Wandel und Treue Ja, du bist treulos! laß mich von dir eilen; Gleich Fäden kannst du die Empfindung theilen. Wen liebst du denn? und wem gehörst du an? Es hat Natur mich also lieben lehren: Dem Schönen werd' ich immer angehören Und nimmer weich ich von der Schönheit Bahn. So ist dein Lieben, wie dein Leben, wandern! Von einem Schönen eilest du zum Andern, Berauschest dich in seinem Taumelkelch, Bis Neues schöner dir entgegen winket – In höh'rem Reiz Betrachtung dann versinket Wie Bienenlippen in der Blume Kelch. Und traurig wird die Blume dann vergehen Muß sie sich so von dir verlassen sehen! O Nein! es hat die Sonne sie geküßt. Die Sonne sank, und Abendnebel thauen. Kann sie die Strahlende nicht mehr erschauen, Wird ihre Nacht durch Sternenschein versüßt. Sah sie den Tag nicht oft im Ost verglühen? Sah sie die Nacht nicht thränend still entfliehen? Und Tag und Nacht sind schöner doch als ich. Doch flieht ein Tag, ein Andrer kehret wieder; Stirbt eine Nacht, sinkt eine Neue nieder, Denn Tröstung gab Natur in jedem Schönen sich Was ist denn Liebe, hat sie kein Bestehen? Die Liebe will nur wandlen, nicht vergehen; Betrachten will sie alles Trefliche. Hat sie dies Licht in einem Bild erkennet, Eilt sie zu Andern, wo es schöner brennet, Erjagen will sie das Vortrefliche. So will ich deine Lieb' als Gast empfangen; Da sie entfliehet wie ein satt Verlangen, Vergönnt mein Herz Ihr keine Heimath mehr. O sieh den Frühling! gleicht er nicht der Liebe? Er lächelt wonnig, freundlich, und das trübe Gewölk des Winters, niemand schaut es mehr! Er ist nicht Gast, er herrscht in allen Dingen, Er küßt sie Alle, und ein neues Ringen Und Regen wird in allen Wesen wach. Und dennoch reißt er sich aus Tellus Armen Auch andre Zonen soll sein Hauch erwarmen Auch Andern bringt er neuen, schönen Tag. Hast du die heil'ge Treue nie gekennet? Mir ist nicht Treue was ihr also nennet, Mir ist nicht treulos was euch treulos ist! – Wer den Moment des höchsten Lebens theilet; Vergessend nicht, in Liebe selig weilet; Beurtheilt noch, und noch berechnet, mißt; Den nenn' ich treulos, ihm ist nicht zu trauen Sein kalt Bewußtseyn wird dich klar durchschauen Und deines Selbstvergessens Richter seyn. Doch ich bin treu! Erfüllt vom Gegenstande Dem ich mich gebe in der Liebe Bande Wird Alles, wird mein ganzes Wesen seyn. Giebt's keine Liebe denn die dich bezwinge? Ich liebe Menschen nicht, und nicht die Dinge, Ihr Schönes nur, und bin mir so getreu, Ja Untreu' an mir selbst wär andre Treue, Bereitete mir Unmuth, Zwist und Reue, Mir bleibt nur so die Neigung immer frei. Die Harmonie der inneren Gestalten Zerstören nie die ordnenden Gewalten Die für Verderbniß nur die Noth erfand. – Drum laß mich, wie mich der Moment gebohren. In ew'gen Kreisen drehen sich die Horen; Die Sterne wandeln ohne festen Stand, Der Bach enteilt der Quelle, kehrt nicht wieder Der Strom des Lebens woget auf und nieder Und reisset mich in seinen Wirbeln fort. Sieh alles Leben! es ist kein Bestehen, Es ist ein ew'ges Wandern, Kommen, Gehen, Lebend'ger Wandel! buntes, reges Streben! O Strom! in dich ergießt sich all mein Leben! Dir stürz ich zu! vergesse Land und Port!