Christian Dietrich Grabbe Don Juan und Faust Eine Tragödie in vier Akten Personen Personen. Der Gouverneur Don Gusman Donna Anna, seine Tochter Don Octavio Don Juan, spanischer Grande Doktor Faust Ein Ritter Signor Rubio, Polizeidirektor Signor Negro Leporello, Diener des Don Juan Gasparo, Diener des Gouverneurs Lisette, Magd der Donna Anna Gnomen Mehrere Nebenpersonen 1. Akt 1. Szene Erste Szene Rom. Gegend des spanischen Platzes. Don Juan tritt auf, gleich nachher Leporello. Still sind die Plätze und die Straßen, nur Springbrunnen plätschern tändelnd in dem Dunkel, – Die ewge Roma schläft, ermüdet vom Jahrtausendlangen Schlachtenkampf, vielleicht Noch weit mehr von der Bürde ihres Ruhms. Die arme Herrscherin der Welt! Sie hat Die Liebe nie gekannt! Weiter vortretend. O welche Luft umweht mich! Wie duftig strömt es her von Albas Bergen! Es ist die Luft, die einst die Cäsars nährte, Der Äther ists, in welchem heute die Geliebte atmet! Herr, erlaubt ein Wort: Es ist der Dampf, der aus der Garküch hier Beian, allwo ein Haufen lustiger Gesellen Wirtschaft treibt, uns in Die Nase sticht. Sieh, Leporello. – Hast Du Nachricht eingezogen? Nun, das Mädchen Ist eine Perle, gut genug, dem Kranz Sie anzureihn, den Ihr schon tragt. Sie strahlt Als Herrlichste der Frauen! Don, ich bin Entzückt! Ich sah sie! O so rede schnell! Bewegung und Gestalt – Wie sind sie? Wie? Ihr habt sie selbst noch nicht gesehn? Gesehn, Gesprochen – weiß ich es? Mich blendete Ihr Auge! Wetter, es ist schön, – doch von Dem Ganzen ists nur wenig. 's ist ein Stern Der Nacht! Bei Gott, es ist der feste Nordstern, Der fortan einzig meinem Leben leuchtet! Was nennt Ihr einzig ? Ohngefähr zweitausend ? Solch eine Liebe hab ich nie empfunden! Bei wieviel Hunderten habt Ihr das schon Gesagt? – Erforschtest du des Mädchens Vater? Er ist der Gouverneur Sevillas, der Bezwinger von Granadas Maurenhorden, Jetzt hier beim Haupt der Christenheit Als spanischer Gesandter angestellt. Ein Spanier! Sie eine Landsmännin! Ach Herr, der Mann ist grad so alt als streng! Also ein alter Stamm mit goldner Frucht! Ansehnlich ist der Stamm, die Frucht hängt hoch! Je näher sie den Sonnengluten schwebt, Je eher reift sie, und was reif ist, fällt ! – Noch nächsten Abend muß ich sie besitzen. Da müßt Ihr erst den Bräutigam beseitgen! Was? Bräutigam? Pfui! Ich schäme mich Des Worts. – Wie heißt der Narr, der Mädchen freiet, Und nicht weiß, daß er Hahnrei wird? Der Narr Ist so ein Vetter des Herrn Gouverneurs, Heißt Don Octavio, und ist ein Herr Von Bildung, feinem Äußern, nettem Herzen, – Er trägt sich schwarz, führt weiße seidne Handschuh – – lebt mäßig, gibt nicht Anstoß, tanzt gut, reitet Erträglich, spricht französisch, kann mit Anstand Im Kreise der Gesellschaft sich bewegen, Und schreibt vielleicht sogar auch orthographisch! – Dergleichen Schuften in den Weg zu treten, Ist mir die höchste Seligkeit! Euch gehts Wie mir! Ein Schuft, der orthographisch Mein Mädchen küßt, betrügt sich selbst, das Weibsbild, Und mich auch! Krumme Wege nur Verherrlichen das Ziel! Weg mit dem Ziel – Nenn es mir nicht, ob ich auch darnach ringe – Verwünscht ist der Gedanke: jedes Ziel Ist Tod – Wohl dem, der ewig strebt, ja Heil, Heil ihm, der ewig hungern könnte! Danke! – Ich merks, Ihr laßt mich hungern nach Prinzipien, – Wenns nur mein Magen duldete, doch der Ruft immerdar: »Heil ihm, der ewig frißt!« – – Mich brennt die Ungeduld. Dort steht das Haus Des Gouverneurs, dort muß sie wohnen. Lärm Gemacht! Wir locken sie dadurch ans Fenster. Er zieht den Degen. Den Degen ein! Beim heilgen Jakob, ich Entlaufe! Feigling, es ist ja nur Schein! Ich tu dir nichts! – Zieh – Zieh sag ich, oder Ich bohr dich an den Boden wie 'nen Wurm! Hilf Christ! ich bin verloren! Mit dem Schwert Versteht er keinen Spaß! Sowie der Stahl Klingt, rast er wie der Wolf, der Blut riecht! – Aus Not muß ich mich wehren! Trefflich! bravo, Freund Leporello! – Ei, wie kühn! – Das wirkt Die römsche Erde – wahre Heldenmutter, Gebärt sie dich zum zweitenmal. – Fort! schrei jetzt Von Sbirren, Mördern, Überfall, Verrat – – Und daß dein Schreien recht natürlich klingt, Nimm diese leichte Wunde in den Arm! – Doch bleib mir in der Näh, damit du's hörst, Wenn ich dich wieder rufe! Element! Mein Arm! Ich sterbe! Sbirren! Sbirren! helft! He! Hülfe! Rettung! Fanget den Banditen! Leporello ab. Getümmel im Palaste des Gouverneurs. drinnen. Licht! Waffen! folgt mir, Don Octavio! drinnen. Mit Gut und Leben steh ich Euch zu Diensten. für sich. Wärs wahr, so würdest du's nicht sagen! – – So 'n Maulheld also! – Nun, es naht die Zeit, Wo Krieg und Frieden, Lieb und Glück, und Gott Und Glauben, nur die Worte sind, von dem Was sie gewesen. Ganz ergebenst gibt Man dann dem Bettler einen Fußtritt, und Gehorsamst fodert man vom Diener ein Glas Wasser! – An einem Fenster im Palaste des Gouverneurs erscheint eine Dienerin mit brennenden Kerzen auf Armleuchtern, – dann Donna Anna, die einen Augenblick spähend hinaussieht. erblickt die Donna Anna. Ha, wie ein Goldadler reißt Der Blitz sich los vom Gipfel des Nachthimmels; Der Eichwald stürzt vor ihm zu Staub und flammt Dabei empor in seliger Vernichtung – – So sink ich hin zu deinen Füßen, Weib, Und jauchze dennoch laut, daß ich dich liebe! Donna Anna winkt ihn zürnend fort und entfernt sich. Pah, Vergebens winkst du mich von dannen! Ich Erreiche dich, und wenn ich über Leichen, Durch deines Vaters Blutstrom schreiten müßte! Der Gouverneur, Don Octavio, und Diener mit Lichtern, treten aus dem Palaste. Lärm unter meiner Tochter Fenstern! Straf Und Tod ihm, der sich des vermaß! Erforscht ihn! Ich bitt um Ruh, Herr Gouverneur; wir sind Im fremden Lande. Ich bin hier Gesandter Und übe eigene Gerichtsbarkeit, – Wohin ich trete , da ist span'scher Grund, Und wo ich atme , da weht span'sche Luft , – Und jetzt, da meine Ehre freventlich Verletzt wird, sollt ich ruhig es ertragen, Und nicht einmal den Täter strafen dürfen? Ein bloßer Lärm, Gott weiß, woher entstanden, Beteiligt nicht die Ehre meiner Braut. Wie sprichst du, Sohn? Die Ehre ist mein Auge , Das kleinste Stäubchen, das hineindringt, macht Mich blind und wild vor Schmerz! Jedoch der Täter Ist schon entflohn! So forschen wir ihm nach! hervortretend. Das tut nicht not. Ich weiß, wo er sich aufhält. Wer seid Ihr? Redet. Ich bin span'scher Grande, Mit Namen Don Juan. Der Don Juan, Der für den König siegsgewaltig an Der Guadiana focht? Der steht vor Euch. Gebt mir die Hand! Wer für den König focht, Der ist mein Bruder. Herr, ich hörs, Ihr seid Ein echter Landsmann! Beiseit. Den gewinn ich noch Mit patriotschen Phrasen, um so eher, Als ich sie ernstlich meine! Laut. Seid gegrüßt In dieser Fremde – Wo man Spanien nennt, Da atm ich freier! – O kein Donner an Dem Himmel, und kein Laut auf Erden, quöll Er auch von schönster, süß'ster Lippe, gleicht An Macht dem Worte: Vaterland ! Weit mehr Als mutiges Geschmetter der Trompete Hat es schon in dem Kampf mein Herz erregt: Bei seinem Klange steigt Hispania Mit ihren Hochgebirgen, ihren Strömen, Mit ihren Helden, ihren Heldengräbern, Im Morgenlichte aus der dunklen See. Verächtlich ist der Stolz des einzelnen, Doch herrlich, wie die Heimat selbst nur sein mag, Ist auch der Stolz auf sie! Die Rede stimmt Nicht ganz mit Eurem Handeln. Ich vernahm Schon viel von Euch. Ihr kränzt Euch öftrer mit Der Liebe Rosen, als wie mit dem Blatt Der Eiche. für sich. Merkt der etwas? – Eifersüchtig? – Wer eifersüchtig ist, liebt weder, noch Wird er geliebt. Mir winkt die Hoffnung! Laut. Freund, Erst lernt den Wahlspruch kennen, den ich rufe: König und Ruhm, und Vaterland und Liebe! – Ein schal Getränk ist jede Lieb und Lust, Die in dem Herzen keimt, wo die vier Worte Nicht einig lodern wie ein Kranz von Flammen! Ein einzig Wort vergaßt Ihr – es heißt Treue. Ich bin kein Sklav , – wer wollte Ketten tragen? Genug. Wer Ruhm und König liebt, kann ihnen Nicht untreu werden, denn nichts Höheres Gibts in der Welt. – Und nun sagt an, wer war Der Frevler, welcher hier nach Lärm erhob, Und, irr ich nicht, nach meiner Tochter schrie? Wißt Ihr denn nicht, daß jetzt ein großer Magus, Gekommen aus Norddeutschlands Eiseswüsten, In Roma hauset und die Luft verpestet? Im schwarzen Mantel, weißen Antlitzes, Als hätte nie die Sonne es gerötet, Schleicht er am Aventin, – vergebens mühn Die Häscher sich, ihn zu ergreifen – Er Entwischt mit Geisterhülfe immerdar! Ihr meint den Doktor Faust? Dem Habicht ähnlich Zieht er um Eure Tochter Zauberkreise, – Er wars, der heute mit Beschwörungen Sie locken wollte dort auf den Balkon, – Doch Stahl und Männermut sind kräftger als Magie. Mein Schwert wies ihm den Weg! Ich dank Euch; aber wißt: nicht Zauberei, Und nicht der Stahl gefährden oder schützen Die Ehre Donna Annas. Ehre wandelt Den eignen Pfad, trotz aller Schwingungen Von Zauberkreisen oder Schwertern, – Tod Ist wen'ger als die Ehre, – sie versteht Nur Siegen oder Sterben – Meine Tochter auch ! – – Armseliger Patron, der Faust, der mit Ohnmächtgen Höllenkünsten sich bemüht, Das reine Herz der Donna Anna zu Gewinnen, – selbst des Himmels Zauber würd Es nicht verblenden, denn der Himmel kennt Nicht schönre Stelle als ihr kindlich Herz! für sich. Der Vater selbst bläst meine Leidenschaft Zu Gluten an, – wie göttlich über solch Ein Weib zu triumphieren! – Welten können Verwaist und ohne Seele rollen durch Den leeren Raum, – doch wo ein fühlend Herz schlägt, Da regen Welten, Sterne, Sonn und Mond, Des Morgens Rot, des Abends falber Glanz, Mit allem Schmerz und aller Freude, eng Verschlungen sich im allerengsten Kreis – Gewaltger Herz- als Welt -Eroberer! Octavio, es gilt den Zaubrer einzufangen, Dem Scheiterhaufen ihn zu übergeben. Zu Don Juan. Begleitet Ihr uns, Herr? Das ist unmöglich. Leer steht und ohne Aufsicht meine Wohnung. Ich muß dahin, – doch werd ich unterwegs Die Diener der Gerechtigkeit ermuntern, In Eurer Nachforschung Euch beizustehn. Das nehm ich an, und bitte nun zugleich, Das Hochzeitsfest des Don Octavio Und meiner Tochter, anberaumt auf morgen, Mit Eurer Gegenwart zu zieren. Sicher erschein ich da. 'Ne Ehre wirds uns sein. Ich bitte, Herr – die Ehre ist auf meiner Seite. Lebt wohl bis dahin. für sich. Geht zum Teufel, Narren! Der Gouverneur und Octavio ab. Luft! Luft! – O Worte! Worte! Ach, nur da, Wo Küsse euch ersticken, lebt sichs selig! – Und doch, gehts mir nicht selbst grad wie dem Baum, Der voll von Blättern, bei dem schwächsten Windstoß Aufrauscht? – Mich freut es nur, daß ich dem Faust, Dem Renommisten der Melancholie, Der nach der Hölle seufzt, weil er die Himmel Nicht kennt, die sich in Donna Annas Augen, Anmut und Feuer strahlend endlos auftun, Die beiden Toren auf den Leib gehetzt – Ob er kann zaubern, mag er jetzt bewähren! – Ich aber lobe mir die Wirklichkeit! Der Gouverneur, Octavio sind fort, Das Haus geöffnet, und der Sieg ist mein! Er will die Haustür öffnen, findet sie aber verschlossen. Verwünscht! die Schlauköpfe sind auf der Hut Gewesen, fest verschlossen ist die Tür! – – Pah! alles einerlei! den Endzweck fest Im Aug gehalten, – ist er stets nur einer , So führen tausend Pfade auch zu ihm! – He! Leporello! Leporello! kommt. Mein Arm! mein Arm! dem Feldscher hing das Haupt, Als er ihn sah, gleich einer Tränenweide – Der Doktor legt' an seine Nas den Finger Wie eine Lunte, und dann brach er los Von Skrupeln, Skrofeln und von Kachexie! Durch Euch bin ich ein Krüppel auf zeitlebens! O welch ein Lohn für meine treuen Dienste, O welch ein Gang der Welt! Ich rate dir, Sei still! Sonst sollst du vor der zweiten Wunde Die erste bald vergessen. – Kennst du Die Dienstmagd Donna Annas? Herr, was denkt Ihr? Ich eine Dienstmagd kennen! Und zwar diese ! Verstell dich nicht! Du schleichst auf mein Gebot Drei Tage schon um dieses Haus, und hättest Das Mädchen übersehn? Sie leuchtete Der Donna, als sie an das Fenster trat – Ein schwarzes Aug, ein Grübchen in der Wange, 'Ne weiße Haut, ein zarter, voller Arm, Und eine nette Taille, sind ihr gar Nicht abzusprechen. Und das alles saht Ihr, als der Blitz von Annas Schönheit auf Euch fiel gleich einem Adler, wie Ihr sagtet? Warum nicht? Stand die Dienrin doch daneben. Ihr seid ein Kraft-, Universal-Genie! Die Herrin lieben, von der Dienerin Entzückt, – und das so durcheinander während Desselben Augenblicks – Weh mir! mir schwindelt! Mensch, hältst du mich für einen albernen Pedanten, eingewurzelt in Systeme ? Wo ich die Schönheit finde, schätz ich solche, Und sei sie, welcher Art sie wolle. Die Dienerin liebt anders als die Herrin, Und nur Abwechslung gibt dem Leben Reiz Und läßt uns seine Unerträglichkeit Vergessen! Sprich! Wo ist des Mädchens Zimmer? 's ist eine Sünde, daß ichs Euch verrate, – Der Engel wohnt dort in dem Erdgeschoß – – O mögen alle Teufel ihn beschirmen, Denn vor den Engeln seid Ihr gar nicht bange! Eil an ihr Kammerfenster, – frag sie aus, Wo man die Donna Anna außer dem Palaste morgen treffen kann. Das soll Ich mitten in der Nacht tun? So will ichs! Das ist romantisch; auch mag ich nicht warten. Du weckst sie auf als kosender Liebhaber – Was wär wohl süßer für ein Mädchen als Aufwachen unter Schmeichelei, dem Lenz, Bei dem selbst alter Weiber Stirnen sich Verjüngen? Nun, es sei versucht! Ich singe ihr eins vor, das selbst die Bären Erschüttern, und dem Dachs im Winterschlaf Die Ohren spitzen wird gleich Türmen! Sing So leis als möglich! Keine Sorge! Hört nur! Es ist ein altes Lied, ein seltnes Lied, Und ein verschmähter Liebender hat es In einer Sommernacht, nachdem er lang Geseufzt, endlich erfunden und gedichtet. Singt. »Ein Käfer auf dem Zaune saß – Brumm, Brumm, Die Fliege, die darunter saß – Summ, Summ, Fliege, willst du mich heiraten? – Brumm, Brumm, Ich gebe dir einen Dukaten – Summ, Summ.« Halt, brauch Vernunft! Vernunft? So muß ich sprechen, Denn Singsang bleibt doch ewig unvernünftig! In das Fenster flüsternd. Schläfst schon, Lisettchen? – Nicht ein Wörtchen? – Ach, du schläfst also noch nicht. Und du schmollst mir? – O mein Hermelinchen, mein Püppchen, wie kannst du mir schmollen? Zu Don Juan. Die verwünschte Ratte schläft nicht, sonst wär sie schon längst aufgewacht und hätte mir geantwortet. Sie wacht und kokettiert mit ihrem Schweigen. Woher kennst du ihren Namen? Ihren Namen? Eh, den les ich so aus ihrem Wuchs, aus ihrer Physiognomie – Herr, wie der Name, so sieht der Mensch aus, – Ihr glaubt nicht, was so ein Schall tut, – die Amalien sind lang und schwärmerisch, die Karolinen drall und pfiffig, die Julien voll und lebhaft, die Wilhelme, die Christiane, haben so etwas von viel gebrauchten Geldstücken, und sind abgeschabt, mager und bleich, – die Augusten neigen sich zum Braunen, – o Herr, bin ich ein Unglückskind, so ists, weil mich meine Eltern Leporello taufen ließen. Wieder am Fenster. Lisette! Schönste der Jungfrauen! Geliebteste! Eine Silbe! Nicht schlafen kann ich und nicht essen. Deine Schönheit, deine Tugend rühren mich zu Tränen. Wie die Zwiebeln! Was ist deine Gebieterin gegen dich? Ein ärmliches Ding, ein Würmchen! Spitzbube! Still – Paßt auf – das hilft – das glaubt sie! Hast recht – die Mädchen machen es mit dem Glauben, wie die reichen Leute mit der Speise, – sie nehmen nur das zu sich, was ihnen angenehm schmeckt. drinnen. Pfui, Pfui! Wer lärmt da so unverschämt? Will er denn noch gar nicht aufhören, der böse Mensch? Hört Ihr? »Noch gar nicht aufhören!« – Sie hat mich schon lange gehört! Sie schimpft! Das Schimpfen ist die Lärmglocke der Hetären! Ihr kennt die Praxis; doch ich auch ein bißchen. Einen Ring vom Finger ziehend. Seht, so ein Reifen ist für Mädchenaugen des Zirkels Viereck, der echte Zauberring – die Beste gibt dreimal ihre Unschuld zu, wenn sie nur einmal einen Ehmann kriegt. Die Ehherrn sollten künftig die Trauringe statt auf dem Finger in der Nase tragen, zum Zeichen, daß sie doch an der Nase geführt werden. am Fenster. Teuerste Lisette, kennst du mich denn nicht? Ach deinen Trauring hab ich dir mitgebracht, ich führe dich morgen zum Altar. Ehdem führte man zum Altar Kälber und Schafe, um sie zu schlachten, jetzt die Mädchen, um sie zu heiraten. – Nichts Neues unter der Sonne! Graf Leporello – Wie Kerl? Du hast dich für einen Grafen ausgegeben? Si Signore – Ich liebe stets als ein Graf. Graf Leporello – Täuschen Sie kein armes Mädchen; hüten Sie sich; so arm ich bin, ich bin doch eine Römerin; bei der Madonna, ich töte Sie, wenn Sie mich betrügen! – Warten Sie! Ich komme. – Wo ist der Ring? Hier, du Süße! Nimm ihn. Treu und echt ist meine Liebe, wie sein Gold! Zu Don Juan. Nicht bange, Herr; er ist von Kupfer und kostet nur sechs Pfennige, die ich mir aber morgen zu ersetzen bitte. den Ring nehmend. Ja Graf! ich steck es an, das Pfand der Treue, Und folge dir bis in den Tod! Nun hab Ich dich – o glücklich Los. – O meine Mutter! Die macht dir Augen zu der Mißheirat – Die arme Frau, der Schmerz wird sie verzehren! Doch mag die ganze Welt zusammenbrechen, (Sie bleibt schon stehen, mir ist gar nicht bange!) Was kümmerts mich, wenn ich nur dich besitze! – Wo treff ich morgen Donna Anna am Gelegensten? Ich hab mit ihr deinthalb Zu reden. Donna Anna wandelt morgen In ihres Vaters Garten. Und wo liegt der? Am Tibertor, gen Osten. Nun weiß ich genug. – Nur einen Kuß, Holdselige, zum Abschied. Du willst mich schon verlassen, Ungetreuer? Bis morgen nur, du Angebetete! Dann fahr ich vor mit Rossen und mit Wagen Und führ dich an den Ebro, wo mein Schloß Hoch in der blauen Luft sich auftürmt! Komm, Und nimm den Kuß, und denke mein! Zurück! Wer wagt es da zu küssen, wo Ich weile? Ei, Herr – Bei deinem Leben, schweige still! Die einzge Speise, deren man nicht satt Kann werden, ist der Kuß; – wo man ihn nimmt In meiner Gegenwart, da raubt man mir Das Essen vor dem Munde! Graf, mein Graf! Wo seid Ihr? O mein Himmel – Er verläßt mich, Verschmäht den Kuß, den ich ihm biete – – Der Keil des Donners soll ihn schlagen, Mein Fenster aber schlag ich zu! – zu Leporello. Den Donner Der zugeschlagnen Fenster laß dir dreist Gefallen! – Vor mir Nacht, bis daß Aurora Vor Scham errötet, weil die Donna Anna Viel schöner ist als sie! – He, Leporello – Die Grafen Lucar, Sanvitale, lad Zu mir. Ein Spielchen also? Ja, mein Guter, Und Wein! – Auf Einer Karte, Einem Blättchen, Das ganze Geld, das ganze Leben schwebend, Dem Sturme des Geschickes preis geboten, Das nenn ich zeitvertreibenden Genuß! Laut jauchz ich, flög auch alles in die Luft! Der Einsatz war just dieses Wagstücks wert, – Và banc der Possen! In zwei Nächten schlieft Ihr nicht. Pfui Pfui der Schlaf. – Die Zeit, die man Nicht schläft, heiß ich dem Tode abgewonnen – Die Augen offen, gleich nie müden Sonnen! Ab Der Mensch ist unersättlich im Genusse – Und wirklich, wär ich nur in seinem Stand Und Reichtum – höchstens wär ich noch einmal So schlimm als Er! – Nun zu dem Sanvitale! Ab. 2. Szene Zweite Szene Rom. Zimmer des Doktor Faust auf dem Aventin. Eine Lampe brennt. erhebt sich vom Schreibtische. Unselge Nacht, willst du denn nimmer enden? – Weh mir, sie hat erst eben angefangen – Noch schlugs kaum elf. Zurück zur Arbeit also. – – Zur Arbeit! Zum Studieren! Schmach und Jammer! Tödlicher Durst und nie gestillt! Sandkorn Zum Sandkorn sammeln, grenzenlose Und immer grenzenlosre Wüsten um Sich her zu bauen, und sodann darin Sich lagern, schmachtend und verzweifelnd! – Ha, Ein Raubtier wird man, bloß um sich zu nähren ! Empfindungen, Gedanken, – Herzen, Seelen – Den Menschen und das Leben, – Welt und Götter, Ergreift es und erwürgt es sich zur Beute, Und schreit vor Zorn und Hunger, wenn es kaum Zehn Tropfen Bluts in ihren Adern findet. – Wer hat gestrebt wie ich? Wo ist der Pfad Der Kunst, der Wissenschaft, den ich nicht schritt? Weit ferner, kühner (ohne Rühmen darf Ichs sagen) drang ich darauf fort als all Die Herren, die beim ersten Meilenstein Umkehren, voll von ihrer Reise Wundern, Und als gelehrte, selbstzufriedne Toren, Von größern Toren angestaunt, sich brüsten! – Ich aber wanderte und wanderte – Es blieb die Sonne hinter mir zurück, Und nur ein paarmal merkt ich, daß sie trübe, Fast wie ein rotgeweintes Mutterauge, Mir durch die Nebel nachsah. Weg mit ihr! Es war ein schönres Licht, nach dem ich suchte! Und schau, da ist das Ziel: vor mir der Abgrund, In den die Ströme der Gedanken, des Gefühles, brausend niederschäumen, ohne Rückkehr, In dessen Brodem sich des Zweifels Hyder, Mit roter Zunge giftig flammend, windet Und mästet! – Golgatha, Du Schädelstätte, wo das Licht der Welt Der Todesnacht sich hingab, daß es sie Verkläre – Auch dein Strahl dringt nicht hieher! – Du großes Buch, du Bibel (Fels des Glaubens sagt man), Von Varianten voll und Doppelsinn, Voll Weisheit und voll sonderbarer Sprüche, Mit keinem sichren Laubdach überwölben In diesem dunklen Sturm mich deine Blätter; Welk, trocken, fallen sie wie Laub des Herbstes, Und wenn ichs nicht im Innern spüre, führen Nicht tausend Bibeln, tausend Paradiese, Nicht alle Ewigkeiten mich zum Heil! – – – O, welche Flammenschrift brennt mir im Haupte? »Nichts glauben kannst du, eh du es nicht weißt , Nichts wissen kannst du, eh du es nicht glaubst !« Kein irdscher Geist, der dieses Rätsel ahnt, Und nicht nach seiner Lösung seufzte, – Keiner, Der sie gefunden, – Selig die, die schwach Genug sind, um vom Schein geblendet, Schein Für Licht zu halten, – blindlings glauben, weil Sie blindlings hoffen! Die schlaftrunknen Seelen! – Doch lieber will ich unter Qualen bluten, Als glücklich sein aus Dummheit! – Erdball, Boden, In dem ich wurzeln muß, der mich geboren – Ein ausgerißner, ausgedorrter Stamm Bin ich, wenn ich in deinem Mark den Fuß Nicht fassen, Kraft und Freude nicht draus ziehn kann, Wenn ich entwurzelt mich in jenen Abgrund, Der bläulich über unsren Scheiteln dämmert, Voll der bigotten Hoffnung stürzen soll, Daß dort in wüster Unermeßlichkeit Und Ferne, aufzufinden sei, was ich Im nahen, engen Raum nicht finde! Nah ! Was ist mir näher als das Vaterland ? Die Heimat nur kann uns beseligen, Verräterei, die Fremde vorzuziehn! Nicht Faust wär ich, wenn ich kein Deutscher wäre! – O Deutschland! Vaterland! Die Träne hängt Mir an der Wimper, wenn ich dein gedenke! Kein Land, das herrlicher als du, kein Volk, Das mächtger, edler als wie deines ! Stolz Und stark, umkränzt von grünen Reben, tritt Der Rhein dem unverdienten Untergang In Niederlandens Sand entgegen, – kühn Und jauchzend, stürzt die Donau zu dem Aufgang – Unzählge deutsche Adern rollen grad So stolz und kühn als Deutschlands Ströme! – Schau, Hoch über dem eiszackigen Gebirg Tirols, erhebt der Adler sich zur Sonne, Als wäre da sein heimatlicher Horst, – Die Berge schrumpfen unter seinem Blick Zu Stäubchen ein, – tief unten aber in Tirols beengten Tälern, schlägt für Kaiser Und für Ehre manches Herz weit höher als Der Adler wagt zu steigen – Selbst dies Rom, Wer wars der diesen Käfig brach, in dem Die Nationen römisch erst, und dann Papistisch siegen lernten? Ha, hier war es, Wo Alarichs, des gotischen, wo Karls, Des fränkschen Landsmanns, wo der Hohenstaufen Siegsrauschende Paniere flatterten, Geliebkost von der heißen Luft, die einst Die Kön'ge tötete! Hier ist es, wo Sankt Peters Kuppel sich emporgewölbt, Den Blick der Menschheit ins Endlose auf- Zufangen, – schmählich jetzt geborsten vor Dem Donnerrufe, der aus Wittenberg, Aus meiner Vaterstadt, aus Luthers Munde, All meiner Zeitgenossen größten, über Die Alpen furchtbar herklang! – Und – doch o doch! – Auch Luther, du! den Wahn hast du verjagt, Zermalmt, zernichtet hast du wie der Blitz, Nur etwas andres, Wahrheit , die besteht, Beruhigt, hast du nicht gegeben – Offner Als je tut sich vor dem enttäuschten Auge Die Tiefe auf – Zertrümmern, mit den Trümmern Ein Trümmerwerk erbaun, das kann der Mensch, Das kann er mit den Körben oder Eimern, Durch die er Stein zum Steine, Tropfen trägt Zum Tropfen, die er Kunst und Wissenschaft Benennt! Aus Nichts schafft Gott, wir schaffen aus Ruinen ! Erst zu Stücken müssen wir Uns schlagen, eh wir wissen, was wir sind Und was wir können! – Schrecklich Los! – – Doch sei's! Es fiel auch mir und folg ich meinen Sternen! – Deutschland! Vaterland! – und nicht einmal – Im Schlachtfeld konnt ich für dich kämpfend fallen – Du bist Europas Herz – ja ja, zerrissen , Wie nur ein Herz es sein kann! – – Roma du! Dem Vaterland entfloh ich, als es mich Nicht konnt befriedigen, – Ich floh zu dir, In mir die ganze Menschheit aufzunehmen, Und mich in dem Genuß zu sättgen, – denn Du Rom! bist der zerbrochne Spiegel der Umfassendsten Vergangenheit, und Heldenbilder, Im Glanz des Blutes der Nationen und Der eingebornen Bürger funkelnd, tauchen Aus dieses Spiegels Scherben mehr und mehr, Je tiefer man hineinblickt, gleich den Sternen Aus dunkler Nacht! – Du bist die Stadt, wo sich Im Augenblick Jahrtausende verschmelzen: Papst auf dem Kapitol , und auf dem Pantheon Efeu von gestern! Roma, Herrscherin Der Welt! Weh, dreimal Weh ihm, der gleich mir Zu dir gekommen, daß du ihn erhebest! Die Reiche alle sanken hin vor dir zu Staub – – Warum ? weiß niemand! Denn du warst nicht besser Als sie! – Und als dein Schwert nun alles Dir errungen, fielst du auch mit allem wieder In Nacht und Barbarei – Aus dieser quoll Ein neues Blut, ein neues Licht hervor, – Umsonst hast du gestritten und gewürgt – Der Klang nur von zerrißnen Geistesfesseln, Die du um halb Europa wandest, ist Geblieben – Frankreichs, Spaniens, Italiens Sprachen! Haben denn die Schlachten, Hat der Ruin der Völker nur den Zweck Von Märchen, die erfunden zur Belehrung? Sind Welt begebenheiten weniger Als Welt geschichte ? Jammer über uns! Denn die Geschichte hat die Menschheit nie Gebessert! – Nur ein Don Juan vermag Inmitten unter der Zerstörung Lava An Millionen Blumen sich vergnügen, Und nicht bedenken, daß es viele zwar, Doch alle auch vergänglich sind, – daß wohl Zerstreuung, aber keine Sicherheit Und Ruhe da zu finden, wo die Eine, Die Unverwelkliche nicht blüht! – So sei's denn! Länger ertrag ichs nicht! Ich sucht die Gottheit, Und steh am Tor der Hölle – doch noch kann Ich weiter schreiten, weiter stürzen, wär Es auch durch Flammen – Ziel, ein Endziel muß Ich haben! – Gibt es einen Pfad zum Himmel, So führt er durch die Hölle, mindestens Für mich – Wohlan, ich wag es! Nicht erlernt Ich die Magie, mit der ich an den Wurzeln Des Erdballs rütteln, Sterne löschen kann (Nur meine Zweifel nicht), auf daß sie nutzlos Als Theorie versaure – Ha, dort liegt Mein Höllenzwinger (ach! kein Herzbezwinger!) – Windsbrausen hinter der Szene. Faust tritt ans Fenster. Hum, Spürt ihrs, was ich beginne, Elemente? Bleich glänzt der Mond und furchtsam fliehn Die Wolken unter ihm dahin – Er tritt wieder zurück, nimmt den Höllenzwinger, einen mit Ketten umwundenen Folianten, aus dem Verschluß, und legt ihn auf den Tisch. Laß fliehen! – Aufschlag ich es das Buch der Tiefe – Er schlägt den Höllenzwinger auf; sogleich erlöscht das auf seinem Tische brennende Wachslicht. Was da? Erlöscht das irdsche Licht? Meinthalben! Nichts konnt es bei zahllosen Nachtwachen, Am Pulte überstanden, mir erhellen – – Ein andres ewges Licht, aus jenen Schachten, Worin die Mittagssonne sich auf stets Verdunkeln würde, ruf ich mir zu Diensten! – Herauf, und leuchte mir! An der Stelle, wo Fausts Licht erloschen ist, steigt eine glutrote Flamme auf und leuchtet ihm während der ganzen folgenden Szene. Faust faßt sich, wie schwindelnd, an die Stirne. Weh! Funken der Hölle! Bin ich verloren? Mut! Mut! vorwärts! In den Höllenzwinger blickend. Welche Schriftzüge! Ich, ich selbst wars, der sie malte – Und jetzt! – Verwünscht, der Mensch erkennt nur dann, Wann ers bereits getan hat, das was er Getan, und Teufelshände Sind öfters unsichtbar im Spiel! – Wieder im Anschauen des Buches verloren. – Wie giftiges Gewürme windet, dreht Sichs hier – dazwischen schwefelhafter Schimmer! – O Unheil und Verzweiflung! Was sind Tiger? Was sind Alligatoren, Krokodile? Nichts! nichts! 'Ne Albernheit, ein wahrer Spaß Hiergegen! – Dampf umweht mich, den kein sterblich Gemüt erträgt! Vom Buch auffahrend und in die Leere starrend. Ich sehe sie: die Pforten Der Hölle ! Ehern, brennend heiß, – vom Feuer, Das hinter ihnen lodert, hoch gerötet Gleich glühnden oder überschminkten Wangen Der Jungfraun oder Huren! – Alles eins! Weh dem, der je zurückblickt! An klopf ich, bebt' die Erd auch auf! – Adieu Ihr Engel, lieben Kinder, gute Nacht! Fort mit den Träumen , womit ihr mich oft Umgaukelt habt und bitterlich getäuscht, – Erwachen, wissen , daß ich wach bin, will Ich, sei es auch durch Stich der Höllenqualen! Feierlich und sehr ernst, die Hand auf den Höllenzwinger gelegt. Satan! bei jenem Namen, welcher dir Allein gebührt, – vor dem du stets erbleichst, Der ewig donnernd dir im Herzen rollt, – Den nie ein Mensch gehört, – der größer ist Als du, der du ihn trägst, – der hier gezeichnet Steht, ruf ich dich, erschein, erschein und leist Mir deine Dienste! Wieder in die Leere starrend Ha! auseinander fahren Die Schreckenspforten! – Welch Gerassel! – Ein Flammenstrom stürzt ein auf meine Brust – – Armselge Flammen, – ihr, ihr wärt's, mit denen Die Gottheit die Verruchten droht zu strafen? O meine Brust brennt heißer als wie ihr! – Doch schau! Da kommt es! kommt es! Eine Schlange Mit gelbem Auge, – schuppig, – mit dem Schweif Die Sterne peitschend und den Tartarus, Bewegt sich her – die Luft wird mir zu enge – Ich kann nicht atmen – schon umklammert Das Ungeheur mein Haus, mich von der Welt Absondernd, wie der Meeresarm das fern Entlegne Eiland! Die Glocke schlägt zwölf Uhr nachts. Faust horcht auf. Weh mir, dieses war Der letzte Klang, der hoch vom Turm, mir aus Der Menschheit Kreis entgegenschallt! – Sie hat Geschlagen, meine letzte, unter Menschen Menschlich verlebte Stunde! Es wird dreimal stark an die Tür gepocht, jedesmal begleitet von einem heftigen Donnerschlage. Horch! das sind Die Glockenschläge , die ich fortan höre! – – – Er naht, der Feind! – Nicht Hülfe ruf ich! – Eher In Tod und Ohnmacht, als in Furcht! – Herein! Er stürzt ohnmächtig auf einen Sessel. Ein Ritter, mittleren Alters, bleichen Gesichts, nach Sitte des sechzehnten Jahrhunderts, jedoch durchaus schwarz gekleidet, tritt herein. Wie? in Betäubung fällt der stolze Rufer, Da wir uns nähern? Also viel Geschrei Und wenig Kühnheit – Den Faust rüttelnd. Hund, erwache! aus der Betäubung sich aufrichtend. Wer – Wer nennt mich Hund? – Du Viper? Zittre vor Dem Fußtritt deines Herrn. Herr, Herr, Ihr lagt Vor Eurem Knecht in tiefer Ohnmacht! Einmal, Und nimmer wieder! Nur mein Körper, nicht Mein Geist war schwach. Dein Anblick war abscheulich. Der Torheit! Nicht das Auge, nur der Geist Dahinter, sieht! Entschuldigt Eure Schwäche Nicht mit der reinen Brill in Eurem Haupte. Wo denn die Trennung zwischen Geist und Körper? Eh ich Euch Antwort gebe, muß ich wissen, Wozu Ihr mich berieft? auf welcherlei Bedingungen? Wer mit dem Teufel dingt, Der wird betrogen. Auch der weise Faust? Er wird es darauf wagen. Gut, so greift Das Nächste und erreicht dadurch die Ferne. Hier meine Hand – Nur nicht davor gezagt – Ihr seid ja kein Trabant von ihm, mit dem Sie einst gerungen hat, und ringen soll, Bis meine Herrschaft sieget oder seine! Des Renommisten! Du bist längst besiegt! Besiegt? Ha, Frevler – – Wieder mit Kälte und Ruhe. Ja, wir stürzten – Zufall Entscheidet oft das Los der Schlachten, – List Bewältigte uns auch, – Er wollte herrschen, Ich wollt es auch, der Gleichberechtigte – Doch ich war offen, und Er heuchelte – Er hieß die Fesseln » Liebe « und sieh da, Es waren Toren allerwärts, die über Dem Klang des Wortes den der Kette nicht Vernahmen – doch die Nacht ist unerschöpflich, Das Licht bedarf der Nahrung und erlischt Deshalb gar leicht aus Mangel. – Sterne, Sonnen Verkohlen, Liebe sättigt sich, – es dringt Das alte Dunkel, womit wir die Welt, So weit sie sich auch dehnt, umlagern, schnell Hervor, wo etwas einbricht. – Er muß sich Schon wieder wehren, und wir greifen wieder An! Dicht am Himmel, keinen Fingerbreit Davon entfernt, stehn unsre Throne. – Zeig Das Herz mir, sei's auch ausgestopft und glatt Gesalbt mit gleißendsten Erbauungen Des Katechismus, das in seinen Schlünden Nicht auch für uns ein winklig Plätzchen hätte! Du sprichst von Finsternis , und ich will Helle ! He, Doktor! ists die Nacht nicht, die das Licht Gebärt? Steh ich nicht hier, weil jener Schein, Womit sie Euren Horizont umfärben, Nur Blendwerk ist auf schwarzem Grunde ? Wollt Ihr jene Lava-Adern nicht erspüren, Die in der Nächte tiefster rollen, alles Entzündend, aber alles auch entzückend? O welche Wonne! welcher Hochgenuß! Könnt ich euch fühlen, tiefste Pulse der Natur! Ihr sollt sie fühlen, Doktor – Für sich. wenn Du dir dabei den Finger nicht verbrennst. Gewagt, gewonnen! Ewigkeiten weg Für Augenblicke! Lieber bare Münze Als zweifelhafte Schuldanweisung für Die Zukunft! Du bist mein in diesem Leben, Ich dein im Tode! – Dafür aber fodr ich Die ganze Kraft, die dir als Cherub einwohnt, Fodr ich, daß du mit deinen mächtgen Flügeln Mich von des Wissens Grenzen zu dem Reich Des Glaubens, von dem Anfang zu dem Ende, Hinüber suchst zu tragen, – daß du Welt und Menschen, Ihr Dasein, ihren Zweck mir hilfst enträtseln, – Daß du (der Theorie nur halber, denn Die Praxis geb ich auf, seit ich mich dir Ergeben) mir, und wärs beim Schein der Flammen, Den Weg zu zeigen suchst, auf dem ich Ruh Und Glück hätt finden können ! Kleinigkeit! Sehr große Kleinigkeit! für sich. Zweideutler! 'Ne Kleinigkeit – doch warum eine große ? Doch erst ersuch ich dich (wir stehn ja nun Auf du und du) um ein paar Tropfen Bluts, Das Pakt zu unterschreiben. Hier Feder, Hier Papier! Alles bei der Hand? Viel Vorsicht! für sich. Und desto wen'ger Nachsicht ! verwundet sich an der Hand, und unterschreibt das Papier mit seinem Blute. Dann gibt er es dem Ritter zurück. Nimm sie hin Die alberne Formalie. für sich. Er ist mein ! Laut. Nun sollst du – Soll ? Sklav, welch frecher Ton? Was soll ich? Wer befiehlt mir? Doktor, Meister, Ich lieg vor dir im Staube! Lieg und zittre! Für sich. Ha, Die Schlange! Krümmt sie sich nicht nieder, wie Zum Sprunge ? O wie furchtbar wird sie sich Aufrichten, wenn die Zeit dazu gekommen! – Mein lieber Doktor, wissen willst du, was Das Glück ist? Glück ist die Bescheidenheit, Mit der der Wurm nicht weiter strebt zu kriechen, Als seine Kraft ihn trägt, – Glück ist es, gleich Dem Don Juan (von dem du viel magst lernen) Stets zu genießen und den Magen nicht Verderben, – Unglück ist es, daß dein Geist Zu schwach ist zur Verdauung irdischer Gesunder Speisen, und daher Luftbilder Aufschnappt – Und Glück ist es für Euch, Herr Ritter, Daß Ihr so traurig liegt vor mir am Boden, Daß ich mich schäme, für das geifernde Salbadern, das Ihr auskramt, Euch zu züchtgen. – – Elender Tor, was du da sprichst , das prüft Ich längst. – Wo denkst du hin? Gut weiß ich es: Die Hölle ist der beste Prediger Der Christenheit, – man fürchtet sie! – Doch nur Der aufgeblasne stolze Teufel selbst Kann wähnen, daß der Faust, vor dem er wimmert , Von ihm sich schrecken ließe! Wimmert! Wimmert! Man wimmert auch nach Rache ! – Wimmert! – O Ihr meine Hände reckt euch auseinander, Und packt ihn und durchkrallet seine Brust! Ruhig ! Droh mit den Tatzen nicht! Ich möchte Drauf schlagen ! Noch bin ich der Herr ! – Erfüll Das Paktum! sich erhebend. Leicht geschehn! Du brauchst nicht weit Zu fliegen – willst du glauben, willst du lieben, Nun so verlieb dich in die Donna Anna, Das schönste Weib, das je in Rom gewandelt. Den ganzen Rummel hast du dann auf einmal: Denn wer verliebt ist, seufzt und hofft, und glaubt Und jauchzt! Entriß ich dich dem Schwefelpfuhl, Daß ich in eines Mädchens Kreis mich bannen, Daß ich Stecknadeln lösen sollte, statt Der Riegel, womit die Geheimnisse Des Alls verschlossen sind? Es kommt die Stunde, Wo dir der Donna Anna Busennadel Weit mehr verschließt, als dir die Welt kann geben! Hinweg! – die Welt durchgründet! – Hoch, die Kuppe Umstäubt von Sonnen, wie von Flocken Schnees, Erhebt sich über uns der Äther – Dunkel Und immer dunkler, ein schwarzfinstres Auge, Aus dem verborgne Tücke späht und droht, Tut sich die Tiefe auf – Sie tuts! – Du bebst? Was beben! Freude klopft in meiner Brust! Umfasse mich! – Hinunter zu der Hölle – dann Zurück zu der Gestirne Höhen! – Hat Die Tiefe festen Grund, so soll mein Fuß Ihn treten, hat die Höhe freie Aussicht, So soll mein Auge darin schwelgen! Recht! Nur fürcht ich, daß dein Fuß am Grund Der Tiefe schwankt , und daß dein Auge, bei Der Aussicht von der Höhe, schwindelt. Wer war es, der die Pulse der Natur Erst eben noch mir zeigen wollte? Doktor, Ich war es! Doch bedenke, Menschlein, – nur In Übergängen wirds dir ungefährlich, Den Anblick der entschleierten Natur Zu tragen. Wenn du da, wo im Gewühl Die Sonnen fliegen, die Kometen lodern, Milchstraßen gleich Heerstraßen hin zum Thron Der Geisterfürsten flammen, plötzlich einsam Wirst wandeln, wird es, mit Vergunst zu sagen, Dir ohngefähr ergehen, wie der Katze Im Regenwetter. Ängstlich wirst du laufen, Mit trockner Pfote Obdach zu erreichen! Du wirst mir leid tun. Durch den Staub der Bücher Bin ich gekrochen, und bin nicht erstickt – Frei atm ich in der Glut des Firmaments ! – Dein Mitleid spar – ich mags nicht – hab ich Leid, So solls mein eignes sein – ein fremdes würd Es nur verdoppeln , Ritter! Kräftig Gesagt! – So faß mich! – Schau, mein Mantel weht Um dich gleich einem Rabenfittig – Treu Wird er uns in der Schwebe halten – Erde Zur Seite! – Horch, es nahen Tritte – Erst Hinunter, dann hinauf, wie du geboten! Er versinkt mit Faust. Der Gouverneur, Don Octavio und Diener treten ein. Das ist des Zauberers Gemach. – Ha, welch Ein Dampf! Ein Dämon muß es sein, der hier Geatmet hat! Wie Pesthauch qualmts! Faust ist Verschwunden. – Hat das Zimmer einen Ausgang? Ich sehe nur die Tür, durch die wir kamen. So fuhr er zu der Hölle! Vater, bleich Und bleicher werdet Ihr! Auch du erbleichst! Hier ist nicht gut sein – Fort! Während er den Gouverneur wegführt, wendet er sich noch einmal um zu den Dienern. Die Fenster öffnet! – – – Beinahe glaub ich selbst an Zauberei. Alle ab. 2. Akt 1. Szene Erste Szene Rom. Garten des Gouverneurs. Don Juan und Leporello treten auf. Ach, Herr, schon ist es vier Uhr nachmittags, Und immer kommt sie nicht. Es wäre besser, Wir gingen heim, und schliefen aus vom Spiel Und Schwelgen der verflossnen Nacht. Ausschlafen? Ha, siehst du diesen Garten, diesen Himmel? Wie dunkelblau der Äther, und wie hell Die Sonne, gleich dem Diamant im Finstern! Kein Wölkchen zu erblicken! – Ach, wie herrlich – Trauriges Auge, das hier schlummern kann – Ein umgestürzter Becher voller Lust und Kraft Umwölbt der Himmel uns, berauschend uns Und die Natur. Wie rot und trunken brennen An dem Gebirg die Trauben! Und wie zierlich funkeln Der Winzerinnen Backen zwischen durch! Der netten Winzerinnen, hochgeschürzt, Die Waden prall, den Fuß so fein und flink – – Das Wasser läuft mir in den Mund. – Der Tag Ist wundervoll – selbst die Ruinen strahlen In seinem Schimmer wie verklärte Geister – Solch einen Herbst trifft man in Rom nur an – In Siegeskleidung, ähnlich römischen Altvordern, hüllt sich das Gefild, bevor Es hinstirbt. – Wie ein goldner Rahmen, der Das schönste Bildnis, Donna Anna, soll Empfangen, liegt da die Natur. Sie kommt! Sie kommt! Ein weißes Damenkleid blinkt durch Das Grün des Parkes – O Lisette! die Lisette ist nicht bei ihr! Desto sichrer Treff ich sie in der Kammer, und Vorsichtge Liebe liebt verschloßne Türen. Sie kommt! sie naht! Was rauscht am schönsten? Geld Im Beutel! Das Gewand der Geliebten! Freilich So lang als Ihrs noch nicht – Ihr laset noch Kein Buch zum zweiten Mal. Mach fort! da ist Sie! Sie! Das arme Mädchen, wenns sich läßt betrügen! Ich liebe sie! Ihr lieben? – Nun, dann sagt doch: Wer ist es, der Kalbsbraten, Mädchen, Wein, Und Tanz, und alles was gut schmeckt, gut Aussieht, so liebt, daß er bei dem einen Das andre gleich vergißt, zum Beispiel bei Dem Duft des Bratens der Geliebten kaum Noch denkt? – Fragt die Studenten Salamancas, Ob sich ein Liebender so aufführt – Mir Hat Euer junger Vetter, Sennor Pedro, Einstmals gesagt: Ihr liebtet nie, Ihr kenntet Genuß und Phantasie nur! Was? Nur Phantasie wär meine Liebe? So Sagt Euer Vetter! So ist Phantasie Tausendmal besser als die Wirklichkeit! – – Jetzt geh fort! Leporello entfernt sich, Donna Anna kommt, ohne Don Juan zu bemerken; er tritt auf die Seite. Glänzend, augenblendend Der Tag – so trüb der Busen – – Nah die Hochzeit, So fern die Seligkeit – Mich faßt ein Schwindel, Wenn ich, den heitren Brautkranz in den Locken, Zufällig im kristallnen Bach mein Bild Erblicke – Grünt der Kranz noch lange fort, So sind es meine Tränen, die ihn frisch Erhalten! – Weh, ich weiß, was meine Seel umdüstert! Noch gestern nacht hört ich sein Schwert erklingen Und seine Stimme tönen. – Und sei Er der Gott Der Hölle, dir Octavio bleib ich treu! Du hast mein Wort! Dich will, dich muß ich lieben, Und sollt ichs dadurch lernen, daß ich mir Das Herz zerbräche – Liebe weniger Als Ehre! – Ach wie müd bin ich! Das Rauschen Der Hochzeit, ihre weißen Prachtgewänder, Wie donnerlaute weiße Wetterwolken, Die gegen Mittag an dem Horizont Aufsteigen, um sich abends zu entladen, Schwebt das mir vor – ich bin erschöpft, wie vorm Gewitter – könnt ich schlummern und mein Auge Zuschließen! – Ach es lächelt doch nicht wieder! – Sie setzt sich auf eine Rasenbank, wie zum Schlummer. – Was hört ich? Lieb' zeugt Liebe! Und tut sie's Auch nicht, so wüßt ich noch ein sichrers Mittel: Verachtung ! Denn Verachtung zu ertragen, Dazu ists Weib zu eitel – – Ha, sie liebt mich! Nur Tugend, Treu, schützt sie entgegen. – Was Ist Eisen im Schmelzofen, und was ist Tugend Bei dem Verliebtsein? Tugend wirft man schon Zu Boden, wagt man mutig nur den Angriff – Bei Weibern gar ist sie nur eine Art Koketterie, die unsren Sieg versüßt. Der Unschuld Bestes ist, sie zu verlieren. 'Ne Art Instinkt lehrt das die Damen, – auch Die Donna Anna fühlt davon ein bißchen! Er tritt zur Donna Anna. Erwache, Holde! aus ihrem Schlummer aufblickend. O Madonna! – Er! – Er selbst! – Fort Frevler! Warum willst du mich umgarnen? He, Diener! Diener! Deine Diener sind Nicht nah! – Verzeih, zum Schlummer senkte sich Dein Augenlid – Ich konnts nicht tragen – Denn Wenn du dein Auge schließest, so ists Nacht Um mich! Hinweg! Du schreckest mich! Nur wo Du atmest, leb ich. In die Wüste stöß'st Du mich, wenn du mich von dir weisest. Ha, Betrüger! Weder Gott, noch alle Hölle Vertreiben mich von dieser selgen Stelle! Octavio! Octavio! Der Zierling! Bei meinem Arm, ich töte ihn, weil du An ihn gedacht! Abscheulicher! Verwegener! Er preise sich! Denn daß dein Mund ihn nannte, Die schönste Grabschrift ists, die einem Mann Je ward! Des Lichtes Engel, werdet ihr Auch ungetreu? Und rafft der Stürme Tosen Gleich Wolkenbildern euch dahin? Ich weine, Ich lächle – hasse ihn, ja hasse dich mit Recht! Mich hassen? – Mich, der darin einzig sündigt, Daß er von deiner Schönheit Strahl getroffen, Ein Aar, der freien Flugs im Äther schwebte, Geblendet nun zu deinen Füßen stürzt? – – Doch hasse nur, denn auch der Haß wird lieblich, Wenn es der deine ist! Zurück! Du trügst Mich nicht! Nicht Liebe, – Abgrundsflamme ists, Die in dem Aug dir lodert – Sie versengt Mein Herz – Doch – Weh mir! – brenn es auch zu Asche, Ein Opfer sei's, das ich der Lieb und Treue bringe – – Nehmts gnädig auf, ihr guten Genien! Du hättest je Octavio geliebt? Wer gibt dir Recht, mich darum zu befragen? Unselge, dich willst du und mich vernichten – Den Schein bewahren, und der Wahrheit widerstehn – Mein Tod ists und der deinige! Dein Wort Hast du Octavio gegeben – Soll Das Wort, soll dieses Eis, womit Du deine Freiheit fesseltest, als noch Der Liebe Feuer dir nicht glänzte, dich Auch jetzt noch binden, da der Lebensfrühling Mit seiner jungen Sonne zauberkräftig Hoch über unsre Häupter tritt? – Wie der Gebirgswald, wenn der Wind des Sommermorgens Wollüstig sich in seinen Wipfeln schaukelt, Mit allen seinen Blättern aufrauscht, selbst Den tiefverstecktesten, und wie in ihm Die Vögel dann, des Tages Strahl begrüßend, Mit tausendfältigem Gesang erwachen, So regt ein neues Dasein unsre Pulse! – Ich flehe dich, ich fasse deine Hand, Sprich Leben oder Tod, mit einem Wort, Mit einer Silbe sags, ob du mich sterben sehn, Ob du mich lieben willst? Ich liebe dich, Und damit lebe wohl! Nie, Furchtbarer, Werd ich die Deinige! Du liebst mich? Schau, In lichter Glut flammt meines Lebens Nacht Empor, berührt vom ersten Strahl des Morgens! Die Sterne all, die früher einzeln mir Geleuchtet, schwinden hin vor dieser Pracht! Ach, nicht des Morgens freundlich Licht, nein, es Sind Blitze, die blutroten Flügelschlags Zerschmetternd und enteilend, diese Stunde, So schwül wie keine, uns erhellen. Senk nicht Dein Haupt und fürcht dich nicht vor Blitzen! Die Liebe macht dich herrlich und nicht schuldig : In kaiserlich Gewand, in Purpur hüllt Sie deine Wange! Don Juan, ich wollt, Daß ich im tiefsten Grabe ruhte! Geliebte, weine nicht; voll Wollust küß Ich sonst der Tränen diamantenes Geschmeide auf, und glaube mir, daß sie Als echte Edelsteine mir das Herz Zerschneiden würden! Er will sie umarmen. Wag es nicht, mich zu berühren – Bei Gott, du stürbest oder ich. Der Liebe Kann ich nicht wehren, doch die Ehre rett ich! Entfliehe nicht. Wohin du fliehst, da folg Ich als Besiegter. Nicht das Schiff flieht bänger Vorm Hauch des Sturms dahin, als ich vor dir! Bin ich ein Sturm? – O lächle, lächle nur Einmal, und wie du lächelst, wird das Meer, Das meine Brust durchtobt, sich ebnen, um Dein Lächeln nachzuspiegeln, – wird die Wolke, Die meine Stirn umdüstert, fortfliehn wie Ein schwerer Traum beim seligen Erwachen! O könnt ich diesen Traum doch nur weglächeln! Jetzt erst begreif ich, was der Tod ist – Er schließt das Leben, öffnet den Olymp! Bei deinem freudgen Blick, dem Todesengel , Erstirbt vor Schmach und Alter das Vergangene, Und tritt an dessen Stell ein neues Eden. Wer dir ins Auge sieht, der trinkt vom Lethe! Verführer! Höchster Schmerz und höchstes Glück Umarmen sich, wenn ich dich seh, dich höre! Seit Anbeginn der Welt sind Leid und Freud In Wort und Tat vermählt – Die treuste Ehe, Die je gewesen. Darum zag nicht – Heil! Da naht Octavio! für sich. Verflucht, ich war Im besten Zuge. Meinem Mund entströmten Die Bilder dutzendweise. – Laut. Fräulein, Gott Befohlen – Jener Don erregt mir Brustkrampf. – Wir sehn uns wieder. Nimmer! Doch! Gewiß! Für sich. Der Herr Octavio hat mich nicht gewahrt – Er kommt langsamen bürgerlichen Schrittes. Zur Seite tret ich in dies Lustgebüsch Und lausche auf die hübschen Redensarten, Mit denen er sich expliziert. Man kann Von derlei Schuften lernen, – sie besitzen Gefühl – das heißt, statt Phantasie und Geist Genug zu haben, mit der Leidenschaft Zu spielen, und mit ihr als goldnem Kranz Des Lebens Horizont zu schmücken, lassen Sie sich von ihr durchpeinigen, schrein laut Vor Schmerzen, und verkaufen diese Ware Für freie und selbstständige Empfindung. Und doch – die Weiber sind so dumm – nur Dummheit Kann sie besiegen – Mit den Wölfen heulen, Und bei den Weibern frömmeln, tanzen, lügen! Er tritt in das Gebüsch zur Seite, bleibt jedoch dem Zuschauer sichtbar. Er naht! Octavio! Er, dem ich Mich weihte, und dem ich bleiben will, weil ich Mich ihm geweiht. – Soll ichs ihm sagen, Daß Don Juan mich liebt? – Nein, nein, der Schläfer Soll nicht erfahren, welche Wolk ihm über Das Antlitz wegzog – Mut, Mut, arme Anna! Die Tochter des Don Gusman darf den Tod Nicht fürchten, und noch weniger ihr Herz – Die Treu ist ewig, Liebe ist vergänglich – Das Ewge siege! tritt auf. Zu Donna Anna: Er ist da, der Tag Der Feier, der den Jugendtraum erfüllt. Den Jugendtraum! Geschmückt zum Hochzeitsreihen, Stehst du geschmückt für mich! Für dich geschmückt! für sich. Das Echo klingt verdächtig: es verändert Die Worte! Grün, wie Hoffnungsschimmer, glänzt Der Kranz durch deiner Locken Dunkel – Selig, Wer solchen Schimmer sieht in solchem Dunkel! Wie lange will es dauern bis der Sennor Von Mantel und Barett, von Geld und Gütern, Von Kinderzeugung und Erziehung redet? – Der wird die Püppchen, die Octaviöchen, Die schrei'nden Zeugen seiner keuschen Glut, Empfindsam auf den Armen wiegen. – Welch Erbärmliches Geschmeiß! Schon als ein Knabe Verehrt ich dich als Götterbild – wie stahl Ich mich in deine Nähe – doch so nah Ich kam, selbst wenn du freundlich mich begrüßtest, Du bliebst für mich (so schien es mir) ein schöner, Doch ferner, ferner Stern! Nicht denken konnt ich, Daß überirdsches Glück, wie deine Stimme, Dein Anblick es mir boten, hätte nah Sein können! für sich. Macht der Hochzeit! Macht des Weins! Ich schwörs, weil Hochzeit ist, hat sich der trockne Herr Bräutigam etwas herausgenommen, drei Glas Wein getrunken, und sieh da, er wird Poetisch vor der Ehe! Jede Hoffnung Und jedes Sehnen ist erfüllt – Es strahlt Um mich des Daseins Fülle – für sich. Mich! Ich! Sich! – Der Selbstling! Nicht selger kann ich werden als ich jetzt Es bin! für sich. So ist es Zeit, du stirbst heut abend! Octavio, ich bin die Deine. Nimm die Hand Und führ mich zum Altar. Ich führ dich hin, doch erst Laß uns des Vaters Segen holen. für sich. Bravo! Nichts vom alten Schlendrian versäumt: Des Vaters Segen hilft zur Liebe just So viel, als Katzen bei dem Fischfang! Nach Der Hochzeit, Teuerste – für sich. Liebwerteste – – Ziehn wir, so denk ich, nach der Heimat, – auch Dein Vater wird uns gern begleiten – Nein, Er diene dem Könige solang er atmet! Vielleicht bewegen ihn doch unsre Bitten! Denn Ruh und Kinderlieb und überreiches Auskommen, winken ihm auf unsren Gütern. Auskommen! Daran denkt er nicht, und dessen Hat er mehr als genug! O zürn nicht, Freundin – Ich meint es gut. Dir sollt ich zürnen? Muß Ich dich nicht lieben bis in Ewigkeit? Komm! Verdienen will ich deine Liebe! Don Octavio und Donna Anna ab. tritt wieder vor. Der Armselge! Geld, Heirat und Auskommen Die Pole seines Lebens! Schade, daß Maschinen fehlen, um im Ehebett, Und in der Kirche, auf dem Ackerfeld Und in der Küche, solches Volk ersetzen Zu können! – – Herr Octavio irrt sich aber, Wenn er heut nacht ins Brautbett wähnt zu steigen – Denn mitten in der Hochzeitsfeier stürzt Er blutend auf das Estrich, oder Nicht heiß ich Don Juan! kommt. Herr, seid Ihr fertig? Noch nicht. Wie stehts mit der Lisette? Herr, Grad so, wie es mit Donna Anna stünde, Wenn Ihr sie satt bekommen. – Laßt mich weg Von Rom, denn in dreiviertel Jahr verklagt Sie mich auf Heirat! Heirat? – Weiß sie auch, Daß du kein Graf bist? Pah! Graf oder keiner – Ich bin ein schmucker Kerl, und das ist Das mächt'gste Kaisertum bei Mädchen. Noch Heut abend ist die Hochzeit Donna Annas! Verflucht! Bald zünden sie im Hochzeitssaal Die Kerzen an, und jede Kerze schlägt Als Blitzstrahl mir ins Auge! – Octavio Muß fallen! Und die Donna Anna muß Erobert werden! Du sollst dazu helfen. Recht gern! wenn Ihr nur so wie früher wohl Bei ähnlicher Gelegenheit, mich schirmt! Darauf verlaß dich. – Hier ist Geld, und sorg So klug nun als dir möglich – Auf der Hochzeit, Die gleich beginne, zu der man mich geladen, Reiz den Octavio zum Zorn, so daß Er dich verletzt, und ich den Schein erhalte, Mit Recht um deinethalb mit ihm in Streit Zu kommen. Leicht gesagt und leicht getan! – – Doch wenn er mir Ohrfeigen austeilt? So Geb ich für jede Ohrfeig dir vier Skudi! O hätt ich hunderttausend Ohrfeigen, Ich hätt vierhunderttausend Skudi! Sorg nun! Ab. – Nicht leicht ist dieser Beutel – Erst die Hälfte Für mich – – – Und mit dem Rest komm ich schon aus. Denn meines Herren Degen, welcher den Don Bräutigam durchbohren soll, versteh Ich selbst zu schleifen; – dann fünf Teufelskerle, Die bei dem Spaße Hand und Dienst uns leihen, Find ich an jeder Ecke, und bezahl Sie nur mit Groschen, – endlich noch Sechs Pferde, die uns mit der Braut im Nu Forttragen, kauf ich nicht, ich miete sie, Das Nachsehn aber laß ich dem Vermieter. Ab. Der Ritter und Faust treten auf. He, Meister, laßt auf diesem schönen Fleckchen Uns ausruhn? Knecht, wovon? für sich. Er nennt mich Knecht! Jahrhunderte soll er das büßen! Laut. Von Dem Glanze der Kometen, der Planeten, Der dich geblendet, – von dem Dunkel Des Abgrunds, welches dein Gesicht hat bleich Gemacht! – Bist nun zufrieden, und begreifst Du nun, was Ich , was Welt, was Gott ( wie ihr Ihn heißt ) sind? Schwächling, der du glaubst, daß Massen Befriedigen mich möchten, – daß ich albern Wie ein Eroberer oder Geizhals, Größe Auf Größe häufen möchte, ewig strebend Und nie am Ende ! Ja, versagen mag Dem Wanderer der Atem, wenn er da, Wo heiß und gelb, wie Flugsand aus der Wüste, Die Stern' im Weltsturm durcheinander jagen, Dem wilden Schauspiel zusieht, – doch dazu Bedarf es nicht des Firmamentes, denn Sowohl in der Sahara als im Sumpf Geht dir der Atem aus – Zeige mir Den Abgrund, welchen ich nicht bodenloser, Den Gipfel, den ich mir nicht schwindelnder, Das Weltall, welches ich mir nicht Unendlich größer denken könnte – Was Bis jetzt ich von der Welt erkannte, hat Mir nur bewiesen, daß es Größ und Kleinheit Darin nicht gibt, – und daß die Milb so sonderbar Erbaut ist, als der Elefant – Freund, nach Der Kraft und ihrem Zweck hab ich geforscht, Nicht nach der Außenseite ! Und die Kraft, Den Zweck begreifst du nicht, selbst wenn ich sie Entzifferte. Weshalb nicht? Weil sie jenseits Der Sprache liegen. Nur was ihr in Worte Könnt fassen, könnt ihr denken. Wie? die Sprache Wär größer als der Mensch? Sie ists! Gefühl und Sehnsucht, alle die sprachlosen Empfindungen, die gleich Gewitterschauern uns Durchbeben – Was sind sie? Nur Nebel, Nebel! Was sprachlos ist, ist ohne Sinn und Klarheit! So wär die ganze Menschheit nur Geschwätz! – Und warum fühl ich Durst, mehr zu erforschen, Als mir die Sprache bieten kann? Weil du Zu diesem Durst dich künstlich reizest. Machs Wie Millionen deiner Brüder – schlaf, Iß, trink und sei vergnügt. – Ha – welcher Schatten Durchzuckte plötzlich Höll und Himmel, Als du in vollem Glanze sie mir zeigtest? Als er hereinbrach, standen Engel, Teufel, Gott und du selbst erstarrt wie Wachsfiguren zitternd und verwirrt. Ein Schatten – Nun, ich glaube – dieser Schatten (Vielleicht auch nur ein allzuhelles Licht ) Hat oftmals manchen Geist entsetzt – Ich kenn Ihn nicht – Es scheint, als fiel er in die Welt Von außen. – Wie? Ja, denn nur die Welt, den Teufel, Den Gott, den du begreifen kannst, begreifst, Erblickst du! Lügner und Verräter! Wo Sind sie, die tiefsten Pulse der Natur, Die du zu zeigen mir gelobt? Sie schlagen In jedem Grashalm unter deinen Füßen! Du Schattenbild! Erbärmlicher – für sich. Er schimpft! Er schimpft, der Wurm! O wie ein Meer von Gift Gärts in mir auf! Ich spürs – ein Teufel weiß Nicht mehr als wie ein Mensch. Narr, der zum Satan Hinflüchtet, ruhig (oder wie ihrs nennt) Zu werden. Alle Hölle jauchzt' empor, Als sie dich rufen hörte. Wollt ihr Glück Und Seligkeit verdienen, so erhebt Euch erst zu dem Gigantengeiste, der Inmitten tausendjährger Flammen, die Vergeblich ihre Zungen an ihm stumpfen, Inmitten aller Zweifel, die wie Stürme, Gefühl und Denken aus den Wurzeln reißen, Inmitten seines Sturzes von des Himmels Höhen, An nichts verzagt, sich auf sich selbst verläßt, Und ewig haßt und kämpft in Siegeshoffnung! Der Geist, der statt die Zweifel aufzulösen , In sie sich fügt , und statt die Ursache Der Liebe zu ergründen, sich begnügt Mit Haß – das ist ein Geist, der Bären ziert, Doch keinen Menschen oder Engel. Freund, Ich habe mich in dir verrechnet! für sich. Glaubs gern! Zu großen Zwecken kann ich dich nicht brauchen, Doch da wir einmal wechselseitig sind Verschrieben, werde ich, solang du mein , Als Knecht zur Arbeit dich benutzen, und Mit deinen Kunststücken sollst du mir doch In etwas dienen! Herr, ich bin Euch ganz Ergeben – Schade nur, daß Ihr ein Mensch seid – Es liegt ein echter Gott in Eurem Wesen – Weh tuts mir sehr, daß ich zu klein, Eur Sehnen Zu stillen. – Doch das Gleiche liebt das Gleiche! Wen Sonnen blenden, der vergafft sich leichter In Mädchenaugen! – Seht den Spiegel hier! Was sagt Ihr zu dem Weibsgesicht, das draus Hervorstrahlt? Weibsgesicht – Ich hab 'ne Frau! Was liegt an der auch! Ich bin satt Der Weiber! Ha! Meinst du es so? Hast nie Geliebt? Geküßt hab ich, gehofft, gesehnt, – Doch wenig ist die Welt und groß die Sehnsucht. Wie konnt ich Mädchen lieben, eh die Gottheit Mir klar war? O ganz leicht! Beim schönen Werk Vergißt man oft die Häßlichkeit des Meisters, Beim Weibe oft die Gottheit und den Teufel. – Denk nicht, daß du auf deiner Lebensreise, Die heiße Zone, wo der Himmel brennt Der Liebe, würdest frei umschiffen können. Dein Geist mag schwelgen oder darben wollen, Du magst zum fruchtbarn Tal des Herbstes, oder Zum Eisgebirg des Winters steuern, – Der ersten Liebe Sommer mußt du erst Durchkreuzen – Und mir deucht, daß du ihm jetzt, Wo jeder Halt dir fehlt, ein neuer Halt Dir nötig ist, sehr nahe seist! Dem Faust ein Bildnis vorhaltend. Schau, Mann, Die Männin! Für sich. Ha, ihr Höllenfeuer alle, Versammelt euch in des Gemäldes Raum, Umfunkelt mir das Abbild Donna Annas, Verblendet den hochweisen Doktor! das Bildnis betrachtend. Schön – Sehr schön – noch nie sah ich so Herrliches – – – Wie bricht die Stirn aus dieser Locken Dunkel – So bricht der Gott der Sonne aus der Nacht! – Ich weiß, dies alles ist ein Höllentrug! Ich seh die Funken um das Antlitz sprühen – Doch sei's ein Trug – der Trug ist mehr wert als Die Wahrheit, als zu wissen, daß man nichts weiß! Der Donna Anna treues Bild erblickst du! Ich blick und blicke – zu 'nem Kinde werd Ich wieder – Eine Heimat, die ich nie geschaut, Umlächelt mich – Gibts andre Heimaten Als das Geburtsland ? – Dieses Auges Braun Kommt über mich wie Abenddämmerung – Der Tag erbleicht davor, doch Sterne, zahllos, Entsteigen, selbst die Finsternis verklärend , Dem Abgrund – Ach, des Himmels Gründe, Sandbänke sind sie gegen dieses Auges Tiefen! für sich. Nun karessiert der Entrich seine Ente, Vergißt Philosophie, Mathematik, Astronomie! Es ist 'ne Albernheit, Daß mich ein Bildnis so entzückt – Nicht Grund Seh ich dazu – und doch bin ich entzückt! Der Tor! Auch in der Liebe spürt er nach dem Grunde – Je grundloser je tiefer! Irr ich mich oder Hast du mir nicht gesagt, dies sei Der Donna Anna Bildnis? Ja, das ist es. So führ mich zu ihr, – sehen, sprechen will Ich sie Ihr Vater ists, der dich verfolgt! Du nennst mich Graf von Mezzocampi, Verjüngst mein Angesicht durch Zauberkunst. Ich bin dein Sklav. – Doch weißt du, daß die Donna Heut abend sich dem Herrn Octavio Vermählt? Vermählt? So ists – Horch! da rauscht Schon tobende Musik zum Hochzeittanze! Musik! Musik! Sie jubeln und mich faßt der Schmerz! – – Doch wie ein Donner in den Sommertag Fall ich in dieses Fest! – Mir dient die Hölle Und mit ihr stürm ich mir den Himmel! Don Juan wird dir dein Werk verderben: Herrn Octavio will er würgen und dabei Die Donna Anna sich gewinnen. Den Octavio erwürgen? Mag ers tun! Da Arbeitet er für mich, – denn wenn er den Herrn Bräutigam erschlagen hat, und denkt Der Braut sich zu bemächtigen, so klopf Ich auf die Schulter ihm, stürz ihn zu Boden, Und nehm die Braut! Das alles kannst du tun Durch meine Kraft. Durch deine Kraft? Wie meinst Du das? Das Schwert will etwa mehr sein Als der, ders trägt ? für sich. Der Eitle! Zeig mir Anna – In diesem Augenblick: – denn die Sekunden Tropfen aufs Haupt mir, wie geschmolzen Blei. – Laß mich sie sehen! Riechen – fühlen – Komm! Mit Faust ab. 2. Szene Zweite Szene Rom. Saal im Hause des Gouverneurs, mit der Perspektive auf mehrere andere festlich erleuchtete Säle, in denen große Gesellschaft und Tanz ist. Musik. Signor Rubio und Signor Negro kommen. Wie man zu sagen pflegt, gibt sich der Gouverneur viel Mühe, seiner Tochter Hochzeit glänzend zu machen. Er ist ein Narr, wie die Spanier alle. Nichts, gar nichts ist mit ihm zu beginnen. Drück ich seine Hand, so drück ich seine Ehre. Ehre! Ehre! ist das erste, zweite, dritte und letzte Wort bei ihm. Er hat sie nötig, wir Römer haben von ihr Vorrat genug geerbt. Ja, wir sind Römer und Christen dazu, wie man zu sagen pflegt. Hört, die Ballmusik, wie bestialisch, wie spanisch! – Wie schleppend! wie matt! – Kein Leben, kein Feuer, nichts Göttliches, keine Figur, keine Melodie! – Zwei Gläser Punsch! Verschont mich, Signor, – ich bin, wie man zu sagen pflegt, schon etwas benebelt. Benebelt? Ihr? Hilf Himmel! Seid Ihr nicht Polizeidirektor? Wer soll hier am Ende Ordnung halten, wenn Ihr trunken seid? Ach – Ordnung! Ist die Ordnung einmal da, so wird sie sich von selbst halten. Schlechte Ordnung sonst. Ihr kennt meine Polizei noch nicht. – Selbst in der Betrunkenheit bleibt sie möglichst nüchtern – Seht, auf einem Beine kann ich nicht mehr stehn. Jesus Christus, Herr Polizeidirektor, nehmt Vernunft an, macht keine Kunststücke, und freut Euch, wenn Ihr Euch auf beiden Beinen erhalten könnt. Was? soll ich doppelt umfallen? Jeder Fuß ist betrunken, und steh ich auf zwei Füßen, so fiele ich auch zweimal um. Man wird sich hüten! Trinkt Tee – eßt Eis – Noch ist die Braut nicht da, und der Ball hat erst eben angefangen – Herr, was soll aus uns werden, wenn der Ball zu Ende ist? – Ei, wie sie tanzen – um, um, – rundum – didelum – sie strecken die Beine zu gleicher Zeit nach Morgen und Abend, – 's macht wirblig – Und wie sie sich drehen, – dreht euch zum Henker, mir wirds zu kraus. Er wirft sich in einen Sessel. Der Saufaus! Er schläft! Und ist Polizeidirektor! – O wär ich Er! – He, Diener, tragt ihn ins Bett! Ins Bett? Warum? Noch bin ich ganz nüchtern , wie man zu sagen pflegt. Er wird weggetragen. nachdem er in die Tanzsäle gesehen. – Wo bleibt die Braut? Nicht richtig ist es hier! Don Juan und Leporello treten ein. Wer sind denn die? Der große ist der Herr, Der ausgedörrte, magere, der Knecht – Und wieder Spanier – Den Don Juan betrachtend. Am wilden Blick, Und an der Nas, krumm wie ein Adlerschnabel, Spür ich den Don ! zu Leporello. Erst Wein, dann Tanz, dann Mord! So sei 's! Das wird ein wüster Abend! Sind Die Braut, Octavio, schon da? Noch nicht Nun, Wein! holt aus dem nebenan befindlichen Büfett mehrere Flaschen. Rheinwein, Burgunder und Champagner! Hinweg damit – da kommt die Donna! Der Gouverneur, Donna Anna und Don Octavio treten ein. Am Altar Seid ihr durch Priesterhand vereint – So bleibt Euch treu bis in den Tod! für sich. 'Ne kurze Treue! Denn für den baldgen Tod will ich schon sorgen. Fahr wohl, o Tochter, lebe glücklich! Du Bist jetzt nicht mehr die meine. Vater, Vater, Du weinst? Wer weinte nicht, wenn er sein Kind Beglückt sieht? – – Doch auch du bist finster? Macht Denn großes Glück nicht immer finster? – Für sich. Ach Ich Heuchlerin! Zu groß ist stumme Freude – Laßt sie uns dämpfen mit Musik und Tanz! erblickt zusammenschreckend den Don Juan. Ja, Tanz! Musik! Mein Herr und mein Gemahl, Mit Euch eröffne ich den neuen Reigen. Du Teure! komm! für sich. Er tanzt wie ein Tanzmeister, Und nicht als der Gemahl des schönsten Mädchens! – zum Gouverneur. – Mein Herr, ich gratulier Euch, Eure Tochter Ist eine Göttin, Don Octavio ein Gott! Ich dank in beider Namen. Nie erblickte Die Sonne etwas Ähnliches. Ihr schmeichelt. Wer sieht das Paar dort tanzen, und kann schmeicheln? Hinter der Wahrheit bleibt er, macht er auch Die größten Worte! Kommt mit in den Saal. Der Gouverneur und Signor Negro gehen nach den Tanzsälen. Sie hat mich bemerkt: Sie zittert, und sie tanzt vor Schrecken. Wo Ich schrecke , da erobr ich Liebe – – Wie Ein Engel schwebt sie auf der Woge der Musik, ein Blitz der Schönheit zuckt sie durch Die Tanzreihn, bald vertauchend, bald verschwindend, Und meines Herzens Schläge sind die Donner , Die sie begleiten! – Ists Euch nun gelegen, Daß ich mit Don Octavio anbinde? Noch nicht! Erst mach ich ein paar Tänze mit, Doch gleich nachher ! Wie Ihr wünscht. – Wir können Losbrechen, wann Ihr wollt – denn Pferd' und Wagen Und Helfershelfer stehn bereit. Gut das! – Geht fort und mischt sich unter die Tanzenden Leporello tritt beiseite. Der Ritter und Faust, letzterer verjüngten Gesichtes und in prächtiger Kleidung, treten auf. Nicht Einer wird dich jetzt als Faust erkennen. Du warst von je ein kräftger Mann – doch jetzt – Ganz unvergleichlich, – infernalische Schwermut umzuckt dir Antlitz und Gestalt – Da stehst du, wie die Tann, in der Es lodert, und um die es brennt – Glaubs sicher, Mit solchem Feuer von Empfindsamkeit Und Wissenschaft, von Winters Ofenglut Und Sommers Hitze, wirst du jedes Weib Zu deinen Füßen sehn, besonders da Du wie Apollo in den Muskeln blühst Und glühest! – Schau, sie blicken schon nach dir – Nur Donna Anna nicht – bei der hälts schwer – Sie ist die echte Tochter des Don Gusman! – der kaum auf die Worte des Ritters gehört hat, im Anschaun des Tanzes. Ein Hochzeitsball! Wie festlich glänzt der Saal, Und wie den Lenz die Blüten, füllen ihn Die Damen! Ja, mein Doktor, abends auf Den Bällen, auf Hochzeits- und Siegesfesten, Da ist es, wo die Menschheit glänzt – beim Schein Der Lampen oder der Raketen! Freude Wohnt auf den Wangen, und in ihrer Glut Erwachsen zarte Rosen augenblicklich! Die heißen Rosen auf der Weiber Wangen Gehören Mir ! Das sind der Hölle feinste Und schlimmste Flammen – Keine Brust so tief, In die sie nicht zu dringen wüßten! Schau! Und da ist Sie! Stell mich ihr vor! Es ist Just Zeit dazu, – der Tanz scheint zu pausieren. Er tritt mit Faust in den Ballsaal. Der Gouverneur, Signor Negro und andere stürzen heraus in den Vordergrund. Ha, was ist da geschehn? Ein Schrecken zuckt Durch die Versammlung! Und die Herzen kehren Sich um! zu einem Diener. Was gibt es in der Stadt? Ist Feuer? Ist Aufruhr? Herr, die Stadt ist ruhiger Als je – Nichts Neues ist drin vorgefallen. So hat ein blinder Schrecken sich um uns Verbreitet. Schwerlich das, Herr Gouverneur. Ich schwöre, jenes leichenähnliche Gesicht, Das eben in den Saal trat, erregte dies Entsetzen. Jener Ritter, der den Grafen Von Mezzocampi meiner Tochter vorstellt? Den Unhold mein ich – Und der wilde Graf, Der mit dem Angesicht, in dem es brennt und zuckt, Als wären Flammen alle seine Mienen, Zur Seit ihm steht, scheint wahrlich auch etwas Von Höllenschönheit an der Stirn zu tragen! – So wäre alles denn ein läppsches Schrecknis! Schaut: Mit beiden Leuten redet meine Tochter Besonnener als wir! Was sagt denn auch Ein böses oder furchtbar wildes Antlitz? Nicht heuchelt es, wie manches zartre tut! Ihr Herren, laßt das Fest uns wieder neu Beginnen. halb für sich. Hm, ganz richtig ist es doch nicht! Das war nicht Schreck allein vor furchtbar wilden Gesichtern – Gott weiß, was mich überfiel, Als ich den totenköpfigen Kavalier Und seinen funkensprühenden Gefährten Erblickte. Sie gehen alle wieder in die Tanzsäle – Faust und der Ritter kommen daraus zurück. Nein, unmöglich ists, daß ich, Der Faust, dem alle Welt zu eng gewesen, In einem Augenblick im kleinen Raum Von eines Mädchens Antlitz, im Gelispel Von ein paar Mädchenlippen mich verliere! Und doch, so ists! Hab ichs nicht prophezeit? Die Pflanze, die vom Boden sich empor Will schwingen, muß mit Kot gedüngt erst sein, Bevor sie frei kann wurzeln und aufschießen. Der Kot – Ihr nennt ihn Leidenschaft , sei's Geiz, Sei's Ruhm, sei's Aberglaube, sei es Liebe. – – – Eh, stehst du endlich in der Region Des Leben-Südens , wo der Hoffnung, wo Der Sehnsucht Riesenbäume, mit den Wurzeln Zum Tartarus hindringend, schnell und furchtbar Zu Äthers höchsten Höhen sich erheben, So daß die Sterne nur als goldne Früchte In den belaubten Ästen schimmern, – wo Das Wort, das einst die Welt, im Wahn, daß sie Dadurch geschaffen, an dem Schöpfungstag Noch halb im Traum geflüstert, voller Wohllaut, Wie eine Silberglocke, schwebend in Dem Himmelsdome, durch die Nähe tönt Und Ferne: erste Liebe ? O auch ich, (Myriaden Jahre sind seitdem verflossen) War dieses Wortes voll! Was? wird der Satan Sentimental? Leicht möglich, daß er ehdem Es gewesen. Jetzt lacht er des Spaßes. Wie könnt er so unsäglich hassen, hätt Er früher nicht so ungeheur geliebt? Weich glüht das Eisen, eh' es wird zum Schwert – Den Glücklichen nur kann ein Unglück treffen – Der Teufel liegt dem Gotte näher als Die Milbe. Don Juan tritt aus dem Tanzreihn, Und naht mit seinem Diener – Er will schon Sein blutges Werk beginnen. Höchste Zeit, Daß wir gefaßt sind, ihm die Beute zu Entreißen. Du bist der Gewaltgere! – Was will der Sperber? Gleich dem Adler Schwebst du in weiten Kreisen ihn umgarnend Über ihm! Schnell! bau mir mit Flammenkraft Hoch auf des Montblancs Alpenhorn Ein Zauberschloß im Schnee und Eise auf, So glänzend als die Welt noch nie eins sah. Ein goldner Frühlingsduft soll es umweben, Und Regenbogen liebend diesen Duft Umschlingen – Und die Fenster sollen leuchten Wie Donna Annas Abglanz – Purpur, feurger Als Unschuldsrot auf jungen Mädchenwangen, Soll alle Wände schmücken, – Teppiche, Vor Wollust schwellend unter ihrem Tritt, Den Boden küssen, – was der Schoß des Meers, Der Erde Schachten, dir an Perlen bieten Und an Juwelen, dort solls strahlen! Während Du sprachst, ist es vollzogen, und das Schloß Steht da auf dem Montblanc! Nur Den Kleidsaum der Geliebten zu umglänzen, Reiß ich Fixsterne los von ihren Sitzen, Zu Weibes Dienern sie erniedrigend! – mit Leporello in den Vorgrund tretend. – Die Stunde schlägt – der Tanz ist aus – sie kommen Hier in den Vorsaal – wollen schon zu Bett – Tritt auf den Fuß ihm, Leporello! Donna Anna, Don Octavio, Herren und Damen sind mittlerweile gleichfalls in den vorderen Saal gekommen. zu Don Juan. Leicht Ist das geschehen! Zu Don Octavio. Herr, verzeiht – ich trat Euch auf den Fuß! Ist schon verziehn. Mein Gott, Da tret ich Euch schon wieder; bitte sehr, Entschuldigt! zu den Dienern, auf Leporello deutend. Werft den trunknen Knecht hinaus! Hinaus wollt Ihr mich werfen? Herr, wißt Ihr, Mit wem Ihr sprecht? Ich bin ein Edelmann, Bin aus Biscaya, wo der Bauer grad So adlig ist, als nur ein Grande in Sevilla! Diener, tut wie ich geboten! Holla! Wo ist mein Herr? O Don Juan, helft, steht Mir bei! tritt vor. Ein Schuft, der meinen Diener hier Beleidigt! Wehe, dieser Wetterstrahl Zuckt auf mein Haupt! – Wo ist mein Vater? – Ruft Den Gouverneur! Der Gouverneur ist hinten Mit Signor Negro beim Bankett! Ruft, ruft, Ruft ihn! Diener ab. zu Don Juan. Schuft selbst, der, ohne die Veranlassung zu kennen mich so nennt. zu Don Juan. Er will als einen Trunknen mich behandeln. Ihr kennt mich Herr, ich bitte, sagt die Wahrheit: Ists möglich , daß ich je betrunken werde? – Die Traube soll noch wachsen, die mich trunken Kann machen! Wer den Diener mir verletzt, Verletzt mich! Zieht den Degen! ANNA und MEHRERE ANDERE. Haltet! zu Don Juan. Ihr Begehrt es! Blut für die Beschimpfung! Gefecht zwischen ihm und Octavio. Schön! Da hats getroffen! an den Boden stürzend. Wehe mir – da sitzt es – o Mein Blut – ich sterbe – Anna, denke dessen, Der hier so frevelhaft zu deinen Füßen Erwürgt ward! Er verscheidet. vom Bankett aus den Hinterstuben herschallend. Tausend Jahre sollen leben Die Donna Anna und der Don Octavio! Gläserklang und Tusch. Vivant! Doch leider ist der Bräutigam schon tot, Und mein ist seine Braut! Kommt, mein Fräulein! tritt hinter Don Juan und klopft ihm auf die Achsel. Du irrst dich, Freund, sie ist die meinige ! Nicht dir noch ihm gehör ich – Auf Octavios Leiche deutend. Dieser bleibt Mein Herr! auf Don Juan und Faust losdrängend. Die Mörder greift! die Mädchenräuber! Ihr Herren, rührt euch nicht! – Ich bin der Faust, – Die Hölle dient mir, ich kann euch zertrümmern – Und was ich kann, das will ich auch zuweilen! – Fort mit der Braut! O Hülfe! Hülfe! Rettung! schnell dem Don Juan ins Ohr. Ich seh Ihr seid erstarrt vor Zauberei – – Doch denket dieses Worts, vergeßt es nicht: Auf den Montblanc führt er die Donna Anna! Für sich. Und wenn ihm auch der Teufel dienen muß, So kann er hinterrücks ihn doch verraten ! Faust und der Ritter mit Donna Anna ab. Der Gouverneur, Signor Negro und andere Herren stürzen herein. Die Stimme meines Kindes schlug mein Ohr – – Sprecht, wo ist meine Tochter? Was ich log, Das wird jetzt Wahrheit. – Faust hat sie entführt. Mein Kind ist fort – Was seh ich? – Eine Lücke Gähnt für mich durch die Welt! – Dem Zaubrer nach! Könnt Ihr die Luft durchschiffen, alter Herr? Und Don Octavio liegt blutend auf Der Erde! Weshalb ward ich achtzig Jahre alt? Um dies zu schaun? Leicht möglich! Ach, Mein einzges Kind in eines Zaubrers Arme! Nur ohne Sorg – daraus befrei ich sie! Wer wars, der diesen totschlug? Ich! Im Zweikampf! Du? Meinen Diener hatte er verletzt, Und darum straft ich ihn, und rühm der Tat mich! Herr Gouverneur – glaubts nicht – der Bösewicht Wollt gleichfalls Eure Tochter rauben, und Der Streit des Knechts war abgemachter Handel – Ich will verwünscht sein, wenn ichs nicht gleich ahnte – Die Polizei – O wär sie nun nur noch bei Sinnen! Der Signor Rubio! Zieht Stilette! Zieht Stilette! Octavio gerächt, und Don Juan getötet! Herr, Herr, laßt uns entfliehen! Fliehen? weil Ich siegte, ordnungsmäßig im Duell ? – Den Gouverneur kenn ich und seine Ehre – In seinen Schutz tret ich vor diesem Haufen! – Revanche geb ich jedem, der sie fodert. – Doch nicht mit Häschern, Sbirren und Stiletten, Mit seinem Schwert rächt sich der Edelmann! Er redet wahr und als ein Spanier – Zu dem andringenden Haufen. Zurück, ich nehm ihn auf in meinen Schutz! – – O Gott, ganz Spanien gäb ich hin, wenn ich Die Hand nur meiner Tochter wieder sähe! – – Tief, tief bin ich gesunken! Selbst das Bild Des Königs, welches mir so lange stolz Als Pol-Stern vor dem Aug geschimmert, Verdunkelt sich in dem Gedanken an Der Anna Jammer! – Doch den Faust Empfehl ich Gott , die Anna ihrer Tugend , Und Don Juan dich fodr ich vor mein Schwert ! für sich. Der Gouverneur hat seine letzte Glocke Gehört! Ich steh zu Diensten! – Leporello, Sorg für das Nötige zu Kampf und Flucht. Für sich. Zwei Palmen waren es, die schützend um Die Quelle in der Wüste standen – Don Octavio und der Gouverneur – da liegt Die eine , und die andere wird sofort Gefällt – dann stürz ich (Faust der Gaukler wehrt Mir nicht, – denn wär auch sein der Höllenthron, Nicht hauset er in ihrem Busen) los Auf sie, erringe sie, selbst vom Montblanc, Und liebe sie, und – Und? Herr Gouverneur, Ich bin bereit! So kommt! – Wie viele Diener Habt Ihr bei Euch? Nur diesen einzigen. So nehm ich auch nur einen mit! Er winkt einem Diener. Gasparo, Du folgst mir nach! In Tod und Leben, Herr! zeigt auf Octavios Leichnam. Schafft fort die Leiche! – Zu Don Juan. Auf also zum Streite! Der Gouverneur mit Don Juan, Gasparo und Leporello ab. Das sind nun echte spanische Manieren! Statt durch die Hülfe der Gerechtigkeit Den Mord zu strafen, oder mit dem Dolch Den Mörder sicher treffen wollen, – Totschlag Um Totschlag! – Könnt ich nur den Rubio Erwecken! – Eine blutge Hochzeit! Schauerlich! Alle fort. 3. Akt 1. Szene Erste Szene Rom. Platz vor einem der nördlichen Tore. Nacht, jedoch nicht sehr finster. Der Gouverneur, sein Diener Gasparo, Don Juan und Leporello, treten auf. Sind wir hier ungestört, Gasparo? Ja. Dann Don Juan entblößt Eur Schwert. Ist leicht Geschehn. Nicht schämt es sich der Nacktheit. für sich. Wenn es Errötet , ists vom Blute. Die Erinnrung An Donna Anna, an Octavio Umschwebet meine Klinge. Amen. Schlecht Und unnütz tönt das Wort zum Schall des Stahls. – Zur Sache, Herr – jetzt wehrt Euch, ich greif an! Gefecht. Ha, erster Gang! – Der Alte wehrt sich tapfer. – Der zweite Gang – Und noch ists nicht zu Ende? – Herr, Herr, macht schnell, sonst kommt die Polizei, So träge sie auch ist. – Der dritte Gang! Da sitzt es! Drei sind aller guten Dinge! Es ist geschehn um mich – Holt einen Priester! Gasparo ab. Wo nichts mehr helfen kann, da ruft man Pfaffen! Und das ganz folgerecht. Denn niemand hilft So wenig als ein Pfaffe. Ehrenvoll, Nach dem Gebrauch, in dem ich auferzogen, Im Zweikampf fall ich – Und nun ists mir doch, Als wäre Sünde jeder Kampf ums Leben, Man nenn ihn Zweikampf oder Mord – – O Christus, Heiland, öffne huldreich mir Des Himmels Tore, und verzeih dem Greis, Daß er dem Vorurteil der Jugend folgte, Und darin hinsank! Jesus! süßer Trost, Dein Name schon stillt meine Furcht – Ich fühls mit Scham und fühls mit Lust: wie winzig Sind unsre Fehler gegen Gottes Gnade – Nur Tropfen stürzend in den Ozean ! Herr, fort – hört wie die Pferde stampfen, schnauben! Sie riechen Blut und Blutbann! Gleich – doch sieh, Der Alte will mit mir ein Wort noch wechseln. Du, Don Juan, sieh diesen Blutstrom – Laß Wie Lava ihn in deinen Busen dringen, Und dessen Finsternis mit Flammenrot Erhellen, grad wie mich dein Blut auch würd Entsetzen, wenn ich Sieger wäre – Und Dann denk an Gott, an dein Vergehen – denk An meine arme Tochter – Nicht verfolg sie – Vielmehr errett sie von dem Faust, und führ Sie ins Asyl des Klosters. Euch im Tod Belügen, ist mein Wille nicht. Deshalb Vernehmt: daß Eure Tochter Nonne würde, Wär schade um sie selbst, – sie ist zu schön, Um ungebraucht zu welken. An Betschwestern Erkenn ich alte Buhlerinnen , ganz so sicher, Wie an den Scherben eingeschlagne Töpfe. Und Donna Anna ist noch immer rein Und edel. – Mein Vergehen? Was versteht Ihr unter dem? Denn was ich einst getan, Das wißt Ihr nicht, und was ich heute tat, War alles sehr natürlich; das Natürliche, Mein guter Alter, ist auch wohl das Rechte. Ich liebte Anna – ist sie denn nicht hübsch? Octavio wollte sie durch Heirat mir Entreißen, – wars nicht klug, daß ich dem wehrte? Ihr fordertet mich zum Duell, – ich mußte Mich wehren, sei's auch, daß ich Euch erschlug. Zwar glaubt Ihr, daß das Recht auf Eurer Seite Gewesen, – doch ich glaub, es war auf meiner. Das Recht ist hundertfach und jeder übt Sein eigenes. Mich leitete, was Euch, Was mich, was jeden Erdbewohner führt, Nur nennt man es verschieden. – Warum betet Der Priester? Warum quält sich der Geschäftsmann? Weswegen schlägt der König seine Schlachten, Den Blitz und Donner an Zertrümmerung Und Tosen überbietend? Weil sie endlich Vergnügt sein wollen. Stets ruf ich den Wahlspruch: » König und Ruhm, und Vaterland und Liebe«, Doch darum nur, weils mir Vergnügen macht, Dem Inhalt dieser Worte mich zu opfern! O meine Tochter! – Nicht willst du den Trost o Mir geben, daß du von ihr abläßt? Nimmer! So höre denn, was ich als halbe Leiche Noch zu dir rede: durch die Todesnacht Zuckt es wie Blitzstrahl – es lebt ein Gott – Meinthalben! Die Erde ist so allerliebst, daß mir Vor lauter Lust und Wonne Zeit fehlt, um An den zu denken, der sie schuf. Ists Gott – Nun um so größrer Ruhm für ihn – den Koch Lobt man mit dem Genusse seiner Speis Am besten. Don Juan, dir ist der Frevel – Scherz ! Des Schwiegersohns, des Vaters Tod, verhöhnst Du in der Hoffnung, ein schuldloses Mädchen Zu rauben. Glaub mir aber, sterbend spür Ichs nur zu deutlich: es gibt einen Ernst, Der mehr bedeutet als wie das Vergnügen, Die Tugend nur ist unvergänglich, nicht Die Lust, mehr als das Leben ist der Tod, Und die Vergeltung ist unsterblicher Und schrecklicher als die Beleidigung! He, Leporello! Haben wir noch Zeit, Den Moralisten weiter anzuhören? Mein Gott, schon kommen Leute! Don, sterbt wohl – Seht dort das Pantheon , und denkt, in Rom Woll Sterben eines einzelnen nicht gar Viel sagen. Für die Lehren habet Dank. Die Donna Anna such ich auf, und hoff In ihren Armen seliger zu ruhn Als Ihr im Paradies in Gottes Anschaun. Mit Leporello ab. Er trotzt! – Bald steh ich vor dem Thron, von welchem Die Gnade niederflammt, die Rache – Dort denk ich deiner, Juan! – Weh, meine Sinne Vergehn – Wo bin ich? – Löwenzungen funkeln Und lecken – scheußliches Gewürm kriecht über Die Brust mir – Ha! – Ja – Vaterland, Und Donna Anna – Waren das nicht Worte, Die ich einst hörte oder einst gesprochen? – – – Er stirbt. Gasparo kommt mit einem Priester zurück. Er ist schon tot. Wir sind zu spät gekommen. Allmächtiger! verzeih ihm seine Sünde! Die Bitt ist unnütz. Ich dien ihm lange Und wüßte keine Sünd, die er vollbracht. Wie? Eben fiel er erst im Zweikampf! Herr, Er fiel im Kampf um Don Octavios Blut Und Donna Annas Ehre. Nicht dem Menschen, Der Gottheit nur geziemt die Rach und Strafe. Der Gouverneur dacht anders. Weil die Gottheit So selten straft, so meint' er wohl, es wär Recht gut, wenn auch der Mensch ihr etwas nachhülfe. – Er und der Priester tragen den Leichnam fort. 2. Szene Zweite Szene Gipfel des Montblanc. Prächtiges Gemach im Zauberschlosse des Faust. Aussicht auf Alpen und Land. Faust und der Ritter treten ein. zornig. Erbärmlich ist die Kunst, die du hier zeigtest! Nicht würdig Ihres Blicks ist dieses Schloß, Ist dieser Saal! Ich schäme mich darob! Du willst ein Teufel sein, und kannst nicht einmal Mit Glanze, sei es auch mit falschem, blenden! Dein Aug ist wohl zu schwach, der Glanz zu stark, – Denn sag, was mangelt diesem Schloß, wo Perl Und Diamant, dem tiefsten Ozean, Dem felsgegründetsten Gebirg entrissen, Von Wand zu Wand mit Strahlen sich bekämpfen? Wo Purpur, brennender als Sonnenglut Aus Afrika, dich überall umflammt? Wo aller Zonen schönste Frücht und Blüten Gleich einem Sonnenregen Dach und Vorhöfe Umträufeln? Nicht der größte Kaiser kann Solch eines glänzenden Palasts sich rühmen! Was Kaiser ! Was soll das Mir heißen? Mächtger Bin ich als alle Lebenden – das Schloß Genügt mir nicht, genügt nicht meiner Neigung Für Donna Anna. Alles Mögliche Geschah – Allein du liebst das Grenzenlose! Die Kunst, die Wissenschaft, Kopf und Herz Sind ohne Ende und Beschränkung – Auch meine Liebe! Kraft und Dauer wohnen Nur in Begrenzungen. Armselge Lehre! Sie schmeckt nach dem einseitgen Haß Der Hölle. Was ich grenzlos fühle, muß Ich grenzlos zu erringen auch vermögen. Denn warum fühlt ichs sonst? Darum würd Ich sagen, wenn die Donna sich nicht nahte! So mach dich eilends fort aus diesem Zimmer! Der Ritter ab. Ihr Geister alle, die ihr mir seid Diener, Begrüßt sie mit dem Donnerjauchzen, mit Dem Wonnelispel der Musik – Senkt Euch nieder Sphären und umtanzt sie trunken Mit euren Harmonien – Ein Frühlingsleuchten Soll alle Erden, Meere, Inseln, jetzt , Da ich sie seh, umglänzen – denn sie ists, Sie ist es, meine Königin ! Musik und sonniger Glanz. Donna Anna tritt auf. Weh mir! Erzitternd (und es ist das erste Mal, Daß ich erzittre ) nah ich dir, du Holde! Du zitterst? Für sich. Zittr ich doch selbst vor seinem Zittern – Laut, sich wieder ermutigend. – Der Gedanke deiner Schuld durchbebt dich. Nein, der Anblick deiner Schönheit. So wünscht ich, meine Schönheit wäre Feuer, Dich, den Zertrümmerer von meines Vaters, Von Don Octavios Lebensglück, verzehrend! Ha! weißt du wer ich bin? Ich gedenke Nur dessen, was du tatest. Mädchen, Mädchen, Hüt dich! Der Mann, der sich das Geisterreich Bezwungen, weil die Erde ihm zu klein war, Und dem noch jetzt das Reich der Geister nicht Genügt: – der Faust – der stehe vor dir! Sei Faust, Sei Gott – Wähnst du, du könntest Lieb erzwingen? O Anna! Meteor der Liebe, blick Nicht zürnend auf mich nieder. Als du blendend An meines Lebens Horizonte aufstiegst, Des Himmels Schmuck, des Herzens Wonne, griff Ich trunken nach dem Licht, das mich entzückte, – Ich ward, ich blieb ein Kind – Was mich erfreute, Wollt ich besitzen. Mußt du denn besitzen , Was dich erfreut ? – Unerreichbar wandeln Die Sterne ihre Bahn, und jeder freut Sich ihrer dennoch! Flitter, Tand die Sterne! In deinem Aug nur wohnt mir Leben – Tot Bin ich, wenn du es mir entziehst. – O Himmel, Was ist der Haß? der Zorn? Vergängliche Empfindungen, nichts schaffend , selbst geschaffen! Lieb ist die einzge schöpferische Allmacht! – O meine Brust! – sie schwillt empor – mir taumelt Das Haupt! – All meine alten Welten stürzen Zusammen, – neue Meere kochen auf Und werfen neue Erden aus, wie Muscheln! – Wie schrumpft mir alles ein, nur du nicht! – Für Das Fleckchen, das dein Fuß hier hat betreten, Werf ich die ganze Welt weg – – Schämen sollt Ich mich! – Und du Herzlose, Unbewegte, Willst zu der Qual der Qualen mich verdammen, Zur hoffnungslosen Liebe? Ha! Antworte mir! sehr ernst. Wo ist mein Vater? – Fiel Nicht Don Octavio? – O Abgottsschlange, So schön geschmückt, als grausam und zerreißend! Der Schreckliche! O rette, Gott! Sein Geist Schnaubt nach der Liebe, wie nach Blut der Tiger! – – Sieh! grau und himmelhoch wie ein Senat uralter Erdtitanen, die Im stummen eisgen Trotz zur Sonne schaun, Am Fuß gefesselt zwar, doch nicht besiegt, Die mit Verheerung stäubender Lauwinen Das leiseste Geräusch, das sie im Traum Zu stören wagt, bestrafen, – liegen da Die Alpen , – – blicke weiter: (meine Kunst Reißt dir die Fern in den Gesichtskreis) Dort zieht der Rhone hin, stolz auf Lyon, Das sich in seiner Wellen Spiegel schmückt, – – Dann öffnen sich die grünen Auen der Provence , voll von Lieb und von Gesange, Und dort, wo, um dein Auge nicht zu hemmen, Der Pyrenäen Kett ich auseinander sprenge, Erscheint Hispania, wollüstig in Zwei Meeren seinen heißen Busen badend, – Und jene Türme, deren Spitzen, fast Wie Wetterstrahlen nach den Wolken zucken, Es sind die Türme deiner Vaterstadt, Sevillas – Ach, Sevilla! Herrliches Und nie erloschnes Bild aus meiner Kindheit – So seh ich dich jetzt wieder – Ja, du bists – Der weiße Marmor dort in den Zypressen Deckt meiner Mutter Grab! Ach meine Mutter! – Und alles dieses, Berg' und Länder, Ström Und Meere, schütt ich dir zu Füßen, ja Selbst meine Tränen! Zeigst du mir das Grab Der Mutter, und du denkst, daß deine Zähren Mich da noch rühren möchten! Wahre dich Vor meinen Tränen – Mürbe Felsen , vom Gebirg zermalmend stürzend, sind sie! Er Ist wie ein Gott der Tiefen – Doch ich nenn Ihn bei dem Namen, womit er geboren. Kühn wirds mich machen gegen ihn: – Mensch , Gedenke an dein Weib und laß mich frei. Mein Weib? Wer hat dir das verraten? Wüßt Ichs nicht schon, so verriet' es dein Erröten! Erröten! Ja, rot wird der Abend, wenn Des Nachts Gewitter drohen! Ritter! Ritter! kommt. Mein Doktor – Hund, Verräter! Das sind Worte! Und dieses ist die Tat : ihr untern Geister, Die er tyrannisierte, deren Brust Seit Millionen Säkeln Gall auf Gall Gehäuft hat wider ihn – Nehmt ihn fort – Laßt los die Galle, quält und martert ihn, Bis daß sein Schrei'n selbst seine Feinde rührt Und schreckt. Freund, säe, säe nur die Saat, Die du einst heulend ernten wirst – Sie fällt Auf einen Feuerboden, heiß genug, Um tausendfältge Frucht aus jedem Korn Zu treiben, – jede Marter wird mich lehren, Wie ich in Zukunft sie an dir verdoppele. Mit Zukunft droht man fortan mir nicht mehr. Ich fühl es schon: das Jahr ist kurz und lang Die Stunde. Gibt es Zukunft, Ewigkeiten, So ists die Gegenwart, in welcher man Sie findet. Das zeigt mir Ein Blick ins Antlitz Der Donna Anna. War ich einmal selig, So bleib ichs stets, trotz aller Höll und Marter. Ein Teufel nur kann glauben, innres Glück Mit äußeren Qualen auszutreiben. Der Hochmütge! Bist viel wen'ger als ein Teufel, Bist nur ein Mensch! Mein Ritter – Tief' und Höhe, Das Weltall hast du mir gezeigt, – doch glaube, So klein der Mensch ist, größer ist er als Die Welt, – er ist unendlich stark genug, Um nicht zu hoffen, daß er Teufel bändge, Zu hoffen, daß er einst Gott auf dem Thron Zur Seit sich stelle, wär es auch im Kampfe! Entsetzlicher! zur Donna Anna. So sprich du nicht; denn grad An meiner Liebe Größe, hat mein Geist, Der bis zur Hölle, bis zu jenem dort Schon hingekrümmt, sich wieder aufgerichtet – Ich spür es: ebenbürtig sind die Geister , Vom höchsten bis zum niedrigsten, und was Der eine ist, wär er auch noch so groß, Das kann und darf der andre werden! Werden ! Erzengel wollten werden , wurden Drachen! noch immer zur Donna Anna. Mein teures Mädchen, fürchte nicht – Ich weiß, Was Liebe ist, – weiß, daß sie eigentlich Aus Kleinigkeiten, Augenzucken, Spiel Mit weißen Händen, Wohlgefallen an Erträglich schöner, nett geschniegelter Gestalt, aus dunklem Trieb der Sinn' entsteht – Weiß auch, daß man mit Zuckerwörtchen, mit Schlechten Sonetten, süßen Blicken, halb Verstohlnem Angriff die Geliebte heimsucht, – Ich weiß, daß alles das ein Tand nur ist, – Doch dieser Tand wirkt auf mich, wie ein Fünkchen, Gefallen in die Pulvermin der Festung – Nicht zarte Blicke, – urgeborne Kraft , Glut bis zum Firmament erregt er mir – Mit ihr trotz' ich Gott, Satan und mir selbst – – Drum, wenn ich diesen da erniedrige, Den Himmel stürme, Erd und Meer erschüttere, So ists nur Lieb zu dir, die darin laut wird, Jedoch in andrer Art als wie gewöhnlich! Fort Mit ihm und peinigt ihn wie ich befohlen! Ah! Oha! Er wird fortgerissen. Gott beschütz mich! Welch Geschrei! Das waren keine irdsche Töne – das Vernahm kein Ohr noch, ohne daß das Herz Gebrochen wäre. So erklingts, wenn Zorn Und Jammer, Rache, Schrecken und Zerknirschung An unzermalmbarn Geisterfürsten malmen! Mein Haupt! Mir schmerzt das Haupt! Ich hab Arznei Zur Heilung. Weinend bitt ich dich um Gift, Daß ich vor dir mich rette. Nein, du sollst Die meine bleiben, auch trotz deines Willens. – Du sprachst von meinem Weibe – Hattest recht – Ich hab ein Weib – – Schau hin, nach Norden – dort Der Strom, die graue Stadt – Grausig und finster Gleich dir! Respekt vor ihr! Es wandelt da Am Elbstrom der Zertrümmerer , des Feder, Als er an Wittenbergs Schloßkirche Die Wahrheit schrieb, daß alle Erdensatzung Dem Wort und der Vernunft ist unterworfen, Gleich dem Kometenschweife wuchs und wuchs, Bis daß sie über Deutschland und die Schweiz drang, Und eurem Papst die dreigetürmte Kron Vom Haupte fegte! Ach, der Ketzer Luther – Und dieser sein Bewunderer – Mein Christ, In welche Hand bin ich geraten! Wie Papistisch und nach spanischer Erziehung Das klingt – so lieblich tönts in deinem Munde. Der fromme Irrtum selbst macht reizend dich Und reizender – bringt dich dem Menschen näher. Dem schönsten Antlitz fehlt zur höchsten Zierde, Oft nur ein Blattergrübchen, eine Narbe. Man sollte lächeln. Flammst du Liebe, und Philosophierst? Ich bin ein Deutscher und Gelehrter, Und die beobachten auch in der Hölle, Auch in dem Schoß von Gottes Herrlichkeit, Und dann auch, wenn sie rasen ! – Jene Frau Im kleinen Zimmer jener Stadt, die seufzend Die Hände ringt – sie ist mein Weib – sie weint Um mich – du aber wirfst mir vor, ich sei Mit ihr vermählt – Ich winke mit der Hand – Pestblässe überzieht sie, sie sinkt hin! – Sprich ferner nicht von meinem Weib – ich habe Keins mehr! aufschreiend. Ha! Gattinmörder! Königsmörder Und Volkserwürger, Schiffszertrümmerer Und Landverwüster, alles was du willst, Um deinethalben! Vater! Vater! nimm Den Kreuzgriff deines Schwerts im Namen Jesu Und rett dein Kind vor diesem Dämon! Törin! Dein Vater hat den Don Octavio Nicht eine Stunde überlebt. Tot ist er! Tot! Don Juan erschlug ihn! erbleichend. Don Juan! Den liebst du ? Lieben! Ihn? Wärs auch – ich flehe : Räch meinen Vater an ihm! Denn dir ward Die Macht – ich spür es nur zu wohl! Und selbst wenn Du ihn nicht liebtest – ich weiß, Er liebt dich – Auch das soll er nicht wagen – streben soll Er, und verzweifeln , je dich zu erreichen ! Mein Haupt – Ich danke dir, o Haupt, daß du Dich mein erbarmst! – Du brennst, du schmerzest, daß Ich fast das größre Weh davor vergesse. – Denk mein am Thron der Gottheit, Vater – Sollt Die Rach ihr angehören, so gehört Doch uns (ich fühls) gewiß der Schmerz ! Sie sinkt in einen Sessel. Und läg Sie da im Blut, nicht wankt ich in dem Vorsatz, Sie zu erobern! – Geister auf! Mit Wunderbalsam heilet sie – Ich merk, Es naht der Don Juan – Ganz fremd nicht ist Er ihrem Herzen. – Laßt uns ihm begegnen! Ab. 3. Szene Dritte Szene Wilde Gegend am Montblanc. Don Juan und Leporello treten auf. Nie kommt Ihr zu dem Zauberschloß des Faust – Wir sind so hoch schon, daß gleich Königen Auf Thronen uns der Atem ausgeht, Und dennoch sehen wir noch nichts. – Laßt uns Zurück – Hier ist kein Hüttenbauen. Sehr Gefällts mir hier – Nicht einen Schritt sind wir Des Lebens sicher – Schluchten gähnen bergtief Unter dem dünnen Schnee – Freund, da nur, wo Es in Gefahr gerät, bekommt das Leben Ein wenig Wert. Ja wohl: denn da nur, wo Das Geld zur Neige geht, wünscht mans am meisten. Laßt uns umkehren, Herr! Noch kann ich weiter! Mein Gott, so seht doch nur! Wir ließen schon Die letzten Wolken unter uns zurück, und stets Wächst noch des Berges Gipfel hoch und höher! Wenn man hinauf sieht, ists, als drehte Die Welt sich wie ein Eimer um, als ob Die Höhe, Tiefe würd, als könnt ich in Den Himmel fallen ! Davor sei nicht bange ; – Jedoch der Ausdruck war originell – Dies Goldstück nimm dafür. Dieses Goldstück? Säß ich mit ihm im Gasthaus hinterm Ofen! – Hier aber: – rings umher nichts Lebendes, Nur Frost und Schnee – die Alpenrücken wie Erstarrte Walfischrücken in dem Eismeer Allüberall – und wir dazwischen, einsam Wie die unschuldgen Fliegen in der Milch – Wahrlich, als mich Mama mit Qual geboren, Nicht ahnte sie, daß ihr unselger Sohn In solche öde Situation geriete – O meine gute Mutter – Herr, ich weine! Da muß ich lachen! – Zeig mir doch die Träne, Die echte Alpenfrucht – ich liefere sie Ins Naturalien – Kabinett. Erbarmen, Herr! Kehrt um! – Ich lob es allen Heiligen, Daß ich, werd ich aus dieser Not erlöst, – Mit – der – Lisette mich – verheirate! wird auf einen Augenblick ernsthaft. Auf Ehre, das ist viel ! Totschlag von Räubern Ist Kleinigkeit, doch Heirat! Heirat! Ha Das ist der Winter, der wohl mit der Kraft Des Eises, die bewegte Well des Bachs Anfesselt , doch sie auch erstarren macht – Das ist der frevelhafte, künstliche Versuch, die freiste göttlichste Empfindung, (So zart, daß bei dem leisesten Berühren – Erfuhr ichs selbst nicht schon? – sie in das Nichts Verfliegt, wie Pulver vor dem Feuer,) aus Der Waldesfrei' in die Familienstub Zu locken, – das heißt, Nachtigallen zu Hausvögeln machen, – eine Glut , die nie Gewohnheit werden kann noch darf , Bei der man, auch wenn sie nur augenblicks Gleich einem Blitzstrahl uns durchbebt, vor Vernichtung zittert, zum Gewöhnlichen , Gemeinen, zu erniedrigen – Ein Frosthauch Weht tötend hier um uns – Allein er ist 'Ne Flamme gegen den Gedanken an Verheiratung. – Ha! das Mädchen, das Ich lieb , umarme, das ich hasse oder Das Geld hat, heirat ich! Herr, das trifft zum Teil Bei meiner Heirat mit Lisetten trefflich. Ich hasse sie, wie eine Kröte. Ihr versteht Mich schon, wenn ich erläutere: das Geringe, Was ich an ihr zu lieben hatte, ist genossen, Und Speise, wißt Ihr, ißt man niemals doppelt. Don Juan will weitersteigen. Leporello hält ihn zurück. Herr, halt! – Da klafft ein Abgrund Den umgehn wir! Und seht! Jenseits bricht jemand durch die Felsen, Als wärens dünne Hecken. Sicher Der Teufelsritter, der den Aufenthalt Der Donna uns verriet, und seine Hülf Uns anbot. erscheinend. Menschenkind, der ist es nicht; Der büßt bereits an der verdienten Strafe. Faust ist es selbst. Faust selbst! Ei, welcher Held! Ich bin der Don Juan , und bin es selbst ! Don, laßt uns laufen – 's ist ein Zauberer – Er kann uns töten, uns verderben – Euch In einen Hasen , mich zum Löwen wandeln. Hohn biet ich aller Zauberei! Sie mag Spaß machen, gaukeln, Stirnen, Angesichter Verändern können, doch den Geist verändert Sie nie – Zu Grunde geht er, oder bleibt Was er stets war. Mag ich ein Hase werden Und du ein Leu, ich bleibe Don Juan , Und du bleibst Leporello, mein Bedienter. Zurück, Juan, denn nie erreichst du die Gesuchte! Atm ich noch, so hoff ich sicher Sie zu erlangen. Fliehe, sag ich, vor Dem Ausbruch meiner Macht. Vor deiner Macht ? Vor ihr, die nicht 'mal stark genug ist, um Dich Schwächling zu beglücken, dessen Brust So flau, daß sie nach Höllenflamme lechzte, Als noch des Lebens frische Quellen sie Umrieselten? Beglückt der Sklav in Ketten, Kennt er die Freiheit nicht! Wer liegt in Ketten? Wer stürmt mit übermenschlicher Gewalt Das Herz der Anna, und vermag das Fleckchen Nicht zu erobern? – Wozu übermenschlich , Wenn du ein Mensch bleibst ? Wozu Mensch, Wenn du nach Übermenschlichem nicht strebst ? Ein Über mensch, sei's Teufel oder Engel – Ist Weiberlieb so fremd, als wie nur irgend Ein unter menschlich Ding, ob Pavian, Ob Frosch, ob Aff es sein mag – Und, mein Freund, Ich bins, der in der Donna Anna Herzen lebt! Wir sind verloren, Herr – Ihr machts zu arg – Laßt mich an Euren Zipfel fassen – Sturm Und Ungewitter wehn aus seinen Augen! Ha, ist das wahr , wie ich es längst gefürchtet, So reiß ich Annas Herz mit seinen Wurzeln Und deinem Bilde aus! Dich aber werf Ich an die Grabstätte des Gouverneurs, Vielleicht die einzge Stelle auf der Erde, Wo du vor Geistern bebst. Du irrst! Ich bebe Vor dir nicht, nicht vor Geistern! Geister, werft Ihn dahin! Nehmt mich mit, Herr – Seht, Wolken! Winde! – Ach da verlier ich meine schöne Mütze noch Dazu! Don Juan und Leporello werden auf den Wink des Faust im Sturm davongeführt. Sie liebt ihn ! Reiß ich sie zu Stücken? – – Der Teufel hatte recht, nicht log er, da Er sprach: daß er unsäglich einst geliebt! – Nur wer geliebt hat, kennt den Haß , den Zorn. Nur wer sehr fromm war, kann ein Satan werden, Nur wer ein Satan war, wird echter Frömmling. – Die Donna Anna, sie die mich verschmäht – Wer sagts, ob ich sie heftger liebe oder hasse ? Ab. 4. Akt 1. Szene Erste Szene Kirchhof bei Rom, mit der Bildsäule des Gouverneurs. Anbrechender Abend. Don Juan und Leporello. He! Leporello! Herr, noch bin ich nicht bei Sinnen. Ein Gaukler ist der Faust, doch für die Reise, Die er uns durch die Luft hieher ließ machen, Dank ich ihm lebenslang! Wie flatterten Die heitren Seen, der Ströme Silberbänder, Wie stäubten Berg' und Tal, bebaute Aun, Belebte Städte uns vorbei. Eh' Überlegung Die eine Aussicht uns verdarb, war schon Die andre da! Ein Rausch, wie er den Aar Durchzucken mag, wenn er die weißen Firnen Stolz überflügelt, hält mich noch befangen! – Wo sind wir? In der Teufelsküche – Ich müßt 'ne schlechte Nase haben, oder Hier riechts nach Teufelsbraten, wenn nicht gar Nach Leichen. Die Gegend wär mir unbekannt? Die Höhn im Westen, schön vom Abendrot, Dem Blut der Sonne, übergossen, kenn ich. – – Ho, Leporello! Knecht! Erblickst du dort Den Doppelhimmel? Die Sankt Peters Kuppel , und Das Firmament ? Wir sind vor Rom ! O säßen wir doch lieber im Vesuv! Warum? Auf Trümmern sproßt das zartste Grün, Auf Trümmern singt am hellsten die Zikade, In der Zerstörung Mitte schallt am kühnsten Der Ruf der Freude, auf den Gräbern der Scipionen schmeckt der Wein am köstlichsten! Der Mord des Octavios, des Gouverneurs – Die Polizei? Was Mord! Was Polizei! Heut nacht speis ich in Rom , und morgen such Ich Donna Anna auf von neuem. Mag Die Polizei nur kommen, wenn nicht Grobheit, So sollen Konnexionen sie vom Leib Mir halten, – alle span'schen Kardinäle Sind mir befreundet. Konnexion! Ja Wenn das ist! Konnexion ist viel, Verstand, Verbrechen, Recht sind gar nichts. Lieber Verstand verlieren als die Konnexion. Ich hatt 'nen Onkel, der hatt einen Vetter, Der Vetter eine Tante, diese hatt 'Ne Nichte, die Nichte war Mätresse Bei einem Bischof. Still von deiner Freundschaft. – Was für Gestalten schimmern da so weiß Und stumm? Der Faust! der Faust! Was er versprochen, Hat er gehalten. Wir sind auf dem Kirchhofe, Und jener Reiter, marmorn, in der Hand Den Stab, – es ist das Denkmal auf dem Grabe Des Gouverneurs. Schon richteten sie ihm Ein Denkmal auf? Wahrhaftig, das war nötig! Sie hätten ihn sonst allzuleicht vergessen! Ich fleh Euch, spottet hier nicht, wo die Toten Zu unsren Füßen ruhn. Du fürchtest dich Vor Wurmfraß ? Und das sind die Toten. Hätten Die Würmer ein bißchen nur Vernunft – Sie wagten sich an Leichen nicht. Vernunft Mache also feig und Unvernunft mache Mut? Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. So denkt Der Ochse, wenn er vor dem Kopf ein Brett hat. Der Stier läuft fort, wenn ihm das Brett genommen. – Ich aber sag: auch was ich weiß, macht mich Nicht heiß! Die Inschrift an dem Fußgestell Des Denkmals lies mir. Wenn ich lesen könnte Soll ichs dich lehren, Schurke? Ach ich kenne Nicht einen Buchstaben – Für sich. Wär ich von hier fort! Dem Toten nah' ich nimmer! Hund! ich schlage Zu Stücken dich, wenn du drei Atemzüge Noch zögerst. Fürchte du die Lebenden Und nicht die Toten ! Muß ich also lesen! Nun, sei's versucht – die Not bricht Eisen – Recht, Wenn man so feig ist, mit dem Eisen nicht Die Not zu brechen. Nun, wirds bald? Die Angst! die Angst! Du! Ja, bei Gott, kurios Wird mir zu Sinne, – ich lerne schon, ich lerne – Es dämmert Wissenschaft in mir empor – Buchstaben, die ich nie gekannt, gesehn, Ich lese sie, und wären sie chinesisch – – Es heißt: Die Inschrift am Fußgestell der Bildsäule des Gouverneurs lesend. »Hier ruht der Gouverneur Don Gusman« – Er ruht und fault. – Wie gehts im Texte weiter? O! – »Und die Rach erwartet seinen Mörder!« Ein Eselskopf, der diese Inschrift machte, Nicht christlich ist sie und nicht heidnisch! Zu der Bildsäule. Ah, Herr Gouverneur, Ihr ruht als Christ, und drohe Mir Rache ? Ist das fromm? Liebe ich nicht bis Ins zweite Glied Euch, bis zu Eurer Tochter? Daß ich Euch totschlug und den lispelnden Octavio, geschah das nicht aus Liebe? Konnt Ich meine Liebe kräftger dartun, als Wenn ich den Mord des künftgen Schwiegervaters, Des frühren Bräutigams nicht scheute? Don, O Don! o Christus! Schaut, die Bildsäul wackelt! Der Mond geht auf. Ergreife dich Mondsucht? Nein, Sie wackelt! Nun, so hat man sie nachlässig Aufs Postament gesetzt. Nein, Leben steckt Darin, sie hats Gesicht verzogen. Ihr Empörtet sie mit Euren Worten. Treibt Der Doktor Faust allein nicht Hokuspokus? Tuns auch Verstorbene? Und fangen Die Steine an zu rasen? Dann ja wär Es rechte Schande, blieben wir zurück! – Auf Leporello, richte diesen Abend In unsrer alten Wohnung einen Schmaus Mir an, so auserlesen, daß der Duft Schon schwindeln mache – Dazu schaff Wein, in welchem Die Glut von hundert Sommern lodere, – Mädchen, Mit Purpurlippen, die wie Feuerfunken, Den Kuß verzehren, kaum da er gegeben, Mit Lippen, ewig brennend, nie erlöschend, nie Gesättigt, – weiß und fest, gefrorner Schnee Die Busen, und doch flammend, lad dazu! – Da wolln wir sehn, wer mächtger ist, der Geist Der Gräber oder der des Weins, ob Schatten Mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sich Ins Licht der Lust zu drängen wagen! – Drum, Diener, lad mir auch sofort den steinern Herrn Gouverneur zu diesem Gastmahl! Erbarmen! Gnade! Steine einzuladen Zum Schmause? Essen Steine? Trinken sie? Verziehn Sie das Gesicht , so mögen sie vielleicht auch essen! Ich bitte – Ich befehle ! – Red ihn an! Ein Kreuz Laßt mich erst schlagen! Kreuz und Elend trifft Dich – Schont mich! hört! schon red ich! hört! – Geehrtster, selger Gouverneur von Marmor – O Don, mir lähmen Zunge sich und Kniee – Mein Herr dort, (Ich nicht) fragt Eur Gnaden Mit aller schuldgen Achtung, mit Respekt – Laß den Respekt weg! – Ob Ihr heut zu Nacht Bei ihm wollt speisen? Flüstre nicht! Sprich lauter! Steinbilder hören schwer! O Gottes Engel! Wir sind verloren! Er nickt mit dem Kopfe! Ist er betrunken? Gute Geister loben Gott Den Herrn! Ist Trug hier oder ist es Wahrheit? Er geht sichern und stolzen Schrittes, es untersuchend, um das Denkmal. Dann spricht er. Nein, ein Betrüger liegt hier nicht verborgen – – So muß ichs selbst versuchen, selbst recht deutlich Anfragen! – Mein Herr Gouverneur – ein Schurk Und eine Memme, die mir nicht antwortet – In gutem Spanisch, frei die Stirne, frag Ich dich: Mit gewaltiger Stimme. Willst du mein Gast sein diese Nacht? mit einer bejahenden Kopfbewegung. Ja! Donner und Blitz. Das war kurz und hell und deutlich! – Seltsam! – – Wieder zur Bildsäule. So komm! mit Jubel werd ich dich empfangen! Zu Leporello. Richt für ihn gleichfalls zu! Ach sollt er kommen, Zurichten wird er sich von selbst aus uns Zwei Schüsseln. Was verwirrt mich? – Ja! Er hat Geantwortet. Natürlich ist es, denn Natürlich ist, was da geschehen. Mag Er kommen, ich erwart ihn ohne Zittern! Fort! Sehr gern! Beide gehen; als sie an der äußersten Szene sind, nimmt Leporello einen Stein auf. Es zuckt, Herr, dieser Kiesel, den Ich eben finde, in der Hand mir – darf Ich an den Kopf dem Gouverneur ihn schmeißen? Und jetzt hast du Courage? Sechzig Fuß Weit hab ich stets Courage. Nur die Nähe Mag ich nicht leiden. Ich kann die Gefahr Vertragen, doch nicht sehn mag ich sie. Wirf! wirft. Horcht! horcht! er traf! Die Nase muß ihm ab sein! – O laßt uns laufen! Lauf und sorg fürs Essen. – Nicht Höll nicht Tod soll mir den Appetit Verderben! – Auf die Bildsäule deutend. Der will kommen! – Lustig! – Seltsam ! – Beide ab. 2. Szene Zweite Szene Schachten unter dem Montblanc. erscheint. Zerstreuung in der Erde Tiefen! Mit einem Hammer an die Felsen schlagend. Schlacken Und Gold, und Zinn und Blei und Kupfer! Schön Für einen Mineralienkrämer – Gnom Und Dämon steigt herauf! Heran! Heran! Hier schlägt ein Herz! So haust hier Qual! Den Gnomen Scherz! Schaut allzumal, Wie's klopft, wie's schwellt! Das wär der Held, Der unsren Herrn Um den Montblanc läßt zerrn? Wer murmelt hier? – Ihr Geisterchen? Nur zu! Nichts tu ich euch. Tobt nur und spottet. Grab Ich auch zum Eingeweid des Erdballs – Ich Vergrabe Mich nur! Höhnt, verhöhnt den Toren, Der nachts das sucht, was er im Licht verloren! Gesang. »Was ist das Herz? Was schlägts so sehr? Kennt ihr das Tierchen? Wo kommts her? Es ist ein Vampyr, dick und rund, Und saugt Fausts Blut zu jeder Stund!« Das nennt ihr Hohn? Das ist nur Wahrheit. Wahrheit Beleidigt nie den Faust. Sie schmerzt bloß! Umschwebt mit Leichenkälte ihn, Dämonen! Erdwürmer, schwarz und meilenlang, Umgarnet ihn und macht ihm bang! Welch wilder, wüster Lärm! Hier wär gut wohnen! O Doktorchen, Du bist umzingelt! Es naht, es ringelt Aus allen Gründen! Nichts kann mich binden! Nicht konntest du dich selbst verwunden, Hielt man von je dich fest gebunden! Das freie Roß ist ein Gerippe, Fett wirds, gefesselt an die Krippe! Gesang. »O selig, wer im engen Kreis, Umringt von seines Feldraums Hecken, Zu leben, zu genießen weiß, Er spielt mit aller Welt Verstecken. Er blickt nicht sehnend nach den Fernen, Der ganze Himmel engt sich für ihn ein, Der Horizont mit seinen Sternen, Ist im Bezirke seiner Äcker sein.« Sie denken mich zu ärgern und zu rühren, Und sie satirisieren! – – Doch jetzt, ihr dummen Hunde, bebt und hört Mein ernstes Wort: ich weiß, ihr sammeltet In diamantner Schale jene Tränen, Die einst Amalia um mich im Tod Geweint, als ich in ihrer Liebe sie Verließ, – auch sammeltet ihr volle Tränen Beim Thronsturz der Usurpatoren, heiß Entfallen wie nach langer Schlachtenglut Gereifte Frucht, – und in der hohlen Brust Zischt euch die ewge Rache: heiße Flamme – Das alles mischt mir durcheinander, – reicht Es mir als Trank der Labe, so voll Schmerz, Daß jeden andern Schmerz ich drob vergesse! Der Kessel quillt, wir brauen, Faust, wir brauen – Es schäumt – da! trink ihn aus den Trank voll Grauen! Gesegne alle Hölle diesen Trunk, Und mög er mich vernichten! Prosit! Prosit! hat getrunken und wirft den Becher an den Boden. Ha, Kinderei der Geisterspuk! Nichts nützt Er mir! nichts schadet er! Der Riese, den Ich fürchte, wohnt nur in mir selbst. Ich schreie Verachtung über euch! Ein Schall, ein Laut Ist mächtger als ihr alle: Donna Anna ! O Donna Anna ! Ab. Hä, Donna Anna! Qual und Leid! Herr Faust verliebt in eine Maid! Herr, der wollt die Welt ergründen, Und konnte seine Brust nicht finden! Laßt jauchzen uns und jubilieren, Bei Menschenqual wir triumphieren! Sie verschwinden. 3. Szene Dritte Szene Montblanc. Zimmer im Zauberschlosse des Faust. tritt auf. – – Was ich wünsche, muß ich haben, oder Ich schlags zu Trümmern ! Wenn ich schmachte, (Sei's nach der Liebe oder nach dem Himmel) So werd ich nicht, wie manche Sehnsuchtsnarren, Vom Schmachten satt , und freu in süßlicher Melancholie und Selbstzufriedenheit daran mich – Nein, nein, da halt ichs lieber mit dem Tiger, der So lange Hunger fühlt, bis er der Speise Genug hat, und den Raub zerreißt, Auf den er lauert. – Muß man denn zerreißen, Um zu genießen? Glaubs fast, wegen der Verdauung. Ganze Stücke schmecken schlecht – Mir sagens Seel und Magen. – Wie denn? Sie (O welchen Inbegriff von Schönheit, Anmut Bezeichnet dieses Sie ! Was kann ein Wörtchen Bedeuten!) Sie den Don Juan im Herzen, Sie meine Einzge einen andern? – Als Die dunklen Locken ihres Haupts elektrisch, Gleich Wetterwolken, meinem Aug zuerst Vorschwebten, – wars ein Zeichen, daß des Tages Schwüle Erst nun mir nahte? Als mich, zwischen Höll Und Himmel irrend, jener Golfstrom, der Aus ihrem Blick in Feuerfluten strömt, Aus kaltem Schlamm, von der Verzweiflung Meer Umflutet, losriß, und geläutert an Der Wellen Oberfläche spülte – war Es darum, daß ich statt in freier Wüste Des Alls mich zu verlieren, hingerissen Zu eines Mädchens Füßen da zerschmetterte? – – Sie liebt mich nicht! Schon das ist Tod ! Doch sie Liebt einen andern – das ist Hölle ! Floh Ich darum zu dem Satan, daß das Glück Ich sähe, doch es nicht erreichte ? – Und Wer ist die Närrin? Vielen Geist verspürt' Ich nicht an ihr – Wenn Tugend für Verstand Kann gelten, mag sie klug genug sein, – und Ihr Körper, – nun sie ist ein treffliches Gewächs, – die Haut recht fein und weiß, – das Haar Recht braun – Was sagt das alles? Tausend Weiber Sind dennoch schöner als wie sie. – Und wer Bin ich denn? – Ich bin Faust , der himmelstürmende Gigante , bin es, den die Schrecknisse Der Unterwelt umkleiden – Und Sie – Sie – – Ach, Sie ist das Mädchen, das ich zärtlich liebe! – Das Herz! das Herz! Vernunft ist rein und klar, Doch aus dem Herzen steigt der Sturm, Der sie verdunkelt – Wer geliebt, gehaßt, Gehofft hat und gefürchtet, Gott verlassen, Dem Teufel sich verschrieben, – in dem Herzen Hats ihm geklopft, da scholl der Hammerschlag, Der seines Wahnsinns Schwerter schmiedete, Da quoll der Dampf und sprühten all die Funken , Die ihn betörten! – Und mags immer sein, Daß sie mit Grund ihn vorgezogen – Nicht Erduld ich ihre Kälte länger – Nicht gewöhn Ich mich gleich einem Hunde da zu schmeicheln , Wo man mich mit dem Fuß zurückstößt – Laut Hohnlachend warf ich Kunst und Wissenschaft Beiseit, als ich sie sah – Ich tötete Mein Weib – Und Sie verwirft mich? tritt auf und erblickt den Faust. Ha, Da steht! War Don Juan der Wetterstrahl, So schnell und feurig, als (daß zur Schmach ichs nur gestehe!) Entzückend – so ist Er die Wetterwolke, Kein Blitz zwar, aber voll von Blitzen – Scheuen , Nicht lieben kann man Wetter! – Ich seh , er wird bald Zermalmend sich entladen – doch was wär Die Tugend, könnte sie je zittern? Fest Mit stolzem Haupte tret ich vor ihn hin! zur Donna Anna. Will Denn nie die Trauer enden? Zeit wärs endlich! Laß frei mich, wenn du Ehre hast. Ich habe Die Kraft, und Kraft schafft selbst sich Ehre. Ehre Wird nicht geschaffen. Echte Kraft entsteht Aus ihr nur. Nach Belieben – Ehre, Kraft – Sie schaffen, schaffen nicht – Sentenzen kehrt Man um wie Handschuhe – Sie tragen sich An beiden Seiten. – Doch du redest nach Der Denkart deines Vaters. Welcher Ruhm, Gleich ihm zu denken und zu handeln! Kein Ruhm! Weshalb gibts Zeit, gibts Jahre, gibt es Stunden? Die Jüngern sollen weiser werden wie Die Alten – Kinder klüger als der Vater – – Doch alles eins. – Warum liebst du den Don Juan? Du fragst? – Wenn ich ihn liebte – Gibts Denn bei der Liebe ein Warum ? – Es funkelt Die Sonne, taubeperlte Fluren strahlen In ihrem Glanze, – aus der Nacht zuckt wild Und frei der Blitz hernieder, Roß und Reiter Erschlagend, – und wer fragt warum ? Ich! Frei Die Liebe, Sklaverei der Haß. Und hassest Du Don Juan? Je feurger ich ihn liebe, So heißer haß ich ihn! Wie? schlafen Haß Und Lieb in Einem Busen? schläft der Löwe. Nicht in der Sonne? Ja, er tuts und er Ist aufgewacht in Mir. Bist du ein Fels, wahrlich Ich bin es auch. Laß sehen, wie wir uns Begegnen. Du verwirfst mich? Und bist du Der Engel Erster, ich verwerf dich wieder! – Der Attila, der Erd – Eroberer, stürmt durch Die Lande – Sie sind seine einzge Freude – Sehnsüchtig streckt er seine Hand Nach ihnen aus – Sie weigern sich – Er wirft Sie unter seiner Rosse Hufen, pflanzt Die Feuerflamm als seine Fahne auf Und läßt von Horizont zu Horizont Sie sich entfalten, – Er vernichtet doch, Wenn er auch nicht erobert – Und du wähnst, Daß ich, der Welt – Erobrer, milder wäre? Nur eine Silbe brauch ich auszusprechen, Und tot sinkst du zu meinem Fuß! – Du schweigst? Ich denke meines Vaters und Octavios. Die stör ich in der Seligkeit des Himmels – Du schweigst ? Nicht wert bist du der Antwort. Wärst du Kein Räuber und Entführer, – raten würd Ich dir: mit Trotze nicht, mit Anmut Mädchen Zu nahen. Das sag jedem anderen, Doch nicht dem Faust. Huld, Anmut sind nur Schalen, Die Wahrheit ist der Kern. Nicht schmeicheln, beugen (Selbst vor Gott nicht) kann ich – doch mit Kraft Und Tod (schon hab ich es getan) vermag Ich zu beweisen, wer ich bin – Willst du mein sein? – Ich warne dich! – der Tod, er zuckt schon längst Auf meinen Lippen, und du weißt, den Lippen Entfällt gar leicht das Unheil! von Faust weggewandt emporblickend. Du, Der Tugend goldne Blume, winde dich Um meine Scheitel, laß mich fallen als Dein Opfer! Was ich sagte, sagt ich, es Vollführend, weil ich es gesagt! – Bedenk das – Mir bebt der Mund – Nicht die Minute mehr Seufz ich um dich , die ich mit einem Wort Zertrümmern kann. – Nie seufzt ich, ohne Daß ich mich rächte ! Hassest du mich? Ja! Stirb ! Weh mir – ich vergehe! Sie stirbt. erstarrt. Meine Macht Ist schneller fast als meine Zunge – Tot! Dahin – was ist die Welt? – Viel ist – viel war Sie wert – Man kann drin lieben ! – Und was ist Die Liebe ohne Gegenstand? – Nichts, nichts. Das Mädchen , das ich lieb, ist alles , – an Der Leiche Donna Annas ahn ichs – Armselig ist der Mensch! Nichts Großes, sei's Religion, sei's Liebe, kommt unmittelbar Zu ihm – Er muß 'ne Wetterleiter haben! – – Wie glücklich könnt ich sein, wenn ich nicht Mich an die Hölle damals schon verkauft, Als ich dies Weib zuerst erblickte! – Anna, Erwache! – Laut rufend. Ritter! tritt ein. Dank für all die Qualen, Wozu Ihr mich verurteilt – wieder Euch Zu quälen, lehrten sie. Erweck die Tote! Ei, ei, die Donna Anna! Abgemacht! – Ich kann sie nicht erwecken – Das Gestorbne Ist mein nur, wenn es fällt zur Hölle! Anna! Wie edel schön! Auch noch in deinem Tode! – – In diesen Tränen, die ich weine, spür Ich es: es gab einst einen Gott , der ward Zerschlagen – Wir sind seine Stücke – Sprache Und Wehmut – Lieb und Religion und Schmerz Sind Träume nur von ihm. Du Gottesträumer! Der bin ich! Schade, daß das Mädchen Zu früh gestorben – Hättst sie können erst Verderben! Die verderben? Freilich! – Stürzt Der Baum auf Einen Hieb? Und Bäume bieten Der Axt nur Holz und Rind' und Laub. – Ein Weib Hat Hände, Wangen, Busen und Verstand – Anpacken kann man sie an hundert Stellen. Anna! verzeih! ich handelte, wie ich nicht sollte – Hör meine Reu, sie sagt weit mehr als Tränen: Teufel, in einer Stunde bin ich dein! Herr Doktor, In Einer Stunde? Ganz gewiß. Herr, das Ist viel, das ist Selbstüberwindung – das will Ich dir mit Großmut lohnen – Heuchler! Laß Mich deine Füße küssen – Für sich. 's ist zum Letzten. Es lebt ein andrer noch, der diese liebte. Dem Don Juan meld ich, daß sie verschieden. – – Und dann ist all mein Erdgeschäft zu Ende. Der Don wird sich entsetzen! Nur entsetzen? – Nichts Ist das Entsetzen. Jammern wird er so Wie ich! für sich. Wenn er das tut, so jammr ich mit! Beide ab. 4. Szene Vierte Szene Rom. Prächtiger Saal im Hause des Don Juan. Mondschein und Sternlicht strahlt durch die Fenster. Der Ritter erscheint. Hier in dem Prachtsaal Don Juans schlag ich Den Sitz der Hölle auf – Wo ich bin, thronet sie! – – Nun beide mein: der Faust durch eignen Willen, Der Don Juan durch fromme Geisterhände! – Ha! endlich kann ich triumphieren – O darum bin ich gekrochen – Kriechen Und kriechen, immer kriechen – doch bloß deshalb, Um desto furchtbarer vom Bodenschlamm Mich wieder zu erheben – Jetzt erheb Ich mich – Und sieh, die Stern erblassen, und Die Nacht bricht ein, wie dunkle Meereswogen! Es wird dunkel und Wolken ziehen auf. – Weg mit Verkleidung! Er reißt sich das schwarze Gewand und die Maske ab und steht rot gekleidet mit zornflammendem Antlitz da. Wieder trag ich Die Farbe meiner Elemente! Furchtbarer Blitz und Donner. Ah, erkennt Ihr mich? Mit Jubel mich begrüßend, stürzt Der Blitz zu meinen Füßen! Seid gedankt! – – Nichts ist das Recht, – Spaß ist die Hölle, – wenn Am Ziel der Sieg nur blinkt! – Wer da siegt, hat recht ! – – – – Stunde, nach der ich strebe, wo ich Ihn , Des angemaßten Namen ich nicht nenne, Im Schutte seiner Herrlichkeit begrabe, Statt seines Lichts, der Flamme Zunge leuchten Und fressen lasse – muß ich dein gedenken? Jedoch du kommst – ich fühls – ich werd dich schaun – Ich bin unsterblich und bin unermüdlich! – – – – – Der Don Juan mit seinem Diener kommt heran. Unsichtbar weil' ich hier, bis daß für Faust, Und dann für ihn die Stunde schlagen wird! Tritt in den Hintergrund und geht da auf und ab. Don Juan und Leporello kommen. Mir summt ein Spruch im Ohr, wie Wasser Durchs Mühlrad: »Nur frischen Sinns durchs Leben hin, Vor nichts gebeugt den stolzen Sinn, Mit Freude jede Maid geküßt, Mit Hochmut jeden Narrn gegrüßt, So wirst du glücklich, wirst du groß, Und schaffest dir dein eignes Los!« Ach, merkt Ihr nicht, daß ein Gewitter aufgeht? Was kümmern mich Gewitter? Wie unheimlich Und schwül ists hier im Saal – Ists nicht, als wär 'Ne Donnerwolke drin versperrt – Schaff Licht, Und mach die Fenster auf! in den Hintergrund auf die Gegend deutend, wo der Ritter auf- und abgeht. Bemerkt Ihr nicht, wie dort die roten Funken zucken? Licht, sag ich, Licht! Gleich, Herr, – gleich! Ab. Es ist wahr – Schwül ists im Zimmer! Geisterhaft ists schwül! – Doch mit Geruch des Bratens werd ich das Verscheuchen. – Nichts Reellres in der Welt, als der Geruch – Er zaubert uns im Augenblick Ins Reich der Wirklichkeit – Riechst du in Eden Den Duft von Speisen oder Grabesdunst – Du bist aus Eden fort und glaubst dich Zu einem Schmause oder in 'ne Gruft Versetzt. – Leporello kommt zurück mit Armleuchtern, auf denen die Kerzen brennen. Herr, auf der Treppe ist ein Lärm. Die Gäste sinds gewiß, die ich geladen. Nein, nein, es ist kein bürgerlicher, es ist Ein Polizeischritt! Und woran kennst du den? An würdevoller Grobheit. Würd mit Grobheit Ist Unsinn. – Laß herein die Polizei! Herr, wißt Ihr was Ihr tut? Laß sie herein! Signor Rubio und Signor Negro mit Polizeidienern treten ein. – Wie wird mir? Hier drückts grad so schwül aufs Herz Wie auf dem Todeshall des Gouverneurs. Ists Blut – , ists Feuer – Dunst? – Was wollt ihr, Leute? Sprecht nicht von Leuten , Herr. Der da ist Rubio, Der Polizeidirektor, ich bin Signor Negro. Also nicht Leut und Menschen – Ihr ein Signor , Der ein Direktor. Mein Direktor, was Begehrt Ihr? Euch verhaft ich, Herr, wie man Zu sagen pflegt, weil Ihr den Gouverneur Und den Octavio ermordetet, wie man Zu sagen pflegt. Dir, Signor Negro, dank ich das! Du drolliger Patron, der stolz ohn Kraft Und Mut ist, und daher anstatt das Schlimme Selbst auszuführen , nur ihm gierig nachspürt , Anstatt den Dolch in eigner Hand zu schwingen, Angeber wird, und mit Gericht und mit Schafotten sucht zu quälen und zu würgen! – Auf, Leporello, wirf den Signor da Hinunter – tu's nur dreist – du kannst ihn zwingen – Mir spitzen sich die Finger. – Kann ich ihn auch zwingen ? Ohn allen Zweifel. zu Signor Negro. Herr, was ich kann zwingen, Das drück ich unter! unter! Recht – Was hätte sonst Das »zwingen können« auch für einen Nutzen? O Polizeidirektor! Signor Rubio! Helft Ihm, Leute! Leporello wirft den Signor Negro aus der Tür und verfolgt ihn. Signor Rubio und dessen Leute zurückhaltend. Mein Direktor, an dem Negro üb Ich Hausrecht. Nicht befugt ist er, frech wie Ers tat, um Mordverdacht hier einzudringen. Euch aber, als Beamten, alle Ehre. – Ich bitt, laßt Eure Diener nur in Ruhe! Herr, Ihr erlaubt Euch – Alles, was ich kann. Ihr seid – Der, der ich bin! Ihr habt – Getan, Was mir gefiel! Ei, laßt mich doch zu Wort Erst kommen! Gleich! – Doch erst sagt an, wer seid Denn Ihr? Habts ja längst gehört! Ich bin, Wie man zu sagen pflege, die Polizei. Habt Ihr 'nen Paß ? habt Ihr Atteste ? Wie? raset Ihr? Die Polizei soll Pässe, Atteste haben? Sie brachts schon so weit, Daß man ihr selbst nicht ohne Paß traut. Wollt Ihr mit mir spielen? Nein, Ihr seid ein Blatt, Auf das ich keinen Heller setzen möchte. Wie alt seid Ihr? So sechsundfünfzig Jahr. Wie heißt Ihr? Signor Rubio, wie man Zu sagen pflegt. Derselbe Rubio, Der auf Octavios Hochzeitsfest Betrunken war? Was habt Ihr mich zu fragen? Warum habt Ihr mir geantwortet? Weil es So klappte! Seht, das Klappen! – Unversehn Ist leicht geschehn! – Jetzt merkt wohl! Es gibt 'Ne hohe Polizei und eine niedere – Die hohe ist die klügste – denn die niedere Beachtet das nur, was Vergehen ist, Die hohe achtet nur auf das, was nützt. Wahr ists, daß unter andern Mädchen ich Der Donna Anna nachgestellt und nachstell, Daß ich deshalb den Gouverneur, den Don Octavio erschlagen habe – Wahr Ists aber auch, daß ich ein span'scher Grande, Der Neffe Gonzalos, des Kardinals, Günstling des Papstes, bin. Herr, sprecht: was sagt Ihr nun? Mein Gott, ein Grande! Neffe vom Allmächtgen Gonzalo! – Don, verzeiht, ich irrte In der Person mich! Der verfluchte Negro, Wie man zu sagen pflegt! – Nun gilts wahrhaftig Nicht Polizei – nun gilt es Politik ! – – Sprach ich von Morde, Herr! Was will das sagen, Wie man zu sagen pflegt? – So kleines Mördchen, Und unter guten Freunden, wie sich das Von selbst versteht, kann allzu leicht passieren – Was ists denn weiter? Tot der eine, und Der andere bleibt lebendig! Alles ganz Natürlich ; beim gemeinen Volk indes Muß man auch das Gewöhnliche bestrafen, Es kommt zu oft sonst vor, und wird deshalb Leicht Recht. Sie morden nicht aus Ehr und Ruhm, Sondern aus Haß. Wir wären miteinander Jetzt fertig. Packt Euch fort aus meinem Zimmer! Verzeihet, ganz gewöhnlich und natürlich! – Da, diesen Faustschlag nehmt mit auf den Rücken! O alles ganz natürlich! – Wagt Euch nicht Zurück mit Euren Lumpenhunden! – Ganz gewöhnlich, Wie man zu sagen pflegt! Empfehl mich! Hast Sehr nötig, daß du dich empfiehlst. Signor Rubio nebst seinem Gefolge wird von Don Juan fortgetrieben. Leporello kommt zurück. Ist der Herr Negro tüchtig expediert? Kopfs über, Kopfs unter! Wohl, so bring das Essen! Herr, Herr! – Schwarz, pechschwarz wie Mohren-Fäuste, Die enger stets und fester sich bis zu Der Sonn aufballen, in die Welt hineindräund, Erheben sich Gewitterwolken! Mags sich heben, Und mögen Blitze zischen nach Vergnügen. Ich will jetzt speisen, will jetzt trinken! Horcht! Welch Windesbrausen! Furchtbar tönts, doch schön ! Es klopft! – Es ist doch nicht? – Nur näher! – Wer Da draußen? Faust, bleich, entstellten Gesichts, tritt ein: der im Hintergrunde verweilende Ritter will auf ihn losstürzen. zu dem Ritter. Du! Zurück! Wart bis es Zeit ist! – Mit jenem da, muß ich erst reden! – Mit wem spricht man hier außer mir? – – Ha, Faust! – Wie sieht er aus – Man sollte grausen! Zerschlagner Welten Trümmer schimmern so Im Licht des Abends, wenn es sich vor Schmerz Darüber bricht! – Weh mir, von Stund zu Stunde Wächst meine Liebe! wächst mein Schmerz! Zu Don Juan. – Mann, Hast du sie auch geliebt? Meinst du die Anna? Die Anna! Fragst du? Ist sie denn nicht schön? Tot ist sie, tot! Hörs und verzweifle du Mit mir! Verzweifeln ? Da wo Weh und Jammer, Des Unglücks und des Herzbluts hohe Wogen Auf uns einstürmen, – gilts die Flagge auf – Zuziehn , die an des Lebens Masten flattert, Gilt es für ihre Ehr, für ihren Ruhm Zu streiten bis zum Abgrund des Verderbens! – Ja, mich erschüttert Donna Annas Tod! Die tiefste Brust bewegt er! – Doch ich spann Die Segel wieder, fahr mit neuem Winde! – Gibts nicht der schönen Mädchen tausend andre? Wie sollt ich mich um Eine grämen? – Hab Ich sie geliebt, so zeig ichs dadurch, daß Ich nicht den Tod scheu, sie zu rächen ! – Du bists gewiß, der sie erwürgte! Ähnlich Sieht dirs, der immer selber seine Himmel Zertrümmerte! – Zum Zweikampf! Ein paar Gänge Versuch einmal! »Der seine Himmel selber Zertrümmerte!« – Er wagts mir vorzuwerfen! Und er hat Recht. Ich schlug das Herrlichste Zu Trümmern, weil ichs nicht begriff! – – – Du bist Dahin für mich, o Donna Anna! Nie Erblick ich deiner Augen Schimmer, nie Bad ich in deiner Schönheit Glanz mich wieder, Und niemals wird ein Wörtchen nur, verschönt Durch deiner Stimme Zauber, zu mir klingen – Doch ewig werd ich dein gedenken , und Schon der Gedanke wird die Wirklichkeit Der Höll zuschande machen! Zum Ritter, der sich dem Faust wieder genähert hat. Trotzend Stürz ich in deine Arme – Wisse aber: Wenn ich ein ewges Wesen bin, so ring Ich auch mit dir von Ewigkeit , Zu Ewigkeit , und möglich, daß ich siege , Dich nochmals tretend, wie ich schon getan! den Faust packend und sofort erdrosselnd. Erwarten wollen wirs! – Mit ihm zum tiefsten Pfuhl! Häuft brennende Ölberge , wär auch der Von Zions Stadt darunter, Feuerberge Häuft über seine Seel! – Den Körper laßt Nur liegen! – Macht es gut, ihr Geister – Bald Komm ich mit Don Juan ihm nach! Er tritt wieder in den Hintergrund und bleibt während der ganzen Szene darin, den Don Juan fixierend. Der Zaubrer Wird wohl verzaubert? Spricht er mit der Luft? Er stürzt vom Stuhl – Ihr Heiligen, er stirbt – Und kohlschwarz starrt sein Antlitz Im Rücken ihm! – Hier in der Stube spukt Ein Teufel! Kerl, laß deine Fratzen! Schlagfluß Hat ihn gerührt! Bring ihn sogleich von dannen! Wegbringen? Den? Anfassen ihn, den Gott Gezeichnet? Eben sprachst du ja vom Teufel! Das ist ganz eins – Gott zeichnet mit dem Teufel, Wie Kinder mit der Kohle ! drohend. Fort den Leichnam. schafft bebend den Leichnam des Faust beiseit und kehrt zurück. – Ich schöpfe wieder etwas Luft. – Das Untier Wär weggeschafft! – Freund, was gelobtest du Auf dem Montblanc? Du wolltst dich bessern, wolltest Lisetten eh'lichen. O Don, bedenkt: Versprechen ist was anders als das Halten: Was ich verspreche , das versprech ich, Und was ich halt , das halt ich. Auch vernahm Ich nicht, daß mein Gelübde akzeptiert ward! Decke Den Tisch! – wo bleiben unsre Gäste? Gäste? Hört Ihr nicht, daß der Wind gleich einem Besen Vor dem Gewitter herfliegt, und die Straßen Auskehrt von Staub und Menschen? – Können Noch Gäste kommen? Deck den Tisch! Ich tu's! Er deckt den Tisch und trägt Speisen auf und Wein. sich Wein einschenkend. – Die Donna Anna! – Überflut sie, Wein! – Ah, der Franzose da: Champagner – Wildfang! Bis an die Decke fliegt dein Schaum, mein Jubel Soll aber trotz der Donna Anna, trotz Des Jammers, an die Sterne schlagen! – – Schuft, Was machst du? Trank ich? Es war Eure Gesundheit! Die erfleht Eur treuer Knecht! Pasteten – Braten her – Salat! Er ißt. Erträglich Ist alles zubereitet. – Hast du Musikanten Bestellt? Herr, sie sind draußen. Dürfen sie Eintreten? So? daß ich säh , wie sie Die Töne kratzten, pusteten? – Sie sollen Aufspielen, aber laß mich sie nicht sehen! Leporello ab und kommt gleich zurück. Dann Musik. Beim Essen ist Musik ein guter Prüfstein – Denn ist das Essen gut, so hört man die Musik nicht ! Speisend. Schön, ich hör sie jetzt nicht! Zu Leporello. Mensch, – was ißt du? Ich essen? Den Fasan probier ich, ob Er gut gebraten. Essen und Probieren ! Ein großer Unterschied! – O wär die Welt Doch ein gebratener Kapaun, und wär Ichs doch, der ihn anfräß. – Schauderhaft Laßt Ihr mich hungern! Kerl, dir geb ich nichts, Da ich doch weiß, daß du es stiehlst ! Wein, Wein Leer sind die Flaschen! – Leporello setzt neue Flaschen auf. trinkend. Mahomet soll leben! Den Wein verbot er, weil er ihn so sehr Geliebt. Denn das Verbot, so schloß er richtig, Verdoppelt den Genuß! Blitze, Donner. am Fenster. Herr, christlich! christlich! Seht, seht die Wolken! – Regen – Blitz – und – Donner! Kein Ende – Wie ein feuerspeiender Vulkan hängt über uns der Himmel. – Da Schlägts ein in den Palast des Erzbischofs! Da capo! Alle Blitze mögen ewig flammen, Besonders, wenn sie treffen! Gnade! Gnade! Da blitzts, da donnerts wieder! – Ach wie tobts! ein Glas Wein hinunterstürzend. Hoch lebe Der Donner, – mög er tausend Jahre rollen Wie heute! Herr, das Gewitter – enger stets und enger Umzieht es uns – Kaum kann ich atmen. – Herr, Es ist auf uns gemünzt! Den Saft der Traube Schlürf ich – der macht mich heiß – Und Blitz und Donner Sind nichts als Schnee dagegen! Hab ich Eisen An mir? Man sagt, der Blitz zieh sich darnach – Schlüssel, Schuhe usw. wegwerfend. Da! Schlüssel! – Schuh' mit Nägeln – Spangen, Hinweg damit! – O Gott, da kommt jemand, und stapft Und stapft, daß man durchs Donnerwetter es Vernimmt! Es wird ein Gast sein! Ists nur nicht Der steinerne , den Ihr habt eingeladen? – Das sind nicht Menschentritte, – nein, es sind Erdbeben , die herannahn! Schwert! mein Schwert! Hier ists! das Schwert entblößend. Sei willkommen, meiner Freunde treuster! Du, der den Feind erschlägt, und mich nicht eher Verlassen wird, als bis die Hand mir abfällt! – Mein Fühlhorn sei, mit deiner Spitze Laß mich den Marmorgast befühlen – Zu Leporello. Öffne Die Tür! Das Öffnen tut nicht not! Man hat so angeklopft, daß schon die Tür Von selbst einbricht. Wer wagts, so unverschämt In mein Gemach zu treten? Die Bildsäule des Gouverneurs tritt in das Zimmer. Ha! O Christus! Die Bildsäule von dem Kirchhof! – Ich vergehe! Entsetzlich oder auch wohl närrisch ! – Still, Still, Leporello! Hört ich einen Hahn Nur krähen – einen dummen Entrich schnattern – Die Erde fühlt ich wieder! – Doch dies ist Das Reich der Geister! Don Juan – O welche Stimme! Mark- und Bein-zerknirschend! Du hast befohlen und ich bin erschienen! Ists eine Bildsäul, ist es keine? – Das Auge weiß – Kein Stern darin – Ich stürz Zu Boden! – Doch ich rufe meinen Namen, Ist er auch blutbefleckt, so ist er doch Voll Ehre! Und wie eine Feuerglocke Die Städte aufregt und das weite Land, So richten auch bei seinem vollen Schalle All meine Kraft sich auf und all mein Mut! – Ich heiße Don Juan und biet dir Kampf Und Trotz! Ohnmächtiger, kein Lebender Vermag mich zu bekämpfen! sich an der Stirn fassend. Welche Töne! – Doch, Vielleicht ein Gaukler! – Laßt uns prüfen, Ob dieser Stein ein böhmischer , ob es Ein echter , der den Stahl verträgt! Er haut mit dem Schwerte auf die Bildsäule des Gouverneurs und das Schwert zersplittert. Ein echter ! – – Noch hab ich einen Dolch – Zwar kürzer als Das Schwert, doch näher, sicherer! Er zieht den Dolch und schwingt ihn wild um das Haupt. Noch bin ich Gewaffnet, und wer zagte unter Waffen? Zu Leporello. Wo sind die Musikanten? Weshalb ließen Im Spiele sie sich stören? Donner und Blitz. Hört Ihr, Herr, Es musiziert da, daß die Saiten reißen! Herr Gouverneur, beliebts Euch, sich zu setzen? Hier ist ein Stuhl – Der Stuhl wird unter dem Zusammenbrechen, wie Korn unterm Mühlstein! Hier Suppe von Schildkröten – Hier Wildbraten – Auch Beefsteak – Rostbeef – Frikasséen – Endiviensalat – Da Wein, Tokaier, Champagner und Burgunder – Langt nur zu, Herr! Ich komme von den Sternen. Irdscher Nahrung Bedarf ich nicht. Mit Sternenspeise kann Ich dir nicht dienen, und zum irdschen Mahle Lud ich dich ein. Narr, wenn du kamst in Hoffnung Von anderen Genüssen! Donna Anna Und Don Octavio, im Himmel jetzt Im seligen Verein, den Erdenschmerz In ihrem Antlitze zu leichtem Lächeln, Zu Perlen ihre Tränen umgewandelt, Gedachten dein in ihrer Wonne, und Sie senden mich hernieder, daß ich dich Zur Reu und Beßrung mahne. Danke für Den Gruß! – Doch nichts hab ich getan, weshalb Ich Reue spürte! Alles, was ich tat, Gefällt mir! Nicht bedarf ich Beßrung, Denn mit mir selbst bin ich gar sehr zufrieden! Klein beigegeben, Herr, klein beigegeben! Lügt ihm was vor! Es findet sich nachher! – – Bedenkt, Ihr zieht dadurch mich Schuldlosen Mit Euch aus diesem Elend! Hu, der Marmor Knirscht wieder! Hast du Mut, gib mir die Hand Darauf, daß du beteurst, dich nicht zu bessern! Die Hand! die Hand! – Doch bin ich nicht in Rom? Hier reckte Der Scävola die Rechte in das Feuer – Ich tue mehr: ich strecke kühn auffodernd Sie in das Reich der Unterwelt, und spreche: Das Leben ist ein Nichts, wenn es nicht allem Was ihm begegnet, Stirne bietet! Da! Er gibt der Bildsäule des Gouverneurs die Hand, welche sie einige Augenblicke festhält und dann losläßt. O schnöder Schurke! Leichenkälte fließt Aus deiner Hand in meine Adern! – Lohnst Du so den Handschlag eines Spaniers? O Niederträchtiger, du wärest wert, Du lebtest nochmals, daß ich nochmals dich Erschlüge! Er greift die Bildsäule des Gouverneurs mit dem Dolche an. Weich! Don Juan taumelt zurück. – Schau, die dunkle Flamm dort hinten Kommt auf dich zu! Der Satan ists im Fest- Gewand – Ach, meine Ahnung! Darum wars So schwül im Zimmer – Satan, Herr! zu schlecht Bin ich, daß Ihr mich holt. – Auf den Don Juan deutend Nehmt ihn , Ihr habt Genug daran! Er lauert schon, daß er dem Faust Dich zugeselle. – Doch ich kann dich retten, Wenn du bereuen willst – Zum letzten Mal Frag ich dich mit der Gottheit Donnerstimme: Willst du bereuen und dich bessern? Was Ich bin , das bleib ich! Bin ich Don Juan , So bin ich nichts, werd ich ein anderer ! Weit eher Don Juan im Abgrundsschwefel Als Heiliger im Paradieseslichte! Mit Donnerstimme hast du mich gefragt, Mit Donnerstimme geb ich dir die Antwort: Nein ! Wir sehen uns nicht wieder! Sie versinkt. seinen roten Mantel in die Höhe werfend. Mantel, breit Dich aus, entfalt den Stoff, aus dem du bist Verfertigt, überflamm als Feuersbrunst Dies Haus, samt den Bewohnern es verzehrend! Feuer und Feuerregen. – Dich aber, Juan, reiß ich mit mir, – schmiede Dich an den Faust – Ich weiß, ihr strebet nach Demselben Ziel und karrt doch auf zwei Wagen! Noch jetzt ruf ich, als letztes Wort auf Erden: » König und Ruhm, und Vaterland und Liebe! « Der Ritter versinkt, und reißt den Don Juan mit fort. Es brennt in jeder Eck, – ich muß verbrennen. Gibts keine Hülfe? Weh, die Flammen kommen! Sie kommen! Keine Flucht! Ich muß verbrennen! Der Vorhang fällt unter Feuer, Donner und Blitz.