[Nechst stritten Warheit, Glück und Liebe] Die den 25. Aug. 1722. in Hirschberg glücklich vollzogene Verbindung des wohledlen, groszachtbahren und wohlvornehmen Hn. Gottlieb Schäl, berühmten Kauf- und Handelsmannes allda, mit der wohledlen, viel ehr- und tugendbelobten Jungfer Johanna Christiana, Tit. Pl. Herrn Johann Gottlob Kirchhoffs & rel. vierten Jungfer Tochter, bediente mit einer eilfertigen Gratulation. Johann Christian Günther, poet. Caes. Laur. Med. Cand. Nechst stritten Warheit, Glück und Liebe Um Vorzug, Stärcke, Rang und Ruhm Und liefen mit erhiztem Triebe Zur Themis in das Heiligthum. Die Themis saß mit Schwerd und Waage, Wie ihrer Majestät gebührt, Und hatte sich an diesem Tage Mit neuen Strahlen ausgeziert. Die Warheit sprach: Mein Bliz muß siegen, Er fährt der Boßheit durch den Sinn, Er trozt die Zeit, beschimpft die Lügen Und wirft den Hohn der Misgunst hin; Mein Glanz entspringt vom reinsten Lichte, Er reißt der tollen Heucheley Die schnöden Larven vom Gesichte Und macht die Unschuld allzeit frey. Halt, sprach das Glücke, mit dem Prahlen, Dein freyes Maul ist so bekand, Die Welt vermeidet deine Strahlen, Und mir beuth alle Welt die Hand; Mein Seegel bringt die reichsten Wahren, Schau meine Kugel nur recht an, Dies Sinnbild lehrt dich erst erfahren, Mir sey der Erdkreiß unterthan. Mir opfern all und jede Stände Begierden, Leben, Wuntsch und Blut, Den Helden geb ich Muth und Hände, Den kalten Schönen Lust und Glut. Sey auch ein Leibniz im Erfinden Und im Regieren Salomo, Will ich mich nicht mit dir verbinden, So drischt dein Wißen leeres Stroh. Das Glücke wollte weiter sprechen, Die Liebe fiel ihm höhnisch drein, Geh, sprach sie, in die truncknen Zechen Und schwaze dies den Kindern ein; Geht, sag ich, endlich alle beide Und räumt mir gleich und gern den Plaz, Ich bin der Menschen Trost und Freude, Des Himmels Kind, des Lebens Schaz. Ich bin die Mutter aller Dinge Und herrsch in jeder Creatur, Durch mich wird Gram und Zorn geringe, Mein Nectar ist die beste Cur. Baum, Vögel, Thiere, Graß und Sträuche Sind Zeugen meiner süßen Macht, Die öfters auch den Tod zur Leiche Sowie aus Fürsten Köhler macht. Ich brauche weder Pfeil noch Bogen, Die mir der Heiden Dichterkunst Aus Scherz und Blindheit angelogen; Denn Wafen bringen wenig Gunst. Die Kraft, wodurch ich alles binde, Ist innerliche Lust und Qual; Ein Blick von einem schönen Kinde Vermehrt gleich meiner Sclaven Zahl. Und daß ich euch nur recht beschäme, So seht und nehmt dies Bild in Acht Und sagt mir, ob Minervens Rähme Was Künstlichers ans Licht gebracht. Die Liebe schwieg und wies indeßen Ein ungemeines Conterfey, An dem der Pinsel nichts vergeßen Als etwan blos die Schmeicheley. Die Schönheit wies in allen Zügen, Was dort Anacreon bestellt; Die nette Locke schien zu fliegen, Die Haut war Schnee, der jezo fällt, Die Lippen schwollen von den Rosen Und waren gleichsam schon bereit, Mit solchen Küßen liebzukosen Als Friede und Gerechtigkeit. Was nur von Sanftmuth und Entzücken Apellens Kunst entwerfen mag, Das schos hier aus den holden Blicken Und gab ein Feuer an den Tag, Ein Feuer, deßen Geist und Stärcke Die Schönheit des Gemüths entdeckt Und durch verborgne Wunderwercke Auch in der Ferne Glut erweckt. Nun, sprach die Liebe, mögt ihr paßen, Der Vorzug hebt mich über euch; Wen solche schöne Ketten faßen, Der spricht wohl: Glück und Warheit weich! Das Glücke stund, die Warheit lachte, Und beide rißen sich darum, Bis Themis die Entschließung machte: Dies Bild soll in mein Heiligthum. Ihr aber sollt dabey als Wächter Mit euren Gaben opfern stehn Und durch den Neid der Landestöchter Sein Lob noch desto mehr erhöhn. Die Liebe that, was Themis sagte, Und trug das Bild in ihren Saal, Des Glückes Vorwiz aber fragte: Wo ist denn das Original? Mein Lorbeer flicht in deine Myrthen, Vergnügter Bräutigam, ein Blat, Das, da dich Lieb und Lust bewirthen, Der Koch vielleicht vonnöthen hat, Indem der Misbrauch der Poeten So viel bereimt Papier verschickt, Daß man schon Leuchter und Pasteten Mit den gelehrten Grillen schmückt. Doch Scherz vorbey. Aus deinem Bunde Erscheint ein Zeugnüß guter Wahl. Viel lieben nur mit Hand und Munde Und ringen nach der Ehstandsqual; Sie laßen sich das Kleid verblenden, Verachten Wiz, Gestalt und Treu Und legen sich mit Mammonshänden Ein Kloz von grober Unart bey. Daher verfehlt ihr Fuß der Bahne, Die zu der Selbstvergnügung bringt. Wohl dir mit deiner Christiane, Wohl, sag ich, wem es so gelingt! Ihr Geist, ihr Alter, ihr Geschlechte Blüht wie ihr Antliz andern vor, Darum verdient ihr Lob mit Rechte Der Musen schönstes Lautenchor. Komm, schöne Braut, in Hirschbergs Mauren, Verlas die Schwestern um den Queis Und las dich nicht die Freyheit dauren, Die nichts vom rechten Leben weis. Ein treues Herz, ein feurig Küßen Erwarthet dich mit Arm und Mund Und wird dir den Verdruß versüßen, Der auf dein Jawort bald entstund. Hat noch die Biebel einen Seegen Und meine Wüntsche Geist und Kraft, So sey er eurer Eintracht wegen Der reinen Flammen Nahrungssaft; Lebt, liebt und scherzt nach Art der Tauben, Wie in der göldnen Zeit geschehn, Und daß die Eltern solches glauben, So last sie ehstens Früchte sehn. Die Warheit zieht jezt meine Blicke Noch einmahl in der Themis Saal; Mich deucht, es fragte vor das Glücke: Wo bleibt denn das Original? Hier, wo der Bober mit dem Zacken Sich brüderlich zusammenfügt Und wo des Hochzeitbettes Knacken Den angenehmsten Kirchhof wiegt.