Am Tage Bartholomäi Evangel. Luc. XXII. v. 24. etc. Die Jünger zanckten unter sich Des grösten Ranges wegen, Des Heilands Wort gieng alsogleich Dem eitlen Streit entgegen Und sprach: Last Fürsten dieser Welt Nach hohen Tituln rennen; Denn wer Gewalt und Reichthum hat, Der läst sich gnädig nennen. Ihr aber, Liebsten, nicht also! Gebt beßre Demuthszeichen. Wer vorgeht, soll ein Diener seyn, Der Größre Schlechtern weichen; Denn dieser, der am Tische sizt, Sagt, ist nicht dieser beßer Als welcher hinten steht und dient? Gewis, der erst ist größer. Nun muß ich mitten unter euch Als Knecht mein Amt verwalten; Ihr aber seyd die, die bey mir Im Elend ausgehalten, Ihr seyd mir in Gefahr gefolgt, Nun will ich auch bey Zeiten, So wie der Vater mir gethan, Das Reich vor euch bereiten. Und dieses meines Vaters Reich Hat viele Wollusttische, Woran euch Fried und Seeligkeit Mit Speiß und Tranck erfrische. Die Stühle sind auch schon bereit, Da sollt ihr meinetwegen Vor zwölf Geschlechten Israels Gericht und Urtheil hegen. So blind, so thöricht und verkehrt Ist unser Fleisch gebohren, So langsam öfnet die Natur Der Warheit Aug und Ohren: Die Jünger waren nun drey Jahr Bey ihrem Herrn gewesen Und konten doch sein Absehn nicht Aus so viel Wundern lesen. Mit was vor Wachen, Lieb und Müh Hatt er sie unterrichtet Und zur Erbauung Tag vor Tag Gelehret und gedichtet! Noch waren sie so blind und taub Und wollten auf der Erden Sogar mit Zanck und Eifersucht Zu großen Leuten werden. Wie mancher Christ hat noch bey uns So fleischliche Gedancken Und steckt durch seinen Hoffartsgeist Der Ehre weite Schrancken! Er liebt nur Gott aus Eigennuz Und aus Begier zu steigen, Und wo er Tugend üben soll, Da soll sich Vortheil zeigen. Kommt's auf des Glaubens Prüfung an Und soll man etwas leiden, Da läst sich Fleisch und Blut gar leicht Von Jesu Liebe scheiden. Im Glücke fällt die Demuth weg, Und bey den guten Tagen Wird einer unter Tausenden Kaum nach dem Himmel fragen. Man lerne doch einmahl verstehn, Was unser Heiland wolle! Nicht, daß man vor und in der Welt Viel Ansehn hofen solle, Nein, sondern daß man als ein Knecht Dem armen Nechsten nüze Und bis zur rechten Läuterung Im Elendsofen schwize. Wer dies geduldig thut und trägt, Dem ist das Reich dort oben, Worin man unvergänglich herrscht, Vom Vater aufgehoben, Von jenem Vater, deßen Treu Durch scharfe Zucht probieret Und uns nach kurzer Angst und Müh Ins Land der Freyheit führet.