Bey dem Hintritte eines jungen Studirenden Den 19ten Junii 1732. I.f.N. Daß unsre ganze Wissenschaft In gar zu engen Gränzen bleibe; Und stets mit gar zu matter Kraft Die schwachen Sprossen aufwärts treibe; Daß Witz, Gedächtniß und Verstand, So viel sie gründliches erkannt, Gleichwohl noch nichts Vollkommnes wissen: Das hat ohn allen Unterscheid, Das Alterthum und unsre Zeit Erkennen und gestehen müssen. Beklaget nicht der Weisen Zahl Des Menschen gar zu frühes Sterben? Und wünschen sie nicht manchesmal, So spät, als Nestor zu verderben? Die Kunst ist groß, das Leben klein! Man wollte gern ein Meister seyn, Und muß als Schüler schon erblassen: Die Wissenschaft ist noch nicht da, Doch ist man schon dem Grabe nah; Doch muß man schon die Welt verlassen. Ist diese Wahrheit allgemein, Und trifft sie auch die grauen Alten; Die auch den spätsten Leichenstein Für ihres Wissens Gränzstein halten: Was darf sich denn die Jugend viel Um das zu nah gesteckte Ziel Des kurzen Lebenslaufs beklagen? Zehn Schritte minder, oder mehr; Die achtet sonst kein Läufer sehr, Wo niemand kann den Preis erjagen. Erblaßter Freund, dein Lebenslicht Verlischt in deinen besten Tagen. Wir sehn mit nassem Angesicht, Dich zeitig in die Grube tragen. Der Tod und dein so frühes Grab Reißt dir zu schnell den Faden ab, Daran dein kluger Fleiß gesponnen: Doch hat auch so dein edler Geist, Indem er sich der Welt entreißt, Durch den Verlust weit mehr gewonnen. Du rückst aus dieser Lindenstadt Zur hohen Schule weiser Frommen; Die den zu ihrem Lehrer hat, Von dem Verstand und Wahrheit kommen. Du siehst nun aus der Ewigkeit, Wie fruchtlos wir die meiste Zeit Auf Wissenschaft und Künste wenden; Beklagst auch unsern Unverstand, Wenn wir uns oft mit eigner Hand Die blöden Augen vollends blenden. O selig l wer so weit schon ist, Wo selbst die Lehrer lernen können. Wir sehen, daß du glücklich bist; Wie kann man dir den Stand nicht gönnen? Man sehnet sich vielmehr zugleich, Und wünschet gleichfalls, bald so reich An wahrer Wissenschaft zu werden. So sehr man hier nach solcher strebt, So manches Jahr man auch erlebt: So wenig wohnt sie hier auf Erden. Ihr Aeltern, weint! doch denkt zugleich, Der liebste Sohn sey nicht verlohren. Ihr hattet ihn nicht nur für euch, Nein, auch zur Ewigkeit gebohren. Da ist er glücklich angelangt, Und weil er schon mit Kronen prangt, So ist er gar nicht zu betrauren. Und folgt ihr selbst ihm endlich nach: So werdet ihr den Thränenbach, Nicht aber seine Gruft, bedauren.