufen? Keines von beiden, Herr Lieutenant. Ist es meine Schuld, daß der Pursche über einen Zank mit seinem Mädchen desperat worden war? Er mag selbst sprechen. Rede, Lukas. – Sehn Sie, gnädiger Herr, daß er nichts vorbringen kann. Ja nun, Herr Obrister, so kann ich nicht helfen, so muß es dabey bleiben. ernsthaft. Mit nichten, Herr Lieutenant, mit nichten. – Ich sag' es Ihnen auf den Kopf zu, daß es ein abgekartetes Spiel war, daß Sie sich den verliebten Zwist der beiden Leutchen aus andern Absichten zu Nutze machen wollten. Sagen Sie, was Ihnen beliebt, Herr Vetter. Der Transport geht morgen ab. Ein Mann fehlte noch daran, und hier ist er. Können Sie ihn in der Folge vom Regimente losbitten, desto besser für ihn. Aber fort muß er. In mein Werbegeschäffte darf mir kein Mensch reden. Auch der König nicht? Wie kömmt der König hierher? ihm ein Papier reichend. Lesen Sie, Herr Lieutenant. Mit dem Augenblick meiner Ankunft sollte Ihre Worbordre zu Ende gehen. Sie sind verrathen. Man weiß Ihre ganze Art zu leben und zu werben, und lader Sie nach der Hauptstadt zu einer kleinen moralischen Vorlesung ein. Es giebt dort noch bessere Professoren, als ich bin. Bereiten Sie sich nur, mit dem Transport abzureisen. für sich. Verdammt! Will ab, kömmt beschämt wieder. Herr Vetter, ich darf doch wohl noch übermorgen zur Gräfinn Wachtel auf den Ball? Uebermorgen philosophirt der Herr Lieutenant schon seit vier und zwanzig Stunden auf dem Marsche. – Was wollt' er auch mit seinem gequetschten Füßchen auf dem Balle? Der Lieutenant geht trotzig ab, Fikfak will ihm nachschleichen. Mir Erlaubniß, Herr Fikfak, ich bitte mir nachher von Ihnen die Ehre aus – halblaut. Gratulire zum voraus, Herr Fikfak. sich gegen Bärbchen und Lukas wendend. Hier, Bärbchen, hast du deinen Bräutigam wieder. BÄRBCHEN, LUKAS ihm zu Füßen. Ach, gnädiger Herr, wie können wir Ihnen – Steht auf, ihr Kinder. Meine Belohnung ist in meinem Herzen. In andrer Glück sein eignes finden, Ist edler Herzen Seligkeit. Doch selbst der andern Wohlfahrt gründen, Zu frohem Dank ihr Herz entzünden, Ist göttliche Zufriedenheit. Will ab. zupft ihn beym Rocke. Gnädiger Herr – Was beliebt? Sie versprachen mir diesen Mittag – Selbst mit deinem Vater zu reden. Ich erinnere mich. – Ist er nicht hier? Ja, gnädiger Herr, dort lehnt er. Wär' um ein Haar gar eingeschlafen. flößt Paulen vor. Ih so geh doch vor, Dicker! kömmt zitternd und gebückt. Ihro Excellenz – Warum will er die jungen Leute nicht zusammengeben? Ihro Excellenz – ich habe – ich bin's völlig zufrieden – aber Frau Eve – Ey ich habe nichts dagegen – wenn's Gevatter Paul zufrieden ist – Wenn Ihro Excellenz befehlen – So etwas befehl' ich nicht. Aber es geschähe mir ein Gefallen, und am liebsten säh' ich, wenn die Hochzeit noch heute seyn könnte. Noch heute? Noch heute? Da könnt' ich nicht einmal einen Kuchen gebacken kriegen. Um Vergebung. Hier ist Vorrath an Kuchen und Gebackniß zu drey Hochzeiten. Ich sorge für alles. Bittet dazu, wen ihr wollt, und seyd lustig. ihm die Hand küssend. Ach Gnade über Gnade! ihm den Rock küssend. Ach Gnade über Gnade! Juchheh! da wollen wir springen. Mein Retter, mein Befreyer, Empfang aus warmen Herzen Der Liebe besten Dank. Nimm Theil an unsrer Feyer, An unsern ländlichen Scherzen, An unserm Freudegesang. spöttelnd. Wohlan! Ich will kommen, um dem Tanze zuzusehen, und dir das Strumpfband zu lösen. Daß aber Lukas nur nicht einen neuen Stoß von Eifersucht bekömmt, und sich zum zweytenmal anwerben läßt! Nun und nimmermehr. Nicht wahr, Lukas? – Sehn Sie nur, gnädiger Herr, wie er beschämt ist! Ernstlich, mein Sohn. Könnt' ich vorhersehen, daß du ein eifersüchtiger Ehemann würdest, ich schickte dich auf der Stelle fort, und Bärbchen sollte mir's danken. schadenfroh zu Lukas. Das war recht. Nun zu ihm, Herr Fikfak! Was steht zu Ihro Gnaden Befehl? Ihn acht Tage krumm geschlossen und dann fortgejagt zu sehn. halblaut. Hat er mit ihm geredt, Herr Fikfak, heh? Herr Obrister – wie soll ich das verstehen? Stellt euch nur unschuldig. Ich lese doch auf eurem Gesichte, daß ihr um den Zusammenhang gewußt habt. Wann der Befehlshaber Unrecht verlangt, hört die Subordination auf. Ihr hättet es mir sogleich anzeigen sollen. Also, junger Herr, ins Gefängniß! Bringt ihn nach dem Schlosse! Fort mit ihm! Marsch! Gnädiger Herr, ich habe dreyßig Jahre gedient, und dem König manchen schönen Rekruten verschafft. Ich bin ein Unterthan von Ihnen, und nur aus allzugroßer Ergebenheit für Sie und Ihre hohe Familie hab' ich mich so weit verleiten lassen. Ich schwör' Ihnen – Keinen Meyneid! Dießmal sey es euch geschenkt. Aber bey der ersten Gelegenheit – Sie sind auch der allerbeste Herr zwischen Himmel und Erde. Das ist wahr, das muß wahr seyn. Schlußgesang. Muster guter Herren, lebe! Glück und Fröhlichkeit umgebe Lange, lange, lange dich! O, daß jeder Herr dir glich! Ende.