Malplaquet Im Blachfelde ringen Die ehernen Geschwader Zu rächen, zu sühnen Der Könige Hader. Und wieder verkünden In Waffen zwei Heere Die blutige Mahnung, Die bittere Lehre: Daß seit jenen Tagen, Da Kain im Grolle Den Bruder erschlagen, Kein Retter erstand, Kein Weiser sich fand, Der Meinungen Streit, Des Zwiespalts Brand Zu lösen, zu löschen Mit heilender Hand, Daß der Blutthat Erbe Nicht die Enkel verderbe. Es wußten der milden Gesittung Apostel Nur umzubilden In grimmere Waffen, In Eisen und Flammen, Die Keule des Wilden, Daß, die einst zu Tode Den Einen nur traf, Jetzt Tausende schleudert In ewigen Schlaf. Des Himmels Blitze, Des Donners Grollen Aefft ihrer Geschütze Aufleuchten und Rollen. Die Gottes Gebote Nur machen zu nichte, Ihr Würgen und Schlachten Sind Gottes Gerichte! O herrlicher Richter, Die tobenden Horden, Die rauben und sengen, Verstümmeln und morden, Bis unter der Last Der Greu'l und Verbrechen Gelähmt und erschöpft Sie zusammenbrechen! Dann rufen sie jammernd, Den sie thöricht verbannt, Den Frieden, ins Land. Doch kehrt er nicht wieder Als der himmlische Bote Von den Göttern entsandt Mit des Füllhorns Brode. Auf Flügeln von Blei, Mit schwarzem Gefieder Und heiserem Schrei Schwebt er hernieder, Ein Leichenrabe, Der Todtes begrabe. Die Faust bleibt König Dem späten Geschlecht, Dem größern Verderber Das bessere Recht. Hüben am Waldessaum von Sart Steht Eugen an Malb'roughs Seite, Drüben, auch ein Held im Streite, Macht Villars, ihr Gegenpart; Wie auf der Parketten Glätte Ohne Straucheln, ohne Gleiten, Weiß er auch gewandt zu schreiten Auf der schlüpfrig blutigen Stätte. Ueber den kämpfendeu Schaaren, Leitend der Schlachten Geschicke, Gleich blitzschleudernden Aaren Schweben der Feldherrn Blicke, Ruhn auf dem eigenen Volke, Spähn nach des Feindes Fahnen, Bohren durch Risse der Wolke, Staubs und Rauches die Bahnen, Mühn sich, bis in die Seele Selbst des Gegners zu dringen, Daß auch, was er verhehle, Sichre ihr eignes Vollbringen. Trefflich hat in Busch und Feld Vorhut und Massen der Feind gestellt, Reitervolk und Geschütze klug Dem entscheidenden Punkt gesellt, Wald und Lichtung gut benützt, Daß sich der Kolonnen Zug Frei bewege und doch geschützt; Und wie wohlberechnet schlau Schanzen errichtet und Verhau, Selbst des Stroms treulose Wogen Dienstbar in seinen Bund gezogen! Doch was klar der Meister erdacht, Groß und ganz sein Geist erschaut, Wird, der Menge anvertraut, Leicht zerbröckeln unvollbracht; Ist ein Faden nur gerissen, Schwer wird das Geweb' ihn missen; Und versagt nur eine Hand, Locker wird das ganze Band. – Jetzt im Feindesheere Lücken Sieht und nützt der Feldherr hüben: »Auf! Jetzt muß das Wagniß glücken! Rasch den Stoß in Feindesrücken!« Rasch doch ist auch jener drüben, Führt mit Wucht den Gegenzug, Füllt die Lücken wie im Flug; Durch den trüben Nebeltag Dringt sein Falkenaug' und mißt Jedem Schlag den Gegenschlag, Jeder List die Gegenlist. Aber Eugen kann's nur loben, Was mit Leid er soll erproben, Und den Geist, mit dem er ringt, Fühlt er eignem Geist verwandt, Reichte, die das Schwert jetzt schwingt, Jenem gern als Freundeshand, Neigt die Stirne kranzumlaubt Vor dem edlen Feindeshaupt. Wer den Schwächern niederzwang, Ward darum nicht selber stark, Leichter Sieg wird Untergang, Lähmt den Arm und frißt am Mark; Doch wer mit dem Stärkern ringt, Selbst ein Starker, fühlt die Kraft Frisch am Widerstand beschwingt, Wachsen an der Gegenkraft. – Stund um Stunde währt das Ringen, Unermüdlich mäh'n die Klingen Und die Menschengarben fallen, Doch ersteht ihr Rächer allen. Horch, ein Prall in dem eisernen Knäule! Sieh, welch mächtige Staubessäule! Ha dort sprengt mit Wetterstreichen Eugens Panzerschaar die Flanken Und der Franzmann kommt ins Wanken, Die gelösten Rotten weichen. Mitten doch im Kugelregen, Im Gewog' und Kampfgedränge Leuchtet Villars' Heldendegen, Lenkt sein Wort die flüchtige Menge, Rückzugswege macht er frei, Springt Verwundeten hilfreich bei, Bleibt in Siegen und Niederlagen Eingedenk, daß er im Sohne Auch ein Mutterleben schone. Plötzlich rings um ihn welch Klagen, Welch ein markerschütternder Schrei! Weh, den Feldherrn traf das Blei. Noch, auf der Sänfte fortgetragen, Wacht er über jedem Leben, Das in seine Hut gegeben; Denn das Eigen ist's so Vieler, Das auf diesem Zahltisch gilt, Das Gepräg' mit Gottes Bild Viel zu gut für wüste Spieler! – Und es sieht der Feldherr hüben Ihn die milden Thaten üben; Auch der Gegner muß es preisen, Daß der tapfre Mann von Eisen In der Brust ein Herz auch trägt, Wie's ihm selbst im Busen schlägt, Das im rauhen Werk der Schlacht Menschlich fühlt und liebvoll wacht; An solch Herz wohl möcht' er fliegen Und in jenen Armen liegen. Wo sich große Seelen messen, Ist der Kleinen Zwist vergessen; Während sich die Massen morden, Sind die Feldherrn Freunde worden; Und das ganze Schlachtenwetter, Trommelgewirbel und Horngeschmetter, All dieß Rasseln, Knattern, Rollen, All dieß Jauchzen, all dieß Grollen Schmilzt im großen Weltaccord In ein einzig glorreich Wort, In den Vollklang aller Ehren, In den Seelengruß zusammen, Den sich über kämpfenden Heeren Gottverwandte Herzen senden. Und die Zungen lodernder Flammen Und die Blitze von leuchtenden Bränden, All die glühenden, sprühenden Schrecken Werden feurige Freundesarme, Die sich über dem tobenden Schwarme Geister des Lichts entgegenstrecken.