Leonore (Magdalene Eleonore Jachmann) Schweidnitz Juni 1714 – Wittenberg Juli 1716 Auf ein Mägdgen, so er einsmahls bey einem guten Freunde in der Nachbarschaft zum Fenster sah heraussehen Schweigt doch nur, ihr höhnschen Thoren, In der kühlen Dämmrungsstill, Da mein Herz vor Leonoren Seine Regung zeigen will, Weil sich ihrer Jugend Pracht Überall gefällig macht. Durch die Reizung ihrer Sitten Komm ich um den Freyheitsstand, Den mir manche schon bestritten, Aber keine noch entwand, Weil der Himmel ihrer Art Meine Liebe vorgespart. Ihrer Kleider nette Schwärze Zeigt mir ein vergnügtes Licht, Welches wie des Mondes Kerze Zärtlich aus den Wolcken bricht Und der Hofnung, die sie liebt, Einfluß und Ergözung giebt. Selbst die Schönheit vom Gemüthe Bricht durch Blick und Antliz vor, Und der Reden Geist und Güte Küzelt oft ein lauschend Ohr, Daß mich auch das Zusehn schmerzt, Wenn sie mit Gespielen scherzt. O wie seelig ist die Stunde, Da man, angenehmes Kind, Auf dem rosenvollen Munde Deines Herzens Huld gewinnt Und den Vorschmack jener Welt Selbst mit dir in Armen hält. Fliegt daher, ihr stillen Lieder, In die schöne Nachbarschaft Und bewegt die stillen Glieder Durch die Würckung starcker Kraft, Bis ein Traum von meiner Treu Leonorens Lustspiel sey. Als er insgeheim liebte Was ich in Gedancken küße, Macht mir Müh und Leben süße Und vertreibt so Gram als Zeit; Niemand soll es auch erfahren, Niemand will ich's ofenbahren Als der stummen Einsamkeit. Ob ich gleich nun, schöne Seele, Nahmen, Brand und Schmerz verheele, Würd es doch mein Glücke seyn, Wenn du selbst errathen solltest Und nur einmahl forschen wolltest, Wem sich meine Flammen weihn. Merckstu nichts aus Wort und Blicken, Die viel Sehnsuchtszeichen schicken? Siehstu mir kein Feuer an, Wenn mein zärtliches Gemüthe Bey der Wallung im Geblüte Diesen Trieb nicht bergen kan? Freylich mach ich öfters Grillen, Aber alles doch im Stillen Und dabey nicht ohne Lust, Weil du allzeit meine Sinnen Durch dein artiges Beginnen Auch entfernt ergözen must. Will ich mich gleich selber zwingen, Dein Gedächtnüß wegzubringen, Fühl ich in mir Widerstand; Denn ich glaube, dich zu lieben, War mir schon ins Blut geschrieben, Eh ich noch die Wiege fand. Doch was hilft ins Blut geschrieben, Wenn mir dies getreue Lieben Weder Frucht noch Hofnung zieht? Krancke mögen sich beklagen, Nur mein Herz soll garnichts sagen, Ob es noch so heftig glüht. O du ungemeines Leiden, Schöne Früchte sehn und meiden Und bey Quellen dürsten stehn! Wenn die Hauptperson nur wüste, Was vor Seufzer sanfter Lüste Ihrer Schönheit opfern gehn! Doch du ungemeines Leiden Bist auch warlich zu beneiden, Weil dich die Person erweckt, Die vom Schönsten auf der Erden Selbst verdient geehrt zu werden Und schon manches angesteckt. Durch ein ehrerbietig Schweigen Will ich mich gelaßen zeigen, Bis vielleicht ein Tag erscheint, Da die Flammen heller brennen Und der Welt entdecken können, Wie ich es so treu gemeint. Sollt auch dieser Wunsch betriegen, Find ich dennoch mein Vergnügen Und die gröste Lust daran, Daß ich nach der klugen Lehre Dieses Bild geheim verehre, Was ich nicht besizen kan. Als er seine Liebe nicht sagen durfte Ich leugne nicht die starcken Triebe Und seufze nach der Gegenliebe Der Schönheit, die mich angesteckt. Der Traum entzückt mir das Gemüthe, So oft mir mein erregt Geblüte Dein artig Bild auch blind entdeckt. Allein die Ehrfurcht heist mich schweigen. Ein Sclave darf die Ketten zeigen Und in der Noth um Rettung schreyn, Nur ich muß diesen Trost entbehren Und darf den Jammer nicht erklären: Das heist ja zweyfach elend seyn. Indeßen, darf der Mund nicht klagen, So wird dir doch mein Auge sagen, Wie tief mein Herz verwundet sey. Erwege nur Gestalt und Mienen, Sie werden dir zum Zeugnüß dienen: Ich kan und mag nicht wieder frey. Mich deucht, du nimmst es wohl zu Herzen. Erhalt ich das in meinen Schmerzen, Daß dir mein Feuer wohlgefällt, So will ich heimlich gerne brennen Und dir sonst nichts als dies bekennen: Du seyst die Schönheit dieser Welt. Als er das, was er liebte, entbehren muste Etwas lieben und entbehren Ist ein Schmerz, der heimlich quält; Wenn die Blicke Zungen wären, Hätten sie dir längst erzehlt, Was dein Wesen, kluges Kind, Über mich vor Macht gewinnt. Dencke, wie es martern müße, Wenn ein müder Pilgersmann Von dem Ufer tiefer Flüße Keinen Trunck erreichen kan Und mit Sehnsucht und Verdruß Wasser sehn und dursten muß. Deiner Schönheit reife Früchte Martern mich ja auch zu scharf, Denn sie sind nur Schaugerichte, Die mein Mund nicht kosten darf. O betrübter Appetit, Der verbothne Früchte sieht! Schilt dein zorniges Empfinden Mein verwegen Lüsternseyn, So vergieb den schönen Sünden, Denn sie sind hauptsächlich dein, Weil du gar so reizend bist, Daß man sich aus Lust vergißt. So ein feuerreich Gemüthe, Das die netten Glieder lenckt Und sowohl Verstand als Güte Unter Blick' und Küße mengt, Solches, sag ich, läst nicht zu, Daß man unempfindlich thu. Gleichwohl lern ich mich bescheiden Und begnüge mich daran, Wenn dein Bild mein stummes Leiden Nur im Traume lindern kan Und ich nachmahls auf den Tag Dir die Ehrfurcht zeigen mag. Als er sich endlich wagte, ihr seine Liebe zu entdecken Flammen in der Brust empfinden Und dabey nicht Feuer schreyn, Heist die Ruthen größer binden Und sein eigner Hencker seyn. Die Verheelung der Gedancken Labet keinen dürren Mund, Und die Scham verliebter Krancken Macht das Herze spät gesund. Drum wohlan, mein Geist, entdecke Dies, was deine Sehnsucht quält; Frisch gewagt kommt bald zum Zwecke, Den die Furchtsamkeit verfehlt. Nein, mein Herz, ach schweig und glaube, Dein Entdecken hilft dich nicht, Weil bereits die schöne Taube Einem andern sich verspricht. Schweig, mein Herz, und halt die Plagen Deiner Leidenschaft geheim, Lerne dein Verhängnüß tragen, Koch aus Wermuth Honigseim! Hat die Schickung deinem Fieber Diesen schönen Arzt versagt, Ey, so stirb doch zehnmahl lieber, Eh dein Mund die Kühnheit wagt. Doch getrost, mein Herz, und wage Noch den allerlezten Streich! Doch getrost! Versuch und schlage Felsen durch die Thränen weich! Kluge Schönheit, meine Funcken Überreicht dir dieses Blat, Das mehr naßes Salz getruncken, Als dein Mund jezt Zucker hat. Zürne nicht mit meiner Liebe, Die die Redligkeit gebahr, Stärcke bald die reinen Triebe, Der Verzug bringt hier Gefahr. Dein Befehl soll stets mein Wille Und dein Winck mein Leitstern seyn, Schencke mir nur in der Stille Deiner Liebe Vorschmack ein! Mein Geblüte fühlt den Zunder, Der von deiner Tugend fängt, Also nimmt es mich nicht Wunder, Wenn mein Geist an deinem hängt. Mercke nur des Himmels Schlüße, Sonst erfährstu von der Reu, Daß das Honig fremder Küße Um das Ende bitter sey. Ach erwege mein Begehren! Dein Verstand ist scharf genug; Las mich nicht die Glut verzehren, Sonst wird dich der Todtenkrug Meiner Asche noch verklagen Und mein kalter Leichenstein Dir so viel zur Nachricht sagen: Lerne doch bedachtsam seyn! An Olorenen Da sieh nur an, mein Kind, wie grausam mich das Glücke Als keinen auf der Welt in allen Sachen drücke; Es gab dich mir zu sehn, es gab mir deinen Kuß, Und mitten in der Lust, im Anfang unsrer Flammen, Reißt uns sein harter Schluß Durch einen Streich vonsammen, Der dich in Unruh sezt und mich beschämen muß. Es scheint zwar etwas viel, drei Tag einander kennen Und in drey Tagen schon von gleichem Zunder brennen, Dies scheint dem Pöbel viel, doch wundert mich es nicht; Denn Lieben ist ein Bund getreu- und edler Herzen, Die durch der Augen Licht Sogleich verbindlich scherzen, Sobald die Ähnligkeit der Geister auswärts bricht. Frag dich nur selber aus, so wirstu mich ergründen, Besuche dich genau, du wirst mein Herz schon finden, Da, wo die Ros und Schnee den vollen Busen deckt. Auch dein Herz fing ich bald mit halb erstohlnen Küßen, O zärtliches Confect, Davon du selbst wirst wißen, Wie kräftig und wie gut es auch im Schlafe schmeckt. Das Drücken schöner Hand ergözt mir noch die Sinnen; Der Vorwiz saß dabey und ward es doch nicht innen, Wenn unsrer Finger Scherz die stumme Sehnsucht wies. So schön entzückt uns kaum der Morgenröthe Prangen, So schön kein Paradies Als damahls deine Wangen, Da sich mein fauler Geist dein Mäulchen wecken lies. O Lust voll Eitelkeit! So flüchtig sind die Sachen, Woraus wir Sterblichen ein himmlisch Glücke machen; Der vierte Mittag kommt, so heist es: Gute Nacht. Wie mir zu Muthe sey, das wirstu selbst wohl fühlen. Wer hätte dies gedacht, Daß so ein kurzes Spielen So viele Seelenangst und bange Sehnsucht macht. Ach, könt ich dir mein Leid in Bildern überschicken, Ach, hätt ich deinen Kuß, wie würd er mich erquicken, Da Hize, Weg und Sand den müden Cörper quält! Vor Schwermuth hab ich schon in Wiesen, Thal und Heiden Den rechten Weg verfehlt Und dies mein strenges Leiden Den Sträuchen und der Luft und mehr mir selbst erzehlt. Bleib, Olorene, bleib, so wie ich dich gefunden, Ich meine klug und treu, und reiß die Abschiedswunden Dir doch nicht gar zu oft durch blöden Kummer auf. Soll unsre Freude blühn, so wird es sich schon finden; Du siehst des Wetters Lauf: Bey so viel Näß und Winden Verzagte fast die Welt, jezt folgt der Sommer drauf. An seine Schöne, als sie ihr Nahmensfest begieng Schweidniz 1714. Wenn dieses welcke Blat, du englische Grisette, Nicht seine Kostbarkeit von deinem Nahmen hätte, So spräch ich allerdings, daß meine Dichterey Des Feuers würdiger als deiner Augen sey. Die Ehrfurcht, so mein Geist vor deiner Gottheit heget, Die Liebe, so mein Herz zu deiner Schönheit träget, Sind Feinde, derer Streit mich beiderseits verlezt, Nachdem sie meine Brust zur Wahlstatt ausgesezt, Auf welcher sie bisher mit gleichem Glücke kriegen; Denn beide sind geschickt, einander obzusiegen. Die Liebe, wie es scheint, bekommt nunmehr das Feld, Weil dein geneigter Blick ihr Schuz und Rücken hält; Sie selbst hat mir die Hand zu dieser Schrift geführet, In welcher meine Pflicht das erste Kind gebiehret. Die Morgenröthe taucht ihr Kleid in Scharlach ein Und will, jedoch umsonst, den Rosen ähnlich seyn, Die Venus und ihr Sohn auf deinem Munde brechen, Weil deine Reizungen sie in die Augen stechen. Der Widerwillen legt der Sonne Zügel an, Die ihres gleichen nicht auf Erden leiden kan; Ihr Säumnüß billiget die Faulheit ihrer Pferde, Damit ihr Antliz nicht von dir beschämet werde. Gewis, die Lippe führt ein reiches Kaufmannsgut, Und das Gesichte zeigt ein Meer voll Milch und Blut, Allwo die Gratien am Ufer deiner Wangen So Perlen suchen gehn als Purpurschnecken fangen. Die Lilgen wuchern starck auf der . . . . . Haut, Der Brüste weicher Pfiehl ist vor den Schwan gebaut, Und ihre Schönheit läst uns aus den Schalen schließen, Was vor Entzückungen im Kerne wohnen müßen. Ach, daß der Himmel doch mit uns so hart verfährt, Da er das Sehn erlaubt und den Genuß verwehrt. O karge Mildigkeit, was hilft es Brunnen wißen Und dennoch keinen Trunck vor seinen Durst genießen! Denn wäre dieses nicht, so würde meine Hand Und wohl noch etwas mehr mit deiner Schoos bekand, Ich aber dörfte nicht mit deinen Kleidern zancken, Die mir den ebnen Weg ins Paradies verplancken. Jedoch der Umschweif hat, kaum eh ich es gedacht, Den ungewißen Fuß vom Wege weggebracht. Verzeih, berühmtes Kind, die Freyheit meiner Lieder, Und ist des Dichters Scherz der Tugend nicht zuwider, So las mich diesesmahl, es kan gar leicht geschehn, Die Sonne deiner Huld im ersten Zeichen sehn; Dies ist ein guter Blick, der mit geneigtem Lichte Den wohlgemeinten Wuntsch nach deiner Güte richte: Der Tag, der heute sich vor Hochmuth selbst nicht kennt, Weil der Calender ihn nach deinem Nahmen nennt, Soll dir das holde Fest noch tausendmahl verjüngen Und manches Jubeljahr zu deinem Glücke bringen; So viel die Frühlingsluft den Bäumen Laub gebiehrt, So viel der rauhe Nord den Ästen Haar entführt, So viel Vergnügung soll die allgemeinen Plagen Des Leidens in der Welt aus deiner Gränze jagen. Nahmenscantata auf seine Liebste zur Abendzeit Ich versteh wohl, was ihr wollt, Ihr erbosten Abendwinde; Will ein eifersüchtig Rasen Mir so Wort als Schall verblasen, Schwör ich doch bey meinem Kinde, Daß ihr wenig schaden sollt. Da Capo. Sie hat mein Herz bey sich, Dies könt ihr wohl nicht rühren, Drum weis sie auch in Leid und Lust, Was ich und meine Brust Auch ohne Wort vor Sprache führen. Ich denck und sage, was ich will, Vor Leuten oder in der Still, So denck und sag ich allzeit dies, Was Ehrfurcht, Lieb und Demuth spricht: Sie bleibt mein Licht. Sie bleibt mein Licht und meine Sonne, Nach der sich meine Sehnsucht kehrt; So lange Geist und Blut noch brennen, Wird sie nichts mehr bewegen können, Als was ihr aus den Augen fährt. Da Capo. Dies Abendopfer zeiget dir Pflicht, Ehrfurcht und Begier, Dein Glücke stets vermehrt zu wißen. Mein Lager hat kein sanfter Küßen Als die Zufriedenheit, Wenn das Verhängnüß und die Zeit Mich deiner Lust versichern. In meinen liebsten Büchern Erscheint mir jezt kein Blat, Das größern Nachdruck hat, Als da dein Fest und Nahmen Mit rothen Silben lacht, Je mehr ich mit Bedacht Daselbsten buchstabire, Je mehr ich Wollust spüre, Die viel von deinem Seegen spricht Und jezt in volle Flammen Ergebner Wüntsche bricht: Ihr Chöre stimmt zusammen! Bemüht euch nicht weiter, ihr schläfrigen Blicke, Begebt euch vom Fenster ins Lager zurücke, Das Opfer der Andacht wird kräftig geschehn. Die Vorsicht verspricht euch ein zärtlich Vergnügen Und wird euch die Dauer zur Menge stets fügen. Geht, eilet, den Anfang in Schlummer zu sehn! Da Capo. Als er sich über ihren Eigensinn beschwerte Wer wollte dich nicht englisch preisen, Der so wie ich dein Antliz kennt! Du kanst mit allen Blicken weisen, Daß man dich billig Engel nennt, Trift dies nur blos noch überein, Daß Engel können grausam seyn. Bedencke nur dein ganzes Wesen, Es ist so gar durchaus galant, Auf allen Gliedern kan man lesen: Dies Bild ist Göttern anverwand Und wie es nicht natürlich ist, Daß du so gar vollkommen bist. Die wunderschönen Zauberspiegel, So immer in Bewegung stehn, Die marmorweißen Amorshügel, Wenn sie stets auf- und niedergehn – Sagt, wenn der Neid sie selber schaut: Hier hat mehr als Natur gebaut. Denck ich noch an die Tugendschäze, Die deine Schwanenbrust umschliest, So sag ich (doch ist's Dohlgeschwäze), Daß du ein Bild der Tugend bist, Und fällt mir nur beständig ein, Du müstest mehr als menschlich seyn. Ach, aber deine Seltenheiten Sind fast wie jenes Paradies, Dieweil es zu den Unschuldszeiten Noch alles recht vollkommen wies; Doch dieses, was verbothen war, Das stellte sich am schönsten dar. Bedencke doch, mein ander Leben, Die Sonne giebt dem Mond ihr Licht, Daß er den blaßen Schein kan geben; Ihr selbst blüht keine Blume nicht; Ja was uns unser Auge weist, Ist, daß es andern Dienste leist. Ist's möglich, daß so harte Sinnen Und ungemeine Sprödigkeit Die zarten Glieder hegen können, Die mir ein anders prophezeit? Hier trift es nicht von Engeln ein, Daß sie dienstbahre Geister seyn. Was zehlt man nicht vor lange Stunden, Wenn uns etwas an Gliedern fehlt; Nun dencke, was mein Herz empfunden, Daß noch so gar empfindlich quält Ein Feuer, so in ihm entbrand, Da dich mein erster Blick gekand. Ich will dich über alles schäzen Und stündlich deinen Ruhm erhöhn. Wird mich noch deine Huld ergözen, Daß wir in gleichen Flammen stehn, So sag ich, wie's die Warheit ist, Daß du noch mehr als englisch bist. Die beständige Liebe Die Schönheit ist es nicht gewohnt, Gefangne los zu laßen; Ihr Auge bindet mehr als Gold. Wer einmahl ihrer Herrschaft zollt, Der muß die Freyheit haßen Und wird davor mit Lust belohnt. Da Capo. Dein Antliz hält uns viel zu scharf, Als daß ein Mensch Erlösung hofen darf; Ich lieg in deinen Ketten, Du angenehmes Kind, Und werde nie gesinnt, Mein treues Herze zu erretten. Das süße Joch, die leichte Last, Mit der du mich gebunden hast, Ergözt mich mit dem schönsten Spiele; Denn wenn ich Schlummer fühle, So sieht die finstre Ruh Den halb geschloßnen Blicken zu, Die an die Sterne dringen Und durch die kalte Luft Den Schwur zum Abendopfer bringen, Den Echo öfters nachgeruft. Ihr Wächter der gestirnten Bühnen, Ihr güldnen Herzen jener Welt, Vereinigt die vergnügten Triebe Und lernt den Vorzug meiner Liebe, Die meines Mägdgens Brust behält, Solange Lenz und Wälder grünen. Da Capo. Es bleibt dabey: Du bist ein mehr als menschlich Wesen, Und darum hab ich dich Zur Göttin auserlesen. Der starcken Zeiten Tyranney Bestürmet Felsen, Stein und mich, Jedoch verzehrt sie nicht die Treu, Die dir der Lüste Weihrauch brennet. Gefällt dir der Geruch, Den deßen Flamme giebet, So soll mein Leichentuch Der kalten Gruft die Nachricht sagen, Es hab in unsern Tagen Kein Mensch als ich so rein geliebet. Mit deinem Nahmen will ich sterben, Mit deinem Bilde geh ich hin, Und wenn ich nichts als Asche bin, So soltu noch den Ruhm erwerben, Daß mich viel mehr der Liebe Macht Als Tod und Gruft ins Grab gebracht. Da Capo. [Küst, ihr Seufzer, mein Vergnügen] Küst, ihr Seufzer, mein Vergnügen, Denn bey euch muß es beruhn, Bis es wird das Schicksal fügen, Daß es meine Lippen thun Und zwey Seelen durch ihr Drücken Regungsvoll zusammenschicken. Stelle dein verhastes Klagen, Das du so gar kühn gethan, (Wirstu, andre Seele, sagen,) Bey mir künftig klüger an, Wo ich dir nicht soll bey Zeiten Deinen Abschied zubereiten. O es sind des Himmels Triebe, Und von oben ist's geschehn, Daß ich dich, du Bild der Liebe, Mir zum Abgott ausersehn, Weil ich so gar seltnes Wesen Kan aus deinen Augen lesen. Deine engelholde Blicke, Die bis in die Seele gehn, Sind so feste Zauberstricke, Daß du selber must gestehn, Wenn ich diesen könt entreißen, Müst ich billig Simson heißen. Aber wo die reinen Flammen, Welche meine Brust empfindt Und aus deinen Augen stammen, Dir von mir beschwerlich sind, O so werd ich stets mit Wißen Dir beschwerlich fallen müßen. Als sie ihn der versprochenen Reime wegen plagte Galant- und schönes Kind, gewis, du plagst mich gut, Dir den versprochnen Reim, doch sonder Eil, zu machen; Allein was denckstu denn dergleichen albre Sachen? Du weist ja, daß kein Mensch etwas umsonsten thut; Jedoch kan ich dadurch mir einen Kuß verdienen, So soltu eilends sehn, was jezt noch nicht erschienen. Von der Liebe O Liebe, Was vor innig-süße Triebe Hegstu nicht in deiner Brust! Würden doch nur die Verächter Einmahl unsrer Wollust Wächter, Schwör ich bey Amoenens Gunst, Daß sie erstlich selbst nicht wüsten, Ob der Himmel zeitlich sey, Und darnach vor Scham und Reu Nur vom Zusehn sterben müsten. Das thäten sie, Das thäten deine Triebe, O Liebe! An seine Magdalis Mein Kind, ich bin der Huld nicht werth, Die mir von deiner Hand so häufig widerfährt. Drum zürne nicht, wenn ich Mich in dies seltne Glücke Nicht, wie ich sollte, schicke, Und glaube sicherlich: Würdiget dein Gnadenstrahl Meine Lippen noch einmahl, Deinen schönen Mund zu küßen, So werd ich fürchten müßen, Daß nicht die Wollust dieser Zeit Durch ihre Süßigkeit Mir die Lust zum Himmel raube Und ich der Gegenwart mehr als der Zukunft glaube. An seine Leonore Du fromm- und treues Blut, geliebte Leonore, Hier ist dies schlechte Lied, so ich dir schuldig war. Mein allzu sichrer Mund wagt es auf die Gefahr Und plagt dein zartes Ohr mit einem Haberrohre. Doch kriegt dies welcke Blat von deiner Huld den Werth, So hab ich, was mein Wuntsch und dein Befehl begehrt, Und werde mich forthin von nichts verhindern laßen, Dein wohlverdientes Lob in einen Reim zu faßen. Glaube und Hofnung Mein Vertrauen gründet sich Auf zwey Pfeiler, die nicht wancken: Glaub und Hofnung führen mich Durch die engen Lebensschrancken An das Ziel, wo Kampf und Streit Lorbeerkränze prophezeit. Eher wird ein morsches Rad Neunzig Centner und den Wagen Als ein zweiflender Soldat Einen Zweig von Palmen tragen; Läufer, die der Kranz erhizt, Eilen, ob der Fuß gleich schwizt. Ohne Glauben, ohne Licht: Niemand sizt im Finstern sicher, Ohne Glauben siegt man nicht. Redet selbst, ihr stummen Bücher: Abrahams Gerechtigkeit Ist des Glaubens Ehrenkleid. Auch die Hofnung stärckt das Herz: Creuz und Christ sind gerne Brüder. Hält nun gleich ein herber Schmerz Meine Großmuth an und nieder, Ach, so fällt mir dennoch ein: Nach den Thränen schmeckt der Wein. Niemahls wird ein Heldenmuth In der Kummersee ersaufen; Noä Kasten trozt die Fluth, Bis die Wäßer sich verlaufen. Wer den Hofnungsancker hat, Findet bald ein Ararat. An seine Leonore Schicke dich, geliebtes Kind, In die unruhvollen Zeiten; Dann und wann kan Sturm und Wind Unverhoft in Hafen leiten. Nun ist wohl niemand beßer dran, Als wer getreu und klug und ewig lieben kan. Auf einen Kusz Ich weis, geliebtes Kind, Daß meine Treu im Küßen, Daß meine sanfte Bißen Dir ganz zuwider sind. Doch warum wiltu mich nicht brünstig küßen laßen? Ich soll bey dir was mehr als Mund und Lippen faßen. Als er sich mit ihr wieder zu versöhnen suchte Kluge Schönheit, nimm die Buße Eines armen Sünders an, Welcher dir mit einem Kuße Gestern Abends weh gethan Und auf deinen Rosenwangen Einen schönen Raub begangen. Ich gesteh es, mein Verbrechen Ist der schärfsten Strafe werth, Und du magst ein Urtheil sprechen, Wie dein Wille nur begehrt; Dennoch würd ich zu den Füßen Deiner Gnade dancken müßen. Aber weil ihr Himmelskinder Eurem Vater ähnlich seid, Welcher auch die grösten Sünder Seines Eifers oft befreyt, Ach, so werden meine Zähren Deinen Zorn in Liebe kehren. Gönne mir nur dieses Glücke, Bald mit dir versöhnt zu seyn, Bis nach manchem kalten Blicke Deiner Augen Sonnenschein Mir und meiner Hofnung lache Und mich endlich kühner mache. [Hab ich mich einmahl vergangen] Hab ich mich einmahl vergangen, Mach ich es doch wieder gut, Da mein stumm und still Verlangen Deiner Schönheit Opfer thut, Deiner Schönheit am Verstande, Die sich auch durch Mienen zeigt, Und die ungewohnten Bande Machen, daß mein Herze schweigt. Schweigen will ich mit dem Munde, Da das Herz nicht reden darf; Das Verhängnüß dieser Stunde Handelt etwas gar zu scharf; Ich soll reimen und nicht wißen, Was sich diesmahl reimen soll. Fülle nur mit deinen Küßen Die gesuchte Strophe voll. Küße sind der Weg zum Lieben Und der Geist der Poesie; Blindlings wird man oft getrieben, Daß uns eine Schönheit zieh. Schönheit, Bäume, Graß und Nelcken, Welche Lenz und Jugend zieht, Müßen nach und nach verwelcken, Bis der Baum voll Mandeln blüht. Blühn schon einmahl diese Früchte, Ach, so ist es warlich aus, Und des Alters Schaugerichte Sind ein erlner Blumenstrauß, Welcher Mund und Augen locket, Aber, wenn er tragen soll, So wie die Granaten stocket, Die nur sind zum Ansehn voll. Mag's doch seyn! Ich will verehren, Was ich nicht genießen kan; Wiltu meine Lieder hören, O so hör auch dieses an, Daß der Strahl von deinem Glanze, Welcher dich vor andern ziert, Auch den Ruhm von meinem Kranze Mit sich auf die Nachwelt führt. An seine Schöne Nur eine bleibet meine Taube, Und diese, werthes Kind, bist du; Die Welt hat nichts von süßrem Schmerze, Als wenn ich dir, vertrautes Herze, Die Armen um den Nacken thu Und dort zwey Handvoll Blumen raube. So wie uns oft nach warmen Regen Ein grünlichter Geruch erquickt, So geil, so kräftig und so süße Erfahr ich den Geruch der Küße, Die, wenn sich deine Zunge rückt, Herz, Nieren, Marck und Bein bewegen. So herrlich dämpft Dianens Tempel Mit seinem theuren Räuchwerk nicht, So liebreich wißen keine Rosen Den schwachen Sinnen liebzukosen Als dies, was hier die Regung spricht: Die Wollust leidet kein Exempel. Mich deucht, es geht auf deinem Munde Der nechste Weg in Amors Reich. Der Vorschmack von den reinen Lüsten Führt mich durch Berge, Thal und Wüsten; So denck ich oft, und irr ich gleich, So irr ich doch mit gutem Grunde. Reißt, sanfte Lippen, reißt mein Leben Durch so ein warmes Gift dahin; So komm ich beßer und auch eher Ins Paradies der Elisäer, Allwo ich schon im Traume bin, Weil Fried und Schönheit um mich schweben. Ja, ja, du magst es auch belachen, Ich will mit deinen Küßen fliehn, Und wird mich dort Petrarch umfaßen, Ihn gleichfalls einen kosten laßen. Was gilt's? Er soll vor Sehnsucht glühn Und viele Geister lüsternd machen. An seine Schöne Was vor Rosen, schöner Engel, Laufen durch dein Angesicht, Da mein Vorwiz einen Stengel Von den reinen Lilgen bricht, Die in deinem Wollustgarthen Auf die Hand des Bräutgams warthen? Doch warum würckt mein Erkühnen Einen solchen Streit in dir? Scham und Zorn verwirrt die Mienen Deiner angebohrnen Zier, Und ich kan aus deinen Sternen Meines Unglücks Zukunft lernen. Aber, ach, verdient mein Scherzen Wohl dergleichen Tyranney, Daß mein Bildnüß deinem Herzen Ewiglich ein Greuel sey? Nein, ich will es noch nicht hofen, Daß mein Argwohn eingetrofen. Schau nur selbst, die zarten Brüste Blicken mich so liebreich an, Daß ich nach der Milch gelüste Und mich kaum enthalten kan, Bey so wohlbestellten Sachen Dich noch einmahl roth zu machen. Hemme, schönes Kind, dein Schelten Und vergieb die Frevelthat; Las auch nicht den Mund entgelten, Was die Hand verbrochen hat! Ich will, einen Grif zu büßen, Dich zur Strafe zehnmal küßen. Als er sie wieder zu besänftigen suchte Erzürnte Schöne, las einmahl Den alten Unmuth aus dem Herzen Und deiner holden Augen Strahl Mit angenehmen Blicken scherzen! Ich habe freylich viel versehn, Doch ist's aus Vorsaz nicht geschehn, Es sind vorwahr nur Schwachheitssünden. Ein Mensch, der seine Schuld bekennt, Der muß, so sehr der Eifer brennt, Auf Reu und Buße Gnade finden. Der Schaden, den ich dir gemacht, Ist doch noch endlich zu ersezen. Ach wüte doch nur mit Bedacht! Du solst mich einmahl redlich schäzen. Ich habe ja genung gebüßt, Nachdem ich eine Lust vermißt, Wozu du mich vorlängst erlesen. Die Strafe nehm ich willig an, Weil sie, wie ich nicht leugnen kan, In etwas ist verdient gewesen. Von nun an aber bitt ich dich Bey deinen feuerreichen Augen: Wirf Zorn und Eifer hinter sich Und las dir meine Demuth taugen! Dein klug- und aufgeweckter Geist, Der sich aus allen Worten weist, Macht, daß ich deinen Umgang liebe. Fehlt mir Gelegenheit dazu, So rathe, was ich jezund thu? Dich ehr ich mit verschwiegnem Triebe. Er suchet seine erzürnte Schöne zu besänftigen Versöhn ich dich mit keinem Kuße, So brich mir nur das Herz entzwey. Ich wasche deinen Fuß mit Thränen, Vergieb und höre dies mein Sehnen; Erkennen ist die beste Reu Und nicht mehr thun die beste Buße. Du bist die Fürstin unsrer Schönen, Der Zorn verläst die Majestät, Der Himmel küst uns nach dem Schmerze; Du bist sein Bild, trag auch sein Herze, Das Sanftmuth giebt, wenn Demuth fleht; Sonst dörfte dich der Pöbel höhnen. Befiehl mir, was du wilst, zur Strafe; Ich leide gern, sey du nur gut Und schone mich mit deinem Grolle. Gesezt auch, daß ich sterben solle, Ich leide lieber Beil und Glut Als diese Marter in dem Schlafe. Im Schlafe werd ich deinem Grimme Zur schärfsten Marter dargestellt; Da foltern mich die sauren Blicke, Da macht dein Eifer, daß ich zücke, Da flieh ich, wenn dein Donner fällt, Als wie ein Wild vors Jägers Stimme. Du solst nur sehn, du solst nur hören, Ich will davor erkenntlich seyn; Mein Amor sezt sich dir zum Bürgen: Ich will dir keine Tauben würgen, Ich will ein beßer Opfer weihn, Ich will dich mit Gehorsam ehren. Jedoch erscheint die lezte Stunde Und ist kein Rettungsmittel hier, So las den Tod dem Fehler weichen, Im Truncke will ich dich beschleichen, Ersäufe mich in Malvasier – Ich mein auf deinem schönen Munde. Als er sich einsten gegen sie zu frey aufgeführet Verdienet denn, du Bild der keuschen Zucht, Ein blinder Grif den Donner deiner Strafe? Und zürnestu mit einem armen Schaafe, Das hier herum die Lilgenweide sucht, Wo Gott und die Natur den Reichthum ihrer Gaben In deiner Brust mit Fleisch und Blut verschloßen haben? Verschämtes Kind, der Vorwiz trieb mich an, Den losen Arm um deinen Hals zu werfen; Du aber wilt mir das Geseze schärfen, Du klagest, daß ich dir zu viel gethan; Du suchst mir deine Gunst im Eifer zu entreißen, Und ich soll ohne Schuld ein armer Sünder heißen. Doch weistu nicht, kein Garthen grünt vor sich, Kein Apfel will sich vor der Hand verkriechen, Die Rose pflegt sich selber nicht zu riechen, Und deine Brust, mein Kind, gehört vor mich; Denn das Verhängnüß hat dich, eh du noch gebohren, Durch seine Vorsicht schon zu meiner Braut erkohren. Vergieb mir nun der Finger Schelmerey Und schmolle nicht mit deinem treuen Knechte; Denn was er stiehlt, das hat er ja mit Rechte. Steht uns ein Grif oft in den Glückstopf frey, So las mich auch hinfort auf deinen Anmuthsgründen Noch eine Handvoll Glück durch einen Freygrif finden! An seine Schöne So wenig eine junge Rebe Des Ulmbaums Hülfe mißen kan, So wenig ficht der Neid mich an, Daß meine Brust dir Abschied gebe. Mein treues Herz ist ein Magnet, Der nur nach einem Pole steht, Dein Nordstern leitet meine Liebe; Ich leb und sterbe dir getreu, Wenn gleich der Schickung Tyranney Mich heute noch ins Elend triebe. Eröfne mir das Feld der Brüste, Entschleus die wollustschwangre Schoos, Gieb mir die schönen Lenden blos, Bis sich des Monden Neid entrüste! Die Nacht ist unsrer Lust bequem, Die Sternen schimmern angenehm Und buhlen uns nur zum Exempel; Drum gieb mir der Verliebten Kost, Ich schencke dir der Wollust Most Zum Opfer in der Keuschheit Tempel. Die Zeit kommt nimmermehr zurücke, Wenn sie schon einmahl sich verkreucht, Und die Gelegenheit entweicht In einem kurzen Augenblicke. Wer weis, wer dich in einer Frist Von vierundzwanzig Wochen küst. Wie bald kan mich ein Stahl entleiben, Dann wird dein angenehmer Mund, Der meiner Sehnsucht ofen stund, Mit andren sich die Zeit vertreiben. Jedoch soll mich der Tod entreißen, Du aber meine Leiche sehn, So soll mir doch der Wuntsch geschehn, Dir in der Gruft getreu zu heißen; Mein Blut soll dir beständig seyn, Und meines Cörpers Leichenstein Wird diese Grabschrift nie verlieren: Hier schläft, mein Kind, dein ander Ich, Dem wenig, glaub es sicherlich, Den Preis der Redligkeit entführen. An seine Magdalis Nichts anders leget sich die Blumengöttin an, Wenn ihr der nahe Lenz die Wiederkunft erlaubet, Als meine Magdalis, von der man heute glaubet, Sie habe der Natur es weit zuvor gethan. Der Neid, so nichts an ihr als dieses tadeln kan, Daß sie die Schönheit auch mit ihrer Schönheit schraubet, Wird von der Majestät selbst des Gesichts beraubet Und findet nichts um sie vor seinen Lästerzahn. Ach, wohlgestaltes Kind, dein Halstuch tröstet mich, Weil es die Lieberey der grünen Hofnung träget, Mein Wüntschen sey erfüllt, mein Bitten habe dich, Mein Seufzen deine Brust zur Gegengunst beweget. Da nun dein zarter Flor mir dieses wißend macht, So ist mein Kuß bereits aufs Botenlohn bedacht. An seine Schöne, die er bey einer widrigen Begebenheit tröstet Mein Kind, es ist mir leid, daß wider mein Verhofen Dein erst erzehlter Traum so plözlich eingetrofen, Da der Gevatterbrief, den deine Schwester kriegt, So dein- als meinen Wuntsch auf diesen Tag betriegt. Allein bescheide dich und las das Misvergnügen Nicht die Gelaßenheit in deiner Brust besiegen; Du weist ja ohnedem, daß deiner Freundin List Dich, wo sie weis und kan, zu kräncken fähig ist. Hat diese gleich vorjezt dich auch wie sonst betrogen Und deiner Sittsamkeit den Hochmuth vorgezogen, So bleibt es dennoch wahr: Die stolze Werckmarie Kriegt die Gevatterschaft, und du verdienest sie. Als sie an seiner Treu zweifelte Mein Kind, was zweifelstu an meiner Redligkeit, Die ihres gleichen doch in deiner Brust verspüret? Wo meiner Adern Blut nur einen Tropfen führet, Der sich nicht tausendmahl vor dich zu sterben freut, So wüntsch ich ihm den Fluch, den Ebals Felsen dräut Und Cains Fuß erfährt; der Stern, so mich regieret, Und deßen Trieb in mir die reine Glut gebiehret, Folgt nicht wie ein Planet dem Wechsel dieser Zeit. Mein Sinnbild ist ein Ring, der Denckspruch: Sonder Ende; Denn wer nicht ewig liebt, der liebet nimmermehr. Mein Engel, giebstu nun dem Argwohn kein Gehör, So lege mir dein Herz in die getreuen Hände. Ich sichre, diesen Schaz wird deinem Saladin Kein Räuber, kein Verlust, auch nicht der Tod entziehn. An Leonoren Du zwingst mich, werthes Kind, dir vieles vorzusagen, Du suchst in Wort und Schwur das Zeugnüß meiner Treu Und forschest, ob ich auch wie du beständig sey – Mein Engel, liebstu rein, so brauchstu nicht zu fragen. An seine Magdalis Das Glücke muß vorwahr mich als sein Schooskind lieben Und das Verhängnüß mich zu quälen müde seyn, Weil du, getreues Kind, mir nach so mancher Pein Dein unverfälschtes Herz zum Eigenthum verschrieben. Mein Schif, das Wind und Meer an manchen Fels getrieben, Lauft den Vergnügungsport mit vollen Seegeln ein, Und meine Hofnung kan sich schon im Geiste freun, Nachdem dein freyes Ja den Zweifel aufgerieben. Versiegle nun den Bund durch einen feuchten Kuß, Bis dich des Priesters Hand mir völlig überreiche, Und glaube, daß mich selbst der Himmel strafen muß, Wofern mein Wanckelmuth dein Bild in mir verstreiche. Drum liebe nur getrost; denn die Beständigkeit Würckt mir den Hochzeitrock und auch das Leichenkleid. Als er sie seiner beständigen Liebe versicherte Treuer Sinn, Wirf den falschen Kummer hin! Las den Zweifel der Gedancken Nicht mit meiner Liebe zancken, Da Capo. Da ich längst dein Opfer bin. Glück und Zeit Haßet die Beständigkeit; Doch das Feuer, so ich fühle, Hat die Ewigkeit zum Ziele Und verblendet selbst den Neid. Da Capo. Meine Glut Leidet keinen Wanckelmuth; Eher soll die Sonn erfrieren, Als die Falschheit mich verführen, Eher löscht mein eigen Blut. Da Capo. Grab und Stein Adeln selbst mein Redlichseyn; Bricht mir gleich der Tod das Herze, So behält die Liebeskerze In der Asche doch den Schein. Da Capo. Als er seiner Magdalis nichts zum grünen Donnerstage geben konte Getreue Magdalis, du forderst zwar den Zoll, Der jährlich wiederkommt, zum grünen Donnerstage; Doch meine Hand weis nichts, was sie dir geben soll, Weil ich in selbter nichts als Luft und Mangel trage. Kein guter Marcipan, kein Mantel von Damast Läst meiner Armuth zu, dich reichlich zu bedencken, Und weil du gestern schon mein Herz gestohlen hast, So steht es nicht bey mir, es heute dir zu schencken. Doch alles möchte seyn, wenn mich die Poesie Des Kummers, deinen Wuntsch zu stillen, überhübe. Allein sie wegert sich; drum nimm, wo nicht zu früh, Hier die Beständigkeit von meiner reinen Liebe. An eben die Vorige, als er sie auf einige Zeit entbehren sollte Zwey Tage soll ich dich und deinen Umgang meiden, Du treue Magdalis, das geht mir bitter ein. Bringt mir die kurze Zeit solch ungemeines Leiden, Wie groß, bedenck es doch, wird nicht mein Schmerzen seyn, Wenn ich das Vaterland mit einer fremden Erde Auf so viel Jahre bald einmahl vertauschen werde. Doch wiltu deine Gunst mir zur Gefehrtin schencken Und würdigt deine Huld mich der Beständigkeit, So glaube, daß der Trost von deinem Angedencken Den schärfsten Wermuth mir mit Zucker überstreut, Und gönne meiner Brust, daß sie dein Herz behalte, Bis mein entseelter Leib einst in der Gruft erkalte. Der Abrisz seiner Liebsten Die Liebe gab mir nechst den Pinsel in die Hand, Das Meisterstücke von den Bildern Der grösten Schönheit abzuschildern, Zu deren Dienst ich oft die Leyer angewand. Mein Ungehorsam ward sehr übel aufgenommen; Ich schüzte zwar die Ohnmacht vor, Die Ausflucht fand ein taubes Ohr, Drum eil ich, dem Befehl gezwungen nachzukommen. Mein Engel, fluche nicht auf die Verwegenheit, Der sich ein Mensch jezt unterwindet; Ich weis, daß auch ein Stern verblindet, So bald der Sonnen Glanz ihm Schein und Licht verbeuth; Doch die Tyrannin meiner Sinnen, Die dir mein freyes Herz als einen Sclaven schenckt, Entschuldigt mein Beginnen Und macht, daß meine Faust auf die Erfüllung denckt. Mein Phoebus zürnt mit mir, daß ich aus seinem Orden Ein Überläufer bin; Sein Geist verläst den kalten Sinn, Der troz der Poesie zu einem Mahler worden. Steht mir Apollo nicht mehr bey, So mag die Warheit ihn vertreten, Und diese macht, weil ich den Beystand ausgebeten, Statt meiner hier dein Conterfey. Der ordentliche Bau, das Uhrwerck deiner Glieder, Streckt wie ein Cedernbaum den wohlgesezten Leib. Ist nun die Majestät ein Weib, So giebt sie sich in dir als ihrer Tochter wieder. Die Ehrfurcht küst dein Bild, Bey welchem die Natur geschwizet, Als sie das zarte Fleisch aus Alabast geschnizet, Durch welchen der Saphir von Schneckenblute schwillt. Die Artigkeit lehrt dich die Füße sezen, Der sonderbare Gang Ist künstlich, aber ohne Zwang; Ein Schritt ist schon genug, die Freyheit wegzuhezen. Die Straße heftet dir viel hundert Augen an, Wenn dich die Gratien bald hin bald her begleiten; Ich selber kan Den alten Adam nicht bestreiten Und weiche meiner Leidenschaft, Sobald mein Fenster sich an deiner Art vergaft. Betracht ich auch dein Haupt, so seh ich eine Nacht, Mit der dein schwarzes Haar den Himmel überdecket, An welchem Amors Glut zwey Lichter aufgestecket, Die seine Mutter oft zu ihren Spiegeln macht. O wunderbare Finsternüß, Die ihr gerolltes Pech um deinen Nacken schläget, Den die Natur, gewis, Die Farben zu erhöhn, mit Reif und Schnee beleget. Die Wangen sind ein Feld, wo Rosen und Jasmin Einander zur Verhöhnung blühn Und wo viel Gratien und ... Amoretten Theils ihren Schlaf ... betten, Theils wie ein Bienenschwarm, wenn er den Klee beraubt, ... begierig sind, den Honigseim zu lecken, Den nur die Götter schmecken, Weil ihn die Kostbarkeit dem Menschen nicht erlaubt. Das Auge lockt und spielt mit einem reichen Blize, Den, weil er schwarz und roth aus blauen Kreisen fährt, Vermuthlich Pech und Schwefel nährt. In dieser Vestung liegt der blind und nackte Schüze, Spielt draus auf meine Brust Das Freudenfeuer seiner Siege, So daß auch ich, jedoch zu meiner Lust, Ihm endlich unterliege. Was vor Entzückung bläst der Mund Den Rosenbüschen durch die Blätter! Sein Muschelwerck ist voll und rund, Sein Nectar vor die Götter. Leg ihm den Purpur bey, Was gilt's? er macht sein Blut zu einer todten Farbe. Wer leugnet nun, daß er die Dinte sey, Von der man längst gesagt, daß sie die Nachwelt darbe, Der höre den Beweisthum an: Als mich der Cypripor in seinem Richteramte Zum Feuer nechst verdammte, So stahl er unvermerckt der Mutter einen Schwan Und riß ihm einen Kiel aus dem gedrungnen Flügel; Die Feder nezt er in dem Saft, Den Tyrus nicht so sehr als deine Lippen schaft, Und unterschrieb mit angehencktem Siegel, Auf dem dein Antliz stund, das Urtheil meiner Glut, Die mir, ich weis es nicht, wohl oder bange thut. Dein Lächeln, schönes Kind, das, schweigt die Zunge still, Mich dennoch unvermerckt der Lügen strafen will, Entdeckt mir, was dein Geiz der Schönheit sonst verheelet, Ich meine deiner Zähne Pracht, Als die die Ordnung dir selbst in den Mund gezehlet; Hier rieg die Sorgfalt der Natur Den Reichthum Indiens an einer Perlenschnur, Nachdem der gröste Werth die Runde voll gemacht. Als er Lenchens Augen küste Ihr Bogen voller güldnen Pfeile, Ihr schwarzen Augen voller Glut, Erlaubt mir, daß ich mich verweile, Und führt den Kuß in Nerv und Blut, Damit er Lenchens Herze lehre, Wie nah ich ihm schon angehöre. Ich schmeck auf euch, ihr warmen Lider, Die Frucht, so dort in Eden stund; Ihr wälzt euch brünstig hin und wieder Und streift den aufgelegten Mund Und wist mit euren weichen Sachen Der Lippen Spielwerck nachzumachen. Die Venus hat viel treue Seelen, Der Zehnte kennt die Wollust nicht; Mein Kind, wir wollen sie verheelen, Und wenn ein andrer Rosen bricht, So küß ich deine Sonnenlichter Und mercke keinen Splitterrichter. So zwinckert unter meiner Zunge, So, schönen Augen, küzelt sie; So geht die Regung halb zu Sprunge, So kostet's mich nur halbe Müh, Zu sehn, zu fühlen und zu glauben: Ihr könt die Freyheit zwiefach rauben. Doch fürchtet euch vor keinen Bißen Und glaubt nur, daß ihr sichrer seyd, Als wenn mein geil- und starckes Küßen Den Mund mit Narden überstreut; Ich will euch drücken und nicht schonen, Ihr müst mir nur die Lust verlohnen. Ihr müst euch nehmlich abwärts lencken, Wenn Nebenbuhler prächtig gehn; Will Lenchen einen Blick verschencken, So sollt ihr mir zu Diensten stehn. Verschliest euch Fremden, die ihr dienen, Und öfnet euch vor meinen Mienen. Bekommt sie ein Versuchungsschreiben, In dem viel süße Worte sind, So last den hellen Vorwiz bleiben Und stellt euch wie mein Amor blind; Hingegen, will sie meines lesen, So thut, als wäret ihr genesen. Und darum mach ich euch die Freude Und darum küß ich euch so scharf, Jezt dies, jezt das, jezt alle beide, Damit nicht eines zürnen darf Und, wenn ich mit dem rechten spiele, Das linck' aus Rach aufs andre schiele. An seine erzürnte Schöne Wohin, erzürntes Frauenzimmer? Wohin, vielleicht zu deiner Qual? Bisweilen hilft nicht allemahl, Und oft gedräut erschreckt nicht immer, Zu viel gestraft bringt wenig Reu; Die Buße muß die Strafe mindern, Sonst wird bey schlägefaulen Kindern Die Furcht zu einer Raserey. Ein allzu scharf gespannter Bogen Reißt endlich Sehn und Draht entzwey. Ist dieses nicht mein Conterfey, So sprich: Die Warheit hat gelogen. Dein Zorn geht etwas gar zu weit, Dein Eifer weis von keinem Maaße, Sein Gleiß sucht vor die Mittelstraße Den Weg der Unbedachtsamkeit. Ein Nebel schwärzt der Augen Sterne Und macht ein saures Angesicht, Dein Fuß hört meinen Zuruf nicht, Darmit er dich von mir entferne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbanne den empfangnen Groll Und komm, eh man den Thorschluß läuthe, Daß ich zu der Versöhnung schreite, Die jezt und ewig dauern soll. Verzeih, womit ich mich vergangen, Ich sage dir die Beßrung zu; Komm und befördre meine Ruh, Las mich die alte Gunst erlangen. Mein Kind, Gott weis es, dieses Wort Ist nicht ein heuchlerischer Tittel; Mein Kind, versuch jezt alle Mittel, Mich bald zu sehn! Ach, eile fort! Als er von seinem Nebenbuhler abgestochen zu werden besorgte Geliebtes Kind, der schöne Täuber, Der nun mein Nebenbuhler ist, Macht, daß der Argwohn mir so Marck als Herze frist. Warum? Ich kenne schon den Unbestand der Weiber, Die nicht so wohl den Mensch als nur das Wams beschaun Und ihres Glückes Grund auf Gold und Silber baun. Ihr leichter Sinn verschmäht die guten Künste Und stellt die Klugheit und Verstand Dem Reichthum an die lincke Hand. Glänzt nur die Brust von einem Wurmgespinste, Das Farb und Arbeit theuer macht, So wird das Herze nicht bedacht, Das unter Seid und Sammt oft einen Schalck verheelet; Ja wiegt der Beuthel nur fein schwer, So wird der Bräutgam flugs erwehlet, Und wenn er auch ein Jude wär. Ach, Olorene, tröste mich! Du siehst die Furcht, so mich betrübet. Ich sichre dich, Daß meine Redligkeit dir einen Mahlschaz giebet, Den dieser nie bezahlen kan, Der deinen Vater jezt um deine Gunst gesprochen. Bedencke stets den Eid, den mir dein Mund gethan! Der Liebe falscher Schwur wird warlich auch gerochen. Blüht mir das Glücke nicht, Bin ich gedrückt und arm und überall verlaßen, Sind jezt der Feinde viel, die meine Warheit haßen, So glaube doch, Der Himmel kan das Joch Dereinst von meinem Halse nehmen Und meine Wißenschaft noch aus dem Staube ziehn. Denn müste, soltestu mir jezo gleich entfliehn, Dein blinder Selbstbetrug sich seiner Thorheit schämen. Abschied von seiner ungetreuen Liebsten Wie gedacht, Vor geliebt, jezt ausgelacht. Gestern in die Schoos gerißen, Heute von der Brust geschmißen, Morgen in die Gruft gebracht. Wie gedacht, Vor geliebt, jezt ausgelacht. Dieses ist Aller Jungfern Hinterlist: Viel versprechen, wenig halten; Sie entzünden und erkalten Öfters, eh ein Tag verfliest. Dieses ist Aller Jungfern Hinterlist. Dein Betrug, Falsche Seele, macht mich klug; Keine soll mich mehr umfaßen, Keine soll mich mehr verlaßen, Einmahl ist vorwahr genug. Dein Betrug, Falsche Seele, macht mich klug. Dencke nur, Ungetreue Creatur, Dencke, sag ich, nur zurücke Und betrachte deine Tücke Und erwege deinen Schwur. Dencke nur, Ungetreue Creatur! Hastu nicht Ein Gewißen, das dich sticht, Wenn die Treue meines Herzens, Wenn die Größe meines Schmerzens Deinem Wechsel widerspricht? Hastu nicht Ein Gewißen, das dich sticht? Bringt mein Kuß Dir so eilends Überdruß, Ey so geh und küße diesen, Welcher dir sein Geld gewiesen, Das dich warlich blenden muß, Bringt mein Kuß Dir so eilends Überdruß. Bin ich arm, Dieses macht mir wenig Harm; Tugend steckt nicht in dem Beuthel, Gold und Schmuck macht nur die Scheitel, Aber nicht die Liebe warm. Bin ich arm, Dieses macht mir wenig Harm. Und wie bald Mißt die Schönheit die Gestalt! Rühmstu gleich von deiner Farbe, Daß sie ihres gleichen darbe, Auch die Rosen werden alt. Und wie bald Mißt die Schönheit die Gestalt! Weg mit dir, Falsches Herze, weg von mir! Ich zerreiße deine Kette, Denn die kluge Henriette Stellet mir was Beßers für. Weg mit dir, Falsches Herze, weg von mir! Leonorens Antwort: Dasz man im Lieben nicht auf Reichthum, sondern auf die Vergnügung sehen müsze Ich liebe nur, was mich vergnügt, Nicht was mit Golde kirrt; Mein freyes Herz wird nicht besiegt, Wenn gleich der Beuthel schwirrt. Kein goldner Strick fängt meinen Fuß, kein heller Klang mein Ohr; Die Redligkeit Geht allezeit Bey mir dem Nuzen vor. Was hilft es, wenn das Silber blizt Und doch der Bräutgam schielt? Ein Mann, der stets beym Kasten sizt Und in dem Sacke wühlt, Theilt mit dem Mammon seine Gunst, die blos der Frau gehört; Sein Zeitvertreib Macht, daß das Weib Oft fremde Götter ehrt. Kein Reichthum überwiegt das Weh, Kein Thaler hilft der Braut, Wenn ihr die Zwietracht in der Eh Zulezt ein Zuchthaus baut. Das Ungewitter ist nicht weit, wo gelbe Raben schreyn; Wer wollte nun So thöricht thun Und ihm zum Schaden freyn? Bethörter Mund, ach spare doch Der Worte frechen Stolz! Dein Umgang ist mir stets ein Joch, Du selbst ein Marterholz. Dies Wörtchen bringt mir deinen Haß, der ficht mich wenig an; Wie bald stößt mir Was Beßers für, Das mich vergnügen kan! Du aber, den des Himmels Schluß Dereinst vor mich bestimmt, Magst glauben, daß mein reiner Kuß Von keiner Geldsucht glimmt. Nimm also meinen ganzen Schaz, die reine Hand voll Blut! Ein treues Herz Ist sonder Scherz Das beste Heiratsgut. Als er sie bey Zeiten zu lieben ermahnte Komm, mein Engel, las uns lieben, Weil der Lenz der Jahre lacht; Las den Frühling nicht verstieben, Den die Jugend mitgebracht; Pflücke dir noch frische Nelcken, Eh sie mit der Zeit verwelcken. Warlich, ein betagter Freyer Ist ein alter Vierzehnhut; Unsre Glieder fühlen Feuer, Und die Ader schwillt von Blut, Ja, kein Abgang unsrer Stärcke Schwächt uns in dem geilen Wercke. Kluge Buhler rufen Heute, Wenn der Rabe Morgen schreyt, Und ermüden ihre Seite, Der die Faulheit nichts verbeuth, Bis die Lenden mit den Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Rosen sind der Schönheit Bild] Rosen sind der Schönheit Bild; Wenn du sie gebrauchen wilt, So versäume nicht die Zeit Ihrer Unbeständigkeit. Er bittet sich beständige Treu aus Mein Buch, das eure Feder kennt, Mein Zimmer, das nun wüste stehet, Der Herd, der jezund einsam brennt, Die Straße, so nach Striegau gehet, Der Abend, so den Freund erstach, Daß mir das Herze zehnmahl brach – Dies alles, sag ich, sind vorwahr Die Friedensstörer meiner Sinnen. Ach dürft ich, sprech ich, noch ein Jahr Von der verfloßnen Zeit gewinnen, So höre meines Lebens Lauf, Wenn es verfloßen, willig auf. Ach, Kinder, ach, ich kan nicht mehr Die Finger vor Betrübnüß rühren. Gebt meiner Bitte noch Gehör: Last mich die alte Rührung spüren, Verändert nicht die reine Treu Und steht mir bey dem Höchsten bey! [Johannchen, dencke, dieses Wort] Johannchen, dencke, dieses Wort Geht aus der Tiefe meines Herzens: Ach seze deine Freundschaft fort, Entbinde mich des harten Schmerzens, Der mich um derentwillen plagt, Die mir ihr Herze zugesagt. Ach sorge vor mein liebstes Kind; Ich weis, sie wird es dir noch dancken. So wahr mir jezt das Auge rinnt, So wahr werd ich und sie nicht wancken. Gedencke, sag ich noch einmahl, Der alten Lust, der neuen Qual. Ich gründe mich auf deine Gunst Und traue deiner reinen Güte (Es ist gewis kein falscher Dunst) Und seh dein redliches Gemüthe; Las mich, ach möcht es bald geschehn, Von dir doch einen Trostbrief sehn. Du meines Herzens halber Theil, Mein Kind, mein Schaz, mein Heil, mein Leben, Wirst gleichfalls mir in aller Eil Ein Pflaster vor die Wunde geben; Bleib fromm und redlich, halt getreu – Ein böser Tag geht auch vorbey. Ich weis, der Gott, dem mein Gebeth Um Mitternacht das Opfer bringet, Erhört, was meine Demuth fleht, Die oft mit der Verzweiflung ringet; Ich weis, daß er, hab ich gefehlt, Die Thränen nicht vergebens zehlt. Er erinnert sich der vorigen Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie gerne wollt ich auch mit Blut Ein Theil der alten Zeit erkaufen, Die sonder uns, o theures Gut, Mir unvermerckt vorbeygelaufen; Ach, daß doch nicht ein halber Tag Die Ankunft wiederholen mag! Gedenck ich an das Garthenfeld, Das euer Schweiß so oft genezet, So schwör ich, daß mich auf der Welt Nichts als die Abendluft ergözet, Wenn mir dies Paar zur Seiten gieng, An dem mein Herz und Wohlseyn hing. Der verliebte Kummer Die Liebe weckt an diesem Morgen Den Kummer der verliebten Sorgen Mit mir gar zeitig wieder auf; Die Seufzer wachen in dem Munde, Die Thränen suchen aus dem Grunde Des Herzens ihren alten Lauf. Die Schmiedin meiner süßen Kette Zieht meine Faulheit aus dem Bette, In welchem sie der Schlaf noch wiegt. Ihr Auge schläft, ich aber weine, Die Einsamkeit sizt auf dem Steine, Der mir an meinem Herzen liegt. Ach, denck ich, bringt dies nahe Scheiden Von ihrer Brust ein solches Leiden, Da nur ein Zimmer uns zertrennt, Wer wird doch meine Wunden heilen, Wenn Land und Luft uns einmahl theilen Und Schweidniz mir kein Brodt mehr gönnt? Die Zähren mühn sich, meinen Klagen Mit stummer Sprache nachzusagen, Allein die Angst vertrocknet sie. Ach, wem vertrau ich diesen Jammer? Der freyen Luft, der tauben Kammer, Und beides ist vergebne Müh. Die Redligkeit von deinem Herzen, Getreues Kind, bringt meinen Schmerzen Die Heimligkeit der schweren Noth; Mich deucht, die Last wird halb so leichte, So bald ich dir den Kummer beichte, Der mir den lezten Abschied droht. Schnidt ich mein Elend in die Rinden, Erzehlt ich es den sanften Winden, So seh ich überall Gefahr: Dort kan der Vorwiz scheeler Augen Bald Nahrung zu der Misgunst sauge Hier macht es Echo ofenbahr. Von dir weis ich, verschwiegne Seele, Daß deine Zunge stets verheele, Was dir ein guter Freund vertraut; Ich suche Trost, las mein Begehren Der Unschuld diesen Wuntsch gewähren Der jezt auf deine Großmuth baut. Erfülle, was ich such und glaube, Erbarme dich der flüchtgen Taube, Die deine Schoos zur Freystatt wehlt; Sie kümmert sich um ihren Gatten Und sucht in deiner Bäume Schatten Die Ruh, so ihr zu Hause fehlt. An die Zeit, dasz sie seine Liebste ihm nicht entziehe Göttin, deren Macht und Stärcke Alles in der Welt regiert Und die grösten Wunderwercke Bald zerstöret, bald gebiehrt, Und von der wir alle Gaben, Selbst auch Grab und Windel haben, Deiner Gnade, die ich brauche, Opfert jezt, du edle Zeit, Mein Verlangen nicht mit Rauche Noch mit Blut und Grausamkeit, Sondern mit ergebnen Zähren, Die ein reines Herz erklären. Frage nicht, warum ich weine, Denn mein Abschied rückt heran, Und du kennst vorlängst die Meine, Die ich kaum vermißen kan, Seit ihr Umgang und ihr Küßen Mir den Schulstaub noch versüßen. Hastu jemahls nun der Liebe Ein gefällig Werck erzeigt, Hastu die verstockten Triebe Mancher schönen Brust gebeugt, O so kanstu leicht gedencken Als er sie seiner beständigen Treue versicherte Weine nicht, mein Kind, ich bleibe Dir bis in den Tod getreu. Glaube, was ich denck und schreibe, Ist und heist stets einerley, Weil die Redligkeit zum Lieben Mir Geseze vorgeschrieben. Gott und Himmel können zeugen, Daß ich dir beständig bin; Eher wird die Warheit schweigen Als mein falsch und leichter Sinn Das geknüpfte Band zerreißen Und des Meineids schuldig heißen. Las die Wetter unterdeßen Über unsrer Unschuld stehn. Mustu bittre Mandeln eßen Und vorjezt auf Dornen gehn, So bedencke, das Vergnügen Wird uns einst zusammen fügen. Warthe mit Gedult der Freude Und der ungemeinen Lust, Welche du mit diesem Leide Dir zuvor verdienen must! Endlich werden deine Thränen Dir den Weg zur Wollust bähnen. Jezo geb ich deinem Kuße Eine kurze gute Nacht Und gehorche diesem Schluße, Welchen das Verhängnüß macht; Doch ich will in wenig Tagen Dir die Ankunft wieder sagen. Lebe wohl! Die Zunge stammlet, Und der Augen naßes Heer, Das die Wehmuth schon versammlet, Macht so Hand als Feder schwer Und verbiethet meinem Willen, Diesen Bogen anzufüllen. Abschiedsaria Schweig du doch nur, du Hälfte meiner Brust; Denn was du weinst, ist Blut aus meinem Herzen. Ich taumle so und hab an nichts mehr Lust Als an der Angst und den getreuen Schmerzen, Womit der Stern, der unsre Liebe trennt, Die Augen brennt. Die Zärtligkeit der innerlichen Qual Erlaubt mir kaum, ein ganzes Wort zu machen. Was dem geschieht, um welchen Keil und Strahl Bey heißer Luft in weitem Felde krachen, Geschieht auch mir durch dieses Donnerwort: Nun muß ich fort. Ach harter Schluß, der unsre Musen zwingt, Des Fleißes Ruhm in fremder Luft zu gründen Und der auch mich mit Furcht und Angst umringt! Welch Pflaster kan den tiefen Riß verbinden, Den tiefen Riß, der mich und dich zulezt In Kummer sezt? Der Abschiedskuß verschliest mein Paradies, Aus welchem mich Zeit und Verhängnüß treiben; So viel bisher dein Antliz Sonnen wies, So mancher Bliz wird jezt mein Schröcken bleiben. Der Zweifel wacht und spricht von deiner Treu: Sie ist vorbey. Verzeih mir doch den Argwohn gegen dich; Wer brünstig liebt, dem macht die Furcht stets bange. Der Menschen Herz verändert wunderlich; Wer weis, wie bald mein Geist die Post empfange, Daß die, so mich in Gegenwart geküst, Entfernt vergißt. Gedenck einmahl, wie schön wir vor gelebt Und wie geheim wir unsre Lust genoßen. Da hat kein Neid der Reizung widerstrebt, Womit du mich an Hals und Brust geschloßen, Da sah uns auch bey selbst erwüntschter Ruh Kein Wächter zu. Genung! Ich muß; die Marterglocke schlägt. Hier liegt mein Herz, da nimm es aus dem Munde Und heb es auf, die Früchte, so es trägt, Sind Ruh und Trost bey mancher bösen Stunde, Und lis, so oft dein Gram die Leute flieht, Mein Abschiedslied. Wohin ich geh, begleitet mich dein Bild, Kein fremder Zug wird mir den Schaz entreißen; Es macht mich treu und ist ein Hofnungsschild, Wenn Neid und Noth Verfolgungssteine schmeißen, Bis daß die Hand, die uns hier Dörner flicht, Die Myrthen bricht. Erinnre dich zum öftern meiner Huld Und nähre sie mit süßem Angedencken! Du wirst betrübt, dies ist des Abschieds Schuld, So muß ich dich zum ersten Mahle kräncken, Und fordert mich der erste Gang von hier, So sterb ich dir. Ich sterbe dir, und soll ein fremder Sand Den oft durch dich ergözten Leib bedecken, So gönne mir das lezte Liebespfand Und las ein Creuz mit dieser Grabschrift stecken: Wo ist ein Mensch, der treulich lieben kan? Hier liegt der Mann. Als er Abschied von ihr nahm Mein Engel, lebe wohl! Die Zunge kan nicht mehr, Der Kiel erbebt und starrt, die Angst bestürmt mich sehr; Doch, Kind, erfreue dich; Gott und die Zeit wird lehren, Daß sie der Frommen Wuntsch, der Liebe Seufzer hören. An Leonoren Lüben, den 29. 8 br. 1715. Die Trennung dient zu größrer Freude, Drum thu doch nicht so sehr um mich! So weit ich auch von hinnen scheide, So nah behalt und küß ich dich, Weil Licht und Nacht in tausend Bildern Dem Herzen dein Gedächtnüß schildern. Nur mir liegt etwas in Gedancken Und martert mich so stumm als scharf: Man kennt des Frauenzimmers Wancken; Ich weis nicht, ob ich hofen darf Und ob wohl künftig dein Gemüthe Sich auch mit gleicher Sorgfalt hüte. Der Zweifel darf dich nicht betrüben, Er ist ein Zeichen zarter Treu; Bisher erkenn ich zwar dein Lieben Und weis, wie rein die Flamme sey; Wer bürgt mir aber vor das Glücke, Daß keine Zeit das Ziel verrücke? Ich kan dir keinen Wächter stellen, Es wäre denn dein eigner Geist; Doch weil die Macht von manchen Fällen Die Klügsten aus dem Circkel reißt, So las dir, wiltu mein verbleiben, Die Regeln in das Herze schreiben. Die Liebe reicht auch in die Ferne, Und dies heist recht beständig seyn. Verehre die geneigten Sterne, Und zürnt ihr abgenommner Schein, So mustu mehr durch Flehn als Fluchen Den Himmel zu versöhnen suchen. Erwege stündlich in der Stille Den Anfang der Zusammenkunft, Bedencke nur, dein eigner Wille Beschwur das Bündnüß mit Vernunft; Vergiß auch nicht, was mein Verlangen, Nur dich zu sehn, oft angefangen. Vermeide die Gelegenheiten, Wo viel Gesellschaft spielt und küst; Der Scherz kan öfters viel bedeuten, Man weis, wie starck die Reizung ist; Und mustu dich der Welt bequemen, So las dich andrer Puz beschämen. Besuche fleißig alle Gänge, Wodurch ich dich bisher geführt, Vornehmlich wo der Bircken Menge Das Ufer und die Wiesen ziert, Und dort naus, wo dein sachtes Küßen Mich oft im Grünen wecken müßen. Du weist und kanst auch überlegen, Wie kräftig mich der Mond ergözt, So daß ich seines Schimmers wegen Die Nacht dem Tage vorgesezt; Besinne dich in solchen Schatten, Wie viel wir sichre Zuflucht hatten. Steh freudig auf, geh froh zu Bette, Doch sieh vorher mein Bildnüß an Und nimm den Ring, die Liebeskette; Denn ob gleich keines reden kan, So wirstu doch bey ihrem Spielen Viel Wachsthum sanfter Neigung fühlen. Dein Absehn mustu wohl verheelen; Sprich jeden, der mir Gutes gönnt, Und las dir stets von mir erzehlen Und liebe das, was mich nur kennt; Durchblättre meine Vers und Lieder Und sing und leg und lis sie wieder. Geh täglich in des Herren Tempel, Die Andacht kommt der Liebe bey; Das Alterthum hat viel Exempel Verliebter Lust und seltner Treu; Bemüh dich drum und lis und mercke, Wie zärtlich dich ihr Beyspiel stärcke. Las weder Post noch Boten säumen Und miß Papier und Silben nicht, Erzehle mir aus allen Träumen, Ihr Schatten giebt den Klugen Licht, Und ist dir aller Zeug benommen, So schreib mir stets ums Wiederkommen. Leg alles, was ich schriftlich sende, Ohn Argwohn auf dein Vortheil aus; Betrachte wohl den Zug der Hände Und suche vor das L. heraus, Ja, halt ein jegliches Gerüchte Von meiner Untreu vor Gedichte. Es braucht kein häufiger Geschweze, Denn liebstu recht, so liebstu klug; Ich geb und halt auch die Geseze. Kind, gute Nacht! Du hast genug. Soll etwas mir dein Bild entführen, So muß ich vor mein Herz verlieren. Beschlusz eines Schreibens, welches er einmahl an seine Magdalis ergehen lies Die Zeit kan alles möglich machen; Drum faße dich nur mit Gedult! Der Himmel blizt, die Spötter lachen; Getrost, es ist nicht unsre Schuld. Der Anfang unsrer reinen Liebe Ist Unruh, Unglück, Hohn und Pein, Das Mittel ist nicht minder trübe, Doch soll das Ende lustig seyn. So lebe wohl, du edles Herze, Und denck an deinen Philimen! Er wandert jezt mit herbem Schmerze Und möchte fast vor Angst vergehn. Dies, was ihn stärckt, das sind die Küße, Womit du ihn vorher versehn. Die Post ist da, mein Kind, ich schließe: Gott laße deinen Wuntsch geschehn! Schreiben an seine Magdalis Von Franckfurt an der Oder, 1715. den 15. Nov. Mein Engel, nimm von mir so viel getreue Grüße Als Tropfen mir anjezt aus Kiel und Augen gehn, Als Seufzer ich vor dich in diesen Brief verschließe, Als Thränen dir vielleicht auf deinen Rosen stehn. Die Erde schläft und ruht, ich aber wach und träume, Weil deine Liebe mich mit ofnen Augen wiegt. Ich schreib und weis nicht was; du siehst es aus dem Reime, Der nun aus Schweidniz kommt und lahme Füße kriegt. Das Joch der Einsamkeit schlägt meinen Leib darnieder, Dem Nacht und Finsternüß die müde Seite schleust, Die ungewohnte Streu fühlt selbst den Schmerz der Glieder, Die ein verborgnes Weh von ihrem Lager reißt. Der Mangel deiner Brust bestürmet mein Gemüthe Und ist ein scharfes Schwerd, das durch die Seele dringt; Gedenck ich deiner Treu, so wallt mir das Geblüte Wie ein zerfloßnes Erz, das mit dem Feuer ringt. Bald schwächt die Ungedult die Tapferkeit der Sinnen, Bis der verwegne Mund auf den Geburthsstern flucht, Bald strafet die Vernunft mein thörichtes Beginnen, Bald seh ich was von dir, das mich zu trösten sucht. Ach wie vergnügt mich nicht die Arbeit deiner Hände, Die mir in dem Horaz die Verse abgezehlt! Die Sehnsucht schildert mir dein Bildnüß an die Wände, Dem zu der Ähnligkeit nichts als das Leben fehlt. Dies ist der Lebenslauf, den ich anjezo führe. Wer mag wohl, werthes Kind, dein Zeitvertreiber seyn? So viel ich rathen kan und aus der Neigung spüre, So stimmt vielleicht dein Mund zu meinen Klagen ein. Mich deucht, du schickst den Fuß zur Wehmuth in die Kammer, In welcher unser Kuß oft sichre Zuflucht fand, Mich deucht, du klagst bereits dem Fenster deinen Jammer, Bey dem dein erstes Ja mich an dein Herze band. Wie aber? Läst dich auch die Tadelsucht zufrieden? Es ahnt mir allerdings: Ihr Stachel wird nicht ruhn, Dir, da des Himmels Hand uns ihr zur Lust geschieden, Durch das Verleumdungsgift der Lästrer weh zu thun. Allein Gedult, mein Kind, befiehl nur Gott die Rache. Thu Recht und scheue nichts. Wen das Gewißen schüzt, Der spricht der Misgunst Hohn und hat die beste Sache, Ob gleich der Neider Schwarm auf seine Scheitel blizt. Ein solcher Übergang währt selten in die Länge: Die Freundin, welche dir so manches beygebracht, Wird mit der Zeit schon sehn (ach, daß es Gott verhänge!), Wie endlich allzuscharf das Meßer schärtig macht. Die Zeit verhindert mich, dich länger aufzuhalten. Indeßen lebe wohl, bedencke meinen Rath! Las die entbrandte Glut des Herzens nicht erkalten Und liebe den, der dich um deine Liebe bat. An seine Magdalis Erzehlt, ihr kalten Nordenwinde, Die Seufzer meiner Schäferin, Verkündigt dem verlaßnen Kinde, Daß ich der alte Redlich bin, Und macht ihr diese Botschaft kund: Das Herze liebet wie der Mund. Des Monden Antliz sieht die Fluthen Der stummen Wehmuth kläglich an, Die Geister wollen mir verbluten, Weil ich mein Kind nicht sprechen kan; Ich dencke der vergangnen Zeit, Von der mich die Verschwendung reut. Der Elbstrom fällt mir in die Augen, Sein Eiß erhizet meinen Geist. Ach, könt ich jezt die Küße saugen, Die mich zuvor vollauf gespeist, Ich wollte meinen Fuß bemühn Und gar von hier nach Breßlau ziehn. Geliebtes Schweidniz, das Vergnügen, So mich bey dir im Schooße trug, Wird nicht so bald mein Herz besiegen, Das von der Wollust heftig schlug, Wenn die getreue Magdalis Mich brünstig in die Armen riß. Die Zeiten sind bereits gestorben; Drum fluch ich der Vergängligkeit, Die mir und ihr den Schmerz erworben, Den unser Abschied prophezeit, Da mich das werthe Sachsenland Von meiner Schäferin getrand. Getrand, doch nur auf kurze Jahre! Verliebte Sehnsucht, faße dich! Der Kummer findet seine Baare, In dieser Hofnung tröst ich mich Und lege mir den Wahlspruch bey: Bedrängt, geduldig und getreu. An Leonoren Zwischen Ufer, Thal und Klüften Lies der treue Saladin Mit den kühlen Abendlüften Tausend heiße Seufzer fliehn, Weil kein längst gehofter Brief Seinem Wuntsch entgegen lief. Die Gewalt verliebter Schmerzen Warf ihn kraftlos in das Graß, Wo er mit bedrängtem Herzen Und gestüztem Arme saß; Endlich wollte seiner Pein Brust und Herz zu enge seyn. Zeuch nur, sang er, schöne Gegend, Deiner Triften Reizung ein! Jezo bistu nicht vermögend, Mein Gemüthe zu erfreun, Deßen Schwermuth diesen Fluß Mit den Thränen stärcken muß. Mit den Thränen, die mein Leiden Billig Scheidewaßer nennt, Weil es nach dem schweren Scheiden Augen, Haut und Seele brennt Und die Lippen schmerzlich frißt, Die der Abschied roh geküst. Leonore, las dich finden! Irr ich oder rufst du nach? Sagt, ihr schattenreichen Linden, Sage, du verschwiegner Bach, Ob nicht die, so mich regiert, Dann und wann hierum spaziert. Würd ich auf den Blumenbeeten Jezo doch nur so beglückt, Nur in eine Spur zu treten, Die ihr netter Fuß gedrückt, Sollt es, scheint der Trost gleich klein, Mir doch Trost genug verleihn. Seht, so schwärmt mein blind Verlangen, Das mich hin und wider reißt; Der durch Leonorens Prangen Zärtlich eingenommne Geist Bildet sich um jeden Hayn Seiner Schönen Ruhplaz ein. Nein, mein Geist, du irrst im Bilde, Sieh den Ort genauer an: Diese Tiefen, dies Gefilde Ist kein schlesisch Canaan, Und zum Paradies allhier Mangelt nichts als Lorchens Zier. Mahle dir die Lust der Erden, Adams ersten Aufenthalt Nebst den Mienen und Gebehrden Seiner kläglichen Gestalt Und betrachte, wenn er flieht, Wie betrübt er rückwärts sieht. Siehstu dies, so sieh darinnen Mich und meinen Zustand an, Deßen Qual kein künstlich Sinnen Und kein Kiel entwerfen kan; Evens Anmuth blüht in dir, Adams Unruh folget mir. Da ich mich entfernt betrübe, Lernt mein Geist erst mit Verdruß, Wie getreu und starck er liebe, Weil er dich verlaßen muß, Und die Angst entrißner Brust Lehrt den Werth vergangner Lust. Von den Spizen derer Hügel Seh ich oft ins Vaterland; Hätt ich doch nur Taubenflügel Oder Daedals Zauberhand, Um nur, wie zuvor geschehn, Dich, mein Engel, noch zu sehn. Dich, o Sonne meines Lebens, Dich, o Ursprung meiner Glut! Ist's denn leider ganz vergebens, Daß mein Mund so kläglich thut? Nein, ich weis, dein klingend Ohr Stellt dir oft mein Leiden vor. Ist der Tag der Erd entwichen, So verwehrt dein Bild die Ruh; Kommt ein Ostwind hergestrichen; Kehr ich ihm das Antliz zu; Denn mich deucht, er bringe mir Manchen sanften Kuß von dir. Wo ich size, steh und liege, Stehst und liegstu nebenan, Daß ich auch die kleinsten Züge Deiner Bildung zehlen kan; Greif ich aber mit der Hand, Fang ich nichts als Luft und Wand. Hätt ich nur von tausend Küßen Manchen, den ich kaum genoß, Weil ich, ohn es selbst zu wißen, Oft in trunckner Lust zerfloß; O wie rathsam wollt ich ihn Jezt aus deinen Lippen ziehn! Was zu thun? Die Zeit heist warthen, Wenn uns Glück und Noth probiert; Frost und Schnee verstellt den Garthen, Bis der Lenz die Stöcke ziert, Da uns denn der Rosen Pracht Nach dem Winter holder lacht. Also, liebste Leonore, Trägt auch meine Redligkeit Unter diesem Trauerflore Noch ein grünes Hofnungskleid Und verspricht sich, noch so schön Neben dir bald bunt zu gehn. Sammle nur auf jene Stunde, Die die Wiederkunft bestimmt, Neuen Geist und Kraft im Munde, Stärcke, was im Auge glimmt, Ja, verspar auf diesen Tag Alles, was entzücken mag! O mit was vor süßem Lallen Werden wir alsdenn, mein Kind, An- und umeinander fallen, Bis die Zunge Kraft gewinnt Und durch holde Wort entdeckt, Was wir innerlich geschmeckt. Echo mag indes mein Klagen In der grünen Einsamkeit Durch die weiten Förste tragen; Dort erwarth ich, liebste Zeit, Dich, du Bote neuer Ruh. Ich will warthen, eile du! Schreiben an seine Magdalis Aus Wittenberg, Anno 1716. den 10. Jul. Wie hör ich das von dir, betrübte Magdalis, Daß deine Schönheit weint und sich dadurch verzehret? O trauervolle Post, o allzu harter Riß, Der mich in kurzer Zeit dem Tode selbst gewähret! Mein Kind, bedencke mich; was beugstu mir das Herz, Weil ich erfahren muß, daß mir dein Ohr nicht glaube? Warum vergrößerstu den ungemeinen Schmerz? Dein Zweifel zwingt mich fast, daß ich mein Leben raube. Denn lebt ich nicht vor dich, so sucht ich meinen Tod Durch Feuer, Meßer, Strick, Stahl, Brunnen, Gift und Degen, So könt ich meinen Leib, den die entstandne Noth Von allen Seiten reißt, auf meine Baare legen. So aber, ob mich gleich des Glückes Misgunst hast Und alle Wetter sich auf meinen Kopf verschwören, Ertrag ich mit Gedult die Bürde schwerer Last, Dir einzig und allein Vergnügung zu gebähren. Hingegen deine Brust traut mir die Falschheit zu, Dein Vorwurf sezet mir ein Meßer an die Kehle; Glaubstu, daß Günther das, was deine Freundschaft, thu, Von der ich jeden Tag ein neues Unglück zehle? Mein Kind, eröfne mir: wer hat dein Haupt verrückt? Hat wohl ein Maul voll Gift das Feuer ausgegoßen, Das meine Redligkeit in deine Brust geschickt? Ist deiner Schwester Brief ein angestellter Poßen? Die Liebe, welche du vergangnes Jahr erkand, Erduldet nimmermehr, daß sie dein Herz verdencke, Und fühlestu nicht mehr das fest verknüpfte Band, In dem ich mich je mehr und mehr verschräncke? Wo dir ein Tropfen Blut noch in den Adern springt, Der seine Glut behält und mich sein eigen nennet, So reiß die Furcht entzwey, die deine Großmuth zwingt, Und wiße, daß mein Herz noch in der Asche brennet. Warum soll dich der Gram mir vor der Zeit entziehn? Womit hab ich verdient, dich blaß und todt zu schauen? Mir stand der Hofnungsbaum in allem Wetter grün, Jezt will ihm deine Qual so Stamm als Ast verhauen. War ich ein Wetterhahn, der ihm die Freude macht, Wenn er ein Frauenbild durch seine List betrogen, So wär ich werth, daß mich die Mutter umgebracht, Eh ich die erste Milch aus ihrer Brust gesogen. Wo nur des Höchsten Gunst mir diesen Wuntsch verleiht, So soll der Donner eh mich in die Tiefe stürzen, Als mein vergebner Schwur durch Unbeständigkeit Dir, angenehmes Kind, die Lebenslust verkürzen. Wie manche schöne Nacht sieht mich der blaße Mond In stiller Einsamkeit am Kummerfaden spinnen! Ich freße mir das Herz; die Angst, so mich bewohnt, Läst keinen Augenblick mich Lust und Luft gewinnen. Das macht, weil Wittenberg mir so zuwider scheint, Daß mir kein Freudenstern darinnen aufgegangen; Gott kennet meine Noth; ich habe keinen Freund, Als den, der über mich dergleichen Qual verhangen. Jedoch die Zuversicht, so mein Gemüthe stillt, Sagt mir, es sey noch nicht der Abend aller Tage; Weil nun aus Aloë ein Schmerzensmittel quillt, So hab ich einen Trost in meiner steten Plage. Mein Engel, meine Lust, mein Leben und mein Licht, Vor die ich tausenmahl mit Freuden sterben wollte, Sey munter, unverzagt, entseze dich nur nicht, Wenn auch die ganze Welt dich scharf verfolgen sollte. Wir werden dermahleins einander wiedersehn Und unser Bißchen Brodt in süßer Eintracht speisen; Ich bin schon halb entzückt und halt es vor geschehn, Weil Gott und Himmel es mir in Gedancken weisen. Die Mutter, welche dich noch als ein Kind gesäugt, Soll dann gewis an mir den Schwiegersohn erfahren, Der als ihr rechtes Kind Lieb und Gehorsam zeigt; Ihr Alter mehre sich mit lauter Seegensjahren. Dein Vater lebe so, wie es sein Wuntsch verlangt, Es müßen Glück und Heil ihm als zwey Sclaven dienen; Dein Bruder, der bey uns der Künste Fleiß erlangt, Erhebe seinen Ruhm bis an die Himmelsbühnen. Ich habe schon genug, bringt mich nur Gott zur Ruh, Daß ich mit dir, mein Kind, dies Elend bauen könne; Dein theuerster Besiz sagt mir die Wollust zu, Die ich in dieser Welt des Himmels Vorschmack nenne. Der Schwester, die anjezt vor dich den Vorspruch thut, Soll alles, was sie will, ein gutes Ziel erreichen; Der Höchste schüze sie mit seiner Gnadenhut, Sein Engel wolle nie von ihrer Seite weichen. Und dir, mein andres Ich, thu sich der Himmel auf, Damit des Glückes Thau auf deine Scheitel regne; Es komme keine Noth in deinen Lebenslauf, Bis mir dereinst mit dir mein Augentrost begegne. Wiltu, daß eine Post von meiner Sterbligkeit Mit ganz geschwinder Faust an deine Thüren klopfe, So gräme dich nur ab und wiße, daß dein Leid Und wiederholtes Ach den Athem mir verstopfe. Hingegen sehnstu dich nach meiner Wiederkunft, So mache Geist und Sinn in deinem Herzen munter; Den Kummer hebt kein Gram, wohl aber die Vernunft; Verfolgstu deinen Schmerz, so bringstu mich hinunter. Das Gröste, was ich jezt von dir erbitten will, Ist, daß mich dein Gebeth dem Himmel übergebe, Damit sein Eifer mich (hier schweigt die Feder still) Nach so geraumer Zeit des Zornkelchs überhebe. Indeßen thu ich stets, was meines Amtes ist: Ich werde meinen Fleiß an guten Künsten üben Und dich, so wahr mein Kuß in diese Zeile fliest, Getreue Magdalis, bis an mein Ende lieben.