Solferino 1859. Dort sitzt noch an derselben Statt Der alte Trommler wieder; Der Hand entfiel das Zeitungsblatt Und glitt zu Boden nieder. »Magenta! – Solferino!« stöhnt Im Selbstgespräch er heute, Und seiner Stimme Nachhall tönt Wie traurig Grabgeläute. »Und drum zehn Jahre Tag und Nacht Getrommelt und geblasen! Im Drillschritt uns mit Heeresmacht Zertreten Saat und Rasen! Und wer nicht bunten Kragen trug Ein Knecht betreßter Massen! Verwaist die Werkstatt und der Pflug Und leer gestürzt die Kassen! Doch jetzt! auch nicht ein kleinster Sieg Die Herzen aufzufrischen! Ein Krieg, der schreit nach neuem Krieg, Das Brandmal zu verwischen! Der einstudirte Schwertertanz So grauenvoll mißrathen! Einst rissen aus des Korsen Kranz Manch Blatt doch unsre Thaten!« Sein Finger trommelt auf den Tisch Den Kriegsmarsch längst verklungen; Den Alten macht er träumerisch, Doch fremd klingt er den Jungen. Jetzt horcht er auf: was soll das sein? Ein Freudenruf und Klagen! Da tritt sein jüngster Enkel ein In buntem Rock und Kragen; Das Haupt gesenkt, das Herz so schwer, Den Arm in schwarzer Binde: »Von Solferino komm' ich her, Kein dunkler Wort ich finde!« Da spielt ums Greisenhaupt ein Licht, Das ebnet manche Falte, Und milden Blicks zum Enkel spricht Und sanften Tons der Alte: »Aus dunklem Schacht steigt helles Erz, Aus schwarzem Grund die Rose; Ob echt und recht ein Kriegerherz Befrag' ich Unglücksloose. Das war das alte Schlachtroß noch, Doch nicht Radetzky's Zügel! Voll Mark und Kampflust war's, – jedoch Ein Andrer saß im Bügel. Die Götter, die für Lorbeerglanz Ein Feldherrnhaupt nicht finden, Sie wollen Euch mit vollem Kranz Die tapfre Faust umwinden. Wie jener Römer sprang zum Schlund, Dem Götterzorn sich weihend, So sankt Ihr auf der Wahlstatt Grund, Das Volk daheim befreiend. Mein Oesterreich, gar manchen Sohn Als Sühne sahst du bluten, In Schmerz und Schmach doch fühlst du's schon: Das Elend führt zum Guten. Denn nur aus Unglück kommt dir Heil, So will's dein alt Verhängniß; Dem Volk erblüht das Segenstheil Aus seiner Herrn Bedrängniß; Der ihr Panier in Staub gelegt, Der Sturm, schwellt unsre Fahnen; Des Hochgewitters Brausen fegt Der Freiheit rein die Bahnen.« – – Als wieder Kirchweih' und im Kreis Die Buden stehn und Schilder, Zu jenem alten kauft der Greis Die neuen Feldherrnbilder. In Glas und Rahmen an der Wand Bewahrt er treu die Blätter: »Der Himmel schickt, o Vaterland, Dir wundersame Retter!«