Das Grab im Walde Ballade »Wie das treue Weib dem Mann, bleib mir liebend zugetan, bleib mir treu und hold, treu und rein wie Gold«! sprach zu Fräulein Edeltrud Hans von Werden und voll Mut schwingt er sich aufs Roß und verläßt das Schloß. Dahin, wo den Sarazen tapfrer Christen Schwerter mähn, dahin ruft ihn schnell Friederichs Befehl. Und nach manchem harten Strauß schifft er sich zu Joppe aus, sieht der Christen Blut und der Feinde Wut. Seines tapfern Armes Schwert wird gefürchtet und geehrt, und der Feind entweicht, wo es ihn erreicht. Und er häufet Sieg auf Sieg; doch ein Friede hemmt den Krieg; zu dem Liebchen hin will der Held nun ziehn. Er verläßt des Landes Schoß, wo sein Blut für Christus floß, eilt vom heilgem Strand in der Heimat Land. Als er nun durch Deutschland zoh, eben einen Wald durchfloh, hört er ein Geschrei, er zur Hilf herbei! Und er sieht auf hohem Roß hier ein Mädchen, hehr und groß war der Glieder Bau, sanft des Auges Blau, Das um Hilf zum Himmel blickt, fest von Räuberarm umstrickt; kühn und stark bewehrt folgt ein Trupp zu Pferd. Werden scheut keine Gefahr, achtet nicht der Zahl der Schar, stürzt mit Hieb und Stich in die Feinde sich. Diese stutzen, stehn verblüfft, dann erst, als sein Schwert sie trifft, jeder sich besinnt, und der Kampf beginnt. Unsers Ritters tapfrer Arm mähet in der Feinde Schwarm, strecket manchen hin, und die andern fliehn. Jetzt naht er dem Mädchen sich; Ha! durchbohrt von einem Stich ist sie, weh, ihm graut! er erkennt die Braut! »Werden, ach, ich bin vermählt«, stöhnt die Holde matt und fällt auf den Rasen hin, weg war Geist und Sinn! Er hält sie mit stillem Harm weinend in dem lassem Arm, aber nun durchschallt Hörnerton den Wald. Und mit Schwert und Jägerspeer trabt ein Rittersmann einher, sieht das blutge Paar, Angst sträubt ihm das Haar; Denn der Arme, der hier weint, war sein längst vergeßner Freund, der die teure Braut seiner Hut vertraut. Schändlich mit erlognem Mund tat dem treuen Weib er kund, daß in Sklaverei Hans gestorben sei. Doch auch selbst im Tode bricht sie die Treue Hansen nicht; da schleppt der Barbar sie an den Altar, und ein unauflösbar Band schlingt um sie des Priesters Hand, den der falsche Mann durch sein Gold gewann. Doch bald war des Weibs er satt, Das durch manche Lastertat er sich frech erkämpft; seine Gier gedämpft, als er mit verdammter List sie zu morden sich entschließt, doch hört Hans ihr Schrein, eilt, sie zu befrein. Nun sieht er mit einemmal Werden, dem die Braut er stahl, stehn vor seinem Blick, und er bebt zurück; in dem Innern seiner Brust war er sich der Schuld bewußt, und dem Buben graust vor des Tapfern Faust. Doch bald hat er sich gefaßt, schnell greift er in wilder Hast nach dem Jagdgeschoß, eilt auf Werden los. Und er trifft ihn nur zu gut! Werden liegt in seinem Blut, hingestreckt im Staub, wilder Tiere Raub. Und der freche Mörder flieht schnell von hinnen, doch durchglüht sein verrätrisch Herz Angst und Höllenschmerz. Der Verräter irrt umher, auf ihm lieget zentnerschwer des Verbrechens Last, läßt ihm keine Rast. Fürchterlich ist seine Qual, denn er glaubt, daß Berg und Tal, Feld und Hain und Luft, Mörder zu ihm ruft! Er ersteigt die Felsenwand, eilet an des Abgrunds Rand, Mörder! schreit er und stürzt sich in den Schlund. An der Klippen rauhem Stein klebt zerschmettert sein Gebein; wer das Scheusal sieht, schlägt ein Kreuz und flieht. Nun sieht man um Mitternacht, wenn kein lebend Wesen wacht, eine Geistsgestalt, die zum Grabe wallt, wo des frommen Ritters Leib, und das treuergebne Weib leicht im Sand verscharrt der Erstehung harrt. Dorthin, wie die Sage heißt, wandelt der gequälte Geist, von dem Fels herab zu der Frommen Grab. Jede Mitternacht erscheint er und ringt die Händ und weint, stöhnt und seufzet laut, bis der Morgen graut. Wenn des Morgens Lüfte wehn und die Hähne munter krähn, und der Osten glüht, seufzt er und entflieht; fliehet, bis den dunkeln Wald Lunas holder Schein durchstrahlt, kehrt zurück und klagt, bis es wieder tagt. Den 13ten Mai 1808