Bey einem ansehnlichen Hochzeitfeste in Leipzig Den 20 Februar 1730. I.f.N. Kann denn Amors Nectarsee, Auch in den gekürzten Tagen, Mitten unter Frost und Schnee, In verliebte Herzen schlagen? Fühlt denn auch, bey kalten Lüften, Der bereifte Theil der Welt, Um den kalten Norderbelt, Was der Venus Brand kann stiften? Ja, die starrende Natur Schläft in Auen, Gärten, Feldern; Wer erblickt die mindste Spur Süßer Regung in den Wäldern? Bey den Fischen, Vögeln, Thieren Scheinen alle Triebe todt: Doch dieß mächtige Geboth Kann nur nicht die Menschen rühren. Nur der Mensch, die kleine Welt, Will der großen widerstreben; Weil er nichts von Regeln hält, Will er stets in Freyheit leben. Er verlacht, mit muntern Sinnen, Kälte, Reif und Schnee und Frost; Will der Liebe Götterkost Auch im Winter lieb gewinnen. Hymens Fackel sonderlich Kann auch kalte Herzen schmelzen; Wenn gleich Sonn und Wärme sich Um den fernen Südpol wälzen; Wenn gleich Lunens Silberstralen, Bey gestirnter Himmelspracht, Unsers Nordens längste Nacht Mit dem kältsten Glanze malen. Liebste Schwester, werthe Braut, Dich hat Amor auch bezwungen. Hymens Fackel, wie man schaut, Ist auch dir ins Herz gedrungen. Deines Liebsten Ruhm und Gaben Haben dich so stark entbrannt, Daß sie deinen Jungferstand Auch zuletzt geschmolzen haben. Herbst und Sommer waren nicht Tüchtig, dich zu überwinden; Auch kein warmes Frühlingslicht Konnte deine Brust entzünden. Was nun keinem noch gelungen, Kann dem Winter möglich seyn; Da dein Liebster nur allein Deine keusche Brust bezwungen. Lachet dann bey eurer Glut, Wenn der Frost die Erde rühret; Zeigt, daß euer heißes Blut Stündlich neuen Zunder spüret. Wenn die Flocken alles decken, Seht es voller Flammen zu; Und laßt eure süße Ruh Durch kein kaltes Lüftchen schrecken. Eilt zu Bette, werthes Paar! Laßt euch in der Lust nicht stören. Eh noch dieß verjüngte Jahr Den verlängten Tag wird mehren; Eh euch noch die frühen Schatten, Zeitiger den Flor entziehn; Eh die späten Sterne fliehn, Könnt ihr euch was mehr verstatten. Künftig wird der Herbst gewiß Früchte von dem Samen tragen, Der, bey aller Hinderniß Dieser Jahrszeit, angeschlagen. O! wie will ich mich vergnügen, Wenn sich so mein Wunsch erfüllt; Daß man sieht des Vaters Bild Von der jungen Mutter wiegen.