8. Ich stand im Klosterhof vor'm Marmorbilde Des Engels mit dem Flammenschwert und Schilde, Sein Fuß tritt sieghaft auf den Höllendrachen Mit schupp'gem Leib und offnem Feuerrachen. Doch seht jetzt zwiefach Satanas bezwungen: Ein Rosenstrauch hat blühend sie umschlungen Und wächst und drückt dem Seraph auch behende Anstatt des Schwerts ein Röslein in die Hände. Ich ging ins Refectorium der Brüder Und setzte mich zum Mahl mit ihnen nieder, Auf schwarzer Tafel aber stand mit Kreide: »Silentium!« der Todesspruch der Freude. Doch des Verbotes scheint gar wenig fragend Die Nachtigall, in nahen Büschen schlagend, Das Taubenpaar, vor'm Fenster liebegirrend, Der Väter frommes Sinnen fast verwirrend! Ich wallte durch des Gartens Duftgelände, Da schmückt' einst eine Sonnenuhr die Wände, Drauf stand in schwarzer Schrift die trübe Kunde: »O Mensch, du kennest weder Tag noch Stunde!« Doch Reben ranken jetzt um Zahl und Zeiger, Dran eine Traube hängt als Schenkenzeiger, Die dichten Ranken säuseln lust'ge Kunde, O Mensch, du kennst jetzt wahrlich nicht die Stunde. Mich dünkt, als ob Natur mir allerwegen Hielt' eine große, lichte Freud' entgegen, Und wie Madonna mit dem heil'gen Kinde, Den Schmerz der Welt versöhnend, vor mir stünde. Es hat ihr Arm geheftet ihren blauen, Gewalt'gen Mantel vor der Zukunft Grauen; Sie ließ den grünen Teppich niedergleiten Auf all den Moder der Vergangenheiten. Sie aber spricht: Bereitet sind die Wege! Durchzieh', mein Gast, frei meines Reiches Stege, Das Haupt umstrahlt von Himmels Sternenglanze, Den Fuß geküßt vom Erden-Blüthenkranze! Setz' dich zu Tisch, doch zieh nicht Gramgesichter, Sei meiner Satzung kein trübsel'ger Richter, Denn üb'rall hinter dir mit grüner Ruthe Steht Lenz, mein lust'ger Rath, im Schellenhute.