Lieder aus Italien 1835. Pinie und Tanne Nah des Grenzpfahls kaltem Banne Zwischen deutsch' und wälschen Landen, Eine Pinie, eine Tanne Hart beisammen grünend standen. Wie Vorposten grüner Jäger, Ihren Heeren vor sich wagend, Zweier Reiche Bannerträger, Nords und Südens Fahne tragend; Oder gleich zween Abgesandten, Die mit Friedensgruß und Kränzen Hier sich froh begegnend fanden An der beiden Reiche Grenzen. Pinie sprach: »Durch mich begrüßen Reb' und Nachtigall die Schwestern, Die auf Deutschlands Hügeln sprießen, Singen in den nord'schen Nestern. Apennin, in dessen Locken Ich nur bin ein Blatt des Kranzes, Er entbeut dem alten Brocken Einen Gruß voll Sonnenglanzes! Mögen nach verborg'nen Erzen, Ird'schen Haß und Stolz zu kühlen, Nie in seinem edlen Herzen Menschenhände frevelnd wühlen! Mög' ums Haupt ihm eines hellen, Ew'gen Lenzes Krone glimmen, Und zu Füßen ihm die Quellen Tausend Silberharfen stimmen! Lind um seine Schläfen schmiege Sich ein Traum von alten Tagen, Als sie in des Chaos Wiege Schlummernd noch beisammen lagen!« Tanne drauf: »Von Deutschlands Hainen Grüß' ich Oelbaum, Lorberwälder; Mögen sich die Zwei stets einen So um Stirnen, wie um Felder!« Rhein entbeut dem Po, der Tiber Gruß und Segen, den Geschwistern! Also hört' ich mir vorüber In den Silberbart ihn flüstern: »O daß ihre schönen, bleichen Wellen Menschenblut nie färbe, Nie die schnöde Fracht der Leichen Ihren stolzen Nacken kerbe! Mag nur Rosengluth sie röthen Und Orangenduft berauschen, Daß sie dann, die palmumwehten, Schlummernd schönern Träumen lauschen: Wie wir einst ins Weltmeer steigen, Jubelnd dort zusammenklingen, Hand in Hand den ew'gen Reigen Um die blüh'nde Welt zu schlingen!« So bemühn sich Beid' aufs Beste Ihre Sendung zu vollführen, Während sanft sich ihre Aeste, Wie zum Händedruck, berühren. Schöne Pinie, deine Losung? »Lenz und Friede, Licht und Liebe!« Starke Tanne, deine Losung? »Lenz und Friede, Licht und Liebe!« Reben, die in wilden Keimen Ueppig Stämm' und Aest' umstricken, Schlagen zwischen beiden Bäumen Kühn des Friedens grüne Brücken. Eine Nachtigall schwebt singend Diese Brücken auf und nieder, Tann' und Pinie ganz umschlingend Mit dem Netze süßer Lieder. Horch, da hör' ich Trommeln hallen, Schrecken zittert durch die Bäume! Seh' die Wolke Staubes wallen, Sie verschneit die Frühlingsträume! Meiner Heimat Kriegesmannen Ziehn vorüber und sie pflücken Zweige sich von Pinien, Tannen, Tschako und Standart' zu schmücken. Brüder, zieht mit Gott die Bahnen! Doch aus euch, ihr Zweig', umkeime Ihre Schläfen leis ein Mahnen Eurer Botschaft, eurer Träume.