14. Den Golf hinaus, fort von Pompeji's Küsten Wogt eines Schiffes majestät'scher Bau; Die Segel, die vom Abendwind geküßten, Blähn lustig sich, es knarrt in Mast und Tau! Und, horch! Kanonendonner lauthin knallen – Dein Abschiedsgruß, o Cincinnatus, klingt, Daß, aufgeschreckt, die Schaar der Nachtigallen Von Maro's Grab sich, ängstlich flatternd, schwingt! Wie rauh, o Mensch, ist selbst dein Gruß der Liebe: Preßt deine Hand des Freundes Hand in sich, Scheint's fast, als ob es dich zu sprechen triebe: Freund, fühle meine Kraft, und wahre dich! Der Sohn Amerika's, gekreuzt die Hände, Lehnt still am Hauptmast an des Schiffes Bord, Sein Aug' durchschweift im Flug des Golfs Gelände, Winkt hier ein Lebewohl, nickt Grüße dort: »Leb' wohl, Europa! Daß dein Aug' sich helle, Du Niobe, verschönt vom Riesenschmerz! Gleich ihrer ist auch deiner Leiden Quelle Dein Reichthum, den du liebend drückst ans Herz! Gegrüßt, Amerika, du jüngre Schwester! O nimm des Schmerzes Kinder mild von ihr, Leg' an dein Herz sie, daß der Schmerzen größter In seiner Fülle Heilung trink' aus dir! Schlingt Hand in Hand, laßt Haupt am Haupte lehnen, Ihr Schwestern, euch zu Füßen Meeresglanz! Es stehn die Kronen, die Europa krönen, Gut an Amerika's laubgrünem Kranz! Wie bunt und herrlich rauscht dein Wald, o Leben! Und sieh, doch ist's nur Eine Lebenskraft, Die graue Moose heißt am Boden kleben Und Palm' und Ceder in die Wolken rafft, Die blüh'nden Lotos wiegt im Wellenschaume, Der Rosen Purpurkleider taucht in Duft, Die Reben lehrt den Flug von Baum zu Baume, Den Kaktus keilt in starre Felsenkluft! Wie reich, o Menschengeist, dein Garten glühte, Nur Eine Kraft ist's, die zum Keim dich drängt, Und Krone, Lyra, Hirtenstab als Blüthe, – Ach, auch das Schwert! – an deinen Baum gehängt! Und diese Blüthen sind zum Kranze worden, Der bunt sich um der Zeiten Harfe schlingt, Die bebend in den ewigen Accorden Der Menschheit Schmerz, der Menschheit Jubel klingt! Der alte Baum sieht, ewig grünend, nieder Auf sein verwehtes Laub, das unten lauscht; O Mensch, du sinkend Blatt, du sinkst auf Brüder Und hörst's, wie dir schon nach ein Bruder rauscht! Am Baum vorbei strömt, heut noch voll, wie gestern, Die Quelle, flüsternd, in das ew'ge Meer! O Mensch, du flücht'ge Welle, eilst zu Schwestern, Und hörst die Andern eilen hinterher! Die goldne Wolke, aufgelöst in Thränen, Stürzt ihrer Mutter an das Herz, dem Meer! Zugvöge! flattern durch die Luft mit Sehnen, Wie loses Laub vom Herbstbaum, irr umher! Ein stiller Todesjubel weht im Raume Wie Laubessäuseln, ach, nicht minder schön, Als säh' ich lächelnd süß ein Kind im Traume Bei ferner Morgenglocken Festgetön. Stürz' als ein Niagara, schleiche leise Als Sarno, gleit' ein Tröpflein Thau's ins Meer, Sieh, bald zerrinnen, die du schlägst, die Kreise, Du wirst zur Well', und ruhig wird das Meer! Sieh, Welle, allen Himmel glanzentglommen Sich spiegelnd in dem Ozeane hier. Da wird wohl auch auf dich ein Sternlein kommen, Das spiegle heilig, rein und treu in dir!« So um das blüh'nde Haupt des Jünglings schreiten Gedanken, während lieblichen Getöns Die Wellen rings, die regen, sie begleiten Mit der Musik des Werdens und Vergehns. Wie klein die Gluth Vesuvs schon glimmt, die ferne! Sie mengt als Stern sich in der Sterne Reihn, Als ob der glühende Vernichter gerne Sich hüllte in des Lichts und Segens Schein! In Nacht längst des Gestades Lichter traten; An Bord die Flagge selbst hat Nacht umstrickt, Die Sternlein zweimal zwölf der Brüderstaaten, Auf himmelblauen Grund in Gold gestickt. Doch hat sich glanzvoll über ihr zur Stunde Vereinter Sternenreiche Flagg' entrollt: Auf dunklem himmelblauen Wappengrunde Millionen Sterne, funkelnd all' in Gold!