In Veldes 1. Ausblick Du grünendes Thal, du kristallener See, Du liebliches Eiland mit blinkendem Kirchlein, Ihr trotzigen Felsen, ihr lauschigen Forste, Die ihr mir Aug' und Sinne umstrickt, O löst mir das Räthsel und nennt mir das Wunder, Womit ihr das Herz auch in Wonnen berauscht, Den Geist auch in fesselnden Zauber mir bannt? Dort ragt er empor hoch über den Seinen Triglav, der uralte, das heilige Dreihaupt, Mit weithin leuchtender Zackenkrone, Der Erste, der Morgens den Purpur trägt, Der Letzte, der Abends ihn fallen läßt, Der Urahn eines Geschlechts von Giganten, Vom Silberbart die athletische Brust, Von eisigen Locken die Schultern umwallt, Die Stirne getaucht in sonnige Glorie, Doch auch umflort von ziehenden Wolken, Wie von den Schatten tiefernster Gedanken. Und wie zum festlichen Rathe versammelt, Umstehn den Altvater die Hünengestalten Von Söhnen und Enkeln und Enkelkindern, Die Berge und Hügel, in faltigen Mänteln Der Wälder mit blumengesticktem Saum; Darunter schon Greise mit Schnee auf den Häuptern, Doch Knochen von Marmor und Mark von Erz. Am Seestrand wacht ein Jüng'rer der Sippe, Der Fels mit der Burg, ein Krieger in Waffen, Zum Hüter bestellt dem geheiligten Becken; In glattem Panzer, in steinerner Rüstung, Das Haupt mit dem Ritterschloß behelmt, So ragt er steil und starr und senkrecht; Und um die Brust ihm flüstern und schauern Die Todeslüfte des schwindelnden Abgrunds. Das Eiland doch mit dem schimmernden Kirchlein Inmitten des blinkenden, flimmernden See's, Das jüngste wohl ist's der Enkelkinder. Es breiten die Wellen sich ihm zum Teppich Wie blinkendes Linnen, wie flimmernde Seide, Drauf kniet das Kindlein, die Hände gefaltet Zu stillem Gebete in gläubiger Andacht; Dann wieder erhebt es ein Singen und Klingen Mit reiner silberner Glockenstimme. Am Ufer liegen die Stätten der Menschen Zerstreut wie sein fallen gelassenes Spielzeug, Wie farbiger Tand nürnbergischen Schnitzwerks Von Häusern und Hütten und zierlichen Villen. O Thal der Zauber, voll Größe, voll Anmut, Erhaben, wie in den Wolken der Donn'rer, Liebreizend, wie die erblühende Jungfrau; Das Menschenherz hat wiedergefunden In dir sich selbst, sein Streben, sein Lieben; Denn weil es zu Kleinerm sich niedergebeugt, Und weil es zu Höherm empor sich schwingt, Belebt es das All mit dem eigenen Sein. Hier unter des Landmanns ärmlichem Strohdach, Aus dem ich hinaus in die Landschaft blicke, Hier lebt es und webt es, den Herzen näher, Das heilige Band, mit welchem umschlungen Mein Geist die gigantische, steinerne Sippe. Hier sitzen in traulicher Tafelrunde Der Ahn, die Söhne und Enkel versammelt, Da fehlt auch nimmer der jüngere Krieger; Hier kniet auch das betende Enkelkind, Andächtig die kleinen Hände gefaltet, Und spielt und klingelt und singt dazwischen Und nennt mir das Wunder und löst mir das Räthsel.