Christian Dietrich Grabbe Kaiser Heinrich der Sechste Eine Tragödie in fünf Akten Personen Personen. Kaiser Heinrich der Sechste, zu Anfange des Stücks erst noch römischer König und König von Neapel und Sizilien. Constanze, seine Gemahlin. Prinz Friedrich, sein Sohn, stumme Rolle. Kaiserin Beatrice, Witwe Friedrich Barbarossas. Erzherzog von Österreich. Burggraf Hohenzollern. Graf von Tirol. Landgraf Hermann von Thüringen. Erzbischof Konrad von Mainz. Der Reichskanzler. Graf Diephold, Feldherr des Kaisers in Neapel. Von Schwarzeneck, schwäbischer Hauptmann. Ruprecht, Wolfgang, Albert, schwäbische Krieger. Ein fränkischer Krieger. Erzbischof Ophamilla von Messina, ein Italiener. Achmet, Emir der Sarazenen. Caleb, Agib, Sarazenen. Der Admiral von Neapel und Sizilien. Graf Tancred, Guiskard, Bohemund, Graf Acerra, Graf von Aversa, normannische Edle Erzbischof Matthäus von Palermo, ein Normann. Eine alte Sizilianerin aus Val Demoni. Deren Sohn. Matthias, Joseph, österreichische Landleute. Eine österreichische Kellnerin. Der Nuntius des Papstes. Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen. Prinz Heinrich, Prinz Otto, seine Söhne. Agnes von Hohenstaufen, Erbtochter der Pfalz, vermählt mit dem Prinzen Heinrich. Der Slavenfürst Borvin. Graf Borgholt. Christoph, Wehrfried, Bernhard, Gottfried, Sachsen. Die Weiße Frau von Braunschweig. Bürgermeister Rudlieb von Bardewick. Elisabeth, seine Tochter. Hagener, Ratsherr von Bardewick. Richard Löwenherz, König von England. Blondel, englischer Ritter und Minnesänger. Zwei französische Gesandte. Zwei griechische Gesandte. [Ein Diener des Königs Richard Löwenherz. Der Kastellan der Festung Thierstein. Zwei Bardewicker. Zwei Gewaffnete. Der Reichsherold. Ein Hauptmann der Besatzung von Rocca d'Arce. Ein Genuese. Ein Pisaner. Ein Herdenbesitzer bei Palermo. Dessen Knecht]. Deutsche, normannische Truppen und andere Nebenpersonen. 1. Akt 1. Szene Erste Szene Nicht weit unter dem Gipfel des Vesuvs. Aussicht auf Neapel, Meer und Inseln. kommt aus einer Schlucht des Berges. Hervor, hervor, Guiskard und Bohemund. – – Weh, Weh, man muß die edlen Namen, die An diesen Küsten seit Jahrhunderten Wie Schwert und Feldruf klangen, scheu jetzt flüstern! Guiskard und Bohemund kommen dem Tancred nach. Sprich leiser, Tancred. Seht, o seht die Sonne, Wie sie den Flor der Nacht aufhebt, Neapel In seiner Schönheit zeigt – Ha, da der Golf – Ists nicht, als breiteten die blühnden Ufer Sich aus wie Liebesarme, faßten wonnig Das glanzumstrahlte Meer? Dort Ischia, Dort Capri, in die zarten Morgennebel Verschämt, zwei Jungfrauen, gehüllt, sich in Den Wogen badend, welche trunken sie Umzittern – Und in Horizontes Ferne Flammt Stromboli, die ewge Feuerquelle, Die nie erlöscht, wie auch das Meer dran brandet! – – O Herz, mein Herz, so brennst du immer, brennst Trotz all des Schattens, den der stolze Deutsche Mit ausgestreckter, eisger Herrscherfaust Wirft auf dies Wunderland, und nie erlöscht In dir das Angedenken an die Größe Der Ahnen, und die Hoffnung, wieder groß Wie sie zu werden. Schmählich – Ich, der Enkel Des Bohemund, gestoßen aus dem Erbe Der Väter, einst so schwer erstritten – Schweig, O schweige! – Bohemund, der Kampfgefährte Des ersten Tancred – Wie der Donner tausendfach In des Gebirges Klüften widerhallt, Durchrollen diese Töne mir die Brust! Zwei Türme seh ich in der Vorzeit stehen, Und ihre Glocken schlagen mahnend an mein Ohr! – Tancred und Bohemund! – Sizilien, Neapel, und Antiochia, Palästina, Der Sarazene wie der Griechenkaiser, Lagen zu ihren Füßen, und beflagget Mit ihren Segeln, schwoll vor Stolz empor Der Ozean! Horch, unter uns wirds wach Schon in Neapel, und die Straßen fangen Zu brausen an von dem Geschrei der Mäkler, Von dem Getöse der Gewerke, vom Gejauchz der lustgen Toren – O Das schlechte Volk! Was hilft sein Himmel ihm, Was ihm der reiche Boden, wo im Laub Der Bäume die Orangen prangen, wie Die goldnen Zierden in der Mädchen Locken! Wie nackt, armselig ist die Lust, Wenn nicht der Ruhm, die Freiheit sie bekränzen! – Der ganze Haufen muß vor Scham sich stürzen Ins Meer, wenn er die Stelle dort am Strande Erblickt, wo einst der Heldenvater, Der große Altaville, landete Mit den drei Söhnen, mit dem Drogo, Humfried Und Wilhelm, und das Land eroberte, So weit sichs dehnt! Der Vesuv donnert und wirft Flammen in die Luft. Ha, hast du es gehört, Vesuv, du leuchtend Zeichen unsrer Wimpel, Und grollst du auf mit deiner heißen Brust, Speist feurige Verachtung aus, ein grauer, Ein zürnender Normanne? O ersticke Mit deinen Aschenwolken das Gesindel, Mit deiner Lava brenne aus die Schande, Zermalme den germanischen Tyrannen, Und mit ihm die tyrannisierten Memmen! Tancred, du Sprößling unsrer Könige, Erhebe dich, faß der Normannen Szepter, Das stets dem Schwert zu ähnlich war, als könnt Ein Weib, sei's auch die Herrschertochter selbst, Es erben und verfrein, kühn mit der Hand, Und mancher, der jetzt Memme scheint, stürmt dir Als tapfrer Krieger nach, sieht er Panier Und Führer nur! Ich zweifle sehr, Guiskard. Die Furcht vor dem Despoten ist zu groß. Sei sie's! das Vaterland ist größer! Ach! Was wir Normannen einst hier waren, sind Hier jetzt die Deutschen – Sie erwartet künftig Vielleicht das gleiche Los – Wie sich der Held Die Braut erringt, errangen wir mit Kraft Und Stahl dies Land – bei Gott, es ist 'ne Braut – Wo wäre Ein Mädchen in Europa, flammender Und bräutlicher als unser Reich? – Es ruht Ja unter Myrten, unter Blumen, – zwei Vulkane Sind seine Hochzeitsfackeln – Rebenketten, Festlich durchleuchtet von dem Gold der Trauben, schlingen Als Gürtel prangend sich um seine Küsten, Und an Siziliens Ufern schmachten Palmen, Mit ihren Blättern wie mit Zungen lechzend, Dem Liebenden entgegen! – Doch als der Alcide sich die Omphale gewonnen, Entnervte er an ihres Busens Flaum, Und des Normannen Stärke schmolz im Kuß Von Südens Sonne, und sein Schwert verglühte Vor ihr, wie Eisen in dem Ofen, – das Gewinde schattger Lauben fesselte Den sonst so Ungebändigten – Anstatt Zu leben und zu kämpfen, fing er an Zu träumen, – statt das Schwert zu schwingen, Reicht' er Giftbecher dar zum Trinken, – statt Des offnen Trotzes, wählt' er die Verschwörung, – Statt streng den unterdrückten Italiäner Zu zügeln, ward er zügellos gleich ihm – – Der Sarazene, mehr wie er gewöhnt An Lust und Glut, hat sich hier angesiedelt – – Betrachtet ihn, mit dem ists anders, – wir Sind Asche worden, er ward Flamme – Hielte Uns nicht der Deutsche schon im Joche, – wahrlich, Es hielte uns der Araber darin! Nun, Tancred, laß uns nicht so ganz verzagen. Grad dieser Druck, mit dem der Deutsche uns Befängt, der Sarazene uns bedroht, Erweckt vielleicht den Schlummer unsrer Brüder. Noch sind wir nicht ganz Italiäner worden: Noch tragen wir das enge Kriegeskleid, Noch führen wir die kurzen Schwerter, Zwei Zeichen, daß der Normann mit dem Feind Gern ringt, ihm gerne nah ist – Noch Ist nicht der alten Heimat Sprache von Der Lipp uns ganz entflohen, und so lang Der Normann spricht normännisch, kann Er auch normännisch denken, handeln! Wärs Doch so – Möcht uns das Unglück läutern! Segnen Wollt ichs! Ja laßt uns eingestehn, wir waren Zu jämmerlich entartet, und bedurften Der Züchtigung, der Schläge des Geschicks! Wir hätten hingeträumt auf unsren Gütern, Wenn sie der Hohenstaufe nicht bedrohte, – Wir wären nimmer kühn geworden, wenn Die Not uns nicht gezwungen, uns zu wehren, – Wir wären stets uneins, einander fremd Geblieben, wenn die Flucht uns nicht vereinte! – Jetzt weiter! Still! – horcht! – Durch die Lavaschlacken Naht jemand – Hat uns der Tyrann auch hier Im letzten Zufluchtsort entdeckt? Gewiß, Gewiß! – Zum letzten Mal in unsre Arme! Sie umarmen sich. – Nun zieht die Schwerter, – würdig laßt uns fallen, Auf dem Vesuve, nicht auf dem Schafotte! Sehr laut. Normannen hier! ebenso. Ja, Guiskard, Bohemund Und Tancred! tritt auf. Zwei Normannen gleichfalls da: Der Graf Acerra und sein Zorn! Acerra? Und auch das Glück wird Normann wieder! Wie hast du uns gefunden? Du kannst noch fragen? Ich sucht euch unter unsren ewgen Bannern, Die nie vergehn, ob auch der Ghibelline Die seidnen uns zerstückte: unter des Vesuvs, des Ätna Feuerstrahlen! Und Das Glück, sagst du, wird Normann wieder? Es wirds – Ich komme von Sizilien – Dort melden stündlich griechische Kauffahrer: Es zieht ein Schiff mit Trauerwimpeln, tief Umflort den kaiserlichen Adler, durch Das Meer von Candia, – auf dem Verdeck Stehn stolze Fürsten mit verschränkten Armen, Und spiegeln in den Wellen ihre Tränen, Und in dem Schiffe ruht ein Sarg, umklammert Von einer Kaisrin schmerzzerrungnen Händen. Und in dem Sarg? Liegt Friedrich Barbarossa! Der Kaiser tot! Tot –! Tancred, machts dich traurig? Es machts mich, Graf – Er war mein Feind – doch tot! – – Verschwunden ist der Haß, den ich empfand, So lang er lebte, – jedes Hindernis Sinkt hin, und schmerzlich fühl ich, er war groß Wie keiner auf der Erde – Weh, daß oft Der Tod erst einet, was das Leben trennt! Der Kaiser ließ durch Heinrichs Buhlerkünste Die Krone diebisch dir entwenden – Drum Verwechsle ihn großmütig nicht mit Helden – Auch nicht als Held, umtönet vom Schlachtruf Der Heere, ließ das Schicksal ihn hinstürzen – Nein, wundenlos, zufällig, ging er unter – Des Salephs Wasser schwichtigte die Stimme, Die oft wie ein verheerender Orkan Italien durchbrauste – er ertrank! Graf, Nicht jauchzen kann ich über Feindes Unglück, Und hoffe zu verdienen, daß die vielen, Die mich verfolgen, einstens wenn ich falle, Mir auch die Träne weihen, oder wenn Sie es nicht tun, sie mir doch weihen könnten. Das mag so sein, – doch nicht denk ich wie du – Mein Vater war Normanne, meine Mutter War Italiänerin – als Normann streit, Als Italiäner haß ich – Ha, bald bringen Dem Nero, der dort unten wie ein Schatten Den Glanz des Marmorpalastes durchwandelt, Des Vaters Leiche sie – Wie wird er sich entsetzen – Der Barbarossa tot, der Braunschweig lebt noch – Nicht lange währt es, und des Leuen Ruf Schallt donnernd aus den deutschen Gauen! Kaum lieb wärs mir, wenn auch die ganze Welt Sich uns verbände – Jedes Volk, das sich Nicht selbst befreit, verdient nicht frei zu sein, Und im Befreier triffts den neuen Herrn. – Nicht fürcht ich Feindes Zahl und Stärke – Beides Besiegt der Geist – Der Geist der Ahnen ists, Nach welchem ich mich sehne, – kehrte der Zurück – bei Gott, an mir nicht sollt es liegen, Daß so wie einst, das Mittelmeer sich sonnte Im Glänze des Normannenreiches, – daß Der Deutsche und der Italiäner, Der Grieche und der Sarazen erschreckten, Sähn sie nur einen armen Normannknaben Im Grase spielen – Jetzt sind wir nur Leichen! Nur Leichen? – Ha, Wenn die Normannen es gewesen sind, so sind Sie auferstanden, und statt Todesblässe Umglüht sie Zorn und Mut – Sieh mich, sieh Guiskard, Sieh Bohemund, sieh alle anderen! Der Geist der vorigen, glorreichen Zeit Ist wieder da, und schwebt mit Riesenschritten Durch alle Städte, Schlösser, Weiler von Sizilien, und wo er gewandelt, flammen Als seine Spur die Männerbrüst ihm nach – Schon steht er an der Meeresenge, setzt Schon nach Calabrien den Fuß – denn höre Die große Botschaft: Erhoben haben sich von ihren Sitzen Siziliens normannische Barone alle, Die deutschen Krieger und die Sarazenen Sind schon vor ihren Schwertern hingesunken, Selbst der Geringste der Landleute hat Den Bogen, den sein Vorfahr führte, aus Dem Winkel seiner Hütt hervorgesucht, Und stürmt damit toddrohend in das Freie – Wie ausgetretene Flußbetten, wogt Es auf den Corsos, den Heerstraßen – Ganz Palermo, ganz Messina sind nur Echo Von deinem Namen – Erzbischof Matthäus Hat klug das Volk zum Rechten hingeleitet, Zu unsrem Könige bist du erwählt, Und hier bring ich für deine Locken Das gottgeweihte Diadem! Er überreichte knieend dem Tancred das Diadem. Sei gegrüßt, Mein Fürst! Wir rufen unsre Huldigung Dir jauchzend zu! Wie schön die Perlen um Das Haupt dir glänzen – Ist es doch, als wär Es in der Wiege schon dazu gebildet! Ihr seht die Schönheit nur, – die Qual fühl ich! – – Wie eine ungeheure Schlange ringt Das Band um meine Scheitel sich, und schwer Und giftig preßt es sie zusammen – Schon Seh ich im Kampf mich mit der Übermacht Der Ghibellinen, fühle schon Verräterein Die Brust zerreißen – Der Graf Tancred brauchte Um seines Vaterlandes Schicksal nur Zu trauern – doch der König Tancred muß Dies Reich mit seiner Faust ergreifen, aus Dem Meer, in dem es liegt, wie ein Verlorner Schmuck, es reißen, und es wieder Hoch an die Sterne halten! Unsren Schwur Mein König: Blut und Treue bis zum Tode! Und ihr, Vasallen, hört den meinigen: Des Normanns Reich wird das gewaltigste Der Erde, oder hingeschmettert von den Trümmern, Geh ich mit ihm zu Grunde! Von hier weg! Die deutschen Wachen suchen uns, und sind Bald nah – Mein Fahrzeug liegt dort in der Bucht Versteckt – Besteigen wir es, und schnell nach Sizilien! Der erste Tancred paarte Zu seinen Taten seine Liebe, und verherrlicht Ward er zwiefach deshalb im Heldenliede – Auch ich fühlts einst im tiefsten Herzen brennen, Doch Not der Heimat ließ mich Liebe kurz nur kennen – Du, Vaterland, sei mir Amenaide! Mein König, du hast königlich gewählt – Wo war die Schönheit, die dem Land hier fehlt? Alle ab. Pause. Dann kommt der schwäbische Hauptmann von Schwarzeneck mit einer Rotte schwäbischer Krieger, unter ihnen Wolfgang, Ruprecht und Albert. Heilige Kreuz-Donnerwetter, bleibt mir in gleichem Schritt, Kerle – Immer in Ordnung, Kinder, auf dem Vesuve wie in der Hölle – Alle Sakrament! Aber mit der Ordnung fängt man nicht die feldflüchtigen Normannen – Man muß ihnen ebenso ziegenfüßig nachspringen, als sie vor uns herlaufen. Schurke, schweig – sprich nicht in Reih und Glied – nicht räsonniert! Das Räsonnieren schadet nur, macht Langeweile, hält auf, und wird doch nicht beachtet – Könnte das Kind räsonnieren, bei Gott, es käme nicht aus dem Mutterleib – 's ist verwünscht! Der König hat uns befohlen, den Tancred zu fangen, und wir können ihn nicht erwischen – Der König versteht sich auf alles, nur nicht auf die Unmöglichkeit, seine Befehle zu erfüllen – Unsre Köpfe sitzen lose – Auch gut – Was gehts uns an? Sie gehören dem Könige! – – Haltet, – die Lanzen zu Boden – Es ist hier sehr heiß – Laßt uns pausieren – Nun sagt was ihr wollt, – jetzt kann ichs wenigstem so halb und halb ertragen, denn ihr seid nicht mehr in Reih und Glied. Bei allen Heiligen, Herr Hauptmann, dieses ist ein kurioser Berg, – kocht immer wie ein Topf voll heißen Wassers – Meine Änneli glaubts nicht, wenn ich es ihr einstens erzähle. Besiegle es ihr nur mit einem Kusse, – dann hält sie, oder ich will krepieren wie ein Frosch, das Attestat schon für gültig. Feuer und Asche hat man hier wohlfeil, und viele Spitzbuben und Lazzaronis dazu. Brüderchen, sieh einmal die Gegend an, – tröste mich Gott, oder sie ist beinah so schön wie die bei Ulm. Ne, Ruprecht, da irrst du – Erstlich ist bei Ulm kein so unvernünftiger Berg, wie dieser dampfende Vulkan – dann seh ich auch keine Hier und keine Donau, – an dem dummen Meer dort, ohne Anfang und Ende, weiß man nicht was man eigentlich steht, – es ist so gut, als guckte man in eine pechfinstre Nacht, – es ist Alles und Nichts – und dann, wo ist hier ein Turm wie der Ulmer Dom, und wo ein Rathaus, so schön aus roten Backsteinen erbaut, wie das unsrige? Nimmst du es so genau, so fällt mir noch ein großer Vorzug unserer Vaterstadt ein. Der wäre? Kind, der Magistrat! – Der König ist ein großer Herr und sieht gewaltig streng und finster aus – Wenn einmal zufällig ein Lächeln in sein Gesicht kommt, ists, als fiele ein Funken ins Wasser – es ist gleich wieder weg – Aber unsere Ratsherrn und Bürgermeister sehen doch in ihren Mänteln ehrwürdiger aus – man zittert bei ihrem Anblick, – ich möchte keinen von ihnen anfassen, ich wäre bang, er zerbräche. Es ist wahr, ich bin vor unsrem Bürgermeister stets bänger gewesen als vor dem Kaiser. Mit Recht, Bruder, denn da ist auch ein großer Unterschied: der Kaiser sitzt weit über uns auf seinem Thron, der Bürgermeister sitzt auf sei nem niedrigen Stuhl und dicht auf unserer Jacke. Wolfgang, Schnauzbart, – hast du etwas von den Tränen bei dir? Gottlob, Herr Hauptmann – Man sollte ewig gerührt und gefoltert zu sein wünschen, um so zu weinen, wie der Herr Christus hier am Vesuve geweint hat – Alle Donnerwetter, sprich nicht, und laß mich nicht warten – Den Wein her – Er trinkt. Teufel, der brennt einem die Brust aus. Wohl bekomms, Herr Hauptmann. Kerl, du hast Blut an den Fingern. So? – Wahrhaftig ja. – Herr Hauptmann, 's ist ein bißchen Eremitenblut. Was? Du hast den Eremiten verwundet? – Nun soll dich der Donner neunundneunzig Klaftern tief in die Erde – Verwundet? Ne, – das macht nachher Geschrei und Lärm – Ich schlage lieber gleich tot, da bleibts still. – Meinst du, Hauptmann, daß der schurkige Pfaff mir den Wein herausgeben wollte? Ich sollt ihn bezahlen! – Na, ich bot ihm vier Batzen, – der Kerl machte nicht einmal die Hand auf, – da gab ich ihm Eines an die Ohren, und als er krächzte, schlug ich ihm natürlich auf das Maul, und als er da noch nicht still war, sondern zappelte und winselte, hantierte ich an ihm ein wenig mit dem Speer – Er fiel an den Boden wie ein geschossener Sperling, und ich ging mit den Tränen aus der Tür. Beweint kann er also nicht wohl sein. Kerl, Mörder – du sollst vor das Kriegsgericht. – Trinkt. Hol der Teufel, der Wein ist deliziös. Kriegsgericht, Herr Hauptmann – Seht, das ist soviel als ob ich mir den Bart wische. Der König fragt nach so einem neapolitanischen Hunde grade soviel wie der reiche Verschwender nach einem verlorenen Heller, und (unter uns gesagt) ich glaube, der Eremit war auch etwas von einem Rebellen oder Verräter. Freilich, da ists anders und schadet nicht – Verräter sind vogelfrei. – – Da Kinder, trinkt auch eines: hoch der Kaiser, zu Boden die Normannen! Der Kaiser hoch! Nun nehmt die Waffen wieder – Umgeblickt, ob kein Flüchtling da ist – Tritt fest, Auge scharf, – Marsch! – Alle Sakrament! Alle ab. 2. Szene Zweite Szene Terrasse vor einem königlichen Schlosse in der Nähe Neapels. Ringsumher südliche Stauden und Bäume, kunstreich geordnet. Aussicht auf den Golf. König Heinrich und Constanze kommen. In einiger Entfernung Diener hinter ihnen. Verräter wachsen hier zu Land wie Unkraut – Je mehr man sie vertilgt, je ärger sprießen Sie aus dem Boden – O, ich glühe – Eis Vom Ätna! Es wird ihm Eis gebracht in einem goldenen Gefäß – er verzehrt davon. Heinrich, Heinrich, schone mein Volk! Bedenk, daß fremd du ihm, so wie es dir Gewesen. Groß bist du und furchtbar, wie Die Hohenstaufen immer, – doch sei milde, Neig dich zu meinem Volk hernieder, daß Es seine Königstochter nicht verflucht, Weil sie dich liebt. Ach, der Normanne ist Entartet, doch es schläft in ihm noch Kraft – Erwecke, nicht ersticke sie. – Der Haß, Der Zorn wirkt nur so lange, als der Hasser, Der Zürner lebt, – die Liebe wurzelt auch Noch nach dem Tode in den Herzen – Mit Schafotten, die du in Neapel auftürmst, Schreckst du die Menschen, doch du besserst sie Mit ihnen nicht. Constanze, Schön ist dies Land, dein Brautgeschenk – Doch ists Auch falsch wie schön. Nicht dank ich dir dafür. Wie eine Schlange unter Blumen, fand Ichs gleich, als ichs betrat – es krümmte tückisch Empor sich, meine Ferse zu durchstechen, Jedoch zum Glück ist sie mit Erz gepanzert. – Wärs nicht der Papst in Rom, den ich von hier Am nächsten und am sichersten bekämpfe, Wär ich nicht Hohenstaufe, welcher nie Das aufgibt, was er einmal hat errungen, Ich würfs dir wieder vor die Füße! Und Du ließest mich mit ihm wohl gar zurück? So liebst du mich? Wie magst du fragen? Holde, Wer sollte dich nicht lieben, der dich sieht, Dich kennt? Wie eine Flamme brennt die Seele In meinem Kusse dir entgegen – Er küßt sie, – dann für sich. Töricht Die Kreuzzüg alle – Schwacher Gott, der Menschen Bedürfte, sein Besitztum wieder zu Erobern – Wär von meines Vaters Kreuzheer Die Hälfte hier, ich wollte besser sie Gebrauchen, als in Syriens Sande Verschmachten sie zu lassen – Schwelgen Ließ ich sie auf den Leichen der Normannen! für sich. – Ach, ich Unselige – Er liebt mich nicht – Sein Blick irrt durch die Welt und übersieht mich – Anstatt nach Einem Busen, streckt er seine Arme Nach ganzen Ländern, ganzen Völkern aus – Und Weh! auch ich kam mitten unter ihnen In seine Macht – Doch mich und meine Liebe Erkennet er nicht unterm Haufen! – Wie Ein schwarzer Fleck schwebt vor dem Auge mir Der Tancred, – wo ich nur hinschau, ist Er – – Soll ich stets Dunkel haben statt der Sterne? – Er irrt dort oben am Vesuv – Fängt man Ihn ein, so hängt er gleich dem niedrigsten Verbrecher! Schone! schone! Beste, nicht zu oft Sprich das. Ich hasse Wiederholungen, Und jedesmal, wenn du von Schonung redest, Erinnr ich mich, daß sie der Normann nicht Verdient. Ein Tor nur wähnt, der Schlechte möge Sich bessern. Nie geschieht es sicher und Auf Dauer. – – Weit und schön, ein Silberspiegel, Glüht dort im Sonnenschein Neapels Golf – Bei Gott, wenn diese ewigen Empörungen Nicht enden, färb ich ihn noch prächtiger Und heißer, mit dem Herzblut der Verschwörer! für sich. Muß denn die Rebe stets so schwach sein, an Den rauhen Baum, den Felsen sich zu klammern? Je schrecklicher und wilder er emporbraust, Je feur'ger lieb ich ihn! Ha, was Naht da? Siehst du den finstern Punkt im Meere? Mit Sturmeseile kommt er auf uns zu – Schon wird er heller – Masten, mächtge Segel Enttauchen ihm – Ein Kriegsschiff erster Größe Zeigt sichs, und zu der Flotte meines Vaters Gehört es – Unterm schwarzen Schleier, Mit dem man ihn umwarf, erkenn ich deutlich Den kaiserlichen Aar – Des Toren, Der es gewagt, den Adler zu umfloren, Des Reiches Adler zuckt und trauert nicht, Ob ringsum auch die Welt zusammenbricht! Mein König, fasse dich, – es naht das Unglück – Siehst du, wie lässig in dem Segelwerk Die sonst so munteren Matrosen hangen, Zum Schiffsverdecke niedersehen wie Geknickte Blumen? Mag was Neues Auf dem Verdecke vorgefallen sein. Schon rauscht das Fahrzeug zu dem Strande – Horch, Die See! – Ists nicht, als ob sie seufzte? Weil Das Schiff die See durchschneidet, sprützt sie auf Und zischt, – du, weil du einmal Unglück träumst, Glaubst, daß sie seufze – Aber laß das Unheil Wahr sein, – es komme – Um so kühner tret Ich ihm entgegen – Der Waiblinger kennt Kein andres Unglück in der Welt, als das In eigner Brust, – und das auch weiß er mit Dem Druck der Hand zu schwichtigen – Sicher Ist er vor winzgen Tränen – Und ist denn Das Leben auch wohl einer Träne wert? Für sich. Weh mir, des Stolzes werd ich nötig haben – An allen Zeichen merk ich, daß der Vater Gefallen ist – Wie käme Hohenzollern, Der dort auf dem Verdeck steht, so allein Zurück? Nie sah ich ihn getrennt vom Kaiser. Vielleicht, vielleicht Ist er auch jetzt nicht einsam, – eine Kaiserleiche Wird bei ihm sein! – O Schrecken! Aus dem Schiffe Heben sie einen Sarg – 'ne Krone auf ihm – Und hinter ihm wankt Kaisrin Beatrice! für sich. Das Herz schlägt in der Brust mir, will Die Zähren lösen wie im Schacht der Hammer Des Bergmanns löst die Diamanten – – Zurück – Seid, was ihr scheint, ihr Augen: Gestähltes, blaues Erz, – wohl heiß, jedoch Nie feucht! Laut. Kein Zweifel mehr – sie bringen da Des Vaters Leiche. Grad zur schlimmsten Stunde Hat dieses Unglück sich ereignet. Es Treibt monatlang mich fort von hier. Nach Rom Muß ich, mir dort die Kaiserkrone, und Nach Deutschland, mir Gewalt und Land zu sichern. Das die Gedanken, die dich jetzt durchdringen? Und nicht des Sohnes namenloser Jammer? Nichts jämmerlicher als der Jammer selbst. Wer des Geschicks schmerzliche Schläge sich Vom Haupt abwenden, sie vernichten will, Muß klaren Blickes umschaun, kräftig handeln, Und hat zur Trauer wahrlich wenig Muße. Der Sarg Kaiser Friedrichs wird in die Szene gebracht, Beatrice, Erzherzog von Österreich, Burggraf Hohenzollern, Graf von Tirol und andere Ritter und Reisige in tiefer Trauer hinter ihm. Ich muß, ich muß an dieser Kaisrin Busen stürzen! – O Beatrice, was geschah? Du schweigst? Du schweigst? – O Wehe deine feuchten Augen! Die stillen, fürchterlichen Abgründe Des Schmerzes – mir schwindelt, Da ich hineinseh –! Kaisrin – Heinrich – aus – vorbei – Sie umklammert ihn. Ich bitte, Kaisrin, mäßge dich – Erliege Dem Schmerz nicht – zeig ihn nicht so sehr der Welt. Ich kenne keine Welt mehr – Alles weg! – Entsetzlich – Nicht sie (sie wäre viel zu schwach), des Schmerzes Gewaltger Arm umklammert mich erstickend – – Unselge! Er macht sich, so sanft er kann, aus den Armen der Beatrice los, und übergibt sie der Sorge ihres Gefolges. – Hohenzollern, Österreich, Tirol – Was will der Sarg? – Ihr saget nichts Und weint statt dessen? Redet! Hohenzollern hebt stumm den Deckel vom Sarge. Man erblickt die Leiche Friedrich Barbarossas, in kaiserlichem Gewande. stürzt über die Leiche. Ha, er ists – Ich seh ihn wieder – Er sieht mich nicht! Wie? Sind das Waiblingens Tränen? Händezucken Und Niederstürzen gleich dem Blitz? – König, Ich flehe: weine – Was du jetzo tust, Ist schrecklicher! Genug – 's ist überstanden – – Der Kaiser tot, doch an des Kaisers Leiche Erhebt der neue Kaiser sich! Er richtet sich stark und stolz wieder auf. – Entflort den Adler! Mein ist er, fliegt fortan vor meinen Schritten, Und nicht als Unheilsrabe leite er Mich in Germanias Reich, das mir Als dem erwählten römschen Könige, Nachfolger meines Vaters, nun anheimfällt. Du, Hohenzollern, trag ihn freudig, hoch Und frei, damit er über alle Welt, Wie's ihm geziemet, herrschend schwebe! – Wie Fiel Kaiser Friedrich? – Sprich! wie fiel er? – Stumm Noch immer? – Soll ich dir gebieten, Mann Zu werden? Herr, verachte mich, wenn ich Im Schlachtgewitter nur die Wimper zucke, Wenn du mich jemals seufzen siehest um Verlornes Gut, sei's Haus und Hof und Weib, – Doch für den Kaiser gönne mir den Schmerz. Antwort! Ich frage! Zaudre nicht! – Wie fiel und wo Mein Vater? Fürst, du sahst bei Regensburg Das Kreuzheer, schön und zahllos, wie kein andres, Sich sammeln, – sahest deines Vaters Hand Die unermeßnen Scharen mächtig ordnen. So führt' er es bis zu der großen Stadt Der Griechen, die wie eine goldne Spange Das Abend- und das Morgenland verknüpft. Dort wollten uns Verrat und Hinterlist Umspinnen, – doch als Friedrich seinen Feldherrnstab Zorn dräuend aufhob wider der Sophia Turm, Erschrack Konstantinopel in der Feste, Und öffnete den Hellespont. Wir drangen Durch Asiens Wüsten fort, – mit Durst und Hunger Im Bunde, stürmt' uns da das wütge Heer Des Herrschers von Iconium entgegen, Und droht' uns zu vernichten – Doch am Abend War es gewesen, und wir lagerten In Sultans Gärten, unter goldnen Früchten, An kühlen Wassern. Bald darauf erschienen Auf Syriens Hügeln Christi Kreuze, uns Willkommen, wie dem Kind nach langer Nacht Die ersten Kerzen in der Weihnachtsfrühe, Und Glaubensbrüder grüßten uns frohlockend – Je näher an dem Ziel, je stärker schlug Des Kaisers Herz, es zu erreichen – Da – Am Flusse Saleph, hielt das Kreuzheer, Die Furt zu suchen – Ungeduldig sprengt Der Kaiser in die Flut, sie selbst zu finden – Ein falscher Wirbel packt sein Roß – es schäumt Und bäumt – Es fliegen Hunderte ihm nach – Sie finden nur den Tod – Und Er – Er stockt. Ertrank! Ertrank! Ein großes Unglück nenne Nur dreist mit Namen, Hohenzollern – Es Bekommt dadurch Gestalt, und kleiner scheints Zu werden. – Und wo blieb Das Kreuzheer? auf sich und seine Begleiter deutend. Hier sind seine Reste. Furchtbar! Von all den Hunderttausenden, von all Den Fürsten, Rittern, Jünglingen – nur ihr? Das Kreuzheer war ein ungeheures Schwert In des Ertrunknen Faust, und weithin schwang Er über Asien es, daß Saladin Erbebend Frieden flehte – Als er fiel, Lags matt am Boden, und ward leicht zertrümmert. Ich lerne, lern an deiner Leiche, Vater! Groß warst du, doch dabei zu großmutsvoll, Ein Held warst du, wie nie ein besserer, Doch statt als Deutschlands Herrscher zu regieren, Hast du auch nur als Held gehandelt! – Wozu Der Kreuzzug und sein eitler Ruhm? Was nützt Der Ruhm, wenn man die Macht ihm opfert? Sie Nur kann ihn aufrecht halten! Was Bedeutet uns Jerusalem? Fern liegts Der Hohenstaufen Landen – Statt die Kraft Waiblingens zu vermehren, würde sein Besitz sie schwächen, – ewig müßten wir es Verteidigen – Zum Fuß dir, Vater, lag Einst Mailand, lag der Leu – Du konntest beide Vernichten, doch du straftest sie nur gnädig, Und Mailand dankte schon bei deinem Leben Dir auf dem Schlachtfeld bei Legnano, und Der Leu wirds deinem Sohne auch noch danken. Verstehts die Schlange, wenn man ihrer schont? Groß war dein, groß ist unsres Hauses Zweck, Ist groß genug die Welt ihm aufzuopfern, Um ihn nur selbst erfüllt zu sehn – Gott ließ Ja seinen Sohn zum Heil der Sünder, welche Bis jetzt dieselben Sünder sind geblieben, Hinschlachten –. Toter, du bestrebtest dich Mit edlen Mitteln nur zum edlen Ziel Zu schreiten – Was sind Mittel? Handwerkszeug! Beiseit werf ich sie, wenn das Werk vollendet – Du kanntest Hochsinn nur und Schlachtkampf – Sehr Ungleiche Waffen wider deine schlechten Gegner – Die nämlichen, die sie gebrauchen, Verrat, List, Geld und Grausamkeit Laß mich dazu gesellen. Mein Gemahl, Erwäge Nachruhm und Gewissen. Mit Dem Nachruhm frist ich keines Sperlings Leben, Und das, was ihr Gewissen nennt, was in Dem guten Stuttgart jeden Bürger ziert, Ist auf Waiblingens Throneshöhen Nur schwäbische Spießbürgern! Für sich. Ich Kaiser, Die Kaiserkrone erblich – Deutschland, Neapel unter meinem Fuß – Der Papst Zu meinem Bischöfe erniedrigt – Wert Ist das zahlloser Leichen – Laut. Hüllt wieder Den Leichnam zu – Ach nur noch einmal laßt Mich sehen – – Sie erblickt die Leiche. Weh! winkt einigen Rittern. Führt fort die Arme! – Der Sarg Kaiser Friedrichs wird wieder zugedeckt, und mehrere Ritter bringen ihn und Beatrice fort. Bringt Mein Kind – Ein großes Leben strömte aus – Ich muß ein neues sehen an der Quelle. Eine Wärterin, welcher andere Warterinnen folgen, bringt den Prinzen Friedrich, der in kostbare Decken gehüllt ist, auf ihren Armen. nimmt ihr das Kind ab. O Knabe, Wie macht dein Anblick mir die Trennung schwer! – – Wie lächelt er, wie frisch glänzt seine Wange! – Gleich einer holden Blüte, die den Sturm, Der durch die hohen Wipfel brauset, noch Nicht kennet, in dem Waldesdunkel schimmert, So leuchtest du, mein Kind, noch unverletzt Im Vatersarm, im stürmischen Geschlecht Der Hohenstaufen – Mögen alle Genien Dich schützen, mögest du einst ruhiger Als ich es kann, Waiblingens reiches Erbe Empfangen und genießen – Wenn du schlummerst, So wach und kämpfe ich, daß du es kannst! Er spielt mit seinem Kinde, Wehmut Im Auge, und zerreißt die Nationen! Je mehr ich meinen Knaben liebe, Frau, So mehr muß ich das Volk, das seinem Stamm Feindselig ist, ausrotten. Wieder auf das Kind blickend. Noch kann er Nicht reden, – und doch künden deutlicher Als Sprache, dieses blonden Haares Ringeln, Dies blaue Auge, selbst ein Himmel Den Himmel schöner widerspiegelnd, Des ersten Friedrichs Enkel an. Sei einst, Du zweiter Friedrich, Hochsinnig, groß wie es der erste war, Doch nie so sehr, daß du nicht klug auch bliebest! Heinrich, du liebst dein Kind – Verschaff ihm Freunde – Sein mags, daß deine Stärke jeden Feind, Zuletzt besiegt, – doch fern nach Deutschland ziehst du, Gefahren drohn dir überall – Gelobt Sei Gott, noch stehst du da in Männerblüte, – Doch wenn du fielest, stürbest, eh du Alles Vollendet – was wohl wund aus deinem Kind Und mir? Ein Tor, Constanze, dessen Tatkraft Durch den Gedanken an den Tod gelähmt wird. Nie führt er etwas aus. Was ich für not Erkenne, tu ich, ob auch zehnfach mir Der Zufall dräuet. Sterbe oder fall ich, So sei das Schicksal meines Sohnes Vormund – Ich kann ihm keinen geben, der gewaltger, Und oft schon war es Vormund unsres Hauses. Auch wirds dem Würdigen nur selten untreu, Den Starken liebt es und er zieht es an, Wie Stahl den Blitz anzieht – Aber käm Es auch als Unglück, so ists zwar 'ne strenge, Doch tüchtge Lehrerin, und macht den Kräftgen Nur kräftger, oder unterliegt er, Erhabener! – Das merk dir, wirst du je Verwitwet! – Blüh und wachse fort, mein Sohn! Das Kind den Wärterinnen übergebend. Bei eurem Leben, Wärterinnen, sorgt Für ihn als für das erste Kleinod, das Ich kenne! Die Wärterinnen mit dem Kinde ab. Der Erzherzog von Österreich stürzt dem König Heinrich zu Füßen. Österreich, zu meinen Füßen? Und schluchzend? – Junger Held, steh auf – es fällt Mir unerträglich, Österreich gebeugt Zu sehen – O, es ist geschmäht, geschändet – Du sagst die Wahrheit nicht – Unsinnig, toll War der, der Österreich zu schmähen wagte, Und würde je das Hochgewaltige Geschändet, so gings auch zu Grunde. Kein glorreich Land, wie es, besteht bei Schande. Beleidigt ist er, und mir selbst ballt sich die Faust, Und wird das Antlitz bleich, wenn ich die Hand Ihn ringen, seine jugendlichen Wangen Erröten seh, – ihn, der so tapfer focht, Wert seines Vaters, der so ruhmvoll sank In jener Weserschlacht – Von der sei still. Ward sie benutzt, und ward Norddeutschland nicht Zerstückelt, sondern unterdrückt, – sie wäre Der funkelndste Rubin der Kaiserkrone. Jetzt ist sie nur ein Blutfleck. Zu Österreich. Wer hat dich Beleidigt? Wer des Reiches Herz und Schild Verletzt hat, hat auch mich verletzt, und soll Es büßen. Herr, vereinigt mit dem Kreuzheer Englands und Frankreichs, stürmt ich Accon, war Der Erste auf der Mauer, pflanzte auf Mein Banner, – aber König Richard stürmte Mir nach, riß es herunter, trat es mit Dem Fuß, und rief: nicht ziem es Herzogen, Mit Königen zu teilen! Wie? das tat Coeur de lion? Ja, Löwenherz! Ein Held Ist er wie kaum ein anderer, und in Den fernsten Winkeln von Arabiens Wüsten Ertönt sein Name, sträubt dem Roß die Mähne, Und schwichtigt an der Mutter Brust den Säugling – Doch löwenmäßig nicht, – gemein war dies Gehandelt, und bei meiner Ehre, ich versuche Das Äußerste, daß er gemein es büße! – Ruft meinen Admiral. Ich sende Flotten aus, Besä damit das unfruchtbare Meer, Ihn bei der Heimkehr aufzufangen, und Kam er zu Land zurück, so mach ich ihm, Dem größten Fische der atlantschen See, Ganz Deutschland, ganz Italien zum Netz: Er und sein England mögen von mir lernen, Daß Östreichs Ehre schwerer wiegt als all Ihr Gold. tritt ein. Mein Fürst – Trügt mich mein Auge? Erzbischof Ophamilla, von Messina? – Besser War es gewesen, Freund, du wärst, statt hier Aufwartung mir zu machen, in Sizilien Geblieben, hättst als Italiäner Mit deinen Landesleuten die Normannen Beachtet, ihnen Trotz geboten, ganz Besonders deinem Nebenbuhler, dem Matthäus – Du bist abgesetzt – Zieht wieder Die Kutt ihm über, – führt ihn in ein Kloster. Hör mich, mein Fürst – Ich ward verjagt – Verjagt? Matthäus – Ha, die Viper – O ich hasse Die eigne Priesterkleidung, denn er trägt Ja eine gleiche – Lang und furchtbar rangen Wir miteinander – Doch was halfs? – So elend Der Normann ist, die Italiäner sind Elender noch und feiger – weichen gleich, Wenn die Normannen sich nur regen – Herr, Ich bin besiegt, sie haben sich geregt! Constanze, hörst du? Wieder Aufruhr! So Dein Volk! O Milde für die Schwachen! Schwache Und Dumme sind weit schlimmer als die Starken Und Klugen, denn der Stark und Kluge Gebraucht sie leicht wozu er will – Constanze, Ich bitte, mahn mich nur, daß du Gemahlin Mir bist und nicht Normannin! Frisches Eis! Es wird ihm gebracht. Wer fing den Aufruhr an? Kann ich es sagen? Von deines Vaters Tode scholl die Botschaft durch Das Land, und plötzlich Stands in Flammen, – Gott Und auch vielleicht der giftausbrütende Matthäus, So wie der wütge Graf Acerra, wissen Wie es geschah – Doch das ist wahr, man sieht Jetzt in Palermos, in Messinas Straßen Mit ihrer Ahnen rostgen Schwertern, selbst Die Freiherrn stapfen, die auf ihren Gütern So zentnerschwer sich schwelgten, daß es schien, Als müßten sie da ewig liegenbleiben. Der flüchtge Tancred ist zum König ausgerufen, Sie hoffen stündlich seine Wiederkehr – Kein Dorf Siziliens ist mehr dein – Schon schiffen nach Calabrien Aufwiegler – Siziliens Sarazenen, die so treu Dir waren, weil du sie so gastfrei aufnahmst, Sind all ermordet, und die Araber An diesen Küsten hörten schon davon, Und sattlen ihre Rosse, rufen ihnen, Als wären es verständige Geschöpfe, Ins Ohr: seid schnell, seid schnell, zum König Heinrich, Wir müssen ihn und unsre Brüder rächen! Das ist der Botschaft Bestes. Nicht verbinde Dich mit den Heiden von Salerno! Ein Getreuer Heide ist mir lieber, als 'Ne ganze Legion untreuer Christen. Sieh auf das Herz des Mannes, und Nicht auf das Kleid – Sagt auch das Sprichwort anders, Glaub mir, das Kleid macht doch noch keine Leute, Es heiße Rock nun oder Religion! O fürchterlicher Stamm, dem du entsprossen – Auch keine Religion – Wer seid ihr denn? Wir sind Waiblinger, durch die Gnade Gottes Dazu geboren, und durch Priesterhand Getauft zu Christen. Achmet mit Gefolge tritt auf. Gott ist Gott Und Mahomet ist sein Prophet, und du bist Der Fürst, für den wir sterben, und im Fallen Noch unsre Säbel tötend um uns schwingen Als deiner würdge Kränze, denn du schirmst In unsrem Glauben uns und unsren Sitzen. Willkommen, Emir! Herr, Sicilia, Calabria sind in Empörung, doch Salerno ist dir treu. Wie in der Heimat Der Ahnen vor dem Wirbelwind der Sand Emporfliegt, heiß, und zahllos, stürmten wir Auf unsre Rosse, denn wir hörten, daß Die Brüder, denen wir verwandt sind seit Jahrtausenden, auf der Feuerinsel uns Erschlagen worden, – daß der Pöbel sich Bereits empört hat gegen dich! Dank, Dank, mein Fürst! – Wieviel Berittne hast du bei dir? Zwölftausend, Herr, und alle wild und kühn. Geordnet auch? geübt zum Waffenstreite? Kein einzger liebt den Kopf auf Feindeshalse, Ein jeder weiß im Nu ihn abzuschlagen. Achmets Sarazenen sprengen unter lauter türkischer Musik im Hintergrunde vorbei. Gott Ist Gott, und Mahomet ist sein Prophet Und Heinrich unser König! Deine Krieger Ziehn dort vorbei wie sturmgejagte Wetterwolken – Weshalb, gleich dir so prächtig Geschmückt? Die Seide rauscht um ihre Lenden, Und die Turbane blitzen von Juwelen. Der Sarazene, Herrscher, schmückt sich stets, Wenn er dem Tod der Schlacht entgegensprengt, Denn Huris mit den Busen zart und weiß Wie Schnee am Ätna, aber heiß wie Feuer Und schwellend wie Granaten, mit Den Augen, dunkler wie die Mitternacht, Und dennoch glühnder als die Sonne, mit Den Blicken, lieblicher, berauschender Als Wein, erwarten ihn, und schmiegen sich Als Siegeslohn in seine trunknen Arme! Was Für Pferde! Dort die Schimmel! Sonnenstrahlen! Und welche Reiter! Adler auf den Rossen! Du nennst sie! Von den Pferden send ich ein'ge In meine Stuterein bei Worms. Mein Fürst, Arabsche Rosse können nur gedeihen bei Arabschen Wärtern, – denn sie wollen Geliebt sein und gern Märchen hören. Gib Mir ein paar Araber, um sie zu pflegen. Gern, Dar stehen alle zu Gebote. Fast Vergißt man über dieser edlen Rosse Schöne Die Menschen. Mindstens sind sie adliger Als eure edelsten Geschlechter – keines, Das nicht 'nen Stammbaum hätte bis zur Zeit Des großen jüdschen Emirs Abraham. Sag deinen Leuten meinen Gruß – wie Pfeile Sollt ihr vor meinen deutschen Truppen fliegen – Ihr Auge sollt ihr sein – und lieb mir wie Mein Auge. – – Wo ist der tapfre Franke, der Graf Diephold? Er kommt mit dem Admiral. Der Admiral ließ lange warten. Weit Vorm Hafen kreuzt' er mit den Schiffen. Dann tat er seine Pflicht, und ist entschuldigt. Diephold und der Admiral von Sizilien treten auf. Zu Diephold. Wie steht es in der Stadt? Es ist was in Der Luft – Der Pöbel flüstert – Wenn das Volk Hier, welches ewig schreit, erst flüstert, muß Was Arges da sein. Hast du Vorsichtsregeln Getroffen wider Aufstand und Gefahr? Nicht deiner Gnade war ich wert, wenn ich Das nicht getan – Ich zog die Truppen aus Den Häusern – Durch die Gassen, durch die Gegend Streifen die Schwaben, auf dem Markt stehn Franken Als Rückhalt, – wo die Neapolitaner Zu drei versammelt sind, jagt sie der Speer fort. Ist Tancred eingefangen? Nein, – ich glaube, Er ist entwischt. Verwünscht – Die Faust verlör Ich lieber! – Der wird in Sizilien Sechs Monat lang, so lang ich ferne bin, Den Schattenkönig spielen! – Untersuch, Ob auch die Krieget, welche ihn verfolgten, Die Schuldigkeit getan. Gewiß so viel Sie konnten. Aber es sind Deutsche! – Schlagen Und trinken, in den Tod für dich sich stürzen, Ist grade keine Kunst – Doch Spionieren Verstehn sie schlecht. 's ist wahrlich schwer. Die Sarazenen da verstehen das schon besser. Und hältst du das für eine Schande? Nimmer – Dem König dienen, und auf welche Art Es sei, ist Ehre. König, du befahlst Mit Schiffen Palästina zu umlagern, Um Englands Richard aufzugreifen – Nicht Mehr not tut das – Mir melden meine Kreuzer, Daß er bei seiner Heimkehr, weit vom Südsturm Verschlagen, bei Triest gelandet ist. Triest? Der österreichschen Stadt? Vernimmst Du es, Erzherzog? Es ist Gott mit deiner Und mit des Reiches Ehre – Eile nach Der Heimat – Fang mit List und Mut ihn auf. Ich eile hin und fodre ihn zum Zweikampf. Zweikampf ist rühmlich und nicht Strafe. Wenn Die Fürsten sich befehden, gilt es mehr Als Ritterspiele. Nicht der Mann den Mann, Das Land bestreitet da das Land, und nur Sieg oder Frieden, die das eine schwächen, Das andre mächtger machen, sind das Ziel. Der Richard hat in dir auch mich beleidigt, Und mir gehört er so wie dir. Nicht tot Will ich ihn haben, nein, er soll lebendig In meinen Kerkern wohnen. Nichts nützt uns Sein Tod – ein Fürst ist leicht ersetzt – Allein So lang er lebt, ists Englands Pflicht, sein Alles Zu opfern, um ihn zu befreien – Und Das solls! Für sich. Mit seinen Schätzen helfs, die Welfen Und Welschland zu bezwingen. Herr, es geht Auf Schiffen, die von Norden angekommen, Die Sage, daß der alte Löwe sich In England eingeschifft, und in Ostfriesland Das Volk schon jubelnd auf ihn harre. Ha, Dacht ich es nicht? Wenn ein Waiblinger fällt, Wie jetzt mein Vater, stehen jedesmal Die welfschen Löwen auf, vor Freude brüllend, Daß Erd und Himmel beben! – Ihnen stolz Entgegen, auf der Stirn den ersten Schmuck Der Erde, Romas Kaiserdiadem! – – Constanze, stets hast du geglaubt, mit Liebe Wär der Normannen Tücke zu besänftgen – Versuch es jetzt, – als meine Stellvertreterin Thron' in Neapel, bis ich wiederkehre. – Diephold und Achmet, wie die Lava zündend Von dem Vesuv sich weit und weiter wälzt, Wird auch der Aufruhr sich bis hieher wälzen – Wehrt ihm, so lang ihr könnt, mit eurer Kraft, Und wird die Übermacht zu groß, so werft Ihr euch in Rocca d'Arce, hegt in ihm Mir dieses Reiches Schlüssel. Bis zum letzten Atem. Und meinen Sohn nehmt mir in Schutz und Aufsicht. Wie? aus der Mutter Arm willst du ihn reißen? Soldatenarm und Festungsmauer scheinen Mir sicherer und stärker. – Jetzt nach Rom! Mit diesen wenigen Begleitern? Sollte Der Papst dir nun Bedenklichkeiten machen? Der jetzige Papst Cölestin ist längst Kein Alexander, und wird er verleitet, Mit Weiterungen mich zu hemmen, so Weiß ich ein Mittel, durch die Römer ihn Zu zwingen. Ein sehr herbes wäre das – Du müßtest ihnen, wie sie oft begehrt, Das euch so treue Tusculum aufopfern. Wie? Tusculum? Die große, schöne, uns So holde Stadt, der Wut der Römer Preis Gegeben? Wo schon seit so vielen Jahren Nur für Waiblingen alle Herzen glühen? Die grade dadurch, daß sie stets für euch die Römer Bekämpfte, diesen so verhaßt geworden? Nein Heinrich, nein, das tust du nicht! finster. Ich opfre Das arme Ding, das eigne Herz, dem Haupte – Ich glaube gar, ich tat es schon einmal – Schmerzlich, die Hand auf der Brust. Cäcilia! – – Wieder stark und heftig. Was sollt ich fremde Herzen schonen? In Blut und Feuer glänzen Kaiserkronen! Mit allen, bis auf Hohenzollern, ab. Er ist vielleicht der Hohenstaufen Größter – Er hat den Geist, den Stolz, des Strebens Lust, Doch ach! ihm fehlt des Vaters mildre Brust! Ab. 2. Akt 1. Szene Erste Szene Stube in einer Schenke bei der Festung Thierstein im Österreichischen. König Richard, als Mönch gekleidet, sitzt im Hintergründe an einem großen Schenktische. Joseph und Matthias treten ein. Dies ist doch halter das beste Wirtshaus auf dreißig Meilen in der Runde von Wien. Sie kochen hier wie im Prater. Und schau, die Kellnerin, glatt und schlank, wie die Flaschen in ihrer Hand. Und sie ist so böse nicht, – sie ist eine gute Österreicherin. Da kommt sie – Welch ein Nannerl – Man sollte sie auffressen. Die Kellnerin tritt ein. zu ihr. Mädel, bring mir ein gebackenes Hühnchen und 'ne Flasche vom Besten. Ist sonst noch anderer Braten da? Wir können den Herren dienen mit Schöpsen, Rindsbraten, Gänsebraten, Kapaunen, Fischen aller Art, gekochten Schinken, gesottenen und ungesottenen Eiern, gerösteten und – Halt, das ist halter genug – Es gibt doch nur Ein Österreich! für sich. Es wäre übel, gäb es zwei! Bring mir Hammel mit grünem Salat. Gleich, Herr. Aber erst ein Küßchen zur Vorkost. Es schmeckt dann noch einmal so gut. Ich werde mich hüten. Freund, du verstehsts nicht: ein Kuß wird nicht gebeten, sondern genommen – schau! Er raubt der Kellnerin einen Kuß. Schmeckts? Du loser Vogel – Ich bringe gleich, was ihr befehlt. Ab. für sich. Zum Totlachen ist es, zum Totärgern: Ich, König Richard, Herrscher Englands und Der Sarazenen Schrecken, muß im Mönchskleid Hier unter österreichischen Bauern sitzen, Ihr Fressen sehen, ihr Geschwätz anhören, Und auf die Rückkehr meines Dieners harren! Beim heiligen Georg und meiner Dame, Ich halts nicht lang mehr aus! Matthias, hörst du den verdächtigen Kerl mit der Mönchskutte da brummen? – Was hat er in Österreich zu brummen? – Ich hab eine feine Nase – Er ist halter kein Mönch, er weiß sich nicht in das Kleid zu schicken, die langen Ärmel fallen ihm immer über die Faust. Und ein Österreicher ists auch nicht, – sieht viel zu wild und breitschultrig aus. Er ist sehr verdächtig. Zu König Richard. Wie heißt ihr? Ginster. Der Ginster ist ja, wie ich meine, ein niedres Kraut. Wie, Schurke, spottest du des Namens der Plantagenets? Welch Kraut auf Erden wuchs Wohl höher als der Ginster, wenn das Haus von Anjou Der Ehr ihn würdigt, ihn der Hecke zu Entreißen, und an seinem Helm zu tragen? Plantagenet! Anjou – Sind das österreichische Häuser? Ich kenne die Familien nicht, Herr. Die Kellnerin kommt zurück mit Braten und Wein. Ha, Speis und Trank! Die Kellnerin deckt den Tisch, Joseph und Matthias setzen sich zum Essen. für sich. Wo bleibt der Schurke? Er konnte längst schon in der nächsten Stadt Den Ring in schweres Geld verwechselt haben. Geld! Geld! Einwechseln muß ichs jetzt – O Zeit, Wo ich mit meinem Seh werte es erkämpfte! – – Wein, Mädchen. Die Kellnerin schenkt Wein in ein Glas und setzt es dem Könige vor. Wer wagt mir den Wein im Glase Und nicht in Golde vorzusetzen? Hündin – – Ja so – es fällt mir ein, ich bin ein armer Mönch! – – – Wenn Saladin mich hier erblickte! Welch Hohnlächeln würde seine Lipp umfunkeln – Ich schwörs, er schöbe vor Verwunderung Den Turban dreimal schiefer, als ers tat, Da ich sein bestes Heer zu Boden schlug. Arg schiebt er sonst so leicht den Turban nicht. – He, frischen Wein – Wie lange währt es? Sich wieder besinnend. Ach, Verzeihet meinem Ungestüm – Ich lag Sehr lange krank, und bin noch nicht gesund – Das macht mir diese Unruh, diese Unlust. Die Kellnerin bringt ihm von neuem Wein. Der krank? So behüte mich Gott, einen Gesunden seines Landes zu sehen – Saufen und wüten sie nur um ein Weniges mehr als der, so sind sie tausendmal schlimmer als Teufel. Halter, der Kerl hat die Hölle im Leibe und einen Mönchsrock darüber gezogen, – er stürzt die Gläser hinein und will sie löschen. Er muß aus dem Meer gebürtig sein, denn seine Krankheit ist nichts anderes als der Durst. Spektakelt und schnappt er da nicht nach etwas Flüssigem, wie ein Walfisch, der auf dem Trocknen liegt? Her mit dem Braten da, dem Fleisch. Die Kellnerin bringt ihm Braten und Fleisch. Du hast dich geirrt, Joseph, – er ist aus dem Lande der Löwen oder Tiger, – er frißt noch ärger als er säuft. Und wie haut er mit Messer und Gabel ein, – ists nicht, als schwang er Schwert und Lanze und massakrierte und fräße seinen Todfeind? Und unter seinem Kleide rasselt es wie ein Harnisch. Es ist halter kein Pfaff. für sich. Mit jeglicher Minute büß ich ein An Land und Macht – ich gelte für verschollen, Und sicher wiegelt schon der Herr Johann, Mein grad so lustiger als schlechter Bruder, Den Adel Englands auf und täuscht das Volk Mit meinem Tode, – Frankreichs weiser Philipp Wird auch nicht säumen, unter Pauken- und Trompetenklang die Oriflamme prahlend Da zu entfalten, wo sie dreist kann wehen – Gewiß marschiert er schon mit seinen Stutzern nach Der Normandie, und nach Guyenne, Die ihm anheimgefallnen Lehn besetzend, Und beide saubren Herren werden sich, so lang Sie im Besitz nicht fest sind, um die Beute Vertragen, wie zwei Räuber um den Raub, So lang sie ihn noch nicht gepackt. O wär ich da, Lebendig, mit dem Schwerte – Mehr als je Ein grausenhaft Gespenst das Kind erschreckte, Schreckt ich die Schufte – Heiliger Georg Und Margaretha! Der Kerl wird toll! Wir müssen ihn binden. Viele Landleute kommen jubelnd herein. Was Neues von Wien! Unser Erzherzog ist zurück! für sich. Ich wollt er wäre in der Höll als Bodensatz. Der Herzog! Joseph, Brüder, laßt uns tanzen und singen, trinken und essen – für sich. Ein eignes Volk – wir trinken nur, die fressen Am Ende auch auf ihres Fürsten Wohlsein. Und laßt uns Frau und Kinder holen, – wir wollen Freuden- und Feiertag halten. Ich wußte lange nicht was mir fehlte, nun merk ichs, – der Herzog war nicht im Lande. für sich. Hm, sei dies Volk doch wie es will – Sehr treu Ist es und sehr anhänglich – Tränen stehn Ihm in den Augen. Möcht es wohl Beherrschen. Sicher folgts dem Kühnen kühn! Und der alte Kaiser ist tot, in Rom haben sie einen neuen gekrönt, Heinrich den Sechsten. Da mag es lustig hergegangen sein. So, daß sie eine große Stadt den Römern übergeben und als Freudenfeuer zur Krönung angezündet haben. Und der wilde König von England ist auf seiner Rückreise vom heiligen Lande nach Triest verschlagen worden, und irrt jetzt in unserm Lande umher. Alle guten Österreicher sollen auf ihn achten und wo sie ihn treffen, ihn ergreifen. Warum? Weiß ich es? Es ist be fohlen. – Der Erzherzog und der Kaiser haben einen Preis für den ausgesetzt, der ihn ihnen überliefert. für sich. Verwünscht! der Kaiser! Was will der? Den Herzog Hätt ich mit ehrenvollem Zweikampf leicht Befriedigt. – Mischt sich aber der Waiblinger So unberufen in das Spiel, so will Er sicher mehr als das – Land oder Geld, – – Schlecht kenn ich sonst Siziliens Tyrannen. König Richards Diener tritt auf. leise zu Richard. Hier, Herr, die Gelder, die ich eingewechselt – Wir können weiterreisen – Bube, wo Bleibst du so lange? Ich zertrete dich! Packt den tollen Mönch, – er bringt einen Menschen um. Mein Herr, mein Herr – Und der Mensch, statt sich zu wehren, kriecht ihm um die Füße – Das ist nicht richtig. Mönch, laß den Mann los. Wer hindert mich, den Knecht zu züchtigen? Das ist kein Züchtigen, das ist Tottreten. In Österreich ist das Morden keine Mode. So will ichs heute dazu machen! Und das dulden wir nun und nimmer! Wer seid ihr? Wie ein ehrlicher Mann betragt ihr euch nicht und seht halter so nicht aus. Satt hab ich der Verstellung, des Verbergens! Wie kann da Nacht sein, wo die Sonne glüht? Herr, stürze dich nicht ins Verderben! Eher Verderben als mich länger zu verbergen. Weg Mönchskleid, du elendes Rattenfell. Zu Joseph. Kennst du Coeur de lion? Nein. So kenne seine Faust! Weh mir, ich falle! Jesus Maria! Sie flüchtet davon. Tische, Stühle, Bänke, Gläser, Kannen, alles dem Kerl auf den Leib. Weg ist das Kleid – ich atme wieder frei! Er hat sich das Mönchskleid abgerissen und steht da in glänzender Ritterrüstung. Schaut: dacht ich es nicht? Es ist ein Ritter! Du Lügner! Sag ein Fürst: Auf meiner Brust sieh Englands Wappen strahlen, Honny soit qui mal y pense! Der König Richard ist es – Glocken geläutet – Zum Kommandanten von Thierstein geschickt, daß er mit Soldaten kommt, – er darf nicht fort! Einige ab, bald darauf Glockengeläute, Auflauf und Lärm draußen. Wie wohl Wird mir – Ists mir doch, als schaukelte mich wieder Die Wiege oder das Gewog des Kampfes – Horch, Die Stimmen, Glocken und die Hörner schallen, Ringsum Tumult – Empor mein Mut, mein Geist, Signale, die mir kein Orkan zerreißt – Zu den Anwesenden. Jetzt ehr ich euch, von meiner Hand zu fallen! Er schlägt die zunächst auf ihn Andringenden nieder. Welch ein Glück, daß er kein Schwert hat, weil er es unter dem Mönchskleide nicht verbergen konnte – Halter, seine Faust stürzt auf uns nieder, wie ein losgerissener Eichbaum auf den Wanderer! Lärm und Tumult wird auf der Szene und draußen immer größer. Die Übermacht wird sicher mich bezwingen – Was schadets aber, bis zuletzt zu ringen? Mit den ihn immer dichter umdrängenden Österreichern im Kampfe ab. 2. Szene Zweite Szene Vor der Festung Thierstein, an einem hervorspringenden Turm derselben. Einige Stockwerk hoch mehrere Fenster im Turme, aber mit Eisen vergittert. Noch immer Glockengetön, Hörnerschall und Zeichen des Auflaufs in der Gegend, die sich jedoch gegen Ende des folgenden Monologs verlieren. ritterlich, als Minnesänger gekleidet, tritt auf mit der Laute. Sie führen hier, im Lande seines Feindes, Einen Gefangnen in diese Schreckensveste – Und dieser Einzelne erregt so arg die Furcht Des Landes, daß Heerscharen auf den Wegen ziehn, In Näh und Ferne sich das Volk versammelt – – – Verwundete, das Haupt geschmettert in Die Brust, trägt man davon – – Du ahnest recht, Blondel – Das ist der König, der zugleich ein Heer Ist an sich selbst – Hier schlägt das Löwenherz – Ich hör es nur zu deutlich an den Kriegs- Und Glocken-Tönen – Immerdar klang so Sein Schlag! – Ihr Toren, meint in diesem Winkel Es zu verstecken, das die Welt erfüllt Mit seinem Ruhm? O Richard, o mein Leu, Ob dich die Welt auch läßt, Blondel bleibt treu! – – Horch, Lärm im Turm – Nun wieder still – Sollt er dort hinter jenen Fenstern weilen? – Wie mag ich es erfahren? Sich umblickend. Ringsum niemand – – – Ha, Lied der Liebe, Von ihm gesungen, wenn er nach Gefahr Und Schlacht zuerst an Margaretha dachte, Die dunkellockge Gräfin Hennegaus, Ertöne! – Ist es Richard, er versteht es, Gibt Antwort mir und sagt mir den Refrain. Er rezitiert zur Laute. »Meine Brust versengten Fieber, Sengten wie der Wüste Brand, Mein Aug ward trüb und trüber, Und aus dem Schattenland Streckt schon der Tod die finstre Hand – Da naht mein Lieb mit heitrem Blick, Und Tod und Fieber fliehn zurück.« Wie? schweigt er? Sagt nicht den Refrain? – Weh mir, Ich kenne ihn zu gut – Wenn Richards Atem Hier wehte, hört ich den Refrain, und wärs Sein letzter Hauch – Ach, fort Blondel, und suche Das Löwenherz woanders, – Jammer, fändest Du es im Grabe erst! Gewaltige Tritte im Turm und mächtiges Rütteln an den Eisengittern der Fenster. Ha, was ist das? Sein Tritt und seine Hand! O meine Tränen! Gegrüßt seid mir, sonst meines Schmerzes Zeichen, Jetzt meiner Freude Perlenschmuck! im Turm. »Laut ruf ich es und ohn Erröten, Das süße, werte Weib, Es hilft in allen Nöten, Und tröstet Seel und Leib.« O Donner Der Sarazenenschlacht! Ich hör euch wieder! Blitze Der Freude funkeln um euch, meine Stirn Verklärend! Er rezitiert wieder. »Rings umfangen von Gefahren Focht ich in der wilden Schlacht, Und des Sultans Reiterscharen Drangen ein wie Sturmesmacht, Schon sank mein Arm und überall wards Nacht – Da ruf ich meine Dame an, Und siegend brech ich blutge Bahn!« im Turm. »Ich ruf es laut und ohn Erröten, Das süße, werte Weib, Es hilft in allen Nöten, Und tröstet Seel und Leib.« Da fliegt ein Adler – Stimme fliege höher! Er rezitiert. »Laßt das Feldgeschrei ertönen, Wie im ungestümen Meer Stürme sausen, Donner dröhnen, Alles toben um mich her, Ich stehe hoch, ich stehe hehr, – Kein Schicksal mich zu Boden fällt, So lange Sie empor mich hält!« im Turm. »Ich ruf es laut und ohn Erröten, Das süße, werte Weib, Es hilft in allen Nöten, Und tröstet Seel und Leib.« Nun aus dem Stegreif – Hat er mich erkannt, So deutet er es in der Antwort an. Er rezitiert. »Neid und tücksche Rachgier lauern Nachts im Wald dem Leuen auf, Bannen ihn in dunkle Mauern, Treue leitet Blondels Lauf – Harre, Löwenherz, bald springt dein Kerker auf.« im Turm. »Blondel von Nesle, Sängerkönig, Wähnst du, man kennte deinen Ton so wenig? – O wäre Margot nur bei mir, Der Himmel wahrlich glänzt' auch hier! – Ich ruf es laut und ohn Erröten, Das süße, werte Weib, Es hilft in allen Nöten, Und tröstet Seel und Leib!« O Richard, o mein Held, du bists! Ich küsse Wie deines Kleides Saum der Feste Mauer, Denn sie umschließt dich – Eh die Sonne, die Sich dort schon an den Bergeshöhen senkt, Verschwindet, mußt du frei sein, und in Freiheit Muß sie mit ihrem letzten Strahl dich kränzen! Alles versuch ich, Schwert und List! Österreichische Soldaten und Landleute sind mittlerweile aufgetreten, haben Blondel und Richard behorcht, sich hinterrücks dem ersteren genähert, ergreifen und entwaffnen ihn jetzt. Das Versuchen ist nicht nötig – bist schon gefangen – Wir haben dich belauert – Du pfeifst den Vogel in der Festung nicht heraus. Was tat ich? Darf man hier zu Land nicht singen? Freilich darf man, – doch nicht so verdächtig wie du von Löwenvieh, und Damen, und derlei übermütgen Geschöpfen – »Wenn du mein Schätzel bist« oder »Wenn ich ein Vöglein wär«, das sind Lieder nach Land und Sitte. O Richard, kann ich dich denn nicht befrein, So sei's mir Ruhm, mit dir in Haft zu sein! im Turm. Ist nichts euch Hunden heilig? Wagt ihrs gar, Den Sänger zu berühren? Heiden selbst Verehrten ihn! So schlimmer. Wir sind halter gute Christen. im Turm. Georg und Margaretha – Das Fenster auf – ich brach schon festre Schlösser Als dieses – Wart – ich steh dir bei, Blondel! Er zertrümmert das Fenster, blickt hinaus, wird aber von hinten vom Kastellan des Schlosses und dessen Reisigen ergriffen. Was? darf man hier zu Land nicht aus dem Fenster sehn? Nein, man darf es nicht, wenn es der Erzherzog nicht will, oder wenn man es aufbricht wie du. Blondel! – Sie halten ihm den Mund zu, – laßt Ihm den doch offen – Mehr als ihr zusammen Wert seid, ist schon von ihm gedichtet – Sie schleppen Ihn fort – O wär ich frei – Ich wollte euch Und euren Herzog – Tod und Hölle! Schau Ich das, und kann nur fluchen? Zurück, Herr, sonst Gewalt – Ja Gewalt! Die lieb ich auch! Er ringt mit dem Kastellan und dessen Leuten. »Ich ruf es ohn Erröten« – – Du bist ein österreichischer Schurke! Er hat im Ringen einen Arm frei gemacht und schlägt einen Reisigen zu Boden. »Das süße, werte Weib« – – O schlechter, häßlicher Spitzbube! Schlägt wieder einen Reisigen zur Erde. »Es hilft in allen Nöten« – – Dir helfe Gott! Wie eben. »Und tröstet Seel und Leib« – Ich will dich trösten, weder Arzt noch Pfaffen Bedarfst du weiter! Wie eben, aber die Übermacht überwältigt ihn und reißt ihn weg. O! Schont ihn! Der Erzherzog und der Kaiser wollen ihn lebendig und nicht tot haben. schon wieder tief in den Turm gerissen. O wär ich tot, So hätten sie nur meine Löwenhaut, Die freilich ohn den Löwen nichts bedeutet, Daß selbst nicht diesen Eseln davor graut, Doch nun werd ich lebendig abgehäutet. 3. Szene Dritte Szene Küste in Ostfriesland. Vieles niedersächsische Volk, Männer, Frauen, Mädchen und Kinder am Strande liegend und umherstehend, darunter Christoph, Wehrfried, Bernhard, Gottfried usw. Landsleute! hört ihr die See donnern? hört ihr sie jauchzen? Brauset und schäumt und springt, und schüttelt sie die Wogenkämme nicht wie ein Roß, auf welchem ein stolzer, ein mächtiger Reiter heransprengt, die Mähne? der Herzog ist auf ihr! Sie fühlt es, sie weiß es! Er kommt, er kommt zurück! Und, wie die Sonne den Morgen bringt, bringt er wieder die alte, große Zeit. Meint ihr, er hätte sie in der Tasche, und könnte sie mitnehmen und wiederbringen wie eine Nuß? Als er noch herrschte, waren wir Sachsen – Was sind wir jetzt geworden, seit uns der Barbarossa in Stücken schnitt, wie der Schlächter den getöteten Stier – Oldenburger, Holsteiner, Schaumburger, Lipper, und Gott weiß was, jeglicher klein genug, daß jeder Große ihn fressen kann wie eine Wurst! – Als der Löwe noch herrschte, wir seine lebendigen Glieder waren, – Tod dem, der einen von uns, wär er auch nur ein Härchen an seinem Fell gewesen, angerührt hätte. Das Schlimmste ist, daß wir, seit wir tausend kleine Herren haben, auch tausendmal mehr geplagt werden, als wir nur Einen hatten. Früher konnte man wider die Adeligen Recht finden bei dem Herzoge, jetzt sind sie selbst Fürsten geworden, der Kaiser haust fern von uns und ist nicht unser Landsmann, – sie reiten auf ihren Jagden unsre Kornfelder nieder, pressen uns unser bißchen Gut aus, daß wir arm und hungrig sind wie die Kirchenmäuse, und Armut und Hunger, Freunde, machen Courage bis zur Begeisterung! Es kommen neue Volkshaufen. Seht da! Stormarn, Dittmarsen, alles kommt heran, – ganz Norddeutschland stürzt sich dem Gewaltigen entgegen wie der Strom dem Strudel. Die Armut und der Hunger! Wiederhole das nicht, Wehrfried – Wir hungern jetzt auch, der Regen fällt dicht hernieder, der Sturm braust durch unser Haar – aber weder Hunger, Sturm, noch Regen haben in den vierzehn Tagen, während welcher wir hier liegen und warten, unsren Eifer und unser Feuer für den Herzog auswehen und auslöschen können. Pah – ich warte selbst, bin selbst begeistert – aber so reine Begeisterung, wie ihr träumt, gibt es nicht – es sitzt immer dabei etwas hinter dem Berge. Und seht ihr, Leute, daß selbst Fürsten denken wie wir –? Hält dort im Osten auf dem Felsenblocke am Strande nicht auf hohem Hengste der Slavenfürst Borvin, und dort im Westen nicht ebenso der Graf von Borgholt? Sie steigen kaum bei Nacht ab. Wie unsere Augen blicken sie, vorne vor allen Haufen, spähend in das Meer. Aber es kommt noch immer kein Schiff – Sollte der Löwe nicht ausbleiben? Ausbleiben? Er? Wenn man ihn erwartet? – Hat er nicht seine Brut, den Prinzen Heinrich vorausgesendet? Ist der nicht schon längst in der Pfalz, um sich mit Agnes der Hohenstaufin – Besser, sie wär eine Welf in. – die ihn ungeachtet des Hasses ihres Hauses gegen die Welfen liebt, zu vermählen? Meinst du ein Löwe verließe seine Jungen? Dazu sind Löwenjungen zu selten und zu gut. zu Christoph. Alter, wie sieht er aus? Ich bin noch jung und sah ihn nie. Er hat ein doppeltes Gesicht – Soll ich dir sagen, wie er aussieht, wenn er seine Gemahlin anlächelte, oder wenn er in der Weserschlacht zürnend die bluttriefende Fahne schwang? Sage beides. Nun – wenn er lächelte, war es, als bräche die Sonne aus den Wolken, warm wurde es jedem um das Herz, und in der Brust quollen Lust und Freude auf, man wußte nicht woher, wie die Kräuter im Frühjahr. Wenn die Falten der breiten, ehernen Stirn sich zur Heiterkeit auflösten, bei Gott, es war als börsten Felsentore auseinander und zeigten da, wo man es am wenigsten vermutete, die Pforten des Himmels. Und wenn er zürnte? Schrecklich – Da steht er, und ich muß wegsehn – Das Gesicht schwarz, durchwölkt von geschwollenen Adern, – das Auge funkelnd und lechzend, wie der isländische Hekla, – das Schwert wild in der Luft, daß sie erklang – die Füße auf winzelnden Sterbenden, Könige unerkannt darunter, wie Korn in der Spreu, und die Stimme laut wie der Donner, aber entsetzlicher, denn der Donner brüllt nur, bei ihm verstand man aber, was er sagte. Der Fürst Borvin erhebt sich hoch im Steigbügel – Auch der Graf Borgholt – Und beide deuten mit weitausgestrecktem Arm in das Meer, und dann winkt der eine dem andern zu. Ein Schiff! ein Schiff! ein Schiff! Er ists! er ists! Er stürmt heran! – O Brüder, Freunde! Das noch zu erleben! – Der Wind droht alle Segel zu zerreißen, und doch sind sie aufgespannt, und schlagen wie volle Busen unsrer Küste entgegen, selbst auf die Gefahr daran zu zerschmettern – Das ist des Löwen Kühnheit und Sehnsucht! Auf dem Verdecke steht ein Mann mit einem Knaben, und sieht starr nach dem Strande. Ja, ja, ein Mann, ein Mann! Sag nur der Löwe! Tod und Jammer, sein Haar ist weiß geworden! Fällt auch auf solche Häupter Schnee? Mein Haar reiß ich aus! Fürst Borvin und Graf von Borgholt sprengen zu Pferde herein. Der Herzog naht auf jenem Schiff, und deutet Mit seinem Winke an, daß er hier gern Einsam will landen Ziehet euch zurück. Zurück! zurück! Folgt ihm als wärs eur Vater. Er ist weit mehr, Fürst, er ist unser Herzog. Er winkte uns zurück? Das glaub ich nimmer! Ehrt die Gefühle, welche ihn erschüttern, Wenn er nach langen Jahren der Verbannung Auf Deutschlands Boden wieder tritt. Zurück! Zurück! Soll ichs euch mit der Peitsche lehren? Dort lagert euch still hin, und harret, bis Er ruft. Herr Slavenfürst, mit Eurer Peitsche Treibt in die Ställe Eur leibeignes Vieh Wir Sachsen aber wissen Euren Peitschen Ein wenig scharf, mit Schwertern zu begegnen. Wie, Hunde, trotzt ihr? Welfen, heißt es, Welfen, Der Welf trotzt jedem Slaven, ganz besonders Wenn er den Herzog nahen sieht. Ihr wagt Zu hadern, und der Löwe kommt! Nur Lust Und Jubel sollten jedes Herz erheben Schämt euch! Wahr ists, Graf Borgholt Heinrich kommt Zu Christoph. Wir sind versöhnt! Es sei! in Heinrichs Namen! Und nun zurück! Fürst Borvin, Graf Borgholt und das Volk ziehen sich hinter die die Szene umgrenzenden Büsche und Bäume zurück. Heinrich der Löwe steigt mit seinem Sohne Otto aus dem am Ufer gelandeten Schiffe und tritt in die Szene. O Heimat, Heimat, meiner Größe Land Und meines Falles Heilge Erde, sei Gegrüßt Kein Kind stürzt sehnender An seiner Mutter Brust, als ich an deinen Schoß. So schön wie Englands Küste, Vater, ist Doch diese nicht. Sieh erst die Alpen ragen, Hörs deutsche Herz zum deutschen Schwerte schlagen, Sieh erst den Rhein durch Laubgehänge ziehen, Unschuld auf unsrer Jungfraun Wangen blühen, Und rufen wirst du: von den Landen allen, Will doch das deutsche mir zumeist gefallen. Ach, meine Mutter war aus England! O Mathildis Du ihr Bild Laß dich umarmen Ja, denkt man ihrer, so mißschätzt man leicht Die Welt! Du weinst? Verbirg es nicht Nicht lob Ich Tränen, aber mehr als Edelstein Sei jede wert, die ihrem Angedenken rinnt. Ich fand in ihr des Ozeans schönste Perle Und trug sie jubelnd hierher durch die Flut Mein Leben war nur Nacht und Sturm Sie war Der Stern, der durch die Wolken brach Wie oft hab ich an seinem Glänze mich Erquickt! O Gott ich wünschte fast, daß ich sie nie Besessen, denn ich mußte sie verlieren! Westminsterhalle, Westminsterhalle, halt In deiner gierigen Gewölbe Schlünden Nicht mehr die Edelsten der Toten, Laß deine breiten Marmorquadern endlich Vor all den Fürstenzähren welche Tag Und Nacht drauf strömen, sich erweichen, sich Auflösen Gib die Toten wieder! Mit dem Fuß auf die Erde stampfend. Mir Mathildis wieder! wieder! Meine Mutter! meine Mutter! wieder gemäßigter. Ging Dahin, von woher niemand rückkehrt Weine Nicht länger Hilft dir nichts Ich rief schon oft Zu ihr ms Grab, doch nicht einmal ein Echo Schallt draus hervor Das Gute schwindet, nur Erinnrung bleibt. Drum, so lang du atmest, Erinnre dich an sie, wenn dir im Römer Der Saft der Traube blinkt, so denk an Sie, Und Götternektar wirst du schlürfen, wenn Des Lebens Mühn dich drücken, denk An Sie, und freudig trägst du deine Last, - Wenn dir die Sünde, die Versuchung nahn, So denk an Sie, und du bleibst rein Wie frischer Schnee, denn nimmer kann das Böse Mit ihrem Angedenken sich vermischen. Wie könnt ich doch der Mutter je vergessen? Sie spielt ja jetzt noch mit mir in den Träumen. sieht auf den Boden. Wie hab ich in den finstern Jahren der Verbannung, diesen Augenblick, wo ich Der Heimat Boden wiederseh, ersehnt Nun ist er da, und statt erträumter Wollust Ein namenloser Schmerz Wie eine Leiche, Bedeckt von Wundenmalen, liegt da die Vergangenheit, und stiert verwundrungsvoll mich an, Daß ich den Deckel ihres Sargs gehoben Die alten Freuden und die alten Taten Umwandeln mich gespensterhaft, und blicken Mich höhnisch an, daß ich nicht mehr vermag Sie zu genießen, zu vollbringen. Die ganze Gegend ist mir nur die Spur Von dem, was war Sich umblickend. Wie wird mir? Sitz ich bei Der Abendlampe, les in einer Chronik? Die wilde Heide hier, vom Meer bespült, Mit ihren struppgen Büschen, starren Fichten, Ist sie es selber, oder ists ein auf- Gerolltes Buch mit ungeheuren Lettern, Die die Geschichte meines Lebens mir Erzählen? Ja, dies ist die Stelle, Wo ich nach jenem Weserkampfe mit Ihr weilte Hier, hier lag ich flüchtig und Verzweifelnd kaum aufatmend unter Der eignen auf mich hingestürzten Macht Der große Sachsenherzog zu 'nem Wurm Gekrümmt Und dort stand Sie, so wunderhold, So engelmild, so männlich stark, und goß Mit linden Worten Balsam in die Wunden Ich richtete mich auf die süßen Klänge drangen In meine Brust, wie Tau in eine Blume, Breit ward sie wieder, und die Wange Ward wieder rot, ich lächelte des Unglücks. Alt ward ich unterdes, still wards um mich, Doch immerdar, Wie Abendglocken, hör ich es noch tönen: »Weit mächtiger als in des Glückes Schimmer, Durchtönt jetzt deine Stimme mir die Brust, So unermeßlich liebt dich die Gemahlin, Daß sie sich stark glaubt, Land und Volk und Ruhm Durch ihres Herzens Schläge zu ersetzen!« Mathildis, ewig stehst du mir auf dieser Stätte, Und schaust, wenn nicht in jenen Ozean, Doch ewig in den Ozean meines Lebens. Hinter den Büschen stehn Leute, Vater, – sehn Uns an. Sie mögen – Sehn sie meine Vergangenheit, so sehen sie nur Größe –! – – Und hier verblutete in meinen Armen Der Landolph, der getreue, reisge Knecht – Tot und verweset auch – doch bei Mathildis, Die mit dem Schleier seine Wunden ihm Verband, soll er in meinem Herzen immer leben, – Nie wieder find ich solche Kraft und Treue! – – – Und meiner Freunde nur sollt ich gedenken? 'Nen Feind hatt ich, weit größer als sie alle, Und unaufhaltsam, eine donnernde Lauwine, Stürzt mir sein Name in die Brust – Heil jedem, Der eines solchen Feinds sich rühmen darf! – O Friedrich! Kaiser! wär ich doch vor dir Dahingesunken an der Weser Ufern, Nie schlug mir meine fürchterlichste Stunde Die Botschaft deines Todes zu! – Und schienst Du auch mein Gegner auf der Erde – Vor Dem Himmel, tief im eignen Busen, wars Ganz anders – Wie wir auch einander uns Bekämpften, Völker riefen, mitzustreiten – Ich weiß und fühls nur zu gewiß, Du warst mein Herz und ich das deinige! – – – Und nun genug! Elend die Tränen, wenn Nicht Taten auf sie keimen – brennen sie Wie Feuer, müssen sie dem Feuer gleich Auch zünden, ob auch Land und Stadt darob Zu Grunde gehen – Ich bin Greis, bin schwach – Doch Welfe bin ich auch – Hie Welf! hervorspringend, und den Löwen jubelnd umzingelnd. Hie Welf! Ha! widerhallte noch in den deutschen Gauen, Das große, das uralte Wort, die Losung Zum Tilgungskampf des Nordens mit dem Süden? O meine Sachsen, ihr seid doch das treuste, Gewaltigste der Völker – Unermeßlich Wie eure Waldungen ist eure Kraft, Ist eur Gedächtnis. Eher reißt du mit der Hand Des Forstes stärkste Eiche aus dem Boden, Als deinen Namen uns aus unsren Herzen! Zu tief, o Löwe, hast du da dich ein- Gekrallt! Gegrüßet Löwe, Sachsenherzog. zu den beiden. Wer seid ihr? Als wir dich das letzte Mal, Da unsre Väter dir in Braunschweig huldigten, Erblickten, waren wir noch Knaben. Dieser Ist Fürst Borvin, ich bin Graf Borgholt. Wahrlich, Ihr seid zu tüchtgen Männern aufgewachsen. Nach deiner Herrschaft sehnt der Slav sich wieder. Es sagen unsre Greise, daß du sie mit Strenge Geübt hast, aber auch mit Stärke. Wo Die Stärke, da verzeiht man leicht die Strenge. Selbst Der Kaiser wagte nicht, wo du gebotest, Die Hand ins Spiel zu stecken – Jetzt ists anders! Kanns gar leicht denken – Es war oft im Zweifel, Wer mehr sei, Sachsenherzog oder Kaiser? Seit du gefallen, drängt wie Ungeziefer Sich aus dem Boden Freiherr, Gräflein, Bürger, Der Kaiser selbst, nach jedesmalgem Zweck Bald diesen und bald jenen unterstützend. Dazwischen raufen alle sich um Stückchen Landes, Um Rechte, Privilegien, und wie Sie sonst es nennen mögen, denn sie wissen Oft selbst nicht, was es ist. Zuletzt versöhnen Sie sich gewöhnlich auf der Slaven Kosten – So ists jenseits der Elbe. zum Grafen Borgholt. Und wie diesseits? Nicht besser. Jeder Stärkre drückt den Schwächren, Und alle drückt der Kaiser. Läppisch ists, Ein Kind siehts ein – Auch ich war freier Herr Durch deinen Fall geworden, doch ich zieh es vor, Dem Sachsenherzoge Vasall zu sein, In seiner Größe selbst mich groß zu fühlen, Als klein im Kleinen zu regieren. Ja, lieber Knecht, als dieses Wesen tragen. Nicht so, Borvin, das ist ein Unterschied: Den Knecht umfesselt seine Kette, den Vasallen seine Ehre. Denken auch Die Städter so wie ihr? Ich seh hier keinen. Die Städter, Herr, sind just die Schlimmsten. An Den höchsten Baum laß ich sie knüpfen, wo Ich sie ergreife. Unerträglicher Ist nichts als dieser Stolz, als diese Gier Der Bürger – Wie ein ungewohntes Kleid Hängt ihre neue Freiheit ihnen um Den Nacken, – sie sind stolz, nicht, weil das Herz Sie stolz macht, nein, sie sind es nur, Um uns zu überstolzen. – Wisset ihrs, Ihr Herren? Ihr habt alles, und habt nichts – Der Herzog fehlt euch. – Wie mit Bardewick? Du wähnst, daß diese Stadt dir treu sei, weil Du sie so sehr beschützt hast? – 's ist vergessen! Des Schützers denkt man länger nicht, als man Ihn nötig hat – Wir foderten sie auf, Mit uns für dich sich zu vereinen – Spott Und Lachen war die Antwort. Lachen, Spott! – So lernet, Würmer, was es heißt des Leu'n Zu spotten – Zu dem versammelten Volke. Kinder, ihr seid ganz durchnäßt, Ihr friert! Wir spürens wenig, denn Du bist ja wieder da! Ich will euch wärmen Und trocknen – es ist Vaters, Herzogs Pflicht – Kennt Ihr Bardewick? Wer kennt die Stadt nicht, voll Von Kaufherrn? Bald sehr leer von ihnen. – – Wir stürmen sie, und festlich wärm und trockne Ich euch am Brande ihrer reichsten Häuser. 'Ne teure, aber gute Heizung für Uns Bauern. Werter als die Bürger seid Ihr mir. Wenig tat ich nur für euch, und alles Für sie – Undank mein Lohn von dem Gesindel, – Ihr liegt im Regen und erwartet mich, Sie ruhn auf Polstern, die sie mir verdanken, Und lachen meiner – Zu Fürst Borvin und dem Grafen von Borgholt. Ordnet schnell die Scharen Gen Bardewick – Und wißt, nicht bloß aus Rachsucht Bekämpf ich es – Eh ich nach Braunschweig ziehe, Muß ich mit einem festen Platz den Rücken Mir decken – Bardewick ist gut dazu – – Dann wider Kaiser Heinrich, wie einst gegen Den Barbarossa! Wie ich höre, soll In Bardewick jetzt grade Jahrmarkt sein. Ich will der billigste Verkäufer sein, Will Waren, Käufer, will die ganze Stadt Sehr wohlfeil machen – Nicht den Pfennig soll Dort Mann und Weib und Kind heut wert sein – Ich Geb alles euch, mit Gut und Leben, und Um sonst! Hoch Sachsenherzog, Leu von Braunschweig! Heinrich der Löwe unter wilder Kriegsmusik mit allen ab. 4. Szene Vierte Szene Der Garten des Bürgermeisters Rudlieb auf einer Anhöhe bei Bardewick. Der Bürgermeister und der Ratsherr Hagener kommen. Hinter ihnen Diener. Man hat hier in der ganzen Gegend die beste Aussicht. Zu den Dienern. Setzt die Bänke und Stühle hieher – Es geschieht. Gut so – Zu dem Ratsherrn Hagener. Laßt Euch nieder, Nachbar, und tut als wäret Ihr zu Haus. An Tagen wie heute, wo Jahrmarkt ist, bin ich gern außer der Stadt. Das Gedränge, Getöse, das Hin- und Herlaufen ist mir fatal, wie ein losgelassener Bienenkorb. 's ist wahr – So aus der Ferne, in Ruhe und behaglich wie hier, bei ein paar Flaschen Wein, hör ich gern die gedämpfteren Klänge des Jahrmarktlärmens, sein Gespiel und seine Tanzmusik herüberschallen. Was wir für einen gesegneten Herbst haben, Herr Bürgermeister. Seht einmal das Getreide! Die gelben Kornfelder wogen so schwer über die Ebenen und Hügel, als sollten sie darunter brechen. Die Felder da gehören mir, aber ich glaube, ich habe sie zu teuer gekauft. Ich hätte das Geld sollen in die Handlung tun, es verzinset sich besser. Herr Nachbar, hätt es sich auch mehr verzinset, ich lobe mir einen sicheren ruhigen Besitz dazu, wie ihn die Grundstücke gewähren. Deshalb laßt Ihr wohl so mächtig an Eurem neuen Hause zimmern. Es ragt schon über alle andren Häuser mit seinem roten Dache wie ein Hahnenkamm hervor. Ich leugne nicht, es ist mir erst recht wohl, wenn ich Winters so in meiner warmen Stube, schön im Hause gelegen, sicher vor aller Gefahr sitze, und dann denke: alles ist mein eigen. – Sind Eure Schiffe mit Pech und Pottasche aus der Ostsee zurück? Gottlob, und gut beladen, unter Peter Klausen. Es war höchste Zeit, denn es heißt wieder, der Däne sperrte den Sund. Daran sind die Lübecker schuld; – sie beneiden unsren Bardewickschen Handelsflor, der ihnen über den Kopf wächst, und stecken sich jetzt hinter die Dänen, um uns wenigstens die Ostsee zu verschließen. Bardewick bleibt doch oben, wenige Jahre habens bewährt, – es hat den Keim zu einer Eiche, Lübeck nur zu einer Schlingpflanze. kommt. Guten Abend, lieber Vater, und geehrter Herr Nachbar. Du kommst wie gerufen, Tochter. Geh hin, hilf das Abendessen besorgen, und laß es hieher bringen. In der freien Luft schmeckt es noch einmal so köstlich. O ich bitte – Nur still, still – Ihr müßt heute bei mir vorlieb nehmen – nur Hausmannskost, ein wenig Kaviar und ein paar Austern dabei, dazu ein gutes Glas Rotwein, den gestern meine Seefahrer mir aus Bordeaux mitgebracht haben. Elisabeth ab. Eure Tochter ist doch die schmuckste; Dirne des Ortes. Hütet Euch nur vor dem Albrecht, dem jungen Ratsschreiber, sie scheint mit ihm zu liebäugeln. Der arme Lump meine Tochter? Eher sollen Wasser und Feuer sich vermählen. Was meint Ihr zu meinem Sohn, dem Hermann? War der nicht ein Bräutigam für sie? Unsre Äcker, unsre Wiesen, unser Handel berühren sich – Na, da werden die Herzen schon nachkommen – Herr Nachbar, laßt uns die Sache überlegen. Draus kann etwas werden. Wären nur die Zeiten nicht so bedrängt, – wenn uns nur der Löwe von Braunschweig nicht stört – Er ist wieder gelandet. Der alte Kerl wird sich freuen, wenn er nur selbst nicht auf dem Todesbette, worauf er bald einschlafen muß, gestört wird. Kaiser und Reich halten mit uns, und auch wir können ihm wehren durch unsre Stadtwälle, unsre Stadtwachen. Er tat uns früher manches Gute. Danks ihm der Teufel. Er tats nur, weil es ihm selbst nützte, weil, je mehr wir emporkamen, so mehr ihm unsre Zölle einbrachten. mit Dienern, die das Abendessen auftragen, zurückkommend. Hier, meine Herren, das Essen – O seht, wie schön geht dort die Sonne unter. Jungfer, das kann ich eben nicht sagen. Sie ist schrecklich rot, ein weiter Dunstkreis umweht sie, wie einen Löwen die Mähne, – wir bekommen böses Regenwetter. Wie kommt Ihr auf Löwenmähnen? Nun, es fiel mir so ein, und der Braunschweig sitzt mir auch immer im Kopfe. stürzen herein. Herr Bürgermeister, Herr Ratsherr, auf! auf! Der Löwe von Braunschweig naht – Schwert und Feuer ringsum, in allen Städten und Dörfern, und immer näher auf uns zu – Helft, helft – rettet! Ha, war das die blutrote Sonne? verwirrt. Die Wälle besetzt – Den Rat versammelt, – aufs Rathaus – Ein Dekret gegeben – Das wird was helfen! Meint Ihr, Herr Bürgermeister, wir hätten es mit einem armen Teufel aus dem Plebs zu tun, den der Ratsdiener exequieren kann? Nun denn – mindestens zur Stadt! zur Stadt! Ihr geht ja den verkehrten Weg. Verkehrt – ja so, – richtig, dort liegt die Stadt. Fort, fort! Da sprengen schon die vordersten slavischen Reiter des Fürsten Borvin durch das Korn. Durchs Korn? durch unser Eigentum, die Gottesgabe? Ist das erlaubt? Zur Stadt! zur Stadt! Uns verteidigt – Leben, Häuser, Frau und Kinder, alles geht sonst darauf. Sollte das möglich sein? – Meinen Stock her – Habt ihn ja in der Hand! Elisabeth, meinen Hut – Mantel – Sind unsre Koffer fest verschlossen? die Hände ringend. O Vater! Vater! Verschlossen? Sagt lieber versteckt – Denn finden die Feinde die Koffer erst, gebrauchen sie gewiß nicht Schlüssel, sondern Streitkolben und Äxte. Truppen Heinrichs des Löwen, unter ihnen Wehrfried, treten auf. Weh, Weh, da sind sie! Flüchten davon, bis auf den Bürgermeister, der vor Schrecken sich kaum zu rühren vermag. Hoch Welf! Nieder, Herr Kaufmann! Mein Gott, zurück den Speer, ich bin hier Bürgermeister und Patrizier. Das ist hier ganz egal, Eure Hochwohlgeboren. Zwischen uns beiden ist nur der Unterschied, ob Ihr mich mit Eurem Käsemesser da an der Seite durchstechen könnt, oder ich Euch mit dieser Waffe niederstoße. Er stößt ihn durch. Weh mir – ich habe den Speer in der Brust – Unmöglich, es kann nicht sein, – und doch – Ich saß hier eben so ruhig – Er stirbt. Heinrich der Löwe mit Gefolge kommt. Sie sind bestürzt, sind überrascht! – Sturm, Sturm! Die Graben durchgewatet, auf die Mauern! Werft nach den Häusern, nach den Warenlagern Pechfackeln – Krämer sinds – Nicht Geist, nicht Mut Besitzen sie, – verbrennt ihr ihre Ballen, reißt Das Geld aus ihren Fäusten, sind sie nichts! – Die Memmen rechneten und rechneten, Und der Kalkül war richtig. – Es ging wohl Mit ihrem Handel, ihrer Schiffahrt – Prächtig Standen die Häuser und die Saaten – Torheit War es gewesen, ihrem Herzog dankbar Und treu zu sein – Sie brauchten seines Schutzes Nicht mehr, sie waren reich genug – Nur neue Abgaben hätt es ja gekostet – Schurken, Das Eine habt ihr übersehn, ich bin Noch stark genug, und führe noch ein Schwert, Um eure Rechnungen wie eure Nacken zu Durchschneiden! Auf! Hie Welf! Hie Welf! hinter der Szene. Weh, Weh Wir Armen! Weiter stürmen sie! Wie winzig Und wie erbärmlich lautet dies Geschrei! Wie anders tönte früher meinem Schlachtruf Das donnernde » hie Waiblingen « entgegen! O wieder solche Feind auf meinen Wegen! Mit allen Truppen ab. 5. Szene Fünfte Szene Das erstürmte Bardewick. Die Krieger Heinrichs des Löwen, unter ihnen Christoph, Wehrfried, Bernhard, Gottfried, dringen von jeder Seite herein. Überall Feuer, Rauch, Trümmer und Leichen. Bardewicker jammernd dazwischen. Meine Frau erschlagen, meine Tochter geschändet! Das letzte war freilich nicht nötig, sie war schändlich genug. Verbrannt alles! Alles Asche! Haus und Möbeln, Pferd' und Kuh! Spottest du nun noch des Herzogs? Ich heule, schreie über ihn zum Himmel! Umsonst! der Himmel ist bekanntlich schwerhörig. Gott, o Gott, gestern und heute! Heute ists besser; gestern lief hier schnödes Gesindel umher, heute ists fort. mit Gefolge, Fürst Borvin und Graf Borgholt darunter. Brennt weiter! – brennt! – Ein Brandmal werde dieses Verräterische, undankbare Bardewick! Gnade! Ihr jämmerlichen, unverschämten Buben, Nur eure übermäßge Feigheit kann Es wagen, Stirn und Hand emporzuheben Und mich um Gnade anzuflehn! Ich wars, Der euch begüterte, beschützte, – heuchelnd Krocht ihr um meinen Fuß, solang ich Macht Besaß, – doch seit ich sie verloren, wicht Ihr von mir, wie die aufgescheuchten Vögel, Und da mein Haar nun weiß, mein Auge dunkel Geworden ist, lacht ihr mich aus! – Seid ihr so elend, Daß ihr den Nutzen, ihr den schlechten Wucher Der Ehr und eurem Herzog überschätzt, Den Kaiser mehr als ihn scheut, weil der Kaiser Der Stärkere jetzt scheint, so hättet ihr Vor mir doch Ehrfurcht fühlen, aber nicht (Was Barbarossa selbst nicht tat, und was Sein Sohn, so wild er ist, gewiß nicht tun wird) Mich höhnen sollen, – ihr kurzsichtgen Krämer, Die ihr nicht weiter seht als eure Elle, Die ihr gut wisset, was das Gold bedeutet, Doch nicht, was ein empörter Geist will sagen! – – Jetzt lache ich und eure Häuser brechen ein! O Elend! Jammer! zu seinen Kriegern. Barmherzig seid! Kürzt den Rebellen ihr Gewinsel, ihren Jammer ab, und schlagt Sie tot! Wehe! Wehe! Sie werden erschlagen. Zwei sächsische Gewaffnete kommen. Die Stadt ist jetzt Ruine. Hier der Dom nur Steht noch. Läßt du ihn niederreißen? Nein, Als ewges Zeichen des, was diese Stadt Einst war, soll er in fernste Zukunft ragen! – Holt einen Eisenhammer – Graf von Borgholt, Kannst du Latein? Ich kanns mein Fürst. So will Ich diese Trümmer, diesen Feuerqualm Durch dich in die Weltsprache übersetzen, Und jedem Fremdling sollen sie verständlich werden. Der eiserne Hammer wird gebracht und Heinrich der Löwe übergibt ihn dem Grafen Borgholt. Nimm ihn, und hau (denn daß du hauen kannst, Sah ich soeben noch an deinen Schwerterschlägen) In diese Platte über dem Portal Des Doms, was ich diktiere: Vestigia – Hast du's? Da stehts. – leonis. tritt auf. Bin Ich hier im welfschen Lager? Ja, Reichsherold. Du kennst mich? O der Rock, den du da trägst, Ist mir so gut bekannt, wie einst der Roßtrapp. Heinrich der Sechste ruft dich vor Gericht Als Friedensbrecher, und gebietet dir Bei Doppelstrafe Bardewicks zu schonen. Des Unsinns! Es gibt ja kein Bardewick! Herzog, treib keinen Scherz – Der Kaiser liebt Ihn nicht. auf Bardewicks Trümmer deutend. Ist dieses Scherz? Gewiß nicht. zeigt auf die Platte am Portale des Domes. Also lies! Vestigia leonis. Mensch, das war Einst Bardewick, so heißt es jetzt! Entsetzlich! Erschrecklich! kehrt dem Reichsherolde den Rücken, und wendet sich zu seinen Truppen. Jetzt nach Braunschweig schnell – Noch einmal Muß ich die Stadt sehn, wo ich bin geboren. Ich kränkle und leicht könnt ich sterben, eh Ich dort anlange, – aber dieser Zorn, Der stärker ist als ich, bekommt mir wohl, Und bis an Braunschweigs Tore möchten Die Flammen Bardewicks noch wohl mein Blut In Wärme halten – Vorwärts! Vorwärts! Vorwärts! Alle ab. 3. Akt 1. Szene Erste Szene Saal der Reichsversammlung in Hagenau. Ringsum Sitze, und mitten im Hintergrunde der Thron, prachtvoll mit den Symbolen des römisch-deutschen Kaisertums verziert. Nicht weit vom Thron ein Tisch mit Schreibmaterial für den Reichskanzler. Agnes von der Pfalz und Prinz Heinrich von Braunschweig kommen. Ich zittre, Agnes. Zittern? Pah! Ich zittre Ja nicht einmal. Ich fürchte deinthalb! Gar Nicht nötig. Schrecklich wird sein Zorn sein. Mag Er schrecklich sein, – was tut das, wenn nur wir Uns nicht davor erschrecken? Unsre Liebe Wird er zernichten wollen! Heinrich, Wär das nicht ein Versuch, worüber Du lächeln würdest? Eher reißt Des Himmels ewiges Gewölbe auseinander, Als unsre Liebe. Aber alles, alles Wird er aufbieten, unsre Ehe zu Zerreißen. Kommt zu spät. Die Ehe ist Geschlossen, Priesterhand hat sie geheiligt. Dich zu verlieren, Heißgeliebte – O Entsetzlich! – Agnes, wüst wird mir das Haupt, Wenn ich dran denke! Erst war ich so mutig, Wollte so kühn dem Kaiser trotzen – Jetzt, Da ich ihm nahe, da die Stunde der Entscheidung schlägt, werd ich verzagt, und sehe, Statt aller Hoffnungen, nur die Gefahr, Daß man dich wegreißt, Blume meines Lebens! Reißt man mich von dir weg, so welk ich hin, Und du mir nach – Das sei dein Trost – Jedoch Der Vetter tut es nicht. Wird er uns schonen? Hat er nicht Tusculum geopfert, um Die Kaiserkron nur schneller zu erhalten? Freund, Tusculum Ist doch noch längst so viel nicht als zwei Herzen, Die wie die unsrigen sich lieben. Meinst du, Er könnte treue Liebe schätzen? Sicher! Es heißt, er hätte Liebe nie gekannt! So stärker hat er sich darnach gesehnt. Wie weißt du das? Sollt ich die Hohenstaufen Nicht kennen? Bin ich selbst doch ihres Stammes! Ach, Mädchen, deine stolzen Anverwandten Sind nicht so hold und mild wie du. Ich merke, Wir werden nimmer eins – Wir müssen kämpfen: Hie Waiblingen! Hie Welf! Er küßt sie. Laß, Heinrich, laß, Es lodern schon die Flammen. Auf Den Lippen, auf den Wangen – Leuchten sie Nicht schöner als der Brand der Städte, Die frühren Zeichen unsres Feldgeschreis? Und glaubst du, Kaiser Heinrich wäre so Kurzsichtig, daß er das nicht merkte? Ist Er klug, bin ich es auch – Er wird sich freuen, Daß Welf und Hohenstaufe sich durch uns Versöhnen – Nach Neapel treibts ihn – Dort Die tückischen Empörer zu bezwingen, muß er In Deutschland Ruhe haben vor den Welfen – Wer schafft sie sichrer ihm als unser Bündnis? Mein Vater aber? Der ist alt und gut, Und wird auch wohl am Grabe Ruhe wünschen. Du Kluge, Liebliche! Da nahn Gelahrte, Prälaten, Fürsten, oder wie sie heißen, Versenkt in wichtige Gedanken. Tritt Zurück mit mir, bis daß der Kaiser kommt. Die armen Leute möchten uns langweilen. Sie sprechen vielerlei, und tun sehr wenig. Die Mitglieder des deutschen Reichstages, unter ihnen der Reichskanzler, der Erzbischof Konrad von Mainz, der Erzherzog von Österreich, der Landgraf Hermann von Thüringen, der Burggraf Hohenzollern, der päpstliche Nuntius, zwei Gesandte Frankreichs und viele andere Geistliche und Weltliche kommen. Prälaten, Fürsten, Ritter, nehmet eure Sitze, Der Kaiser naht, den Reichstag zu eröffnen. Sie lassen sich auf ihren Sitzen nieder, der Reichskanzler am Tische bei dem kaiserlichen Thron. zu dem neben ihm sitzenden Landgrafen Hermann von Thüringen. Was sagst du zu dem jungen Kaiser? Wild Und klug dabei. Bezeichnest ihn sehr schonend. Sag lieber eigennützig, hart, unbändig, Wer sieht die Zacken seiner goldnen Krone, Und denkt nicht an die Trümmer Tusculums? Er hat die Stadt mit Grausamkeit behandelt, Doch möglich, daß die Not ihn dazu zwang. Frascati sage man jetzt statt Tusculum, Denn nicht ein einzges Haus blieb dorten stehn, Und unter Zweigen wohnen seine Bürger. Nichts auf der Welt kann das entschuldigen. Er kommt. Der Nuntius geht ihm entgegen. Und eines Blickes würdigt er ihn kaum. kommt mit Gefolge, setzt sich auf den Thron, und wirft einen prüfenden Blick rund durch die Reichsversammlung, den er jedoch unter einem grüßenden Lächeln zu verstecken sucht. Dann für sich. Dieses die Reichsversammlung, die ich muß Beherrschen? – Schmeichelei und Trotz und Schrecken, Schwebt mir nunmehr abwechselnd um die Schläfen Wie lichte bald, bald dunkle Wolken um die Alpen. Laut. Schwer ist das deutsche Szepter, – nur ein Gott Vermocht es frei zu schwingen, wie's sich ziemt. Neapels Herrscherstab, den ich zu tragen Gewohnt bin, ist dagegen nur ein Spielzeug. Zu schwach ist diese Hand – Darum verzeiht, Ihr Mächtgen und Getreuen, wenn sie unter Der Last bisweilen schwankt und zittert. Wir werden unsrer Pflicht gemäß dir helfen. Mein Thron kennt nur zwei Stützen – eure Liebe Und eure Kraft. Wo das Gebäude, das Sich stärkrer Säulen rühmen dürfte? – Kanzler, Was haben wir zuerst hier zu verhandeln? Die streitge Bischofswahl von Lüttich. Sage Den Fall. Um Lüttichs bischöflichen Stuhl Bekämpfen zwei Parteien sich: die eine Will mit dem Grafen von Retest, die andre Mit Brabants Albert ihn besetzen. Und Wem von den beiden gibt man im Kapitel Die meisten Stimmen? Keinem. Denn die Stimmen Sind gleich geteilt, und beide Teile dräuen Mit Waffen schon einander gegenüber. Es muß das Äußerste geschehen, bei So heilger Sache, bei der Wahl des Priesters, Das Blutvergießen abzuwenden. Nimmer Erlaubt der Papst, daß man auf solchem Wege Ein Kirchenamt erwerbe. Fürsten, Ritter, Was meint ihr? Herr, bedenklich ist die Sache. Ich weiß nicht, welchen von den Nebenbuhlern Ich vorziehen sollte. Beide sind so brav Als tüchtig. Und wenn wir auch einen vorziehn, Der andre wird sich nicht dabei beruhgen. Langwierge Fehde drohet jedenfalls. Am besten ists, wir stellen die Entscheidung Dem Papst anheim. In einer Kirchensache Wird er am richtigsten erkennen, und Es werden die Parteien seinem Urteil Am ehrsten folgen. Burggraf Hohenzollern, Der heilge Vater foder t, daß man ihm die Sache Anheimgibt. Ist ein Bischof denkbar ohne Einwilligung des Papstes? Herr, sehr wohl, Besonders auch der Erzbischof von Mainz, Des Deutschen Reiches erster Fürst und Wähler! – Wir alle sind der Kirche Glieder, vom Geringsten Priester bis zum Kardinal, Zum Papst – Denn der ist nur des Baues Spitze! – Wie jeder Schnörkel dort am Dom für sich Besteht, und doch das Ganze zieren hilft Und tragen, walten wir in unsren Würden – Dem Papste Ehre, doch die Kirch ist mehr Als Er, und rühmest du, wir könnten Nicht ohne ihn bestehn, so hüte dich auch vor Der Frage: wie er ohne uns bestehen will? für sich. Dem Mainzer flammt das Antlitz auf wie Feuer – Ich ahne auch, warum – Mein Vater wählte Ihn sonder die Einwilligung des Papstes. Doch darin hast du Recht: die Sache Lüttichs Ist eine geistliche, und in geistlichen Dingen Gebührt dem Papst das Wort zuerst. für sich. Wie schlau Er einlenkt – Pech bleibt Pech, und Pfaff bleibt Pfaff, Und klebt mit seiner Sippschaft unauflöslich Zusammen – Nicht verdenk ichs – Machts Der Schuster wie der Kaiser nicht grad so? Der Kaiser Bleibt Kaiser, und Waiblingen bleibt Waiblingen – Ihr sollts jetzt hören! Laut. Die Streitigkeit in Lüttich ist ganz klar: Nach dem Vertrag zu Worms, geschlossen Mit Papst Calixtus, hat bei zwistger Wahl Des Bischofs, nur der Kaiser zu bestimmen: Brabant verwerf ich samt Retest: Der Graf Lothar von Herstall sei statt ihrer Bischof, Und die Gebühren zahlt er meiner Kammer. – So schreib es hin, Reichskanzler! Ich widerspreche! Schreibe nicht! Wer hat Hier zu befehlen außer mir? Wem dienen Die Krieger da mit ihren Partisanen? Zum Reichskanzler. Du schreibst, wie ich gesagt. Herr, Herr, – tut als hörte er den Nuntius nicht. Wir schreiten Zu einem traurigen Geschäft. Der Held, Vor dessen Wunderkraft Arabien Erbebte, hat sich selbst erniedrigt, als Er Östreich suchte zu erniedrigen. Ein böser Geist hat ihn seitdem besessen, Gewichen ist er von der heilgen Siegesbahn, In Heimlichkeit floh er davon, und wagte Dem Ozean sich zu vertraun, doch da Ergriff ihn Gottes Hand und warf im Zorn Ihn an die deutsche Küste. – Samt Blondel Ist er in meiner Macht, und zu Gericht Soll er hier stehn. Selbst Frankreichs König tritt Als Kläger vor die Schranke, unterwirft Sich unsrer oberherrlichen Entscheidung. Zu einigen seines Gefolges. Führt König Richard vor! für sich. Was ein freches Spiel Mit einem Könige! wie wird das enden? wird hereingeführt. Welch eine herrliche, gewaltige Versammlung – Fürsten, Ritter und Prälaten Gedrängt wie Stern an Stern, und unter ihnen Auch nicht ein Einiger, der dem ungeheuren, Gottlosen Frevel wehrt, mit dem man mich, Den König Englands und den Streiter Christi, Wagt festzuhalten? König Richard, sprich Von Frevel nicht, wenn dich der Herr der Welt, Der römsche Kaiser, in der Mitte Der Großen seines Reiches, die die Kraft Und die Befugnis haben, frei zu stimmen, Zu deiner eigenen Rechtfertigung Vor seinen Thronsitz fodert. Herr der Welt, Und römscher Kaiser? Hohle Namen! Sind Sie hohl, so ists mir um so größre Pflicht, Daß ich, wie ich es nur vermag, sie fülle. – Frankreich und Österreich verklagen dich. Ei, Frankreich! Er erblickt die beiden französischen Gesandten. Seid ihr da, Messieurs? Ich ahnt es – Immer seid ihr vor mir, Sei's daß ich in die Flucht euch jage, oder Daß ihr mich zu betrügen denkt – Nehmt eure Drei Lilien in Acht – Es könnte kommen, Daß ich sie einst mit meiner Rosse Hufen Zerstampfte, und dafür drei Nesseln, falsch Wie ihr, wie Städte brennend, Amiens, Paris und Orleans hinpflanzte! Auch Beschwert sich über dich die Christenheit. Durch wen? Durch niemand, Herr. Der heilge Vater Weiß nichts davon, und ihm allein gebührts, Dich in der Kirche Namen zu verklagen. Er aber achtet deine frommen Taten, Und will, daß dich der Kaiser freiläßt. Herr, Ihr sprecht unaufgefodert, ordnungswidrig – Himmel, Mein bester Kanzlei, laß durch deinen Eifer Dich nicht verführen Alles, alles tu, nur nicht Antworten! – Grade dadurch ist der Papst So groß geworden – Hätten meine Ahnen Nicht allzuoft der Ehre ihn gewürdigt, Mit Worten seine Worte zu erwidern, Statt dessen stolz geschwiegen, rasch gehandelt, Nie fand er Anlaß vielen Lärm zu machen, Und unbeachtet wäre sein Geschrei Verklungen. Unser Widerspruch nur schaffte Ihm Wert. – Wieder zu König Richard. Empört ist alle Christenheit, Daß du den Kreuzzug, welchen du so heilig Gelobt, so flau geführt hast, und so schnöde Verlassen. Heiliger Georg und Margaretha! – Ihn flau geführt? – Frag nach bei Saladin, Frag nach bis Yemen bei arabschen Müttern, Sie werden fluchend dich der Lüge zeihen! – – Und ihn verlassen? – Weil der Schuft, der König Der beiden Schufte da, im Stich mich ließ, Mit seinem Heer nach Hause lief, um, während Die Sarazenen mich bedrängten, mir In Frankreich mein Besitztum zu entreißen – Mein Fürst, verletz die Achtung nicht, die du Dem König Frankreichs, deinem Lehnsherrn schuldest. 's ist wahr – Klug muß man sein wie ihr – Die Form Geschont, sonst alles nur verdorben – Gift Gereicht, doch in kristallnen Gläsern – Er ist mein Lehnsherr, ich sein Knecht – ich will Ihm huldgen und ihn züchtigen – – – Das Kreuzheer Verlassen? – Tränen, vor Jerusalem Geweint, als ich nach seinen teuren Zinnen Vergebens meine Arme streckte, weil Der listige Franzose von mir wich, Durchbrennt die Brust von diesem Kaiser, daß Er fühlt, es schmerze mehr als glühndes Eisen, Das Land des Heilands zu verlassen. zu Kaiser Heinrich. Herr, So kann ein edler Held nur reden – Sicher Ist er unschuldig. Gib ihn frei. Herr, gib Ihn frei. Wie? läßt auch dieser Reichstag, So voll von weisen, mächtgen Häuptern, gleich 'Nem Kind sich täuschen? Nimmermehr! Nur Großmut ist es, welche ihn Zum übertriebnen Mitleid jetzt verleitet – – Hört doch auch Frankreich! Seiner Braut, Der schönsten Blüt am hehren Stamm Von Valois, der lieblichen Alise, Bricht er die Treu und das Verlöbnis, Und Sie, die Schwester König Philipps, muß Um ihn im Kloster Saint Denis zum Tod Sich härmen. – Kann er je genug das büßen? Man sollte weinen, hört man diese Herren So schöne Worte machen, – und doch ists nur Wind! – Die liebliche Alise ist so gelb Und hager, wie nur ein französisch Weib – Wenn sie sich härmt, wirds ihr gewiß nicht schaden, Ich weiß, sie hat der Tröster nur zu viel! – – Mit eures Königes Bewilligung Brach ich den Bund mit ihr, und fand ihn ab Mit einer Summe, welche noch mir weh tut! Er willigte nur ein auf die Bedingung, Daß auch Alis es täte. Aber Sie Tats nicht – sie liebt dich – Kann man Herzen Mit Geld aufwägen? Ja, man kanns bei euch – Der Bund mit ihr war nichts als Politik, Und Politik hat ihn gelöst. Nie hat Sie mich geliebt, und ich gottlob! sie auch nicht! – Reichsfürsten hörts! der König Frankreichs frischt Im Namen seiner Schwester eine alte Sache Hier auf, daß ich nur länger bleib gefangen, Und er so ruhiger ins Land mir bricht. Du kannst die Schuld nicht leugnen, also schmälst du. – – Wagst du bei Österreich auch so zu tun? War er der Erste nicht auf Accons Zinnen? Er wars. War er daher nicht wohl befugt, Auch sein Panier zuerst dort aufzupflanzen? Auch das! Und weißt du, was du tatest? Du tratest mit dem Fuß des Reiches Herz Und Schild – Das eigne Herz, den eignen Schild Beschimpftest und verletztest du mir dadurch! Aufspringend. Empörung faßt mich! Alle, die hier sitzen, Die Fürsten, Ritter und Prälaten, muß Sie fassen – Wahrlich, wenig sollts mich wundern, Wenn wir jetzt unsre Schwerter zückten, dich Zusammenhieben auf der Stelle! – Mag Alise weinen, mag die Christenheit dir fluchen, Die Tränen trocknen endlich, und den Fluch Wird Gott erfüllen – Doch geschmähte Ehre Wäscht sich in Blut nur rein! Entsetzlich! Richard Ist ein gesalbtes Haupt! Doch nicht so fest Gesalbt, daß ihm vor diesem Schwert das Haupt Gesichert stände. der mit Agnes zurückgezogen auf der Seite steht – zu Agnes. Hörst du? Welch ein Mann! Nun, nun, so schlimm noch nicht. Er sagts nur, und Hat er nicht eben selbst vom Papst geäußert, Man müßte, wo man kann, statt sprechen, handeln? Das Haupt des Königs wäre längst wohl ab, Wenn ernstlich es der Vetter so gewollt. Ich bitte, Kaiser, für sein Leben. Danke, Mein Österreich. Ich weiß nicht, was mir einfiel, Als ich dein Banner niedertrat bei Accon. Ich handle oft, und denk erst hinterdrein. Geärgert wirds mich haben, daß ich nicht Die Fahne Englands, sondern eine andre Am ehrenvollsten Platz sah. – Nicht gewohnt Bin ichs – Verzeihe – Aber ein Geschenk nehm ich nicht an, am wenigsten Vom Feinde, und am allerwenigsten Das Leben. Das wär eine ewge Schmach, Und holt ich Atem, würds mich nur erinnern, Daß es erbettelt sei, würde mehr als Gift In meinem Munde. zu Österreich. Ganz unnütze Furcht, Daß seine Bitten dir das Leben retten. Bei meiner Krone schwör ich – Kaiser, halt – Um Gotteswillen – Schone doch des Helden – Nimm Lösegeld – Nimm es – Besprütze mit So edlem Blut den Reichstag nicht. Was? Geld Für Strafe? Ist denn das nicht Ritterbrauch? Wird nicht der Tod mit Geld gelöst? Und wird Ein Leben vorzugsweis mit Geld erkauft, So muß es das von einem König sein. Hat Auf König Richard deutend. er auch übereilt gehandelt, – Denk An sein schuldloses Volk, es litte mit ihm. So meint ihr alle? Ja. für sich. Das wollt ich grade. Laut. Vor eurer Meinung beugt sich meine Jugend – Zu König Richard. So zahle denn das Lösegeld, und frei Bist du, sobald du es gezahlt hast. Wohl. – Wie hoch bestimmest du die Lösung? Niedrig. Mir zahlst du hunderttausend Mark in Golde, Dem König Frankreichs zahlst du fünfzigtausend, Und zwanzigtausend Österreichs Erzherzog. Das nennst du niedrig? Heiliger Georg, Mit so viel Gelde kauf ich Königreiche! Wie kannst du mäkeln um elendes Geld? So elend doch nicht, daß du es nicht nähmest! Ich nehm es erstlich, weil das Recht es will, Dann um zum hohen Zweck, den du grad aufgabst, Zum Kreuzzug, es zu brauchen, – endlich, Um meine Treuen mit ihm zu belohnen. Die Lösungssumme scheint uns zu gering, Der König Frankreichs fodert mehr. zu den beiden französischen Gesandten. Ei, ei, Werd ich auf einmal euch so wert und teuer? Ich dachte sonst, ich wäre nur so'n Lehnsmann Von Frankreich, und beizu auch Fürstlein Englands, Das ihr mit euren Lanzenspitzen aus dem Meer Könnt heben – Nun, ich fange an, mich selbst Sehr hoch zu schätzen – Kaiser, ich bezahle, Was du verlangtest! Für sich. Frankreich wär im Stande, Daß es ihm mehr verspräche, mich zu halten, Als ich ihm gebe, um mich freizulassen. Verspräche, sag ich – Denn viel weiter als La Manche England trennt von Frankreich, trennt In Frankreich sich das Halten und Versprechen! Auf den Kaiser blickend. Ich hoffe, er siehts ein, und zieht die Barschaft Den Worten vor – Es zuckt ihm etwas im Gesicht, das darauf deutet. zu den französischen Gesandten. Seid gewiß, Daß ich mit Frankreichs König, meinem Freunde, Mich über diese Sache leicht vereine. Ich werde selbst ihm schreiben. Wir verwahren Jedoch bis dahin unser Recht. zu König Richard. Wann Wirst du die Lösung zahlen? Möglichst schnell – Erlaub, daß man Blondel, den Sängerfürsten, Hereinruft, und er Bote sei für mich Nach England. Bringt Blondel. wird hereingeführt, – zu König Richard. O mein Monarch! Liebst du das Löwenherz? Mehr als Das eigene – Ich muß ja – Es ist größer! So Beweis es, – laß die Reime und Gedichte, Biet alle Tatkraft auf und allen Geist, Flieg hin nach England, schaff die Summe her, Die man von mir zur Lösung fodert. Himmel, Du wirst gelöst? Und wärs die ganze Welt, Hin würf ich sie für dich! Nicht die Welt – Doch wenig Ists auch nicht – Hundertsiebzigtausend Mark In Golde! Pah, die treib ich schon zusammen! Wirst du dabei das Vorurteil der Welt Beachten, und durch alberne Rücksichten, Bedenklichkeiten, lang mich harren lassen? Ein schlechter Dichter, den sein Flug so hoch Nicht trägt, daß, wo es Großes gilt zu leisten, Bedenklichkeiten und Rücksichten ihn Erschreckten – Gleich dem Adler steigt er in Die Luft, die Erde weithin überschauend, Und was ihm gut dünkt, packt er mit den Fängen. So höre denn! – Wenn du die Gelder eintreibst, So schone der geringen Leute (Bauern, Handwerker, mein ich) – arm sind sie, und treu Dabei – Mit ihrer Hülfe such vielmehr Die Schätze, wo sie sind – vor allen such In Klöstern und bei den Hebräern – Einen Kreuzfahrer zu befrein, ist heiliger, Christlicher Zweck – Deswegen ziemts dem, Kloster, Daß es mit Freuden zahle, und dem Juden, Daß er mit Tränen gebe. Herr, die Armut Sanct Benedicti, welche zu bescheiden In tiefsten Kellern liegt, will ich aufdecken, In ihrer Blöße sie der Sonne zeigen, – Der Juden Säckel aber will ich kehren, wie Der Pflug die Erde, – es wächst doch In ihnen hundertfältig wieder. Bring Mir auch 'nen Renner mit, gestreckt und rasch, Daß er die Meilen zu verschlingen scheint – Bin ich erst frei, will ich schnell fort – Nun eile! Doch auch so sehr, daß ich im Hennegau Bei einem Schloß nicht hielte, dessen Dächer, Mit dunklen und bemoosten Schiefern, Dem Wandrer nicht verraten, welche Rose Darunter blüht? Ha, Zaubrer! Welch ein Bild Rufst du hervor? Du sahst es oft in Syriens Sande. Ja, und in England, und in jedem Teil Der Welt. – Ein holdes Haupt beugt sich zu mir Auf seinem Schwanenhals hernieder, und Die Nacht verfließt vor dessen Schnee und Glanz: »Ich ruf es laut und ohn Erröten, Das süße, werte Weib, Es hilft in allen Nöten, Und tröstet Seel und Leib.« Blondel ab. Beendigt, Richard, ist die Sache – Setze Dich zu mir – Zauderst du? Ich glaube, Heinrich, Du hast ein böses Spiel mit mir gespielt. Sprich offen: hättest du, wenn du's vermochtest, Nicht ebenso mit mir gehandelt? nach einigem Bedenken, dann freien Blicks und mit freier Stimme. Ja! Und Gott bewahre dich vor Englands Küsten! Mit einem Heer nur würd ich sie betreten. Sehr schwierig möcht es sein. Je schwieriger, So ehrenvoller – Dän und Normann tatens, Was die vermochten, kann ich auch. König Richard setzt sich neben den Kaiser. Ein Bote von Neapel tritt auf. Kaiser Heinrich zu ihm. Ha, du, Was bringst du? Diesen Brief. liest den Brief für sich. Wie? Tancred Herr von Apulien schon, und abgefallen Das ganze Reich beinah – die Hauptstadt selbst Rebellisch – und Constanze von dem Feind Gefangen – Rocca d'Arce nur mir sicher – – Ists nicht als rissen aus des Ätna Schlünden Sich alle tausendjährgen Feuermeere los, Und brandeten bis hieher, bis an meinen Fuß? – Mein Dolch! Er greift nach seinem Dolche und blickt furchtbar drohend auf den Boten. Auch diese Fratze ist 'ne welsche – Zu Boden sie – Sich wieder mäßigend. Doch still und klug, bedachtsam – Was ist dir? Was bewegt dich? sehr laut und heiteren Gesichts. Freude! – Trotz Des neulich ausgebrochnen Aufruhrs, ward Neapels Reich ganz wieder mein. – Ich danks Der Tapferkeit des Feldherrn Diephold – Und Wir können nun das Kreuzheer, welches ich Aufbieten will nach Palästina, statt Durch Ungarns Wälder, sichren Weges Durch meine Erblande, bis Bari leiten, Und leicht und schnell von da mit meinen Flotten Nach Griechenland es überschiffen! Für sich. Steht Das Kreuzheer erst bei Bari, tuts was Beßres Als Syrien durchschreiten – Die Normannen Solls kreuzigen. Der Reichstag wünscht dir Glück. Sehr traurig, daß wir von so heitrer Aussicht Nach Süden, trüb nach Norden blicken müssen. – Ist der Reichsherold an den Welfen schon zurück? Er harret deines Winks, hereinzutreten. Er komme. Agnes, schilt er meinen Vater, So spürt er, daß der Sohn des Leuen es Vernahm. Geduld! Ein bißchen zürnen wird er. Doch ists ihm zu verdenken? Sieht er nicht Bis jetzt in ihm den Feind? Reichsherold tritt ein. Da ist der Herold. Was macht der Welfe? Zieht in Braunschweig ein, Und tilgt mit Schwert und Feuer seine Feinde. Und wehrt ihm nicht die mächtge Bardewick? Sie ist nicht mehr. Ha? Unter ihren Trümmern, Umwogt von Rauch, fand ich den Leu'n, und als Ich fragte, wo die Stadt sei, lacht' er wild, Und wies, mit einer Stimme, die wie Meerflut Mir donnernd schwoll entgegen, am Portale Des Doms, der letzten Spur der Stadt, die Inschrift: Vestigia leonis. Narr, der selbst beschreibt, Was er getan – Der Klügre überläßt Es andern, und der Leu soll mir, indes Ich lächelnd schweige, unterm Fuße heulen: Vestigia Augusti! – Hörts, Reichsstände! So ist der Welfe, bricht wie ein reißend Tier Den Bann, die Acht, verheert die Städte, rühmt Der Tat sich! Just so wenig wie ein Löwe, Mit dessen Namen er sich prahlend schmückt, Je lernt des Reichs, des Kaisers Ehre schätzen, Wird er es lernen. Will er denn so gern 'Ne solche Bestie sein, so laßt uns auch Als solcher ihm begegnen – Keine Rast, Bis daß von Deutschlands heimatlichem Boden Der letzte Braunschweig weggetilgt ist! tritt vor. Vetter, Das geht nicht, oder du mußt deine Muhme mit – Vertilgen. Welch ein Mädchen, Schön wie der Tag, und feurig wie der Blitz, Bricht durch des Reichstags Reihn und widerspricht mir? Ich bin die Agnes, Vetter – Tochter des Pfalzgrafen, Bruders Kaiser Friedrichs – Agnes! Gespielin meiner Kindheit – Laßt die Kindheit – Ich habe Wichtigres dir vorzustellen. Der König Frankreichs wirbt um deine Hand. Daß er mit ihr die Pfalz an Frankreich bringe? Ich mag ihn nicht – Mein Erbteil gönn ich deutschen Männern. Wie? schlägst du aus den Bund mit Valois? Wahrlich, sie konnte Besseres nicht tun. zu dem französischen Gesandten. Ja, – wenn ich liebe, lieb ich nicht bloß Macht Und Namen. – Kaiser, ich war unvorsichtig, Ich tändelte, und sah nicht um mich. Plötzlich Stürzt' aus der Luft ein Edelfalk Mit braunem Haupt und weißer Kehle, und Ergriff mich – Zürnen sollt ich ihm – Allein Ich konnte nicht – Das Mädchenherz ist ein Unselges Ding – Wer es recht scharf anpackt, Der hat es. Wie versteh ich das? führt den Prinzen Heinrich vor. Hier ist der Falk – der Welfensohn! O Tod Und Hölle! Vetter, Ich liebt ihn, konnte wahrlich nichts davor. Nimm es nicht übel. Mädchen, dank dem Himmel, Daß du 'ne Blume, zart und hold, wie ich Nicht eine kenne, bist, – wärst du 'ne Zeder, Bei Gott, sie fiele vor meines Zornes Sturm! – Doch von dem Welfen da mußt du dich trennen. Es geht nicht, denn ich bin mit ihm vermählt, Und, Kaiser, hör ins Ohr! Vor diesem Reichstag? Warum nicht? Bin ich denn nicht deine Muhme, Und darf ich dir nicht etwas heimlich sagen? Wie keck und kühn! – Sie ist aus meinem Hause, Und Wang und Augen tragen seine Farben! heimlich zu Kaiser Heinrich. Hör, Kaiser, – kämpf und kriege nicht um Namen. Welf und Waiblingen wären eins, wenn sie Gleich hießen – Du mußt nach Neapel, dort Den Aufruhr wieder zu beschwichtigen – Was kann dir lieber sein, als unterdes Vor deinem großen Feind, dem Leuen, Friede Zu haben, und ich schaff ihn dir durch Liebe. Denn ob du gleich dich eben bei der Meldung Des Boten gut verstelltest, sah ich doch, Daß in Sizilien nicht alles so steht, wie Du heucheltest. Wie schade, Mädchen, Daß du nicht Mann bist. Du blickst tief. Das Weib Sieht tief, der Mann sieht weit. Euch ist die Welt Das Herz, uns ist das Herz die Welt. laut. Agnes Von Hohenstaufen – Nicht kann ich es loben, Daß du dich mit dem Welfen hast vermählt – Jedoch, wer kann der Liebe wehren? Eher Dem Hasse und dem Tode – Sei mir denn Willkommen, Stern, bei dessen Liebesglanze Die beiden mächtigen, so lang getrennten Geschlechter wieder freudig sich vereinen – Mög ihnen stets ein solches Himmelslicht Als deine Schönheit leuchten! Zum Prinzen Heinrich. Welfe, reich Die Hand mir, – wir sind Freunde – Und in Braunschweig Nenn ich bald deinen Vater auch so. Edler Und größer, Kaiser, konntest du nicht handeln. Wir alle sind verwundert und gerührt. Des Höchsten Segen ruh auf diesem Frieden. Sehr wichtig und erfreulich ist es mir, daß ihr Dies so betrachtet. Und drum seid ihr würdig, Aus Kaisermunde einen kaiserlichen Vorschlag, Den ich – Gott sei mir Zeuge! – nicht Um meines Hauses willen, einer Hütte, Die allem Irdschen gleich, auf Deutschlands Boden Kaum nach Jahrhunderten noch stehen wird, Den ich vielmehr um Deutschland selbst euch tue: Auf die Kaiserkrone seines Hauptes deutend. Macht diese Krone erblich! denn, sagt an, Woher seit Karl dem Großen, ewger Streit Bei jeder Kaiserwahl, stets Widerspenstigkeit Der Sachsen? Weshalb gilt dies mächtige, Erhabne deutsche Volk, lang das nicht, was Es wert ist? Warum wagen Nachbarn, die Weit schwächer sind, weit elender als wir, Uns Tag für Tag zu höhnen? Warum rauschen Des Reiches Banner nicht in Rußlands Schnee Und Libyens Sande? Warum schwillt die Brust Dem Einzelnen wie Meereswoge, und Verliert so jämmerlich sich in der Masse? Warum zertrümmerten wir Romas Welt, Und können diese Trümmer nicht beherrschen? – Weil jeder einzelne in seinem Hochsinn glaubt, Daß er bestehen könne, ohn das Ganze –! – Ein Faszesbündel ohne Reifen ist dies Reich – Laßt es uns binden mit dem Kaiserdiademe, Und dieses bindet fest nur, wenn es ewig Und erblich ist – –. Bischof, Vasall, behalten Die Länder, welche sie besitzen. Der Vasall vererbe sie auf seine Söhne, Den neuen Bischof wähle das Kapitel, Sobald der frühre ist gestorben. Aber Der Kaiser erblich herrschendes Geschlecht, Bewache ewig schützend, alle ewig In ihrer Kraft und ihren Rechten. Dazu Geb ich die Stimme nie. Der deutsche Fürst Ist stolzer, edler als die Kön'ge alle, Weil er wahlfähig ist zur Krone Roms! Den hohen Vorzug sollte er verscherzen? Wohl möglich, daß du selbst die Erblichkeit Der Krone nicht mißbrauchest – Kannst du bürgen, Daß es dein künftiges Geschlecht nicht tut, Und, wie in Frankreich, diese Erblichkeit Benutzt, die Lehn allmählich einzuziehen, Und statt Vasallen, Sklaven um den Thron Zu sammeln? Erblichkeit verschafft vielleicht In unsren Kaisern uns Eroberer, Schafft einen Hof voll Pracht, wie jener in Konstantinopel – Doch wird der Erobrer Nicht stets auch der Despot des eignen Volks? Ersetzt scheinbare Pracht, (die Schlangenhaut, Worunter Schmeichler und Verräter lauern,) Der deutschen Fürsten, deutschen Städte Macht Und Treue? – Herr, das Vaterland ist es, Was wir auf Kindes Kind vererben – Drum Braucht seine Krone erblich nicht zu sein! Wer sprach das? Hermann, Landgraf Thüringens. für sich. Ich hätte als Vasall auch so geredet. Groß, Kaiser, riesenhaft ist dein Entwurf, Doch ist die Zeit für ihn zu klein, zu unreif. Wie mancher Anspruch wäre zu bewältgen, Wie vieles Unbestimmte zu bestimmen, Eh man sich über ihn verständigte! Thüringen du, und du Erzbischof – Mit Derartgen Phrasen, wie ihr braucht, wird Deutschland So lang noch eingeschläfert werden, bis Es einst sich selbst zerreißt, und seine Stücke Hungriger Nachbarn leichte Beute werden. Gut, ich verzichte. – Dafür bitt ich eins: Es steht der Kreuzzug mir bevor; – leicht könnt Ich fallen – Wenns geschähe, wenn kein Herrscher Mich dann sogleich ersetzte, würden in Dem noch so sehr bewegten Reich, Aufruhr Und Unordnung an jeder Stelle aus Der Erde brechen – Wählet meinen Sohn, Den Prinzen Friedrich von Sizilien, Zum römschen Könige. Prinz Friedrich ist Noch Kind. Was schadet das? Bei Fürsten reicht Es hin, wenn sie nur da sind, – ihre Stellung, Nicht die Person tut ihren Völkern not. Und dann, wo wären tüchtgre Vormünder Als ihr? Laß uns den Antrag überlegen. Ich bitte, tuts – Für sich. Wenn sie erst überlegen, will Ich auch die Überlegung wohl zu lenken wissen. Laut. Ich mag bei dem Beraten über meine Nachfolge selbst nicht gegenwärtig bleiben. – Nach Braunschweig eil ich Auf Agnes und Prinz Heinrich deutend. mit den beiden, – Dorthin schickt Nachricht, was ihr habt beschlossen. Heut hab ich viel von dir gelernt, mein Kaiser. Leb wohl, o Richard – Wie der Klang der Kriegstrompete Hat deine bloße Stimme mir das Ohr Erschüttert – Du bist doch der erste Held. Und doch hältst du gefangen mich zurück? Nicht tadle mich, erkenne mein Geschick – Ich seh nicht Einen nur, ich seh die Welt! – Richard wird fortgeführt, Kaiser Heinrich entfernt sich mit Agnes und dem Prinzen Heinrich vom Reichstage. 2. Szene Zweite Szene Ein Vorsaal in dem Schlosse Heinrichs des Löwen zu Braunschweig. Nacht. Ein paar große Leuchter brennen. Christoph und Wehrfried auf Wache. Ob der Herzog noch wach ist? Gewiß. Ich glaube, er schläft gar nicht, so kränklich er auch ist. Sicher sitzt er wieder über den alten Chroniken, oder sieht dort nach dem Harze, oder wandert im Schlosse umher. Horch, was war das? Der Wind schlägt ein paar Türen zu, die in rostigen Angeln gehn. 's ist grauserlich! Daß der Wind Türen zuschlägt? Spotte nicht – Der Herzog wird die Freude, wieder in Braunschweig zu sein, nicht lange genießen. Bardewicks Eroberung wird wohl seine letzte Tat bleiben, und auch da schon machte ihn nur der Zorn so stark. – Es riecht im ganzen Schlosse nach Fichtenholz – Das geht auf ihn nicht, denn er würde in einem zinnernen Sarg begraben. Wer weiß, welche Kammerkatze grade krepiert! Gestern, bei hellem lichten Mittag, geht der Adolf die große Wendeltreppe hinunter, – was sieht er, da er auf den Flur kommt? Dich, mich, die ganze Dienerschaft in tiefster Trauer, mitten dazwischen einen großen Sarg, und darin der Löwe bleich und tot. Er will näher gehen – Weg ist alles. Adolf ist guter Freund des Schloßkellermeisters, und trinkt wohl mal ein Tröpfchen. Und – Gott sei mit uns, und uns und dem Herzoge gnädig – Schon drei Schildwachen haben nachts um diese Zeit, gegen zwölf Uhr, die Weiße Frau gesehen. – Da hängt ihr Bild – Wie sieht es aus! – Mich schaudert! Schurken sind die Schildwachen gewesen, wenn sie die Canaille, die ihrem Herzoge Unheil verkünden will, sei's ein Geist, sei's ein Menschenkind, nicht angehalten haben. Hör, mit wie lang aushallenden Tönen krähen über uns die Wetterhähne. Der schlimmste Wetterhahn ist der Schnee auf des Löwen Haupte. Da kommt jemand – Nun, sei's die Hölle selbst, ich sterbe als ehrlicher Kerl auf dem mir angewiesenen Posten. Du hast ebensoviel Mut, als Aberglauben. – Doch, laß nur die Waffe ruhn, – hörst du denn nicht, daß es der Herzog ist, der da naht? – Wir müssen uns zurückziehen. Er ist gern allein. Zieht sich mit Christoph aus dem Saal zurück. tritt auf, im schlichten Gewande, einen aufgebrochenen Brief in der Hand. Er blickt noch einmal hinein. Dann. Wahr also, Heinrich der Welfe ist vermählt mit Agnes Der Hohenstaufin! – Zorn und Unmut hätten Vor Jahren mich darob ergriffen – Nun Ists anders – Mögen Ruh und Frieden Aus diesem Bündnis, keimen – Ruhig möcht Ich sterben. Mich umwehn die kühlen Lüfte Des Grabes schon, und sanft und sanfter schlägt Das einst so wilde Herz. – – Wie hab ich nicht gekämpft, Gesiegt, gelitten, um den großen Zwist Der Welfen und Waiblinger zu beenden –? Es war umsonst – Jetzt endet ihn 'ne Hochzeit! – Wie auch der Mensch drauf losstürmt – Nie erreicht er Das Ziel, führt Gott es ihm nicht zu – – Gebirge drängen, Mit ihrer Föhrenwälder Brauen höhnisch Und finster auf ihn niederschauend, sich Um den verirrten Wanderer – Er klimmt Und klimmt – ringt über Felsen, windet durch Gebüsche sich – umsonst! – kein Ausweg – Er Verzagt – Da setzt er seinen Fuß zufällig Um eines Berges Ecke, und sieh da: geschmückt Und reich, wie eine offene Muschel mit Der Perle, prangt vor ihm das Tal Mit seiner Stadt, dem Endpunkt seiner Reise – Im Sonnenstrahle blinken ihre Türme, Heerstraßen reißen Ross' und Wagen, Die Ströme Schiffe brausend zu ihr hin, Den Wanderer mit ihnen – Aber wird Er auch da finden, was er dort Zu finden hoffte? Wird der junge Bund Der Welfen und Waiblinger lange währen? – – Ich zweifle. – Alles was ich je erfahren, lehrt Es anders. Auf der Erde Streit und Wut, Selbst unter Freunden, Ruhe nur im Grab. – – – – Wie hold ist doch das Grab! Da auszuruhn Von all den heftgen Aderschlägen, sicher In ewger Stille vor den Stürmen allen Des Lebens und des Hauptes – Nicht vertausch Ich es um meinen Herzogsthron – Man lernt Des Todes Wollust schätzen, wenn man achtzig Jahr Gelebt. – Er tritt an das Fenster. Dort liegt der Harz, hoch und gewaltig, Und Wetter leuchten über seinen Scheiteln – Ha, seid ihr es, ihr glänzenden Gestalten Der Kampfgenossen aus der Weserschlacht? Blitzt ihr vom Himmel, winkt mich zu euch? Wie flammt da Truchseß, funkelt Orla – O Freunde, Freund', ich komme bald! – Still ist dies Schloß, ganz Braunschweig schläft, – Die alte, treue Stadt, und weiß nicht, daß Ihr Herzog stirbt. – – In Deutschlands großen Fürstenhäusern Wohnt nicht der Lebende allein, – nein, auch Des Stammes Mutter wandelt durch sie hin, Versagt sich selbst des Paradieses Freuden, Und achtet auf der spätsten Enkel Schicksal, – So mächtig zieht es sie zu ihren Kindern! – Der Pöbel fürchtet und belügt Mit blutgen Märchen sie – Wir Fürsten wissen Es besser – Wie die Wachen flüstern, Soll sie in diesem Hause jetzt umgehen. Ich glaube, daß die Wachen sich nicht täuschen – Es zielt auf mich! – Ha – Tür auf – klanglos – Was Befällt mich? Nie gebebt hab ich im Kampfe, Doch hier weht Geisterodem – Die Tür des Saales öffnet sich von selbst, – die Weiße Frau kommt durch dieselbe, verweilt in der Mitte der Szene, und blickt den Herzog trüb an. O, Sie ists – Grad Wie sie im Bild dort hängt – Das seidne Schleppkleid Wallt weithin hinter ihr, die Schlüssel hält Sie in der Hand – Werd ich denn wieder Kind Und zittre? – Herzog Sachsens und von Baiern, Auch in dem Geisterreich erniedere Dich nicht! Zu der Weißen Frau. Gegrüßt du Ahnin meines Stammes, Du mir Verwandte, – und ich danke dir, Daß du besorgt an mich in deiner Ruhe Gedacht, und aus dem Sarge kommst, mir warnend Den Tod zu künden! – Ring nicht so die Hände, wahrlich Ich furcht ihn nicht – Wann Schlägt meine letzte Stunde? Löwe, eben Hört ich in meinem Grabgewölb die Domuhr Zwölf schlagen, und die Räder rasseln noch – Den Schlag von Ein Uhr hörst du nicht mehr. Wohl – Sie schlug – Aus denn! – Das Blatt, der Leib fällt ab! – Es sei, – und doch, ich könnte weinen – Ists mir doch fast, als schied ich nun auf immer Von einem alten Freunde – Diese Brust, Mit der ich oft so freudig atmete, Und dieser Arm, der oft für mich so stark Gekämpft – Nun Asche wieder? Heinrich, seit Jahrhunderten hab ich geschwiegen, nur Durch still Erscheinen diesem Hause sein Geschick verkündet – Heute muß ich reden, Denn Du, der Größte des Geschlechtes, sinkst Dahin nun wie die Andern – Weh der Mutter, Die, mir gleich, ewig ihre Enkel blühen Und welken sieht – Tief in das Grab Dringt wie ein Wurm zu ihr der Schmerz, und peinigt Sie an das Licht! Weswegen weilst du, Mutter, Nicht mit den andern Geistern in den Höhn Der Himmel, fern von allem Schmerz der Erde? Ach, Die Erde lieb ich immer, immer, weil Ich da zuerst geliebt – 'Ne andre Liebe Begriff ich nie, und darum wandl ich nun, Zu meiner Freude und zu meiner Strafe, So lang auf ihr, bis sie zertrümmert. Arme! Kein Schreckgespenst, wie mancher hat gewähnt – Vielmehr so mitleidswert – Laß mich An deinen Busen stürzen, denn ich kann An keinem treueren verscheiden –! Halt – – Noch eine Freude sollst du fühlen – Weither Durch Nacht und Sturm vernehm ich Rosseshufen – Ein Myrtenkranz umflicht die feindlichen Geschlechter – Hohenstaufens holde Agnes, Heinrich, dein Sohn, mit ihr vermählt, und zwischen ihnen Der Kaiser, sprengen her, um deinen Segen Zu ihrem Bündnis zu erflehn – O Auch dieser Bund vergeht mit seinen Myrten, Mit Braut und Bräutigam, wie alles Irdsche – Ich werd es sehen müssen! Du Unselge! Nur ewig, um das Ende jedes Anfangs Zu schaun! Fast ward ich der Vergänglichkeit, Des Glückes wie des Unglücks schon gewohnt – Wenn du die Blume pflückst, ist sie gebrochen, Wenn du das Glück genießt, ist es verschwunden, Und ist das Unglück erst nur da, so ist Es auch bald überstanden. Aber, aber Sag mir, ists so auch in den Regionen, Wo unser Heiland thront, der Welterlöser? Du kennst sie doch? Ganz anders, anders droben, Als du dir denkst – Ich kanns – ich mags – ich darfs Nicht sagen – Weh mir! Sie verschwindet. Bleib noch – Bleibe – Fort Ist sie wie Nebelglanz – – Sie mags nicht sagen? – Er sinkt in einen Sessel – – Christoph und Wehrfried kommen herein. Du sprichst schon lange sehr laut, Herzog – Befiehlst du etwas? Nein. Vor dem Tore schallt eine Trompete. Öffnen wir es? Ja, öffnet es, und lasset meinen Sohn Mit seiner Braut und Kaiser Heinrich ein. Mit dem Kaiser? Herzog, hast du ihn gelockt? Sollen wir ihn hier fangen und totschlagen? Nun weiß ich, warum du zugibst, daß Prinz Heinrich eine Hohenstaufin heiratet – Du köderst mit ihr den schlimmsten Vogel in dein Netz. Ihr irrt euch. Kaiser Heinrich ward mein Freund, Wer ihm ein Haar verletzt, verletzt mich. – Öffnet, Und zeigt dabei ihm schuldge Ehrerbietung. Sein Freund? Der Waiblinger? Rast er? Die Beiden Freunde? Ein Tor, wer es glaubt. Ich sage, öffnet, öffnet – führt sie zu mir. Christoph und Wehrfried ab. Mit Unrecht nicht erstaunen diese Knechte: Der Kaiser, Friedrichs Sohn, in Braunschweigs Burg? – Ihr welfschen Säulen, brecht ihr nicht zusammen? mit Agnes und Prinz Heinrich tritt ein. Gegrüßt mir, Haupt der Welfen. Ha, schon da – – Verzeih, ich bin zu matt, um aufzustehen. – Bleib ruhig – Wenn sich Welfen und Waiblinger Versöhnen, gilt es nicht Formalitäten. Weh ihnen, wenn sie sich nach Höflingsart Nur scheinbar grüßen, und sich wieder fliehen – Gefährlich spielten sie mit ihrer Größe. Nein, wie zwei Ströme, die dem Bergeshang Entstürzen, ihrem Flußbett folgend, sich Vereinen, selbst bei Nacht, (wie wir jetzt eben) Sich finden müssen, und dann unzertrennlich, Breit und gewaltig zu dem Meere fluten, Begegnen wir uns hier. Sohn Friedrichs – Vieles Hab ich erfahren, lang gelebt – Unmöglich Ist steter Friede zwischen unsern Stämmen. Ob ein paar Blätter auch, wenn Sommerwind Sie rührt, liebkosend sich entgegenflüstern – Der Bäume Wurzeln sind in Finsternis Gepflanzt und ringen ewig miteinander, Und nach der Wurzel biegt sich doch der Stamm. Zwei Sonnen nicht am Himmel, und auf Erden Nicht zwei Geschlechter wie die unsrigen. Grad weil wir so gewaltig sind, gelingt Uns das unmöglich Scheinende vielleicht. Nicht tote, winzge Blätter, die sich nur Im Lüftchen regen, sind wir – Leu, es regt In uns sich eigne Kraft, – frier auch die Wurzel Tief in der Erde, – nah genug sind wir Der Sonne, ihre Gluten einzusaugen, Und sie hinabzusenden zu der Tiefe, Die Füße damit zu erwärmen! – Hoffe Die schönste Zukunft! Junger Fürst, wer oft Gehofft hat, lernet – fürchten. deutet auf Agnes und den Prinzen Heinrich. Sollte Dich dieser Kinder Anblick nicht noch einmal Das Hoffen lehren? Heinrich, o mein Sohn – Doch Sie da –? Agnes, meine Muhme, Erbin Der Pfalz, Gemahlin deines Heinrichs – schön Und liebenswürdig wie ein Engel – Ja, Als Friedensengel, Vater! Sprecht nicht Von Muhmen, Erbinnen und Engeln – Laßt Mich seine Tochter sein! Selbst Welfen können Nicht widerstehn, wenn Hohenstaufen schmeicheln – – Sei meine Tochter, Mädchen, – Gott beschütze Und stärke dich – Denn, Rose, blühen mußt Du zwischen Felsen! Armer Löwe, Besorgt um mich, und selbst so krank – O laß Mich deiner pflegen, deine weißen Locken, Mir teurer als das eigne Haar, mit Küssen Bedecken. Kommst zu spät, mein Kind. Todkündend Erschien mir heute nacht die Weiße Frau. für sich. Der Arme stirbt. Er träumt schon Kindermärchen. – Und eine Hohenstaufin pflegt mich – Das Sind sichre Zeichen – 's geht mit mir zu Ende. – Wie, Kaiser, lautet unser Friedensschluß? Sehr ehrenvoll für dich – Von Acht und Bann Bist du befreit, und Sachsens Herzogtum Empfängst du wieder. Aber ich besaß Ein andres Land noch – Flüsse schrien durch Es hin mit Donnerstimmen – Nie vergeß Ich sie – Du denkst an Baiern – Was verlangst Du nach ihm? – Nie ist es dir treu gewesen, Und Wittelsbach besitzt es längst. Nie treu – So fahr es wohl – Es war vielleicht zu groß, Um fest am Stamm zu hangen – Alle Groß Und Schwere trennt sich leicht von dem, woran Man sie will ketten, sei's der Apfel von Dem Baume, sei's der Freund vom Freunde, oder Das Volk vom Fürsten, – nur fällt sie dabei Gewöhnlich auch zu Boden – Wo mein Otto? Ich fragte schon nach ihm, – ich hört, er schliefe. So stört ihn nicht, und tretet auf die Seite. – Man winkt mir schon. Wer winkt? Dein Vater, Friedrich, Und neben ihm die strahlende Mathildis – – Er beugt sich zu mir nieder, gleich ihr lächelnd, Der Freund, der Heldenjüngling wieder – Die kaiserliche Krone, die elende Sternschuppe, welche uns so oft verwirrt, Fällt ihm vom Haupte hin zur Hölle, Und prachtvoll steigen auf die Dioskuren! Er phantasiert, – ruft einen Arzt! Nicht nötig – Ich bin gesund und meine Jugend kehrt zurück. – Wie fließt der Rhein so stolz dahin – Wie spiegeln Sich Schloß und Stadt in seinen grünen Wellen! Heil Hochheim, Heil Johannisberg, König Der Rebenhügel – Rechts da Rüdesheim, die Zier Am Bergessaume – links kommt Bingen – o Wie tobt das Binger Loch, doch lauter tönen Des Ofterdingen Saiten drein – Und dort Hoch Ehrenbreitstein, Diadem des Felsens! Dies ist mein schönster Tag! Er denkt der Rheinfahrt, Die er mit meinem Vater und dem hehren Sänger Der Nibelungen, Ofterdingen, einst gemacht. O trag mich, Rhein, o reiß mich fort – schön stürzt Es sich mit dir zum Meer, zum Tode – Kaiser, Was sag ich deinem Vater? Eben fragt Er mich nach dir. Sag ihm, Der Hohenstaufe strebe noch so kühn wie immer, Und wenn er auf des Ätna Gipfeln stände, So würd er sehnend übers Meer Hinschauen! mit immer matterer, aber sehr bewegter Stimme. Lebe wohl, mein treues Sachsen – Ein Trost ist mir: mein Leib wird doch ein Stückchen Von deiner Erde – Weser, Ocker, fahret wohl – Leb wohl du Harz mit deinen Felsentalen, – Wie gern verirrt ich mich nur einmal noch In dir – Lebt wohl, ihr Sterne – Ach – Er sinkt sterbend hin. So endet Das Große, mit 'nem Seufzer – Er ist tot – Zum Prinzen Heinrich. Heil dir, Herzog der Sachsen! Du rufst Heil mir, und ich seh Ihn tot? Betraure ihn, – doch dann genieß, Was er dir hinterlassen. Mir starb auch Erst jüngst der Vater – Schmerzlich war es – Doch Genug nicht kann mans wiederholen: Tod ist der Menschheit allgemeines Los, Und wen er schreckt, wird niemals groß. – Für sich. Der Löwe tot – frei kann ich nach Neapel! 4. Akt 1. Szene Erste Szene Großer Saal im königlichen Schlosse zu Neapel. Tancred, als König, auf dem Throne, um ihn auf ihren Sitzen die ersten Edlen der Normannen, unter ihnen der Erzbischof Matthäus von Palermo, der Graf Acerra und Bohemund. Überall normannische Wachen und Krieger. Nie schimmerte der Strahlenkranz der Sonne So schön um dieses Landes Flur als heute. Errungen endlich alles, alles wieder. Nur Rocca d'Arce leider nicht. Die Tore Neapels, die wir gestern erst erblickten, Gleich aufgesprungen, als ob Zauberruten Sie angerührt – Du auf dem alten Thron In frischer Jugend, des Tyrannen Gattin Gegangen, seine besten Freunde mit ihr – Das ganze Land im Flug zurückerobert! Was leicht erobert ist, geht leicht verloren. So sprich nicht, König – Wann wohl dürften wir Mit kühnren Hoffnungen als jetzt uns schmeicheln? Das Glück geleitet, und Begeisterung Umlodert, Einigkeit verbindet uns – – Wann kannten unsre Ahnen etwas Größres? Der erste Freiheits-, erste Sieges-Schwindel Ist allzu süß, als daß man sich in ihm Nicht gern berauschte. Fühl ich es doch selbst An meines eignen Herzens Schlägen. Deshalb Seid achtsam, daß wir nicht in trunknen Wahnsinn Verfallen, um ermattet zu erwachen. – Ich wähnte auch, es wär das Ziel, wenn so Wie jetzt Neapels und Siziliens Krone Auf meiner Scheitel prangte, beide Lande Zu meinem Fuße lägen – Doch am Ziel Nun angelangt, winkt schon ein höheres, Wie oft der Wanderer, wenn er den Berg Erklimmt hat, froh da ausruhn will, Im Wahn, er sei nun auf des Weges Gipfel, Den höhern Berg sieht, welchen der erklimmte Verbarg. – Noch stehen wir den Italiänern Als Feinde gegenüber, ob wir gleich Wie sie im selben Land geboren sind – Denn wir besitzen ihre Recht' und Güter. Soll Sicherheit und innere Gesundheit Das Reich erfreun, so muß das anders werden. So lang das Volk sich unterdrückt hält, wechselt Es gern den Unterdrücker, wärs auch bloß, Den kurzen Reiz der Abwechslung zu fühlen. Dann blicket hin nach Norden: Der Waiblinger Hat mit dem Welfen sich versöhnt, und kehrt Die Faust, die mit dem Leuen hat gerungen, Freier als jemals gegen uns. Den Schlüssel Des Reiches, Rocca d'Arce, hält Graf Diephold Mit unbeugsamem Mute für ihn fest – Weh uns, dringt Heinrich je so weit, dem Grafen Ihn abzunehmen – Durch das aufgerißne Tor Des Landes brandete wie Meereswogen Er mit den überzählgen Scharen auf Uns ein. Drum Rocca d'Arce Tag und Nacht Gestürmt, bis seine Türme sich uns beugen, Alsdann den Kaiser aufgesucht bis in Die Lombardei, wo manche Städte noch Ihm feindlich sind, sich gern mit uns vereinen – In unserm Rücken aber, in Neapel Dadurch die Ruh gewahrt, daß wir dem Volke Entgegenkommen, wärs auch, daß wir lernten, Von den Erobrungsrechten unsrer Ahnen Ein wenig aufzuopfern. Wie? Aufopfern? Was uns gebührt, was wir ererbt? Wir schmähten Im Grab noch unsre Ahnen. Haben Sie darum mit so vielem Mut und Blute Dies Land errungen, daß wir Enkel Es wiederum mit den Besiegten teilten? Der Pöbel soll mit uns auf eine Bank Sich setzen, mit uns jagen in den Forsten? Bei Gott, der feisteste der Eber soll In meinen Waldungen vor meinem Pfeil Noch sichrer sein, als so ein welscher Lump. Wie? Dem Despoten sollen wir entgegen, Und die Verräter und Verdächtigen, Die uns im Rücken drohn, beschenken, statt Sie zu bestrafen? – Nun und nimmer – durch Den Hals dem Feind das Schwert, nicht in die Hand –, Vor allem aber Heinrichs Günstlinge, Dem Grafen von Aversa. Schon' Aversa. Er ist dein Todfeind, und persönliche Erbittrung scheints, verfolgst du ihn zumeist. Ich bin sein Todfeind, ja, weil er Todfeind Des Staates ist – Nicht Großmut – Wahnsinn wärs, Ihn zur Erbauung seines Gleichen nicht Hinrichten wollen, und zwar unter Qualen. Auf gleiche Weise sterb auch Ophamilla. Wie, dein Kollege? Und war er mein Vater, Er müßte sterben unter Henkershand – Er hat Darnach gelebt. Nie eben wart ihr Freunde – Jedoch so weit – – Bedenk, er ist ein Priester Gleich dir. Reißt ihm die Priesterkleidung ab, Und einen Teufel, grad so dumm und feig Als schlecht, erblickt ihr. Wärs nicht geratner Ihn mit Gefangenschaft anstatt des Todes Zu strafen? Ist er denn der Mühe wert, Ihn ewig zu bewachen und zu nähren? – Führt Ophamilla und Aversa vor. Mehrere Krieger ab, welche bald zurückkommen und den Erzbischof Ophamilla sowie den Grafen von Aversa gefangen hereinführen. Nun Ophamilla? Nun, Herr Graf Aversa? zu Ophamilla und Aversa. Als Kaisers Freund' – als Landsverräter – seid Ihr angeklagt. Verteidigt euch. Vom Strick Befreit erst meine Hände, und dann Waffen! Mit ihnen nur, mit Worten nicht, kann man Heimtücksche Buben, wie Acerra dort, Bestrafen. Eine Wunde fühlen sie, doch Schimpf Und Schande nicht. springt mit einem Dolche auf Aversa zu. Dies deiner Lunge, Du giftgeschwollne Kröte! Halt – Graf Acerra wird zurückgehalten. Daß du Mich gern erwürgst, begreif ich leicht – doch daß Du mir ins Aug kannst sehn, ist unbegreiflich, – Du, der mich hinterlistig einlud, im Freundlichen Zwiesprach unsren Zwist zu enden, Und dann mich treulos nahm gefangen! Heult Der Wolf, daß er so dumm war, in die Falle Zu gehn? Kann dir dein deutscher Götze nicht Mehr helfen? Machst jetzt schöne Phrasen, da Es mit den schlechten Taten nicht mehr will? Entarteter Normanne, schlimmer noch Auf Ophamilla deutend. Als jener Sizilianer, denn er schändet Doch nicht so edlen Stamm als du. mit sehr fester Stimme. Der Kaiser Ist dieses Reichs rechtmäßger Oberherr, Denn seine Erbin hat sich ihm vermählt. Ein jeder, der ihm widerstrebt, ist ein Empörer, und ihr seid es allesamt. Das Glück kann eine Zeitlang euch bekrönen, Doch nie das Recht, und endlich trifft euch die Verdiente Strafe. Dieses glaub ich, Und darauf sterb ich – Und nun bitt ich, Macht mich rasch ab und spart das Reden. Unnütz Ist es, denn bald vergeß ichs doch im Grabe. Im Grab? Auf dem Toledo sollst du liegen, Und Hunde dich zerfleischen. Darob jauchze Doch nicht, Acerra, – es tut mir alsdann Nicht weh mehr. – Ophamilla, kam es nun Mit dir so weit? Ist dies das Ende? Gebunden vor mir? Barmherzger Gott! Er schont mich nicht – ich hörs am Klang der Stimme! Du zitterst? Frierst du? Graut dir? Grausig, kalt Der Tod – Kalt wie dein Blick. Ich freue mich, Daß ich es dir verkünde, du nicht mir: Du siehst den Abend dieses Tags nicht mehr. Matthäus! Todfeind! Gnade, Gnade! Schenke Das Leben mir, laß dir genug sein, daß Ich dir zu Füßen stürze – Reißt ihn wieder Empor! Zu stehen ziemt ihm, nicht zu liegen. Nicht atmen mehr, nicht hören, sehen, denken – In einer Stunde alles aus – Ich tot, die Henker Wildjauchzend über meinem Leichnam – O Gott, das Leben ist doch schön, und säh Man auch, so lang man lebt, nur einen Grashalm. Wie schwach! Matthäus, leben laß mich, leben – Verfluchen will ich Kaiser Heinrich – Schurke! – dich lieben will ich, will dein Sklave sein, Du sollst mich treten, und ich will dafür Dir danken, – aber laß mir diesen Atem, Verkehrt auf einem Esel mit dir zum Schafott. Sprecht ihr dem Ophamilla, Dem Aversa insgesamt das Todesurteil? Wir alle sprechen es. zu mehreren Kriegern. So führet sie Zum Tode. Nein, ich will nicht sterben – Henker, Wagt es mich zu berühren! Mit der Hand, Mit meinem Fuß, mit meinen Zähnen wehr Ich mich! Ophamilla, heute abend noch, Wenn du in deinem Blut liegst, trink ich von Dem schönen Syrakuser deiner Keller! Der Graf von Aversa und Ophamilla werden, ungeachtet des Sträubens des letzteren, abgeführt. Die Kaiserin jetzt vor Gericht. Zeit ists. Und Not – Sie schadet uns selbst als Gefangne – Die Unzufriednen alle sehn auf sie Und ketten an sie ihre Pläne. Laßt Das alberne und niederträchtge Weib, Das der Normannen Szepter einem Fant Und Fremdling gab für süße Blicke, Im Meer ersäufen, wo es ist am tiefsten. Constanz' ist Weib, ist Kaiserin, Und königlichen Bluts – Dreifacher Grund, Sie dreifach zu verschonen und zu ehren, Und nicht sie schändlich zu erwürgen. Gefährlich immer, bleibt sie unter uns. So lernet von mir Rittersitte. Meine Gefangne ist Constanze, denn mir selbst Ergab sie sich, und da's euch so gefährlich Erscheint, daß sie hier länger weile, geb Ich heute sie noch frei. Nein, König, nein, Bei Gott nicht – Schwöre nicht, – bei meinem Wort, Du schwörst sonst einen Meineid. Sie wird frei! – Ein Weib kann uns nicht schaden, mindestens In Feindes Reihen nicht – Das günstge Urteil Der Welt gewinnen wir durch unsre Großmut. – Wollt ihr gern Feinde töten, sucht sie hinter Den Mauern Rocca d'Arces oder auf dem Feld Der Schlacht. Der größte Feind des Normanns, König, Ist dein mehr als empfindsam Herz – Tränks mit Verräterblut, und es wird stärker. Guiskard Umdrängt mit seinem Heere Rocca d'Arce Schon monatlang, – es soll schon in der Veste Der Hunger wüten – sicher fällt sie bald. Wir brauchen also nicht noch neue Kräfte An diesem Felsen zu zersplittern – Leider Bedürfen wir sie auch in unsrer Nähe Nur noch zu sehr. Noch schützen die Gesetze, Die wir gegeben, weder uns, noch sich – Noch müssen wir sie mit dem Schwert behüten, Bis sie gewachsen zu selbstkräftgen Stämmen, Und wir in ihren Schatten ruhen können. Noch sind genugsam Truppen nicht vorhanden, Um gar dem Kaiser selbst, wie du es wünschest, Im Schlachtfeld zu begegnen. – Und Ists ratsam, unsre Heimat zu verlassen, Den Feind im Ausland aufzusuchen, der Vielleicht noch nicht dran denkt, uns zu bekämpfen? – – Wir wollen warten, bis er kommt, dann mag Er sehen, was es heißt, wenn sich der Herr im Hause, Neapel in Neapel wehrt. Nicht ganz Denk ich wie du, und gerne stürmt ich los Auf Rocca d'Arce, packte bei dem Haar Den Kaiserknaben, den sie dort verwahren, Zerschmetterte am Felsen sein Gehirn, Und färbte meines Wappens Silbergrund Mit Kaiserblut zu Golde – gerne drang Ich durch der Alpen Pässe, und erhellte Den dunklen Norden, der uns Heinrich ausspie, Mit Feur und Schwert – doch nicht vom Fleck den Fuß, So lang der König spielt den Edelmütgen, Und unsre schlimmsten, die inländschen Feinde, Verschonet – Wie ich auch den Kaiser hasse, Verräter haß und fürchte ich weit mehr. nimmt die Krone vom Haupte und betrachtet sie wehmutsvoll. O Krone, Krone, goldnes Kleinod, Zier Und Glanz des Südens, Stern des Mittelmeeres – Dein Reich ist deiner unwert! Du, Neapel, Der Wunder Land, wo Berge brennen, Wälder Von Lorbeern alle Hügel kränzen, nur Die Hand erwarten, sie zu pflücken, – wo Auf Posilippos Vorgebirg der Schwan Von Mantua, der große Heldensänger, Im Lorbeerschatten schläft, – weit herrlicher Bist du als deine Söhne! – O der Schmach! Vesuv und Ätna brennen mächtiger Als unsre Brüste – Lorbeern grünen, voll Und üppig, um im Herbst zu welken, und Der Heldensänger schläft seit tausend Jahren, Weil auch nicht Ein Held aufstand, der ihn weckte! O König, seufze nicht um Heldentum. Es scheint, als wäre seine Zeit vorbei. Gottlob! Es führte nur zu Blut und Unheil. Und wozu führt die Politik, mit der Du heut mich hemmen willst? Wozu wohl anders, Als daß du dein einmal errungnes Ansehn In diesem Reiche kurze Zeit festhältst, Parteien schaffst, in Hoffnung zwischen ihnen Herrschen zu wollen, selbst der Krone Zum Hohn, und endlich, wenn der große Feind Von außen kommt, das ganze Reich, ich, du, Und deine Träume, Träumen gleich Vor seinem Hauch verfliegen? Du könntest Mir Pläne wider deinen Thron zutrauen? War ich es nicht, der ihn dir baute? Oft Schon schaffte nur der Schaffende, Matthäus, Um selbst die Schöpfung zu genießen. – Mann, Ich kenne dich! für sich. So hüte dich, – denn viel Zu eigensinnig wird mir dein Gefühl. Das eure Freiheit? Zank mit eurem Herrscher! Das eure Taten, euer Mut, Acerra? Verfolgung, Grausamkeit! Glaubt ihr, die machten Euch stark? Sie zeigen nur, daß ihr der Macht, Die euch geworden, nicht seid würdig – Immer Sind Feige und Unmündige die Grausamsten, – Der Knabe quält, zerrupft die Fliege, welche Der Mann bloß mit der Hand abwehrt! – Darum Fiel uns des Sieges Frucht, o Bohemund, Daß wir in träger Muße sie verschwelgten? – O Weh, ihr großen, ihr hochherzgen Ahnen, Muß ewig mich eur Angedenken mahnen? Hat dies Geschlecht es völlig denn verloren? Bin ich Jahrhunderte zu spät geboren? Ihr kämpftet freudig an dem fernsten Strand, Doch diese streiten kaum fürs Vaterland! – Lebt wohl – ich eile zu des Guiskard Heere, Denn nur vor Rocca d'Arce noch ist Tod und Ehre. Geht ab; Krieger folgen ihm. Seid nicht bestürzt, – er ist noch jung, – die Hitze Wird sich schon mäßigen, er kommt zurück. Käm er wirklich nicht wieder, laßt uns dennoch Fortfahren so, wie wir begonnen, – Denn unsere Verfassung ist so gut, Daß selbst ein König grade not nicht tut. 2. Szene Zweite Szene Große Wachtstube in Rocca d'Arce. Soldaten schlafend, im Gespräche oder sonst beschäftigt. Diephold kommt mit einem fränkischen Hauptmann. Die Vorderschanze ist vom Feind erstürmt. Erstürmt sogleich sie wieder. Herr, die Schanze Ist kaum des Blutes wert, und nützt uns wenig – Man könnt es besser anderwärts verwenden. Ei, mein Herr weiser Hauptmann, wagst Einrede In einer Festung, die umlagert ist Vom Feinde? Wo's nur gilt, dem Wort des Feldherrn, Der mit dem eignen Haupt für alles haftet, Zu folgen wie dem Wetterschlag die Flamme? – Weißt du, Daß ich für die Minute, welche dein Geschwätz dem Dienst des Kaisers hat geraubt, Dich hängen lassen sollte? Doch die Strafe Sei ehrenvoll, so wie der Tod, der sie Wahrscheinlich wird begleiten – Stürm du selbst Mir binnen Stundenfrist das Außenwerk Zurück, sonst komm nicht wieder lebend vor Mein Antlitz! Danke – Statt verdienter Strafe Gibst du mir Lohn und Ruhm! Ab. Achmet tritt auf. Zurückgeschlagen? Nicht das, doch wie wir auch mit Vogelschnelle Hinflogen an den Reihen der Belagrer, Wir fanden nirgends unbewachte Punkte. Der Guiskard ist ein tüchtger Feldherr. Wie Ist es mit deinen braven Leuten? Halten Sie stets noch aus? Sie tun mir leid. Ich sehe, Wie sehr sie Durst und Hunger fühlen – Bleich Sind ihre Lippen, gelb und hohl die Wangen – Doch sagen sie kein Wort – Nur bei den Rossen, Die Mangel dulden wie sie selbst, stehn Viele Und schmeichlen ihnen, trösten sie, die Tränen Im Auge. Kanns nicht ändern. Mir auch schmerzt Der Magen. Aber bei dem Himmel und Der Hölle, – eh ich diese Veste, die Der Kaiser mir anvertraut, des Hungers halber Dem Feinde übergebe, zehr Ich diese meine Hand auf! Übergeben! Sag nicht das Wort! – Was ist denn Hunger gegen Gefangenschaft? – Und blüht in diesem grauen Und wüsten Baue eine Blume nicht, Die ihn zur lieblichsten Oase wandelt? Du meinst das Kaiserkind! Wen anders denn? Wer sähe wohl sein blaues Auge blinken, Und glaubte nicht vom Himmelstau zu trinken? Fürwahr es ist ein wundersames Kind. Es kann Nicht reden, doch sein Blick spricht schon und forscht! Zeig meinen Leuten es, wenn sie verzagen, Und jubelnd werden sie die Not ertragen! Hauptmann von Schwarzeneck, Albert, Wolfgang und andere Krieger, worunter auch Franken, kommen. Ha, abgelöste Wachen – – Regt der Feind sich? Herr, er schreit wie ein mißgeborner Löwe – Der König Tancred ist eben bei ihm angekommen. Mit vielem Geleit? Ich habe unter den normannischen Vorposten Bekannte, die mir manches verraten; sie deuteten mir an, er hätte nur zweihundert Mann bei sich. Das ist sonderbar. Werden sie ihm schon ebenso treulos wie dem Kaiser? – – – Sonst nichts Neues? Ja, die Pest ist auch da. Wo? Bei dem Ruprecht und noch ein paar andern. Der Arzt zog Handschuh an, als er sie anfaßte. Ich will ihn lehren, seine Pflicht mit bloßen Händen, und nicht in Handschuhen zu tun – Daß für die Kranken gesorgt wird, – das letzte Essen, der letzte Wein unserer Keller werde für sie gebraucht – Straf mich Gott, ich wollt, ich hätte die Pest auch – Man bekommt dabei zu verzehren, wie ein König. Nenn es nicht Pest, es wird eine andere leichtere Krankheit sein. Bewahre – Pest ists nicht – es ist nur ein kleines Leiden, welches das Gesicht bräunt, die Augen heraustreibt, den Hals zusammenschnürt wie nichts Gutes, und jeden ansteckt, der dem Kranken nahe kommt – Kurz, es ist eine tötende Schwäche, – wie sie heißt, wird dem Sterbenden einerlei sein. Werde mir nicht zu beißig, Konrad. Das mußt du mir nicht verdenken, Feldherr – Hunger macht beißig – Brot hab ich nicht mehr, – so muß ich an Worten beißen. Der Kaiser hat euch Jahre lang ernährt und besoldet, dafür lernt auch ein paar Monate für ihn hungern. Bei Gott, es ist schwerer für ihn zu hungern als für ihn zu sterben. Ja, Herr, das Sterben ist bald vorüber, aber der Hunger ist wie ein lebendiges Tier, Tag und Nacht, beim Wachen und beim Traum munter und nagend. Ihr seht, ich leide Mangel wie ihr. Das zeigt die Größe unserer Not, hilft uns aber nicht. Nun, redet, tadelt, wie ihr immer wollt, Doch handelt treu und mutig, wie ihr sollt. Geht ab, Achmet bleibt mit verschränkten Armen stehen und hört, bisweilen darüber lächelnd, das folgende Gespräch an. Hauptmann, du fluchst ja gar nicht mehr. Donnerwetter, ich halte den Atem an mir. Er hilft immer doch etwas den Magen zu füllen. Das war eine andere Zeit, Herr Hauptmann, als wir am Vesuve noch die Tränen hatten. Hast keine mehr, Kerl? Fort das letzte Tröpfchen, alles trocken – Element, auch nicht einmal Tränen! lachend. Der Schmerz muß also ins Übermenschliche gehn. Hätt ich nur stets Träume wie gestern nacht, Hauptmann. Ich lag im Grünen – am Himmel zogen die Schäfchen über die Türme von Heilbronn dahin, und auf den Hügeln läuteten die Herden mit den Glocken dazu, – an allen Bäumen quollen saftige Birnen, überall funkelten Trauben, – ich aß und aß davon mit unerschöpflichem Appetit – Mir wars, als wär ich im Himmel – Da erwach ich und bei mir liegt diese halb aufgezehrte Stiefelsohle – Stiefelsohlen liegen schwer im Magen, ich danke Gott, daß ich noch ein paar Schäfte und ein Hundsfell habe – Auf diese und auf zwei lang aufgesparte Rattenschwänze und ein gutes Glas Wasser aus dem Sumpf lade ich auf heute abend ein, Euch Herr Hauptmann und euch meine Kameraden. Donnerwetter, das wird ein Götterabend. heimlich, so daß Achmet es nicht hören kann. Und dabei laßt uns überlegen, wie wir den Sarazenen ein Pferd stehlen – Ich habe meine Pläne – Vielleicht bringe ich zur Nachkost noch einen Skorpion und eine Viper mit. Ich bin den beiden Bestien lange auf der Spur, – sie sonnen sich da immer auf Gemäuer, – packe ich sie, – na! Kommt, laßt uns alles auf den Abend zubereiten. – Du Albert hilfst dem Wolfgang auf den Skorpion passen und die Viper. Er, Albert, Wolf gang und der fränkische Krieger ab. Die Leute reden wild und meine schweigen, – Ich wollt sie machten es wie die, und sprächen. Der stumme Schmerz ist der zernagendste. Agib, Caleb und andere Sarazenen kommen. Sie stürzen Achmet zu Füßen. Was ist euch? – Hat der Hunger euch so tief Gebeugt? Nein, uns nicht, – doch unsre Rosse, Ach, unsre Rosse! – Erst steht auf – dann weiter. Die Sarazenen erheben sich wieder. Dann. O Emir, Emir, sie verschmachten und Verdursten! Wie verwelkte Blätter hängen Die Ohren ihnen, und sie richten sie Nur mühsam auf, wenn wir zu ihnen reden! Wir sehn den Jammer und wir können doch Nicht helfen! Caleb, du! du stehst ja wie in Geist, Ein stummer Schatten ohne Blut – Wie sollt Er nicht? Besitzt er nicht des Erdrunds Perle, Zulma, die schönste der arabschen Stuten? Seit vierzehn Tagen schon hat er sein Blut Getrunken, und das Wasser, welches ihm Geliefert wird, für sie gespart – Der Brunnen Gibt jetzt kein Wasser mehr, und seine Adern Sind dürre – Herr und Roß verdursten! für sich. Hier stürmt der Odem der Verzweiflung, Allein ich weiß ein Mittel, ihn zu schwichtgen. Der Sarazene kennt in Not und Mangel Weit reichre Schätze als der Herrscher Größter – Es sind die Zaubermärchen, – wie oft in Der Wüsten Tiefe mächtge Wunderschlösser, Umrauscht von Silberströmen und umschattet Von Palmenwäldern, worin goldne Vögel Gleich Funken hüpfen, dem Auge des Verirrten Wanderers Erquickung lügen, Erfrischen ihn die Feensagen – Laut. Hört Ein Märchen, Kinder, wie ihr wohl noch keines Vernommen! Ha, ein Märchen – Sag es! Stille! Laß ihn doch reden! Achmet läßt sich nieder, die Sarazenen setzen sich im Kreise um ihn. Mohr und Beduine reiten Mit flüchtgen Rossen über Libyens Sand – Der rote Himmel brennt einäugig mit Der Sonn auf ihre Häupter, – Sterne glänzen Und zeigen ihnen Stund und Tag, – die Schlangen Umringeln und die Leu'n umbrüllen sie – Die Karawanen fliehn vor ihnen her – Sie ihnen nach, und wissen nicht, Worauf sie reiten, welcher Abgrund Dicht unter ihrer Rosse Hufen dämmert – Ganz Afrika ist unterwölbt, und Sonn Und Sterne flammen unter seinem Boden Noch sengender als über ihm! Daher Die rätselhaften Ungetüme, die Fast jeden Tag dies Land gebiert! Wie groß Ist Allahs Macht! Nicht Allahs – Satanai Ist es, der dort sein Reich gegründet hat, – Da blühen Sterne, Sonnen, Blumen, Früchte, Allein von Höllenfeur sind sie geschwängert, Weh jedem, der sie sieht, der sie genießt – Für stets ist er verloren – Unterm Meer Bei Tunis steht Dom Daniel, die Werkstatt Des Satanai für die ganze Erde – Es führen Millionen goldne Stiegen Zu ihm hinunter, aber keine führt Den Niedersteigenden zurück – 's ist unbegreiflich, Wie Allah es erduldet, aber es Ist wahr! O weiter, weiter! Still doch, still, Und hört! In des Domes Hallen, Die tief wie Höllen, weit wie Himmel sind, Wo riesge Feuerberge endlos stehen, Um sie als Fackeln zu erleuchten, feiern Sie die Mysterien, mit welchen sie Die Welt verpesten durch Das Böse – In den Erdennabel senken Sie da die Keime aller Untat, und Wenn Heere mordend ihre Lanzen heben, So seht ihr ihrer Aussaat Ähren wogen, Und die Blutflecken an der Waffen Spitzen Sind die Kornblumen! Lang noch, lange Wird dieser Zauber währen, bis am Ende Sich der Prophet aufrichtet, und den Ring Ergreift, an den er ist gebunden. Emir, Wo liegt der Ring? O stille, stille! Tief in Dem Chaos, dünn, unscheinbar, schwer umwölkt Von Nächten, unter tausend andren Ringen, Die ihm ganz gleich – Doch des Propheten Hand Wird auch im Dunkel, unter all Den Ringen ihn erkennen – Kennt ihr Mogreby? Nein. Satanai's erster Erdendiener Ist Er. Für Satanai sucht und raubt er Von Ceutas Felsen bis nach Sinas Mauer Die Königskinder – Wenn ein Herrscher lächelt, Daß ihm die schönste seiner Sultaninnen Das schönste Kind geschenkt, und wenn um ihn Glückwünsche und Drommeten tönen, weilt Das Unheil in dem Kreise – Mogreby. Dein Märchen tönt – Ich höre die Drommeten, Wovon es spricht. Wahr ists – Sie schallen fern Und zauberhaft aus ihm herüber. Wie? Drommeten? Lauschet, lauschet – horcht! das sind Nicht Klänge, wie man sie bei Königshöfen Im Orient vernimmt! – Hört, hört! – Da schallt Geschmetter, ernst und rauh und streng, als wollt Es Eisen brechen – 's ist die Kriegsmusik Von Deutschen! Und Geschrei dazwischen! Es Ist nicht ein Märchen – – Ist es nicht als sprengten Etwa 'ne Stunde fern, gewaltge Pferde, Wie sie die Abendländer lieben, donnernd Heran? Ich hörs jetzt auch! – Auf, auf! – Und da – Alarm bläst man in dem Belagrungsheer – Das ist kein Traum – Der Kaiser naht und der Entsatz! Alle springen auf. Der Kaiser hat uns nicht vergessen! Wir hatten das auch nicht verdient! stürzt mit seinen deutschen Gewaffneten herein, Hauptmann von Schwarzeneck, Albert, der fränkische Krieger usw. usw. darunter. Der Kaiser! Der Kaiser! Höret ihrs? Er naht, er rettet! Wie eine Quelle der Sahara rieseln Die Kriegestöne uns durch Mark und Bein, Und gleich vom Tau erfrischten Blumen richten Wir freudig uns empor! Hoch Heinrich! Hoch! Nun soll doch alle Schockschwerenot die Normannen hunderttausend Klafter tief in die Erde schlagen, daß die Stücke wieder bis an die Sterne fliegen und in ihrem Feuer gebraten zurückfallen! Gottlob, er flucht, – nun stehen die Sachen wieder gut. Ja, er hat wieder Luft! zu den Sarazenen. Ihr überfliegt mit euren Rossen Pfeile – Wer von euch wagts, die Reihen der Normannen Zu überfliegen, und, hin und zurück, Dem Kaiser unsre, uns des Kaisers Botschaft Zu bringen? Da der Caleb. Ich! und stehn Auch die Belagerer sechs Mann tief, – mit Der Zulma schweb ich drüber weg, obgleich Dabei ein Wurfspieß mich leicht treffen wird. So meld dem Kaiser unsren Dank und Gruß, Meld ihm, wir würden gleich 'nen Ausfall tun. Her meine Diamanten, meinen Schmuck. Wozu? Es geht zum Tode und zum Ruhm! Man bringt ihm seine Juwelen, einen kostbaren Schal und einen mit Perlen besetzten Turban. Er bekleidet sich mit Schal und Turban, und steckt die Juwelen an die Brust. Feldherr, jetzt reit ich! Ab. In Ordnung jetzt Zum Ausfall – Schwaben, Franken, in die Mitte – Die Vorderschanze, die der Hauptmann für So nichtsbedeutend hielt, doch eben wieder Erobert hat mit seinem Leben, klug Genutzt, um aus ihr unaufhaltsam, nah Und sicher, in den Feind zu brechen, und Ihr Sarazenen, seid dem Heer nun, was Ihr doch seid: seid die Flügel! Kinder, Auf eure Rosse, und bedeutet ihnen, Dies sei der letzte, der Befreiungskampf! Der Caleb schon zurück! tritt wieder ein, heiß und verwundet. Vom Kaiser Gruß – Ich sprach ihn – Gleich angreifen sollt ihr, Er tut es auch – Von den Normannen zwei In Eile abgeschlagne Köpfe – liegen Im Vorhof – Zeit nicht hatt ich, mehrere Zu nehmen – Pfeile trafen mich – die Hunde Dachten vielleicht, ich sollte davon bluten – Die Narren, habe lang schon nicht mehr Blut – – Lebt wohl – die Houris winken – Sorgt für Zulma – Sie tat mir heute einen Dienst, wie nie! Zum Himmel blickend. – – Willkommen, ihr Geliebten – Ha, der Tod, Ist er so schön? – Das ist kein Grab, Ich sinke In Mädchenarme – Der Prophet legt selbst Sie um den Nacken mir – Der Wonne –! Er sinkt nieder und stirbt. Brennt Den Leichnam unter feierndem Gebet Zu Asche, und den ungeheuren Reichtum Der Perlen und Juwelen, die der Tote Bei sich geführt, versenkt mit ihm ins Grab – Kein Lebender verdient, ihn zu besitzen! Jetzt los mit Doppelgrimm, wie Doggen, die die Kette Zerreißen, – der Normannen Reihn gebrochen, Und ihre Glieder auf das Feld gesät. Dem Kaiser halb den Weg gespart und mitten Auf der gemeinschaftlich errungnen Walstatt Die Schwerter rot und dampfend, Flammen gleich Hoch lodernd, wild verzehrend, ihm gewiesen, Und huldgend dann vor ihm gesenkt. Gesenkt nicht! jubelnd um das Haupt geschwenkt! Alle ab unter lauter Schlachtmusik. 3. Szene Dritte Szene Schlachtfeld vor Rocca d'Arce. Normannische, sarazenische und deutsche Kriegsmusik. Heerscharen der Normannen ziehen über die Bühne, flüchten aber bald darauf zurück – Tancred und Guiskard treten in den Vorgrund. Sie widerstehn nicht mehr dem Doppelangriff, Und fliehn von beiden Seiten. Lieb ists mir: Wohin sie fliehen, treffen sie doch Feind Und Tod, den Kaiser oder Diephold. Guiskard, Wenn ich dies seh, des Normannreichs gedenke, So ists, als ständen wir auf abgebranntem Waldgrund Die beiden letzten Stämme. Laß uns sterben, Und aus dem Leben rette uns der Tod! – Gottlob, find ich ihn nicht im Schwert der Deutschen, So trag ich ihn doch lang schon in der Brust! – Wie ich geahnet, war Neapels Krone Mir eine Schlange – Sie hat mir das Herz Zerpreßt, hat giftig mich gestochen – O, Wärst du doch auf unserer letzten Reichsversammlung Gewesen – Welche Herrschsucht bei Matthäus, Welch grausam tolles Wüten bei Acerra, Und welche Flauheit und Genußsucht bei Dem Bohemund! Nicht jammre, König, handle – Mit Worten nicht beschwörest du das Meer. Wohl, noch einmal versucht – Zu vorüberfliehenden Truppen. Steht! Haltet! Auf Den Kaiser und den Diephold ein! Wir finden Den Sieg da wieder, wo wir ihn verloren! Auf, folgt mir! Die Truppen hören ihn kaum und fliehen weiter. Ach, es ist umsonst! – Vorväter, Wie unsre, zeugen solche Enkel?? Wie Du siehst. So tröste mich das Eine: Jedem Gehts wie dem andern, nichts ist ausgenommen. Die Eiche wächst und grünt Jahrhunderte, Und sinkt zu Staub, wie jede Blum im Grase, – Der Mensch wird alt, die Völker auch, – Es modern selbst die Felsen der Gebirge, Der Himmelsveste wirds nicht besser gehn, – Die Welt wird auch wohl einmal Greis, Man merkts an ihrer grauen Locke, der Milchstraße nur zu deutlich – Wehe dann, Wenn so wie wir im Reiche der Normannen, In ihr noch ein'ge lebenstüchtige Geschöpfe leben, ein paar frische Blätter Am dürren Stamm. – Dies ist mein letztes Wort, Und eine Kaiserin sei Botin, daß In dir und mir noch zwei Normannen leben, Die wert sind, daß man ihrethalb die Menge Verschont – Constanze send ich dem Gemahl Zurück! Nicht doch – Wie ich den Kaiser kenne, Wird er dafür, daß du ihm die Gemahlin losgibst, Dir schwerlich einmal danken. Schuldigkeit Sieht er darin. Drum halt sie fest, – ein Pfand Ist sie für einen guten Frieden. Frieden! Was nützt er und was machen wir mit ihm, Wenn wir nicht seiner wert sind? Ab. Recht Hat er! Und dieser Krieg hat nur Bewährt, daß wir zu schwach für Sieg sind, wie Für Frieden! – Deutsche Truppen kommen, Normannen verfolgend. Da der Feind – Sein Schwert erlöst Mich wohl! Weg mit der italiänschen Viper! Er haut ihn mit dem Schwerte nieder. kommt mit seinem deutschen Heere. Unter ihm viele, die als Kreuzfahrer mit dem Kreuze bezeichnet sind. Er deutet auf den eben zu Boden stürzenden Guiskard. Schont ihn für das Schafott: zu ehrenvoll Ist ihm der Tod durch Kriegers Schwert! Zu spät, Da liegt er schon! Sehr schade! Er gehörte Dem Henker – Wenn der dich verklagt, schütz ich Dich nicht! DIEPHOLD, ACHMET mit ihnen Deutsche und Sarazenen stürmen herein. Heil Kaiser, Kaiser! Heil Erretter! Schön ists, im tiefsten Meeresgrund die Perle Zu finden, schön, den Stern zu sehn nach Wettern Der Nacht, – aber schöner doch, dem Freunde helfend Zu nahn, die Wärme seines Händedrucks Zu fühlen. Diephold, Achmet, alle, alle, Die Hand her – Dank euch sämtlich, Deutschen Und Sarazenen – kaum vermag ich euch Zu unterscheiden, und ich weiß nur, brav Habt ihr gefochten, und was mehr noch gilt, Ihr habt auch brav geduldet. Zu seinem Gefolge. Speise, Trank Herbei, erquickt die Helden! – Ihren Pferden Schnell Hafer, Wasser zugetragen – Könnten sie Goldkörner essen, gerne schüttet ich Sie vor – Die ganze Welt ist mir so viel Nicht, als der Freunde Treue zu belohnen! Mein Kaiser, nicht zu hoch schätz unsre Dienste. Burg Rocca d'Arce ist sehr fest und wir Erfüllten grade nicht die schwerste Pflicht, Indem wir sie verteidigten so lang Als möglich. Fest! fest! – Dörfer, Hütten sind So fest wie Romas Kapitol, wenn Männer Darin sich wehren, und ein Mettenfädlein Ist Schlosses Mauer, wenn sie Memmen schützen. Nicht Rocca d'Arces Felsen dank ichs, daß Ich sie behalten. – Du, mein Diephold, Bist Rocca d'Arce, und du sollst fortan Auch heißen , was du bist, als Lohn empfangen, Was du gerettet. – Ich belehne dich Mit dieser Veste, schenk dir ihren Namen, Einst Diephold, jetzt Fürst Rocca d'Arce! Und überhäufst du mich mit welschen Titeln, Die deutsche Treue soll darunter nicht Ersticken. Wo mein Knabe? Ist er wohl? Ganz wohl. Der Sarazen und Deutsche stritten Sich um die Ehre, ihn zu schützen, ihn Zu pflegen. Danke! danke! Bringt ihn mir! Der Prinz Friedrich wird von den Wärterinnen dem Kaiser gebracht. Er ist es – O laßt mich ihn küssen – Ha, Er lächelt – weiß, daß ich sein Vater bin! Mehr wert ist mirs, als wäre ich ein Gott! – O steige, Stern, o steige, werde einst Das Glück der Erde und – dein eignes! – Habe Dir auch ein Spielzeug mitgebracht, mein Kind. Sieh, Romas Königskrone! Mehrere Ritter bringen auf einem roten Sammetkissen die römische Königskrone. Das Kind greift darnach. Ha, er greift darnach – er ahnt, Was sie bedeutet – Halt sie fest – Es gibt Kein Gold der Erde, das zu höhrem Wert Als sie geprägt kann werden. Die Kaiserin Constanze kommt mit Gefolge. Wie? Constanze? O Heinrich, mein Gemahl, mein Kaiser, laß dich grüßen! Wie kommst du aus den Kerkern der Normannen? Großmütig ließ mich Tancred aus der Haft. Großmütig nenn es nicht. Er durfte nie In Haft dich halten, – dank es ihm der Teufel, Daß er zu spät tat seine Pflicht. O, Er Ist edel, – ist der Einzge noch, in dem Der alte Hochsinn meines Volkes brennt – Nicht als Gefangene, als Kaiserin Hat er mich stets behandelt. Scheints doch fast, Als wärest du in ihn verliebt! – Sieh hier Dein Kind. Mein Kind, mein Sohn! Lebt Tancred? Ach, Es zehrt in ihm ein heimlicher Verdruß, Er überlebt nicht der Normannen Fall. Von Tag zu Tage welket er dahin. So besser, denn, wenn ich ihn lebend fände, So könnt ich die an dir bewiesne Milde Ihm dadurch einzig lohnen, daß ich nicht Mit Pferden ihn zerreißen, sondern nur Enthaupten ließe. Gegenkönig sein, Ist schlimmer als Verbrechen. 's ist Gefahr! für sich. Weh mir, er ist wie sonst – O Himmel, Wenn seine Arme mich umfassen, ists mir, Als breiteten sich Wüsten um mich her, Und müßt ich drin verdorren wie 'ne Blume. zu den Umstehenden. Die Schiffe Genuas und Pisas flaggen Im Bund mit mir schon vor Neapel, vor Palermo, – reinigen die Meere vom Normannischen Gesindel – Ahmen wir Zu Land den kühnen Schiffern nach! Nicht eher Geruht, als bis das ganze Reich erobert, Messinas Pharus wie 'ne Pfütze überschritten, Siziliens Dreizack unser ist. Es wird So schwer nicht halten. Außer Guiskards Heere, Das wir soeben erst vernichtet haben, Besitzen die Rebellen keines, und Zwiespalt Herrscht unter ihnen selbst. Gut, Leben, alles, Was einem Normann angehört, sei euer! auf die mit dem Kreuze bezeichneten Krieger deutend. Herr, uns riefst du zum Kreuzzug – wolltest uns Bei Bari überschiffen – Nicht als Landeroberer, Als Christi Streiter kamen wir. Höchst richtig. Jedoch ihr seht, die Sache steht nicht so, Wie man in Deutschland uns erzählte. Abtrünnig ist das Land und unterworfen Muß es erst werden, eh wir sicher, ich An eurer Spitze, es verlassen, um Von da zum Heilgen Grab zu ziehn. Es mag So sein, doch mit den Sarazenen laß Uns im Verein nicht kämpfen – die doch schließ Aus unsern Reihen. Ei, ihr Blinden! Seht ihr Nicht Gottes Weisheit grad darin, daß selbst Die Heiden, wähnend, nur für ihren Wohnsitz Zu streiten, sich mit uns vereinen, und Dies Land erobern helfen, ohne Ahnung, Daß wir von hier aus grade nach der Stadt Des Herrn, die sie verachten, ziehen werden? – – Wo ist mein Kind? – Ha da! – Mein Sohn, mein Sohn! Was wäre mir die Welt wohl, ohne dich? – – Rückt vorwärts, Deutsch' und Sarazenen! – 5. Akt 1. Szene Erste Szene Platz vor dem Dome in Palermo, Ottangelo genannt. Kaiser Heinrich, Constanze, Diephold, Achmet und viele andere Ritter und Herren, deutsche und sarazenische Krieger, halten auf ihm zu Pferde. Wie heiter diese Luft! für sich. Und wie so düster Sein Sinn! Der Usurpator Tancred tot, In meiner Macht die Schurken alle, die Ihn unterstützten – Nirgends Widerstand! – Wie auch die Scylla, die Charybdis heulten, Die Wächterhunde von Sizilien, Nichts half es, kein Verteidger sprang Hervor, mich abzuwehren. Mein Das Reich, das täglich aus der eignen Asche Mit immer größrer Schönheit sich erneut, Der echte Phönix von Europa! Mein Das Gold des Königs Richard, schwer genug, Noch andre Stückchen Erde aufzuwiegen. Sei nun zufrieden. Nimmer – Hätt ich auch Die ganze Welt – Schaut nicht der Himmel dort, So tief und sehnsuchtsvoll, ein blaues Auge Der Liebe, auf uns nieder, daß die Busen Hoch klopfen müssen, auch, zu ihm zu stürmen, An ihm zu schlagen? Führt nicht Christi Religion Den Frommen sanft und ruhig nach dem Tode Dahin? Mag sein – Doch besser wärs, wir hätten Ihn schon im Leben. – Ha, der Griechenkaiser, Der mir auf seinem halb verfaulten Thron Mit leeren Titeln Romas Kaiserrang Streitig zu machen wagt, soll jetzt es büßen! – Wie eine Zunge streckt Neapel lechzend Ins Mittelmeer sich aus, berühret dicht Die griechschen Küsten – Dummheit, schleckt Es nicht den Trank und Fraß, der ihm so nahe – – Schickt nach Byzanz, und meldet dort dem Weichling, (Auf dessen Stirn der kaiserliche Name So leicht gedrückt wird, wie der Hufschlag auf Den Kot), daß bei Bari und Messina Die Flotten Heinrichs warten, zu erfahren: Ob er auch meinem Kreuzheer freien Durchzug Nach Palästina, und mir selbst 'ne Steuer, Die meiner Macht und seinem Hochmut angemessen, Gewähren wolle? Einige des Gefolges ab. Sind die nötgen Stellen Der Stadt besetzt? An jeder Eck und Straße, Wo nur der Aufruhr atmen könnte, stehn Schon deutsche Treue, bei der Kehle ihn Sofort zu fassen, zu ersticken. sich umschauend. Wahrlich, Palermo ist 'ne stolze, prächtge Stadt, Wohl wert, mit etwas Blut sie zu erobern. Die Straßen breit und lang, und Marmorschlösser Daran gereiht, wie Perlen an den Faden. Der Platz hier vor dem Dom, geräumig, groß Nach allen Toren hin die Aussicht bietend. – Haltet! Er ist das Herz der Stadt – es laufen Die Gassen von ihm aus wie ein Gewebe Von Adern – Zu Diephold. Fürst, besetz ihn stark! – Wir halten Palermos Leben in der Hand, so lang Er unser ist – Wieder sich umschauend. Hohe Häuser, mächtge Fenster, Der Dom beian – die beste Stelle, ein Schafott da aufzurichten – Schlagt es auf! – – – Weswegen so viel Fenster und Balkone, So viele Märkt und Straßen, und so wenig Menschen? Die Furcht hält die Bewohner wohl zurück. Sie fürchten? Müssen doch wohl schuldbewußt Und feig sein, – denn sonst pflegt die Menge Bei jeder Staatsveränderung zu hoffen. Der Graf Acerra, welchen meine Leute Einfingen bei Neapel, und mit ihm Den Erzbischof Matthäus, harren beide, Daß deinen Richterspruch sie hören. Der Matthäus auch gefangen? Gott sei Dank, Das ist die Spinne, welche in der Stille Die Fäden spann, mit denen sie Neapel Wie eine Fliege dachte zu umfangen – – Der Tor – Er sah nur seine arme Fliege, Und dachte nicht der starken Männerhand, Die sich nur auszustrecken brauchte, sein Gewebe zu zerreißen. – So die Narren, Die sich nur selbst, ihr kleines, enges Gut Nur sehen, und die Wetter nicht bemerken, Die sich von außen darum türmen. Führt Die Buben vor! Erzbischof Matthäus und Graf Acerra werden gefangen hereingeführt. O welche falsche, schändliche, Von Leidenschaft verzerrte Fratzen! Wein Wird sauer, siehet so ein Schuft ihn an! – Zu den Beiden. Willkommen! Wie der Graf Aversa jüngst Und Ophamilla vor euch standen, steht Ihr heut vor mir – Du echter Erzbischof Jedoch der Hölle, nicht des Himmels, – was Sagst du dazu? Verflucht seist du, verflucht Sei ich, verflucht die ganze Welt, und möchte Sie untergehn mit mir und so wie ich! Acerra, Sagst du dasselbe? Amen, Kronendieb! Zum Glück ist das, was unverbesserlich erscheint, Doch auch vertilgbar! – Bischof, Priesterblut Ist allzu heilig, daß ich es vergösse, Und diese schöne Stadt damit befleckte – In Feuer will ich es verklären, und Vorm Tor, auf dem Schindanger solls verbrennen – Hinweg mit ihm, und macht den Balg zu Asche! – – Acerra, du liebst ja die edlen Rosse, – So fesselt ihn lebendig an den Schweif Des edelsten und wildesten der Hengste, Und jaget mit ihm durch Palermos Straßen, Daß er darin mit blutgen Zeilen schreibe, Wie ich Rebellen strafe! – Sarazenen, Sprengt nebenan, und wenn sich etwa Pöbel Wehklagend, Aufruhr drohend, sammelt, treibt Wie Staub ihn auseinander! – Wo der Bohemund? Wie du befahlst, gefesselt und geblendet, Liegt er auf seinem schönen Gute bei Tarent. Für ihn die rechte Strafe. Liegen Auf seinen Schätzen soll der Schwelger, aber Sie doch nicht sehen, nicht berühren dürfen. Ein beßres Los erwarte keiner der Normannen. – Was ist das? auftretend. Lärm im Hafen! Die Flotten Genuas und Pisas, welche Uns dieses Land erobern halfen, rüsten Einander gegenüber – Wurfgeschütze Erfüllen die Verdecke – wilde Augen Drohn neben ihnen, wie entbranntes Eisen – Und, Freund, warum? Die Genuesen rufen, Du hättest ihnen, als du sie ersucht, Mit ihren Schiffen zur Bezwingung Neapels und Siziliens dir Hülfe Zu leisten, alle Häfen dieser Lande Zum ewigen Besitz versprochen, und darunter Palermo. Aber die Pisaner schreien, nicht Den Genuesen, den Pisanern sei's versprochen. – Du lächelst? Ists mir doch, als stritten beide Um Kaisers Bart! – Palermo ist besetzt Von meinen Truppen. Eh den Kopf mir weg Als diese Stadt. Doch dein Versprechen –? Hab Ich dumm versprochen, kann ich dadurch nur Es bessern, daß ich so gescheut bin, um Es schlecht zu halten! Genueser und Pisaner stürzen in die Szene. Recht, o Kaiser, Recht! Recht, Kaiser, Recht! Was ist? Hast du Palermo Nicht uns versprochen, wenn wir treu dir dienten, Und waren wir für dich zu Land und See Nicht eifrig? Waren wir das minder? Und hast du uns nicht diese Stadt gelobt? Zuerst versöhnt euch, wie es Kriegsgenossen Geziemt, – und dann mein Wort: aufrührerisch Und wider Kriegszucht ist der Kampf, den ihr Da führet zwischen euch. Die Genuesen Begannen ihn. Und ihr habt uns, statt redlich Zu streiten, im Gewühle des Gefechtes nur Beraubt. Beraubt! – Euch war auch viel zu rauben! Hier dieser Schild und der Pechkessel – zehn Flachsbrechen, und der Korb mit ein paar Zwiebeln Und Galgant, ist ja alles, was wir fanden, Als wir eur Admiralschiff stürmten. Diebe! – Auf! Genua! Auf! Pisa! Deutsche auf Und Sarazenen – Nieder jedermann, Der sich zu rühren wagt mit seiner Waffe! – Wo eure Podestas? Der unsre fiel Ja im Gefechte vor Messina. Und Der unsre konnte, wie du weißt, nicht mit In diesen Feldzug ziehn. Urkunden zeigt, Worin ich einem von euch diese Stadt Gelobt. Sie liegen im Archiv zu Genua – Zu Pisa – Und ihr glaubt, ich könnte ohne Die Oberhäupter eurer Städte, ohne Selbsteigne Ansicht eurer Dokumente, Mit euch hier unterhandeln? – Tapfer, brav Habt ihr für mich gestritten, und eur Lohn Sei eurer Dienste wert. Doch meinet ihr, Ich könnte unter allen den Geschäften, Die wie Gewölke des Aprils mein Haupt Umfluten, auch die Kleinigkeit behalten, Ob ich Zu dem Pisaner. an euch Palermo schenkte, Zu dem Genuesen. oder An euch? – Denkt ihr, ich wäre Gott, allwissend? – Die Sache soll nach Recht entschieden werden, Sobald ihr sie der Form gemäß mir vortragt. – So lange geht! – Die Genueser und Pisaner ab, aus dem Dome schallen Orgelklänge. – Ein Strom Musik Braust aus der Kathedrale auf uns ein. Wie eine ausgerißne Blume auf Den Wassern schaukelt sich das Herz Auf diesen mächtgen Orgeltönen. Was Geschah? Weihnachten ist. Christ ward geboren, Und brachte der mit Schuld beladnen Welt Vergebung von dem Vater – Engel fielen, Wie Blütenregen aus des Waldes Dunkel, Vom Himmel nieder, – arme Hirten sangen, Und Kön'ge beteten zum Stern, der über Der Krippe leuchtete zu Bethlehem – Die Welt war glücklich, neugeboren – Ahme Dem Heiland nach. Gemahlin, Gott nachahmen Ist leicht gesagt, doch schwer getan. Er, der Allwissende, Allmächtige, kann gut Verzeihn, – wer kann ihm schaden? Aber Bei schwachen Menschen ist es anders, – wir Bedürfen der Verräter, der Spione, Der Henker und des Schwertes, uns zu schützen. – – Heut Weihnacht! Wer vermöchte das zu ahnen, Wenn er wie ich aus Deutschland eben kommt? Da sieht es heute anders aus – Die Berge Vom Laub entblößt, beschneiet, kahle Glatzen – Eis allethalb, und an der Blumen Stelle Nur Kerzen – Hier die Aloen entfaltet, Weithin in grünenden Alleen, wie Kelche Der Wonne, übergroß, selbst wenn Titanen Draus schlürften, – dort die Berge, schwarzumblättert, Wie lockge Negerhäupter schauend in Die Gassen! Feierst du das Fest nicht? Ja, Ich feire es, und da es gut, wenn man Ans Heilige das Irdsche knüpft, so soll Zugleich mit diesem Fest gefeiert werden, Daß ich, der wahre, der rechtmäßge Oberherr, Neapel und Sizilien, so rasch Und glücklich durch die Fügung Gottes wieder Errungen habe. Eine alte Sizilianerin mit ihrem Sohne tritt auf. Mutter, Mutter, – tu's nicht – Bleibe Zurück – Er läßt dich töten. – Mag er, mag er! Ich muß ihn sehen, den Tyrannen, muß Auf seiner Stirn sein Schicksal lesen, immer Stehts auf der Stirne. Was will die Person? Wer ist sie? Eine Zauberin, Prophetin Val Demonis – Wenigstens gilt sie im Volk Dafür. Und das mit Recht. Ein häßlich Weib, Ist eine Hexe oder nicht viel besser – Und gelb genug sieht dieses Scheusal aus. Ha, Bube, Bube, der sich Kaiser nennt, Mit Blut dies heitre Land besudelt, wie Ein Knab ein schönes Bild zur Unstalt macht – Sieh dich nur um – sieh um, sieh um! – Der TOD. Steht hinter dir, hoch wie Monte Gibello! Nur ein paar Tage, und bist sein! – Noch blickst Du wild und feurig, deine Wangen glühn noch, Und deine Zähne schimmern, – Narr, der Blick, Die Zähn und Wangen sind nur Sargbeschläge, – Du bist ein Sarg, Mensch, und die Leiche Liegt in dir schon! Nach römischen Gesetzen, Die ich als römscher Kaiser ehre, brennt Man Hexen auf im Feuer. – Mit ihr fort Zum Holzstoß, würdige Nachfolgerin Bischofs Matthäi! Du stirbst in zwei Tagen, Und keiner deiner Pläne wird erfüllt. So trifft mich denn das Los des Irdischen. O Mutter, Mutter, Mutter! Warnte ich Dich nicht? Wie wird der Vater jammern, wie Die Schwester? – Kaiser, Gnade für die alte, Die arme, mitleidswerte Frau! Sie stirbt In dieser Stunde – Wenn sie prophezeit, muß Ich ja zum Dank es auch tun – Und ich tue Noch mehr, denn ich erfülle, was ich wahrgesagt. O Gnade! Gnade! Weg den Jungen, – sein Geheul belästigt mich. Die alte Sizilianerin und ihr Sohn werden fortgeführt. Wäre ich doch Bäurin, Statt Kaiserin – Und doch muß ich ihm folgen, Wie jener Sonne diese Erde, – er ist zu Gewaltig. – Irr ich, oder wehte da nicht Seeluft? Du irrest nicht, ich spüre sie schon lange. Das Meertor dort weht mit entfalteten Gewaltgen Flügeln sie bis in die Mitte Der Stadt. Nun in den Dom, und dann In Ätnas Waldungen 'ne Falkenjagd. Er will vor die Domtür sprengen, auf einmal stutzt sein Pferd, und er sieht in die Höhe, voll Erstaunen. Was da? Das ist das Riesenhaupt des Ätna, – Hoch aus dem Äther blickt er auf die Insel, Umwallt von seiner ewgen Wolke Rauchs. schaut an dem Ätna hinauf. Wie klein sind wir – Nichts Größres doch als die Natur – Auf jenem Berge muß ich stehen, Daß er mich trage an des Himmels Höhen! Alle reiten vor den Dom, steigen ab, und treten, die Sarazenen ausgenommen, hinein. 2. Szene Zweite Szene Früher Morgen. Gehöfte eines Herdenbesitzers bei Palermo. Der Herr und sein Knecht kommen. Nun haben wir einen neuen Herrscher. Ja, statt des Normannen, einen Deutschen. Treibe die Schafe aus – Sind die Ziegen schon gemelkt? Ja. – Der Kaiser soll sehr grausam sein, und Palermo in Blut fließen. Das Blut wird schon trocknen. Unsre Sonne ist heiß. Bei der heiligen Rosalia, mir ist doch nicht wohl, wenn so ein böser Mensch, wie 'ne Wetterwolke, die jede Minute losblitzen kann, über einem hängt. Du, Freund, sieh da die Trümmer des Apollotempels, – dort die Befestigungen der Karthager, – da wieder der Römer, – hier einen zerfallenen Turm der Byzantiner wider die Korsaren, – da Wälle und Linien der Sarazenen, – alles zu Stücken. Nur Eines ist geblieben: Der Hirte wechselt hier mit Hirten, der, welcher hinaustreibt, hört das Rufen dessen, der hereintreibt, und ein Mann, der nicht schliefe, könnte sich doppelten Lohns erfreuen. Die Halme beugen sich unter ihrer Schwere, wie trunken, und breitstirnige Stiere wetzen ihre Hörner im Sande, – Vater Ätna ernährt uns alle, und ob der Normann oder der Hohenstaufe Sizilien beherrscht, heute abend tanzen unsre Landmädchen doch. Der Kaiser ist doch zu erschrecklich. Wird sterben – Unsre Saaten wachsen immer wieder. – Treibe die Schafe aus. Beide ab. 3. Szene Dritte Szene Hoch am Ätna. Morgendämmerung, die bald dem kommenden Tage weicht. Der Kaiser Heinrich, mit Constanze, Diephold, Achmet, und Gefolge kommt. Diener mit Falken auf der Faust unter dem letzteren. Jagdmusik zwischendurch. Wir stehen jetzo an dem Saume der Bewohnten Welt – Noch ein paar Schritte, und Das Grün der Waldung weicht dem ewgen Schnee. Ich seh ihn durch die Blätter schimmern, hoch her, nackt Und glänzend, wie des Lebens Höhen – Nur Die Täler, wo im Laub der Sonnenstrahl Sich kühlt, das Laub dagegen sich an ihm erwärmt, Wo ruhiger als unterm Baldachin der Kaiser, Der Käfer unter seinem Blatte sitzt, Sind Wiegen des Glücks – Auf den Bergen hat Man nur die Aussicht. Aber, Kaiser, was für eine Ist diese auch? Bei dem Propheten, hier Zu stehn und niederschaun, ist besser als Kurzsichtgen Blicks im engen Raume, gleich Dem Käfer zu genießen. Laßt die Jagd Beginnen – Her die Falken – Nichts auf Erden Ist dem Normannen wichtger als sein Jagdbann – Heut will ich ihm das abgewöhnen – Laßt Die Vögel über seine Forsten steigen, Und schießt mir ein Baron nur einen nieder, So stürzen tausend Wetter auf ihn selbst! Die Falken werden losgelassen und steigen auf. Zeit ists – Denn seht, Auroras goldne Krone, Die sie mit zarten Rosenfingern um Die Welt gelegt, erblaßt schon vor dem Glanz Des Helios! – O ihr gewaltgen Sonnenrosse, Wie elend ist die Erde, wenn man euch Milchweiß und glühend, über Himmelshöhn Hinfliegen sieht, wie über Hügel! Heinrich, Dies Reich ist doch wohl wert, daß es die Sonne Mit solchem holden Strahl, wie jetzt, beleuchtet! – Verzeih, nicht sag ichs, weil ichs dir zum Brautschatz Gebracht, – ich sags nur, um dich zu erfreuen! Nicht unrecht hast du, – wären die Bewohner Nur besser – In Sizilien funkeln Blumen, In Deutschland glühen Männerbrüste – Nichts Doch edler als ein deutsches Herz. – – 'Ne Stätte, Wie diese, kennt die Welt wohl nicht – Hoch flammt Der Ätna, eine Fackel, über uns, beleuchtet Das Fabelland des Mäoniden, – wie Des Meergotts Dreizack liegt die Insel uns Zu Füßen, alle Krümmungen der Flüsse Verfolgt der Blick, und aus dem Dunkel der Kastanienwälder glänzen alte Türm Und alte Mauern! – – Ist es doch, als lagerten Sich alle Götter des Olympus dicht um mich: Poseidon da, mit blaugelocktem Haupte, Dort Arethusa, furchtsam fliehend, – hier Im Berg die Donnerhammer der Cyclopen, – Da Hyblas Biene, fröhlich summend Und ungestört vom Hammerschlag –, und dort Das Tal von Enna, voll der süßen Frucht Der Hesperiden – Ja, Proserpina, Ich kanns mir denken, daß du frohe Jungfrau Zur ewig finstern Göttin bist geworden – Wie kannst du solchen Frühlingstals vergessen, Wenn Pluto dich daraus zum Achero n Geraubt! – Doch, Freunde, nun erinnert euch Der Dichter auch, die, mit der Gottheit selbst wetteifernd, Das Leben schmücken und die Erde – Hoch Homer, in dessen Liede diese Insel prangt, Hoch Ofterdingen, der das Herz zerreißt, Damit er es erhebe! denen auf einen Wink des Kaisers Gläser mit Syrakuser gefüllt werden, die Gläser leerend. Hoch! auf Heinrich blickend. Wer dächte Bei diesen Worten, diesen Blicken voll Begeisterung, daß Zorn und Mord und Tod Aus ihnen sprühen könnten? Freundin, Wo Feuer ist, da brennts, – bald so, bald so, – Et w as muß es verzehren. – Sieh den Ätna, – Er machts nicht besser, bald beglückt Und bald zerstört er – Ist auch Ofterdingen Gefallen auf dem Kreuzzug meines Vaters? Nein Herr, er lebt in Ungarn, um bei Klingsohr, Dem Zaubrer, seine Kunst noch zu verbessern. Die Dichtkunst auch, die erste Zauberin, Bedarf noch andern Zaubers? – Nun, so gibts Nicht einen Selgen unter dieser Sonne – Ist Der Dichter nicht beglückt in seinen Träumen, Wie wären wirs im Wachen? – Wer da? Gesandte von dem Griechenkaiser. Führt Sie vor. Zwei griechische Gesandte treten auf. Was bringt ihr? Freundesgruß Von unserm Herrn, Gewährung freien Durchzugs Nach Syrien, und die verlangte Steuer. für sich. Drei Jahre noch und alles ist vollendet – Ihr deutschen Fürsten möget trotzen nach Belieben, Ich zwing euch doch, die Kaiserkrone erblich Zu machen, – dann das heilge Land erobert, – dann Stark durch Neapel und durch Deutschland, Geschmückt mit eines Kreuzzugs heilgem Ruhm, Den Papst, die Lombardei zertrümmert – Dann – – – Was für ein schmaler, dunkler Streif im Süden Am Horizonte? Fern und dunkel, wie Der Erdteil selbst ist, dämmern dort die Küsten Von Afrika. Auch dies Afrika muß mein Einst werden, – ziehn muß ich durch die Sahara, Und dann an Nigers Fluten mich erfrischen – Kein Land, an welchem dort das Meer sich bricht, Das ich mir endlich nicht erränge – O, Ich stehe auf des Ätna Gipfeln, und Wie der Schütz die Pfeile sendet durch die Luft, Send ich die Kriegsschiffe durch die See! Laut aufschreiend. Weh, Was schlug? Wer klopft? – Das ist mein Herz nicht – Der Tod! – Der Hund! – Mein Kind! mein Kind! – Empörung Wird sich erheben, wild und toll wie Rosse, Wird Deutschland, wird Neapel, stürmen Vor dem unmündgen Herrscher – Meine Hand Nur konnte die erst jetzt Gebändigten Schon zügeln – Armes Weib – Er sinkt an die Erde. Er stirbt! Ein Schlagfluß! O Jammer, Jammer, Alles nun verloren! So unerwartet, schmählich hinzusterben – O wär ich lieber nimmermehr geboren! Er stirbt. Nun nahet mir das Unheil, das Verderben! So plötzlich hingestürzt im größten Glück! Das schrecklichste, das tragischste Geschick! Alle stehen in tiefem Schmerze um den Leichnam Constanze stürzt über ihn.