Der Unbekannte Durch das enge Thor des Städtchens Zieht ein alter Bettler fort, Niemand spendet ihm Geleite, Lebewohl und Abschiedswort. Nicht verräth die graue Wolke, Daß sie Botschaft Gottes trägt; Nicht verräth der graue Felsen, Daß er Schachte Goldes hegt. Und dem kahlen Baum im Winter Seht ihr's auch nicht an sogleich, Daß er einst so fröhlich grünte Und an Blüth' und Frucht so reich. Von dem Mann am Bettelstabe Hätt' es Keiner wohl geglaubt, Daß er einst im Purpur strahlte Kronumglänzt sein Lockenhaupt! Meuter rissen ihm die Krone Und den lichten Purpur ab, Reichten ihm, anstatt des Zepters, Einen morschen Wanderstab. Und so wallt er schon seit Jahren, Ungegrüßt und ungekannt, Mit dem schwergebeugten Haupte Durch so manches fremde Land. Müde, todesmüde sinkt er Unter einen Blüthenbaum, Von den Zweigen eingesungen In den tiefen, ew'gen Traum. Menschen, die vorübergingen, Sprachen da in stillem Gram: Wer ist wohl der arme Alte, Der so elend hier verkam? Doch Natur mit lichtem Auge Hat den Schläfer wohl erkannt, Und ein feierlich Begängniß, Wie's dem König ziemt, gesandt. Blüthenkränze wehn vom Baume Ihm als Kron' aufs Haupt herab, Und zum Zepter übergoldet Sonne ihm den Bettelstab. Rauschend wölben sich die Zweige Ueber ihm als Baldachin, Und den königlichen Purpur Legt das Abendroth auf ihn.