Mumie Frühlingslüfte, weiche, milde, Streichen um Egyptens Lande, Hauchen in das Saatgefilde, Fächeln über starrem Sande; Was da wallt, soll frischer wallen, Was da lebt, soll doppelt leben, Doch was todt ist, soll zerfallen, Sich verjüngt einst zu erheben. Frühlingslüfte wollen haschen Flücht'ge Keime halberstorben, Selbst des Grabs zerstreute Aschen Unverloren, unverdorben; Jedes finde seine Stätte In des Nilthals reichen Schollen, Wo Gestad' und Strom zur Wette Volle Segenswogen rollen. Und sie wehn unaufgehalten Um die alten Nekropolen, Durch der Pyramide Spalten Schlüpfen sie hinein verstohlen, Durch der Gänge Schlangengleise Bis zum Zellengrab zu schleichen, Rütteln an den Särgen leise, Flüstern in das Ohr der Leichen. Und die Königsmumie drinnen, Prunkversteint und unverwittert, Fühlt den Hauch zum Herzen rinnen, Daß ein Zucken sie durchzittert; Möcht' entraffen sich den Grüften, Nicht zu leben, nicht zu wallen, Nein, hinaus nur, an den Lüften Zu verwehn und zu zerfallen: »Frühling, Frühling! Auch den Todten Stillersehnt und süßwillkommen! Sendest uns auch deine Boten In die Haft, die uns beklommen; Ja, schon fühl' ich deine Quellen Leis in meinen Adern rinnen, Mein Verlebtes fortzuschwellen, Mir ein neu Gewand zu spinnen. Weh, vergiftet meine Säfte, Daß daran der Frühling machtlos; Und betäubt die tiefsten Kräfte, Selbst des Auferstehens achtlos! Mit den Harzen und Balsamen Eingeträuft in meine Adern, Starb des Lebens letzter Samen, Ward ich stumpf wie diese Quadern! Sklaven, die mit feigem Bangen Meinem Augenwink gezittert, Halten mich im Schlaf gefangen, Angefesselt und umgittert; An die eherne Erstarrung Haben sie mich festgekettet, Zu lebendiger Verstarrung In den Cedernschrein gebettet! Der mich zu vergöttern glaubte, Knechtsinn, hat mich hingerichtet, Mir, da er mein Welken raubte, Lenzjahrtausende vernichtet. Larve, laß hinaus den Falter! O zerschmettert diese Hallen! Tilgt mein unehrwürdig Alter! Laßt verwehn mich und zerfallen! Bald an deinem Borne tränken Meine Fasern sich zu Halmen, Und mein Herz wird sich versenken In das Mark der sonn'gen Palmen; Mein verdunkelt Aug', entsiegelt, Labt sich bald an Licht und Ruhme Wenn im heil'gen Nil sich's spiegelt Eine fromme Lotosblume. Meine weichen Locken wallen Bald in säuselnden Mimosen, Tropfen meines Blutes fallen In der Tulpen Kelch und Rosen. Und was Staub soll werden, fliege Durch die Lande mit dem Winde, Bis es einst befruchtend liege Und den Heimatboden finde. Frühling, Frühling! Deinem Winken Folgt mein süßgeheimstes Beben; Aber weh, ich kann nicht sinken, Kann empor zu dir nicht schweben. Wehe, starr und festgebunden, Gurt' an Gurte, Bind' an Binde, Arm und Bein und Brust umwunden Hülflos gleich dem Windelkinde!« Und die Pyramid' erzittert Tief zum Grund von solchem Hader, Wie die Ceder, wenn's gewittert. Oben löst sich eine Quader, Kollert an den Steingerüsten, Springt und prallt in Sand und Dorne, Staub erregend, der den Wüsten Sage von des Todten Zorne.