Vor-Ansprache zum edlen Leser Von der Fürtrefflichkeit / und insonderheit von der Geist- und Kunstfähigkeit / des lieblöblichen Frauenzimmers zu schreiben / ist eine Arbeit / die ein gantzes Buch erfordert / und nur von etlichen Blättern nicht kan umschränket werden. Es wär auch eben soviel / als nach dem Homerus eine Ilias schreiben wollen: dann hiervon allbereit / der an Stand und Verstand welt-berühmte Unglückseelige / in der Zuschrifft / der verteutschten Geschicht-Reden H. Joh. Franc. Loredani , an die Teutsche Kunst Göttinn Fräul. Margaretha Maria von Buwinghausen; Cæl. Sec. Curio , in der Dedicati on an die Englische Pallas / Königinn Elisabeth / den Schrifften der gelehrten Welschinne Fulv. Olympiæ Moratæ vorgefüget; das Register gelehrten Frauenzimmers / den Gedichten der Englischen Kunstinne / Johannæ Westonæ , angehänget; die Schrifften der gelehrten Edlen Niderländerin /J. Annæ Schuermanns; Joh. Pet. Lotichius , in seiner Gynæcologia , von Joh. Tacken verteutscht; Joh. Bellinus , in der verteutschten Abigail Henr. Corn. Agtippæ ; der Venus-Ehrenhold / und andre mehr dergleichen Schrifften / die volle Genüge zu lesen gegeben haben. Von dem Geist-Reichtum und Kunst-Vermögen dieses Edlen Geschlechts / wollen wir allein das H. Gottesbuch reden hören. Die Erzmutter Sara hatte die Ehre / vor Abraham ihrem Gemahl / der doch ein Vatter aller Gläubigen heist / daß sie vom Unterscheid der geist- und fleischlichen Geburt / des Gesetzes und Evangelii (wie es / der hocherleuchte Himmelsbot an die Heiden ausleget) weissagte / mit diesen Worten: Stoß die Magd hinaus mit ihrem Sohn / d.i. das Fleisch / das Gesetz / den Bund der Beschneidung! dann der Magd Sohn soll nicht erben mit meinem Sohn / als dem Sohn der Freyen / d.i. mit dem Geist /dem Evangelio und Bund der Verheissung. 1 Also auch ihre Schnur Rebecca / legte die Antwort Gottes von ihren Söhnen / aus prophetischen Geistestrieb / gewisser aus / als ihr Gemahl Isaac / der doch ein Fürbild Christi ware. Sie hatte gehört / 2 daß der Grössere solte den Kleinern dienen; sie sahe Jacobs Frommkeit und Esau Boßheit. Isaac liebte den Esau /aus blinder Liebe / und nur wegen der Erstgeburt: aber Rebecca liebte den Jacob / den Gottliebte / und von dem sie ihr selbst weissagte / daß sie in seinem Samen würde eine Mutter des Messias werden. Dannenhero sie auch den Segen Isaacs / mit List / von Esau auf Jacob lenkte. Miriam / Mose und Aarons Schwester / war eine Prophetin in Volke Sottes: dannenhero sie / mit Aaron wider Mose murrend / sich rühmte: Redet nicht der Herr auch durch uns. 3 Sie war auch eine geistliche Poetin / und sange den andern Weibern vor / wie sie Gott danken solten / der Israel von der Hand Pharao errettet hatte: und hat sie ohnezweiffel Mose das Lied dichten helffen / welches dazumal vom gantzen Heer angestimmet worden. Um die Zeit Ili , des Trojanischen Königs / waren viel tausend Männer in Israel: gleichwol hatte / vor ihnen allen / ein Weih / die Prophetin Debora / den Geist der Weißheit / über das Volk zurichten. Und eben diese / hatte gleichfalls allein den poetischen Geist / ein schönes Triumf-Lied zudichten / als Barak / auf ihren Befehl und mit ihrer Hülfe / den Sissera K. Jabins Feld-Marschalk / aus dem Feld geschlagen hatte. Also pflegt / wie aus diesen zweyen Beyspielen erhellet / der Prophet- und Poetische Geist beysammen zuseyn: damit man wisse / daß dieser so wol als jener von Gott einfliesse. Die Mutter Simsons / hatte auch mehr Geists / als ihr Mann Manoah / welchen sie / als er wegen des Engels Gegenwart in Furcht ware / mit diesen Worten lehrte und tröstete: Wann der Herr Lust hätte / uns zutödten / so hätte er das Opfer nicht genommen von unsern Nänden / Er hätte uns auch nicht solches alles erzeiget und uns so grosse Zusagen von unserm Sohn hören lassen. 4 Was vor ein herrlicher Geist die fromme Nanna /Samuels Mutter / getrieben habe / ist aus ihrem lehrreichen schönen Dank-gebet abzunehmen. Und wie andächtig diese zu Gott / eben so vernünfftig haben zu den Menschen geredet / das kluge Weib eines Narrn / Abigail / das Weib von Thekoa / und die weise Frau zu Abel: welche / mit ihrer Weißheit der Männer Thorheit und Unvermögen hoch-ersprießlich ersetzet haben. Die Weiseste / unter allem hohen Frauenzimmer /so jemals gelebt / ist ohnezweiffel gewesen Maqueda / die Köginn aus Reich Arabien: weil sie / einen weiten Weg gereiset / die Weißheit Salomons des Königs aller Weisen und Weisesten unter allen Königen / anzuhören. Und es mag wol der Königliche Hof zu Sion damals ein irdischer Himmel gewesen seyn: als an welchem der Geist der Weißheit / die zwey allerweisesten Personen beyderley Geschlechts / als das gröste Weltwunder / auf den Schauplatz gestellet /und zu jedermans Erstaunen miteinander reden und handeln lassen. Als der fromme König Josia / von Abstellung der Abgötterey und wieder-Aufrichtung des wahren Gottesdienstes / den Herrn fragen wolte / hat er / nicht zu dem Hohenpriester Hilkia / oder sonst zu der Priester und Schrifftgelehrten einem / sondern den Hohenpriester selber / zur Prophetin Nulda / gesendet: hat also dazumal / der Geist Gottes / dem gantzen Israel /durch ein Weib / geantwortet. Ein weibliches Beyspiel hohen Geistvermögens und himmlischen Weißheitglantzes / hat sich gewiesen / in der Mutter der sieben Brüder / zu der Maccabeer Zeiten: welche Josephus, Salome oder Salomona nennet / und eine absonderliche Lobschrifft von ihr geschrieben. Es ist verwunderbar und unerhört von einer Mutter / daß sie nicht allein soviel Söhne / einen nach den andern / erbärmlich martern sehen / sondern auch sie zu einer solchen Beständigkeit / durch welche sie ihrer aller beraubet wurde / anmahnen konte. Ich bin eure Mutter / sagte sie / und habe euch gebohren: aber das Leben und den Odem habe ich euch nicht gegeben. Der / der alle Menschen erschaffen /wird euch das Leben / das ihr itzt um seinet willen fahren lasset / wiedergeben. Sind Worte voll Geist und Feuer: aber noch mehr diese / mit welchen sie den jüngsten noch übrigen Sohn / ihr nunmehr einiges Kind / flehentlich bittet / daß er sich doch auch wolle peinigen und zum Tod fördern lassen. Du mein liebes Kind / spricht sie / das ich neun Monden unter meinem Nertzen getragen / das ich gesäuget und mit grosser Mühe erzogen habe! erbarme dich doch über mich! Fürchte dich nicht vor dem Nenker / sondern stirb gern / wie deine Brüder: daß dich Gott samt ihnen wieder lebendig mache / und mir wiedergebe. Sie hat nach diesem selber gethan / was sie gesagt /und das Gesetze Gottes mit ihrem Blut versigelt. Der Engel des neuen Bundes / der Sohn Gottes und unser Bruder im Fleisch / ward auf Erden am ersten gegrüsset von einem Weibe / der Priesterinn Elisabeth. Dazumal hat der H. Geist das erste Concilium und Kirchversammlung angestellet mit zweyen Weibern / hochwürdigsten Müttern des Messias und seines Vorläuffers / deren dieser sein Vorläuffer-Amt allbereit in Mutterleib angefangen. Und ist kein Wunder / daß der H. Geist durch sie so geistig geredet /weil sie mit der Heiligkeit selber schwanger giengen. Elisabeth / thäte allhier den Vortrag / vom Glauben /durch welchen Maria den Vatter des Heils empfangen hatte. Sie aber / die Mutter ihres Herrn / eröffnete in ihrem schönen Lied und Magnificat , das himmlische Decret dieses allerheiligsten Concilii , solches Innhalts: Gott erhebet die Elenden / durch Ernidrigung des Allerhöchsten. An diesem Orte etwas wenigs von der Würdigkeit des weiblichen Geschlechts zusagen / so haben wir dieselbe zuerlernen aus dem höchstbewürdigten Mutter-Nahmen. Es ist nicht genug / daß die gantze Menschen-Welt demselben ihr Seyn und Leben schuldig ist: man muß es ihm auch dank wissen / daß er das Heil der Welt zur Welt gebracht. Ein Weib / wol freylich das bäste Geschöpfe / ward eine Mutter des Schöpfers / und zwar ohne Zuthun eines Mannes. Der Sohn Gottes hätte sich wol / wie die Eva / aus einem Manne Mensch-formem können: aber Er hat Mensch-werden wollen / von dem Samen einer keuschen Jungfrauen. Die Männer mögen sich groß damit machen /daß zween von ihnen / nemlich Henoch und Elias /und vielleicht auch der dritte / Moses / lebendig gen Himmel geholet worden. Was ist aber das / gegen der unermesslichen Ehre / daß der Herr des Himmels eines Weibes Sohn ist? daß eines Weibes Fleisch und Blut / Jesus Christus / zur Rechten Gottes sitzet / die Menschen vom Tod erlöset hat / und dermaleinst aller Welt Richter seyn wird? Es erscheinet nachmals / daß dieser heiligste Weibessame / in den Tagen seines Fleisches / dem weiblichen Geschlecht mehr Gnad erwiesen / als den Männern; gleichwie er auch von jenem mehr geliebet worden / als von diesen. Stracks nach Antrettung seines Lehramts / ehrete Er ein Brautfest mit seiner Gegenwart / und mit seinem allerersten Wunderwerk. Auf seinen Reisen liesse Er ihm nicht allein Jüngere / sondern auch Jüngerinnen / 5 nachfolgen. Drey Todten erweckte Er / soviel man aufgeschrieben hat. Der eine /die Tochter des Schul-Obristen / war selbst ein Weibsbild / und gabe Anlaß zu der tröstlichen Vergleichung des Todes mit dem Schlaff. Der andre /ware ein einiger Sohn einer betrübten Wittib: welche Er / zugleich mit dem süssen Wort / Weine nicht! und mit dem Gnadenwerk / indem Er ihr den Sohn lebendig wieder gabe / getröstet. Der dritte / Lazarus / war ein Bruder der zwo Christliebenden Schwestern Martha und Maria: denen meinst zulieb / er den Verstorbenen wieder belebte. In das Städtlein Sichar / dasselbe gläubig zumachen / schickte Er / nicht seiner zwölf Boten einen / sondern ein Weib die Samaritana; nach dem Er / bey dem Jacobsbrunn / sich den Lebensbrunn in ihr Hertz eingeflösset. Einsmals sahe Er /ihrer viele / viel in den Gotteskasten legen: aber unter allen denselben lobte Er am meinsten / die arme Wittib mit den zweyen Schärflein. Seine Jünger / schalte Er zum öfftern vor kleingläubig: aber ein Weib / und zwar eine Heidinn / die Syrofönissa / ward von Ihm gepriesen mit dem Namen einer Großgläubigen. Von den Männern / wurde Er verfolget: aber von den Weibern / wurde Ihm nachgefolget. Jene / trachteten Ihm nach dem Leben: diese schafften Ihm und seinen Jüngern zu leben / und thäten Ihm Handreichung von ihrer Haabe. 6 Jene / nennten Ihn einen Samariter und Teufelsbanner / und schryen endlich gar das Creutzige über Ihn: aber ein Weib priese seelig diejenige / die Ihn gezeuget und gesäuget hatte. Alle seine Jünger verliessen oder verleugneten Ihn: die Jüngerinnen aber / gaben Ihme / mit weinen / das Geleit bis zum Creutz und Grabe. Ja eine Heidin / des Pilatus Weib / bate vor Ihn: den er / ihr Mann / zu tödten gebote. Beym Ende der Erdwanderschaft unsers Seelen Heilandes / hat Maria Magdalena / die beständige Christliebhaberinn / mit ihrem Nardenwasser von seinem annahenden Sterben geweissagt / und seinen Leib damit zur Begräbnis gesalbet. Als Er bald darauf sein Sterbbette / das Creutzholz / auf den Rücken zur Richtstadt truge: weinte sie Ihme / mit ihren Gespielinnen / hinten nach / und sahe endlich / wie hart es ihr auch ankame / ihre Liebe kreutzigen und ihr Leben begraben. Die Liebe ist stark / wie der Tod: singt das geistliche Brautlied. 7 Man könte wol sagen / sie sey stärker / als der Tod. Jesus hatte zwar aufgehört zu leben: aber Maria / konte nicht aufhören zu lieben. Die Liebe und der Kummer / lässt sie nicht schlaffen. Darum stehe sie vor Tags auf / und läufft zum Grabe. Weil sie nicht mehrers thun kan / so nimmt sie Salben und Threnen zu sich / den heiligsten Leichnam / wie sie öffter gethan / damit zu salben und zu waschen. Die Liebe macht sie so blind / und der Schmertz so bestürzt / daß sie denjenigen vor todt hält / von dem sie doch zuvor gegläubet / daß Er sey die Auferstehung und das Leben: gehet also hin / und suchet den Lebendigen bey den Todten. Sie klagt / man habe ihr Ihn aus dem Grab hinweggenommen: da sie Ihn doch im Hertzen hatte. Endlich erlanget sie die Ehre / vor allen seinen Jüngern / daß sie den wieder-erstandnen Jesus am ersten sihet / und mit Ihme redwechselt. Ja sie wird von Ihm verordnet zur Abgesandtin / dem Christliebenden Häufflein den Sieg ihres Christus und die Niderlage des Todes anzukünden. Ein Weib hatte / im Paradeis / dem Mann den Tod dargereichet: und ein Weib brachte den Männern / vom Grab / die Post des Lebens; sagt hiervon Rabanus . Ein Weib fande / nicht weit vom Baum des Lebens den Tod; und ein Weib fande / unfern von dem Todtenhaus /das Leben. Sie hatte sich / vorher in seinem Leben /zu seinen Füssen gesetzet / und seiner Predigt zugehöret. Da ihre Schwester Martha / mit Haussorgen und Geschäfften / ihr viel zuschaffen gemacht: hatte sie vor sich das bäste Theil erwehlt / 8 nemlich die Liebe Jesu und die Geistesnahrung / welche ihr dann vom Tode nicht hat können genommen werden. Gott hatte / zur Zeit des Königs Ufia , den Propheten Joel weissagen / und seinem Volk dieses Versprechen ankünden lassen: Ich will ausgiessen meinen Geist über alles Fleisch / und eure Söhne und Töchter sollen weissagen. 9 Dieses ward erfüllet am ersten heiligen Pfingsttag / da der Heil. Geist / nicht nur über die Jünger Jesu / sondern auch über die H. Weiber /sichtbarlich ausgegossen worden. Nachmals wird von den 4. Töchtern Philippi des Evangelisten geschrieben / daß sie geweissagt / d.i. gelehrt und gepredigt haben. 10 Priscilla / das Weib Aguila / leistete / ihrem Mann / und dem H. Paulus / Gesellschafft / in Belehr-und Bekehrung der Heidenschafft: es muste auch der hochgelehrte Jud Apollo noch bey ihr zur Schul gehen / 11 und von diesem Weib lernen / ehe er ein Lehrer der wahren Kirche wurde. Daß diese Weissagung folgends noch immer an diesem Geschlecht erfüllt worden / bezeugen die Jahrbücher und Kirchgeschichten. Man durchlauffe das rohte Register derjenigen / die das Christliche Zeugniß und den Vermählungsbrief zwischen der H. Kirche und ihrem himmlischen Bräutigam mit ihrem Blut unterschrieben: man wird dasselbe / von mehr Weibs-als Mannspersonen /angefüllet befinden. Ja man wird daselbst mit Verwunderung anhören / wie etliche Geist-blöde Männer / von den Weibern / in der Marter angemahnet worden / männlich zuseyn. Dionysia / als sie ihren Sohn zum Tod mehr ziehen als führen sahe / rieffe ihm zu mit diesen Worten: Sohn! ich bitte dich / bedenke / daß wir in der Tauffe die Hoffnung der Seeligkeit angezogen haben; und laß uns ja dieses Kleid nicht verscherzen / damit nicht / der uns gen Himmel geladen hat / uns nack et finde / und in die finstre Hölle verstosse. Die Weibs-ächter und Verächter / so da schreyen und schreiben / das weibliche Geschlecht sey / wegen der ihme von ihnen angedichteten kältern und schwächern Natur / keiner Großmut fähig /mögen eine Märterinn / die Julietta / mitten in ihrer Marter / aus göttlichem Geistes-eingeben / hiervon reden und ihren umstehenden Gespielinnen also zureden hören: Solte euch / sagte sie / die Schwachheit des weiblichen Geschlechts entschuldigen / mir diesen Gang nachzugehen: mit nichten! wir sind eines Gezeugs mit den Männern / und es ist zur Erbauung des Weibs / nicht allein Fleisch / sondern auch Bein genommen worden: daher / uns sowol als ihnen / die Stand- und Starkmütigkeit zustehet. Eulalia / ein dreyzehnjähriges Jungfräulein / als itzt eben ihre Schönheit anfienge ein Rost zu seyn / die Hertzen der Verliebten darauf zu braten / ware nicht zu jung darzu / sich auf dem Marter-rost getrost braten zulassen. Serena Keys. Diocletians Gemahlin / liesse sich die zeitliche Hoheit nicht abhalten / ihr Leben Christo aufzuopfern / um / die ewige Hoheit zuerhalten: und muste eben derjenige / der ihr die Keyserkron aufgesetzt / ihr auch zur Märterer-Kron verhelffen / dessen heidnisches Ehbette sie / mit dem Schoß und Armen ihres himmlischen Verlobten und Geliebten / seelig vertauschete. Blandina / eine Jungfrau aus Gallien /wurde langsamer müd zuleiden / als ihr Richter und Henker / sie zubeleidigen: ja sie peinigte selber ihre Peiniger / in dem sie einen ganzen langen Tag sich vergeblich bemühet hatten / derjenigen samt dem Blute Threnen auszupressen / die zu allen Plagen und Schlägen nur lachete. Apollonia / eine andre Jungfrau zu Alexandrien / zum Feuer geführt / als der Richter noch viel Ermahnens machete / beforchte und besorgte sich / er möchte das Urtheil widerruffen / und sie von diesem Ort / von welchem sie ihr liebster Seelenbräutigam heimführen solte / wieder wegführen lassen: risse sich derhalben von den Schergen / und sprang selber ins Feuer. Es konte ihr diß Feuer nicht anderst als angenehm seyn: weil dadurch sie / als ein Fönix / zum ewigen Leben verjünget / das Gefängniß ihres Leibs eingeäschert / und also ihrer Seele der Ausgang / um / in den Himmel einzugehen / solte geöffnet werden. Noch ein Römisches Freulein / die Eufemia / als sie viel ausländische Christen auf den Richtplatz schleppen sahe / liefe vor den Stadtpfleger / beklagte sich / daß man den Fremden mehr gutes thue / als ihr /einer gebohrnen Römerin / indem man jene mit der Märterer-Kron ehrete und durch den Tod zu Christo schickte / ihrer aber verschonte und vergesse. Als sie hierauf / von den Heiden vor gantz thöricht gehalten /mit den andern hingeführt wurde / beschwerte sie sich abermals / daß man andre gebunden / sie aber ledig führte: neidend gleichsam ihre Martergenossen / daß sie nicht neben ihnen / zu den Wunden auch Bande und Fesseln ihrem Jesu mitbringen solte. Diese alle mag man wol vor geistreich und vor Gottesheldinnen / gelten lassen. Noch eine ist ihnen beyzusetzen: die H. Catharina / eine Jungfrau von Antiochien /welche nicht allein um Christi willen dapfer gelitten /sondern auch mit ihrer Kunstredseeligkeit vor die Ehre Christi dapfer gestritten / im Gefängniß 50. heidnische Philosophen mit disputiren überwunden und ihrer viele zur Seeligkeit bekehret hat. Es ist dieser weibliche Geist-und Kunst-Reichtum /nicht allein unter dem Volke Gottes und den Christen / sondern auch den Heiden bekandt und verwandt gewesen: wie dann / in ihren Geschichtschrifften / von der Dama , der Tochter Pythagoras / der Cassandra, Aspasia und Sappho , der alten Carmenta , der Cornificia, Cornelia, Calfurnia und anderen / insonderheit aber von den Stbyllen / viel Rühmens ist. Und es ist vermutlich / daß / von Anfang der menschlichen Gesellschafft / das Frauenzimmer dem Mannsgeschlecht an Kunst und Tugend müsse überlegen gewesen seyn / weil / fast in allen Sprachen alle Tugenden und Künste / weiblichen Geschlechts Namen haben / auch allemahl weiblich gebildet / überdas weibliche Gottheiten denselben vorgesetzt / worden. Insonderheit aber haben sie / die Weißheit und Geschicklichkeit /zwar dem Gott Apollo / aber auch der Pallas oder Minerva / und zudem noch den neun Musen / als Schutzgöttinnen / untergeben. Unter diesen Kunstgöttinnen /haben sie eine genennt Urante: welches ein Griechischer Name ist / und hergeleitet wird von dem Wort ουϱαν, zu tentsch Himmel. Und diesen Namen haben sie ihr zugeeignet / entweder wegen ihrer himmlisch-und englischen Gesang-lieblichkeit / oder weil sie von himmlischen Dingen gesungen. Mit demselben stimmen ein / in unsrer werthen Muttersprache / die schönen alt-Teutschen Namen Amalofuinta oder Himmelswitte / ist soviel gesagt / als / himmlische Weißheit; und Ameltruda oder Himmeltraut / andeutend eine Gottseelige Seele / welche sich mit Jesu / dem Himmels König / verlobet und vertrauet / und dadurch eine Reging und Königinn worden. Und so eine Seele mag wol vor eine Kunst-und Weißheitgöttinn gelten / weil der Geist der Weißheit von Himmel sie begeistert und anfeuret. Daß auch unsere Zeiten / von dergleichen geist-feurigen Kunstgöttinnen / von Himmelklingenden Uranien / Mariamnen und Deboren / von Weißheitfärtigen Maqueden / Musen und Minerven / von Gottesgelehrten Catharinen / Priscillen und Huldinnen / geadelt worden: solches haben / anfangs-erwehnte Kunstfedern / von hundert Jahren her / genugsam erwiesen und ausgeführet / bey denen man sich auch dessen mit mehrerm zuersehen hat. Nur einer einigen lob-gebührlich zugedenken / so behauptet auf sich mit recht den Namen einer wahren Uranie und himmelgeistigen Kunst Sängerinn / die Wolgebohrne Freulein /Freulein Catharina Regina von Greiffenberg / gebohrne Freyherrinn von Seyßenegg / durch gegenwärtige übertreffliche Sinnbruten: welche nicht allein vor süßklingende Schwanen / sondern auch vor hochfliegende Adler / (inmassen sie / neben andern ihres gleichen /in dem preißwürdigsten Adlerland gehecket worden) zuachten / als die da andern Dichtfedern weit vorfliegen und dieselben übergeistern. Daß der Poetische Geist und die Dichtkunst von Himmel einfliesse / ist ein alter und wahrer Lehrspruch: dannenhero man sie / mit einer von Himmel herabgelassener Orfeus-harffen oder Leyer / ausbilden kan. Es sind aber nicht alle Hände geschickt / auf dieser Leyer zuspielen: gleichwol sind derer viele / die sich hierzu geschickt achten / da es doch ihnen sowenig anstehet / als dem Esel das Lautenschlagen. Es ist ein grosser Unterschied / zwischen einem Virgil und Baven oder Meven / zwischen einem Opitz und Hanns-Sachsen / zwischen einem Kunstdichter und Reimleimer / zwischen des Apollo Lautenspiel und des Marsyas Schalmeyen-gelirl. Und sowenig ein blosses Bild / weil ihm die Seele mangelt / ein Mensch ist: sowenig ist ein blosses Zeilengebände ein Kunstgedicht zunennen / weil ihm die sonderbare Ausfündigkeit und rednerische Kunstzier / als die Seele eines Redgebändes / abgehet. Noch sind heutzutag derer viele / welche nur ein leeres Gereim und Geleim /ohne lehrhafften Nachdruck und dapfren Wörterpracht / daherschmieren und schmieden / und wol ganze Bücher damit anfüllen: finden auch ihre hochge Ohrte Midasköpfe und Affterrichtere / welche ihnen /vor andern / den Ehr-Namen eines Kunstdichters zusprechen. Es heist aber warlich kein Vers / (schreibt der treffliche Suchende) welches etwan unten reimweis auf den Füssen hinket / der Leib aber des Verses der göttlichen Kunst so ähnlich ist / als die Eule der Nachtegal. Der edle Spielende / nennet solche armseelige Reimerey / unglückseelige Misgeburten / deren Vätter sowenig Poeten / als die ungestalten Affen Menschen sind / ob sie uns wol unter allen Thieren am ähnlichsten sind. Der Poet Horatius / macht diesen Ausspruch: Nicht gnug ist / Zeil und Zeil / wol binden und wol reimen: nicht ist poetisirn / alltages-Reden leimen. Der Geist und Feuer hat / der höher denkt und redt / als sonst ein Pöbelkopf: der heist mir ein Poet. Und ein vornehmer Herr / pflage hiervon gar nachdenklich zusagen: Ein Gedichte / sey wie eine Malzeit / die schmecke ihm nicht / wann nicht Fisch und Wildbret vorhanden seyen; verstunde darunter Reh und Aal / nämlich realia . Wo Fisch und Wildbrät ist / das zieret Tisch und Mahl: lädt Plato mich zu gast / so such ich Reh und Aal. Die rechte und echte Dichtkunst / bestehet / in nutzbarem Kern-innhalt / und in ungemeinem belustbaren Wortpracht. Solche Gedanken und solche Worte / führt allhier unsre Teutsche Uranie / deren zart-schöne Hände auf der himmlischen Dichter-harffe nur lauter-unvergleichlich zu spielen wissen. Wie dann / unter andern / das 47ste Sonnet / einen Liebhaber dieser Kunst dermassen verzücket / daß er davon Geist und Feuer empfangen / dessen Worten also nachzuspielen: Wer kan diesem Mund gleichsingen? er ist aller Kunst beschluß. mir verschmelzt den Geist und Sinn / dieses Feuer der Gedanken: wie die Sonne unterdruckt / Lunen und der Sternen Fanken. Kunst / lässt sonst nur Bäche rinnen: hier entspringt ein gantzer Fluß / dem ich alle Ehre geben und sie andern nehmen muß. Weil die Prob unmeßlich pralt / leidt der Ruhm auch keine Schranken. Solt ein Muht / dem solchen Grund solche Hände bauen / wanken? Himmels-hände nur / die Hoffnung stützen auf so fästen Fuß. Solte / der so zierlich tröst / so ein Trost uns nicht gefallen? ach! das Herze wird beherzet / von so schönem Wörterspiel: aller Unmut muß daran / als am Felsen / rückwarts prallen. Dieser Tugendfürstin Feder / fliegt und führt zum rechten Ziel. Fassein Herze / Poesy! deine Sach in Wachstum stehet: eine Göttinn deiner Kunst / Himmels-voll auf Erden gehet. Gleichwie aber / die Göttliche Dichtkunst / von Himmel stammet: also soll sie hinwiederum / von der Erden / gen Himmel flammen. Aufder / von Himmel herabgelassenen Orfeus-harffe / soll man / dem Himmel und seiner Gottheit zu Ehren / Lieder spielen. Die Dichterflamme / ist nicht irdisch: darum soll sie auch nicht im irdischen brennen. Sie wird / nicht auf dem Parnassus / sondern im Paradeis / gebohren; aus dem Geistes-Jordan / oder gestirnten Eridan / und nicht aus dem Erdquellenden Hippocrene oder Claros / geschöpfet und getrunken. Diesen göttlichen Trieb nun /soll man nicht zu ungöttlichen Sachen mißverwenden / noch so heilige Geistes-regung / solche himmlische Kunstbrünnlein und reine Einflus-quellen / mit dem Koth der Eitelkeit auftrüben und verunreinen. Der Berg Sion / soll der Musen Erzschrein / und der Bach Kidron das Meer seyn / da alle Gedichte heraus-und wieder hinein fliessen. Diß thut unsre Himmel-klingende Uranie: Sie brennet von Göttlicher Lobbegierde / und von Verlangen nach Tugend und Weißheit; Sie flammet in himmlischer Liebesglut gegen ihrem ewigen Seelen-Liebhaber / deme zu Ehren sie allhier / nicht Worte / sondern lauter Geistes-funken ausseuffzet. Aber / damit der wehrte Leser / welcher allbereit entbrandt ist von Verlangen / diese Flammen und Funken zubeschauen / nicht länger aufgehalten werde / wird diese Vor-Ansprache beschlossen mit dem Wunsch: TeVtsChe UranIe! sInget fort / Lebt froh IM EhrnstanDe. Fußnoten 1 Gen. 21. 10. Gal. 4. 30. 2 Gen. 35. 23. 3 Num. 12. 2. 4 Iud. 13. 23. 5 Luc. 8. v. 2. 6 Luc. 8. v. 3. 7 Cant. 8. 6. 8 Luc. 10. 41. 9 Ioël. 2. 28. 10 Act. 21. 9. 11 c. 18. 18, 26.