Der Buchstabe Mim. 1. Würde an des Holden Seite Mir ein Platz gewährt vom Loose, Tränk' ich aus des Glückes Becher, Pflückte des Genusses Rose. Bitt'rer Wein – der Ssofis Feuer – Macht für meinen Bau mich beben: Küsse mich, und nimm, o Schenke, Lieber du mein süsses Leben! Toll noch werd' ich, denn ich spreche Nachts bis Früh vom Liebeskummer Mit dem Monde nur, und sehe Nur Pěrīs in meinem Schlummer. Zucker gab dein Mund dem Trunk'nen, Wein dein Aug' dem Wirth des Weines: Ich allein, der stets entbehre, Hab' von Beiden leider Keines! Aus dem Bett in's Köschk der Huris Werd' ich in der Sterbnacht gehen, Willst du in der Todesstunde Mir am Pfühl als Kerze stehen. Jedes windgetrag'ne Stäubchen Ist ein Ausfluss deiner Güte: Denke d'rum auch deines Knechtes, Der sich lang im Dienste mühte! Nicht ein Jeder, der da dichtet Spricht in Worten, die gefallen: Ich nur fing das selt'ne Repphuhn, Denn mein Falk' hat flinke Krallen. Geh' und frage China's Maler, Glaubst du nicht was ich hier sage, Ob Mănī nicht nach den Mustern Meines Moschuspinsels frage? »Guten Morgen!« rief der Sprosser; Schenke! Auf! Wo weilst du wieder? Denn es brausen noch von gestern Mir im Kopf die Harfenlieder. Hör' von mir, nicht von Hafisen Was man Rausch und Liebe nenne, Der ich Nachts bei Mond und Plejas Gläser nur und Becher kenne. Treue übt und Wahrheit redet Wohl nicht Jedermann im Leben: Sclavisch bin ich dem Ăssāfe Rechts- und Glaubensruhm' ergeben. 2. Auf dem Heerweg nach der Schenke Lass mich wandeln für und für: Eines Schlückchens wegen brauchen Wir ja alle diese Thür. Als des Zechens und der Liebe Ich am ersten Tag gedacht, Ward nur diese Bahn zu wandeln Zur Bedingung mir gemacht. Dort wo Dschem sammt seinem Throne Winden muss zur Beute sein, Hätt' ich Unrecht Gram zu trinken: Klüger ist's, ich trinke Wein. Hoffend meine Hand berühre Seines Gürtels theures Gut, Sitze ich, wie rother Onix, Mitten in des Herzens Blut. Prediger, gib uns Verwirrten Keine Lehre, denn wir schau'n, Froh des Staub's im Freundesgaue, Nicht auf Paradiesesau'n! Geh'n im Tanze doch die Ssofis Mir mit gutem Beispiel vor: D'rum zum Gaukelspiele hebe Ich auch eine Hand empor. Erdenstaub hat deine Hefe Kostbar in Rubin verkehrt, Und vor dir bin ich, der Arme, Weniger als Stäubchen werth. Lass, noch eh' vorüber gehe Dieses Leben, es gescheh'n. Dass an dir ich freudig möge Einmal nur vorüber geh'n ! Weil, Hafis , kein Weg mich führet Nach dem Köschk genannt »Verein«, Lass' mich mit dem Schwellenstaube Dieser Thür zufrieden sein! 3. Ist die Zeit noch nicht erschienen Wo die Freunde sich erbarmen, Und die Brecher der Verträge Zum Gefühl der Reu' erwarmen? Ist denn ihnen keine Kunde Vom Entfernten zugekommen, Dessen Busen von dem Feuer Der Betrübniss ist entglommen? Wenn mein Stamm nur erst erführe Was mit dem sich zugetragen, Dessen Hoffnung er gewesen, Sicher würd' er ihn beklagen. Es erschien der holde Frühling, Und die Fluren grünen wieder; Doch wo sind die zarten Mädchen? Wesshalb schweigen ihre Lieder? Schon erzählte meine Thräne Was ich barg im Herzensgrunde: O des wunderbaren Wesens, Das da spricht mit stummem Munde! Monde sind nun, wo die Jugend Was sie wünscht sich sieht gewähren, Und des Frühlings Lebenswonne Muss nur ich allein entbehren!' Wollt o Söhne meines Oheim's Einen einz'gen Schluck mir reichen, Denn erkennen lässt die Grossmuth Sich an ihren edlen Zeichen! Du, der du die Fürsten alle Übertriffst an Edelmuthe, Habe Mitleid! Gott wird's lohnen: Denn Gewinn nur ist das Gute. Jedem Freunde wurde Nahrung Und was sonst ihm frommt gegeben: Dennoch muss Hafis , der Arme, Dürftig und verschuldet leben. 4. Des Morgens sprach ich, Reue fühlend: »Ich will das Loos befragen.« Da kömmt der Lenz, der Reuebrecher: Was soll ich nun wohl sagen? Ein Wort, ein wahres, will ich sprechen: »Ich kann's nicht länger sehen Dass, während die Genossen trinken, Ich müssig sollte stehen.« Ihr mögt mich als erkrankt im Hirne Zur Zeit der Tulpen heilen, Wollt' ich, dem Lustgelag' entsagend, In einer Ecke weilen. Ich will auf einen Thron von Rosen Den Götzenfürsten heben, Und Hyacinthen und Jasmine Um Hals und Arm ihm weben. Weil mir des Wunsches Rose blühte In dem Gesicht des Freundes, Verweise ich auf Kieselsteine Den Schädel meines Feindes. Zwar bin ich nur ein Schenkenbettler, Doch wenn ich mich betrinke, Trotz' ich dem Himmel, und die Sterne Gehorchen meinem Winke. Ich, der ich mich nicht eines Bissens Gewohnt bin zu enthalten, Ich sollte gegen Weingeniesser Die Tadelsucht entfalten? Auf's Wohl des König's nehm' ich, lächelnd Wie Knospen in der Fülle, Den Becher, und im Sehnsuchtsschmerze Zerreiss' ich meine Hülle; Und wenn des Freund's Rubinenlippe Mir einen Kuss gegeben, Wird meine Jugend wiederkehren, Und doppelt werd' ich leben. Es will, nur heimlich Wein zu trinken Hafisen nicht behagen: Bei Barbiton- und Flöten-Klängen Will ich es offen sagen. 5. Komm, auf dass wir Rosen streuen, Wein in uns're Becher giessen Und, das Dach des Himmels spaltend, Einen neuen Bau beschliessen! Wollte kühn das Heer des Grames Der Verliebten Blut verspritzen, Eilten wir, ich und der Schenke, Ihm zu rauben seine Stützen. In den Wein, den erg'wanfarbnen, Lasst uns Rosenwasser giessen, Und des Rauchgefässes Düfte Lasst mit Zucker uns versüssen! Schön ist. Sänger, deine Laute: Lass auch schön den Sang erklingen, Dass wir klatschen, Lieder trillern, Stampfen und die Häupter schwingen! Ost! Wirf uns'rer Körper Erde Auf den Hohen, dem wir fröhnen, Dass wir Aug' in Auge schauen Jenen König aller Schönen! Dieser prahlt mit dem Verstande, Jener spricht von frommen Dingen: Komm, und lasst uns diese Streite Vor der Streite Schlichter bringen! Sehnst du dich nach Edens Gärten, Nun so komm mit uns in Schenken, Dass wir von des Kruges Fusse In die Fluth Kiěwsēr's dich senken! Schlecht verstehen sich die Leute In Schĭrās auf Wort und Lieder: Komm, Hafis , in einem andern Reiche lassen wir uns nieder! 6. Oft schon hab' ich's ausgesprochen, Und nun sag' ich's abermal: »Diese Bahn wandl' ich, Entherzter, Nimmermehr aus eig'ner Wahl.« Wie den Papagei am Spiegel So behandelte man mich: Nur was mich der ew'ge Meister Sprechen hiess, das spreche ich. Sei ich Dorn nun oder Rose, Einen Gärtner gibt's fürwahr, Und so wie er mich genähret So gedeih' ich immerdar. Freunde, schimpft auf mich Entherzten, Auf mich Blöden nimmer doch! Schon besitz' ich eine Perle, Nur den Kenner such' ich noch. Schmählich auf belappter Kutte Ist der rosenfarbe Wein: Schmäle nicht, denn sieh, ich wasche Sie von Gleissnerfarben rein. Wer verliebt ist, weint und lachet Aus gar unterschied'nem Grund: Wird es Nacht, so sing' ich Lieder, Und des Morgens klagt mein Mund. Zu mir sprach Hafis : »O rieche Nicht zum Staub der Schenkenthür!« Nimmer schmäle er; ich rieche Nur chŏtēn'schen Moschus hier. 7. Du machtest mit den schwarzen Wimpern Mir tausend Scharten in den Glauben; Komm, lass aus deinem kranken Auge Mich tausendfache Schmerzen klauben! O du Gefährte meines Herzens, Der seiner Freunde nie gedenket! Die Stunde, wo ich dein nicht denke Sei nimmer mir vom Loos geschenket! Die Welt ist alt und schwank; Fěrhāden Hat sie, o Schmerz, den Tod gegeben, Und ihr Betrug und ihre Ränke Verkümmern mir das süsse Leben! Dem Schönen will ich und dem Schenken Mit Freuden opfern beide Welten, Denn als ein Anhang nur zur Liebe Kann, was die Welt gewährt, mir gelten; Und wählt der Freund statt mir sich And're, Ist er der Herr und mag befehlen: Doch sterben soll ich, wollt' ich jemals An Freundesstatt das Leben wählen! In Schweiss getaucht bin ich, gleich Rosen. Vom Trennungsfeuer unterwühlet: D'rum bringe, Nachtwind, mir ein Lüftchen Von Jenem, der den Schweiss mir kühlet! Der Sehnsucht fromme Überlief'rung, Die diese Blätter hier bewahren, Scheint keinen Irrthum zu enthalten, Da ich sie von Hafis erfahren. 8. Ausser dass sich Glaub' und Einsicht Los von meiner Hand gemacht Komm und sag' ob deine Liebe Andern Vortheil mir gebracht? Zwar, die Garbe meines Lebens Ward, durch Gram, des Windes Raub, Doch betheur' ich meine Treue Dir bei deiner Füsse Staub. Nichtig bin ich, gleich Atomen, Doch das Glück der Liebe trug, In der Lust nach deiner Wange, Bis zur Sonne meinen Flug. Bringe Wein, weil eines Lebens Lange Frist bereits verfloss, Seit ich in des Heiles Ecke Keiner sichern Lust genoss. Hast du dir, o Rathertheiler, Nüchtern stets bewahrt den Sinn, O so wirf kein Wort zu Boden, Weil ich ein Berauschter bin. Wie erhebe ich zum Freunde Dieses Haupt, gebeugt von Schlam, Da kein Dienst noch, Seiner würdig, Jemals aus der Hand mir kam? Schon verbrennt Hafis , doch jener Holde Freund sprach nimmer noch: »Senden will ich ihm ein Pflaster Schlug ich ihm die Wunde doch!« 9. Kehre wieder heim, o Schenke, Da ich gern im Dienst dir stehe, Mich nach deiner Knechtschaft sehne Und um Glück für dich nur flehe! Dort wo dein beglückter Becher Überläuft aus vollem Rande, Lehre du heraus mich treten Aus des Staunens finster'm Lande! Zwar in's Meer der Sünden ward ich Eingetaucht aus hundert Gründen; Doch die Liebe lernt' ich kennen Und Erbarmung werd' ich finden. Schilt nicht, Rechtsfreund, weil durch Zechen Mir ein übler Ruf geblieben, Stand's im Buche meines Looses Doch als Aufschrift so geschrieben! Trinke Wein! Es kömmt die Liebe Ohne Wahl und ohne Streben: Als ein angebornes Erbtheil Ward mir dies Geschenk gegeben. Ich, der durch die Zeit des Lebens Nie verliess der Heimath Gauen, Sehne nun mich nach der Fremde, Bloss aus Liebe dich zu schauen. Zwar im Bild von dir geschieden, Dir, des Glückes Zufluchtsorte, Weil' ich doch im Geist und Herzen Immerdar an deiner Pforte. Meer und Berg liegt mir im Wege, Und es schwächt mich meine Wunde: Chiser, der du Segen bringest, Steh' mir bei, dass ich gesunde! Wagt's dein Mund vom Moschushaare Jenes holden Bild's zu sprechen, Ostwind, so bedenk' es werde Meine Eifersucht sich rächen! Auf dem Bogen deiner Braue Brachte ich des Blickes Pfeile Bis zu des Verstandes Ohre, Lauernd auf die Gunst der Weile. Seinen Geist vor deinem Auge Sehnt Hafis sich aufzugeben! Und dies wähn' ich zu erreichen, Friste ich nur erst mein Leben. 10. O der frohen Botschaft! Heil und Segen Stieg nunmehr auf Su Sělēm herab; Wer die Grösse dieser Huld erkannte Lobt und preist den Schöpfer, der sie gab. Doch wo weilt der Bote, der durch Kunde Solchen Sieges uns so hoch erfreut? Denn zu Füssen streu' ich ihm die Seele, Wie man sonst nur Gold und Silber streut. Wer ein Bündniss brach, der wird erfahren Wie in Baldem auch sein Glück zerbricht: Ist doch die Erfüllung der Verträge Dem Verständ'gen eine Glaubenspflicht. Wie so günstig Alles sich gestaltet , Weil nunmehr zurück der König kam , Und sein Widersacher eine Reise Nach dem Zelt des Nichtseins unternahm ! Er begehrte von der Hoffnungswolke Einen Regen der Barmherzigkeit: Aber nur aus seinem eig'nen Auge Träufelte die klare Feuchtigkeit; Und er stürzte in den Nil des Grames, Und der Himmel sprach zu ihm mit Hohn: »Du bereu'st in diesem Augenblicke, Doch zu spät kömmt deine Reue schon.« Komm, o Schenke, weil die Rose blühet Und die Zeit nun hohe Lust verspricht; Bring' den vollen Becher her, und sorge Um das Mehr dich und das Minder nicht! Höre was der Weinpocal erzählet: »Diese Braut, die hochbejahrte, hat Vielen Freiern schon den Tod gegeben, Mächtig einst wie Dschem und Kējkŏbād.« Ford're nicht, o Herz, was Dschem besessen, Ford're nur das Glas gefüllt mit Wein! Ganz in gleichem Sinne sang der Sprosser Dort in Dschem's palastgeschmücktem Hain. Einen Winkel in der Schenke wählte Sich Hafis zum steten Aufenthalt. Wo er lebt wie in der Au der Vogel, Und der Löwe in dem stillen Wald. 11. Was thue ich, o wandelnde Zipresse, Mit Rosenbeet und Rose, ohne dich? Was tändle ich mit Hyacinthenlocken, Was thu' mit liliengleichen Wangen ich? Ach, weil der Übelwoller mich getadelt, Erblickte ich dein holdes Antlitz nicht: Was thue ich? Ich habe ja mit nichten, Dem Spiegel gleich, ein stählernes Gesicht. Zieh' hin, du Rathertheiler, und betrachte Die Trinker nicht mit der Verachtung Blick! Was thue ich? Der mächtige Gebieter Der dieses thut, er heisset: das Geschick. Wenn aus dem Hinterhalt, dem unsichtbaren, Die Eifersucht als Blitzstrahl auf mich fährt, Was thue ich? Nur du hast zu gebieten: Hat meine Garbe doch der Brand verzehrt. Da es dem Türkenkönig so gefallen, Und er mich tief in einen Brunnen warf, Was thue ich, wenn Tēhěmtěn's Erbarmen Mir nicht die Hand zur Hilfe reichen darf? Will mir das Feuer, das auf Sina lodert, Mit einer Fackel nicht zur Seite steh'n, Was thue ich, der ich im nächt'gen Dunkel Mir nicht zu rathen weiss im Thal Eĭmēn? Hafis , den hohen Paradiesesgarten Betrachte ich als mein ererbtes Haus: Was thu' ich denn und suche zur Behausung Mir diese öde, wüste Stätte aus? 12. Will Er mit dem Schwert mich tödten, Fall' ich nicht Ihm in die Hand; Will Er mit dem Pfeil mich treffen, Nehm' ich's an als Gnadenpfand. Sag' dem Bogen deiner Braue Pfeile drück' er auf mich ab: Denn der Tod ist mir willkommen, Wenn ihn deine Hand mir gab. Wenn mein Fuss im ird'schen Grame Aus dem Gleichgewichte weicht. Wer erscheint als nur Becher Der die Hand mir helfend reicht? Du, des Hoffnungsmorgens Sonne, Steig' empor in deiner Pracht! Da ich ein Gefang'ner lebe In der Hand der Trennungsnacht! Komm herbei, o Greis der Schenke, Ruf' ich dich um Hilfe an, Und verjüng' mich durch ein Schlückchen, Denn ich bin ein greiser Mann. Einen Eid hab' ich geschworen Gestern Nacht bei deinem Haar. Dass mein Haupt an deinem Fusse Liegen solle immerdar. Weihe du, Hafis , den Flammen Dieses Frömmigkeitsgewand Dass ich es nicht selbst entzünde, Werd' ich einst zum Feuerbrand! 13. Bist der Morgen, und ich bin die Kerze Die da brennt in stiller Morgenzeit; Lächle Einmal nur und, sieh', die Seele Bin für dich zu opfern ich bereit. Deine spröde Locke hat mit Maalen Mir das Herz so reichlich übersä't, Dass mein Grab, bin ich einst heimgegangen, Sich verwandelt in ein Veilchenbeet . Deiner Hoffnungsschwelle zugewendet, Öffnete mein Augenpförtchen sich, Dass nur Einen Blick auf mich du werfest: Doch du warfst, ach, aus dem Blicke mich! Welche Art von Dank soll ich dir zollen, Heer des Gram's? Der Schöpfer lohn' es dir! Selbst am Tag, wo alle uns verlassen, Weichst du nimmer von der Seite mir. Meinen Augenstern muss ich beloben, Denn, besitzt er gleich ein schwarzes Herz, Weint er doch, aus Mitleid, tausend Thränen: Wenn ich rechne mit des Herzens Schmerz. Jeder Blick aus meines Götzen Auge Strahlt zwar hold und freundlich immerdar, Aber Niemand sieht dies Spiel der Augen, Und nur mir erscheint es hell und klar. Geht der Freund, dem schnellen Winde ähnlich, An Hafisen' s Staube einst vorbei, Reiss' ich in des engen Grabes Herzen Sehnsuchtsvoll das Leichentuch entzwei. 14. Seit dein segenreicher Schatten Meinen Scheitel traf, Wurde das Geschick mein Diener Und das Glück mein Sclav'. Jahre sind's dass aus dem Haupte Mir entwich das Glück: Doch die Wonne deiner Liebe Bracht' es mir zurück. Nimmer hätte irgend Jemand Wachend mich erblickt, Hätte mich nur erst im Schlafe Dein Gebild entzückt. Wenn im Gram um dich mein Leben Auch verfliesst; allein Glaubst du ohne dich verfliesse Mir ein Stündchen? Nein. Mittel meinen Schmerz zu heilen Gab kein Arzt mir kund: Krank ist ohne Freund mein Inn'res, Und mit ihm gesund. »Bringe dein Gepäck – so sprachst du – In mein Dorf nicht hin!« Doch ich schwur's, an diesem Dorfe Nicht vorbei zu zieh'n. Einem König und Ăssāfe Fröhnet Jeder gern: Ich Hafis , der nied're, diene Meinem Landesherrn. 15. Ŏrīon' legt' am frühen Morgen Sein Wehrgehänge vor mich hin, Als spräche er: »Ich will's beschwören Dass ich des Königs Sclave bin.« O Schenke, komm, weil mir die Hilfe Des thät'gen Glückes ward gewährt Zu der Erfüllung eines Wunsches Den von dem Schöpfer ich begehrt. Gib mir ein Glas: denn bei der Freude Des Königs Angesicht zu seh'n, Fühl' ich die jugendlichen Triebe Im alten Haupte frisch ersteh'n. Tritt aus dem Weg' mir und beschreibe Mir Chiser's Quelle nimmermehr, Denn aus des Königs Glase labt mich Ein Schlückchen aus der Fluth Kjěwsēr. O König! Höb' ich auch zum Himmel Den Thron der Trefflichkeit empor, Blieb ich doch Sclav an deiner Schwelle Und Bettelmann an deinem Thor. Durch tausend Jahre ward mit Hefe An deiner Tafel ich betreut; Verlass' ich, d'ran gewohnt, die Stelle Die freundlich Trank und Kost mir beut? Und wenn du nimmer Glauben schenktest Dem was der Knecht gesprochen hier, So will ich aus Kjěmāl's Gedichten Nun den Beweis auch liefern dir: Sollt' ich dir je mein Herz entreissen Und meine Liebe dir entzieh'n, » An wen vergäb' ich diese Liebe , Und jenes Herz, wo trüg' ich's hin?« Denn meine Liebe zu dem König Fing mit dem Urvertrage an, Und, dem Vertrage treu, durchwand'le Ich meines Lebens Königsbahn. Mănssūr Sohn Mōhămmēd's, der Sieger, Ist mein Beschirmer in Gefahr, Und durch den Segen dieses Namens Besiege ich der Feinde Schaar; Und weil der Himmel selbst gedichtet Die hohe Plejas auf den Schah, So dicht' auch ich nun helle Perlen: Denn, wahrlich, Keinem steh' ich nach. Da ich, wie Falken, meine Nahrung Stets aus des Königs Hand empfing, Muss nicht die Beute einer Taube Mir schlecht erscheinen und gering? O König, der du Löwen zähmest! Was kann es dir für Schaden thun, Wollt' ich, geschützt von deinem Schatten, Im Reiche stiller Musse ruh'n? Mir fehlt der Flügel und der Fittich, D'rum ist's in Wahrheit sonderbar, Dass ich nach einem Ort mich sehne Nur von Sĭmūrgh bewohnt, dem Aar. Es nahm mein Lied, weil's dich besinget, Schon hundert Herzensländer ein, Und meine so beredte Zunge Scheint nur dein tapf'res Schwert zu sein. Wenn ich, dem Morgenwinde ähnlich, Am Rosenhain vorüber zog, War's weder Fichte noch Zipresse Die freundlich mich dazu bewog: Dein süsser Duft war's der mich lockte, Und, in Erinnerung an dich, Betheiligten der Wonne Schenken Mit ein paar vollen Bechern mich. Das Nass von ein paar Traubenbeeren Ist's nicht was mich berauschen kann! Ich bin ein Greis, ich bin ein alter In Schenken grossgezog'ner Mann; Und mit den Sternen und dem Himmel Leb' ich in stetem Zank und Streit, Und richten soll in diesem Falle Mich meines Königs Billigkeit. Gottlob dass wieder auf dem Giebel Der diese Pforte schmückt, der Ton Den mein Gefieder weckt, vernommen Vom Pfaue wird am Himmelsthron. Es drang, mein Herz sich zu erbeuten, Der Sohn des Löwen auf mich ein: Doch, mager oder nicht, ich werde Des Löwen helden Wild nur sein; Und in der Werkstatt der Verliebten Verwische ganz mein Name sich, Beschäftig' ich mit ander'n Dingen Als nur mit deiner Liebe mich. Du, der du mehr Verliebte zählest Als diese Welt Atome hält, Wirst du wohl jemals mich beglücken Der wen'ger als Atome zählt? Zeig' mir den Mann der deine Reize Frech abzuläugnen wär' versucht, Dass in die Augen ich ihm bohre Das Messer meiner Eifersucht. Auf mich herab warf seinen Schatten Der Herrschaft helles Sonnenlicht, Und um das Sonnenlicht des Osten Bekümm're ich mich fürder nicht. Die Absicht dieser Handlungsweise Ist nicht mir höher'n Werth zu leih'n: Denn nicht verkauf ich Liebesblicke, Noch handl' ich süsse Winke ein. Es liebt Hafis mit ganzer Seele Den Gottgesandten und sein Haus: Darüber stellt mein Herr und Richter Mir wahrlich selbst ein Zeugniss aus. 16. Wesshalb sollt' ich mich nicht sehnen Bald das eig'ne Land zu schauen, Wesshalb nicht zum Staube werden In des eig'nen Freundes Gauen? Unvermögend zu ertragen Fremdlingsleiden und Beschwerden, Will, die eig'ne Stadt betretend, Ich mein eig'ner Kaiser werden. In's Geheimniss des Genusses Und der Liebe will ich dringen, Und mich als ein treuer Diener Nur dem eig'nen Herrn verdingen. Ungewiss ist unser Leben: Darum kann nur Ein's mir frommen: Vor dem eig'nen Bild zu weilen Wenn mein Todestag gekommen. Weil von Liebe und vom Zechen Ich bisher nicht konnte lassen, Will ich künftighin mit meinen Eig'nen Thaten mich befassen. Heisst des Glückes fester Schlummer Und ein tolles Thun mich klagen, Will ich, was ich heimlich leide, Meinem eig'nen Ich nur sagen. Wirst, Hafis , die ew'ge Gnade Du zur Führerin nicht nehmen, Will ich bis in ew'ge Zeiten Vor dem eig'nen Ich mich schämen. 17. Wie kannst von mir du fromme Werke fordern? Rief ich doch selbst die trunk'nen Männer her. Als deine trunkene Narcisse herrschte, Fühlt' ich, es gäbe keine Rettung mehr. Erschliesse freundlich mir das Thor der Schenke, Denn Nichts erschloss sich mir durch's Klosterhaus; Das glaube mir; wo nicht, so bleibt es immer Ein wahres Wort, und muthig sprach ich's aus. Durch deine Augen liege ich? o Schenke, Zerstört und in Ruinen da; allein Ein Unglück das vom Freunde mir gekommen Soll tausend Male mir willkommen sein! Dein Wuchs – so sprach ich – ist dem Buchse ähnlich: Doch trug es vielfach der Beschämung Frucht Dass ich ein solches Gleichniss ausgesprochen, Und eine Lüge dieser Art versucht. Wenn du dich huldvoll meiner nicht erbarmest, Empfindest du zuletzt der Reue Schmach: Bewahre dr'um den Ort dir im Gemüthe An dem ich dir von meinen Diensten sprach. Dem Moschus ähnlich schwimmt mein Herz im Blute: Geringeres hab' ich wohl nicht verdient, Weil ich so stark mich irrte , und von China Mit Seinem Haar zu sprechen mich erkühnt. Zu Feuer bist du, o Hafis , geworden, Allein den Freund ergriff es leider nicht: Es ist als ob dem Ostwind ich erzählte Dass keine Rose hält was sie verspricht. 18. Vierzig Jahre und darüber Prahle ich mit stolzem Sinn Dass ich von des alten Wirthes Dienern der Geringste bin. Durch des alten Weinverkäufers Segensvolle Huld geschah's, Dass von glänzend reinem Weine Niemals leer sich fand mein Glas. Hoch in Würde durch die Liebe, Glücklich durch der Zecher Schaar, Sitz' ich auf dem Ehrenplatze In den Schenken immerdar. Gib doch, weil ich Hefe trinke, Keiner üblen Meinung Raum! Denn befleckt ist meine Kutte, Aber rein bewahrt mein Saum. Herr! Da ich ein edler Falke Auf der Hand des Kaisers bin, Wesshalb trieb man mir die Sehnsucht Nach dem Neste aus dem Sinn? Schade ist es, lebt ein Sprosser, Ähnlich mir, auf dieser Flur: Trotz der süssen Zunge muss ich, Gleich der Lilie, schweigen nur. Persiens Luft und Wasser nähret Wunderbar gar manchen Fant; Wer begleitet mich? Ich schaffe Mein Gezelt aus diesem Land. Leerst du unter'm Mönchsgewande Länger noch das Glas, Hafis , Lüft' ich deiner Thaten Schleier Bei des Meisters Fest gewiss, Tūrănschāh's, des Hochbeglückten, Dessen Huld auf eine Art Sich gesteigert, dass zum Ringe Sie an meinem Halse ward. 19. Bewahre Gott! Zur Zeit der Rosen Leist' auf den Wein ich nicht Verzicht; Ich, der ich mit Verstande prahle, Ich thue dies ganz sicher nicht. Wo weilt der Sänger? Was das Wissen Mir eintrug und ein frommer Sinn, Geh' ich der Harfe und der Zither Und dem Gesang der Flöte hin. Der Schule nichtiges Geschwätze Schafft mir zur Stunde nichts als Pein: Ich will ein Wenig dem Geliebten Nun gleichfalls dienen und dem Wein. Wo ist die Treue heut zu finden? Bring' den gefüllten Becher mir! Von Dschem, Kjăwūs und Kej erzähle Ich alsbald die Geschichte dir. Es schreckt das schwarze Buch mich nimmer, Weil ich, bricht der Gerichtstag an, Durch Gottes Huld von solchen Büchern Wohl Hunderte beseit'gen kann. Wo weilt denn nur des Morgens Bote? Die Klage ob der Trennung Nacht Hätt' ich so gern ihm, dem Beglückten, Dem Freudenbringer, vorgebracht. Weil schon im Urbeginn der Zeiten Mein Staub geknetet ward mit Wein, So sprich zu meinem Widersacher: »Warum soll Wein verwehrt mir sein?« Doch diese Seele, die Hafisen Der Freund als Darlehn nur vertraut, Geb' ich an jenem Tag ihm wieder An dem ich sein Gesicht geschaut. 20. Es hält dem Seelenangesichte Mein Körperstaub den Schleier vor; O Wonne, heb' ich einst den Schleier Von diesem Angesicht empor! Und da für mich, den holden Sänger, Kein solcher Käfig passen kann, Eil' ich – ein Vöglein jener Wiese – In's Rosenfeld hin zu Rĭswān. Warum ich kam, wo ich gewesen, Nicht klar erfasste es mein Sinn: O Schmerz, dass ich in eig'nen Dingen So ganz und gar unwissend bin! Wie sollte pilgernd ich umkreisen Die weite Flur der heil'gen Welt, Da meinen Leib im Erdenhäuschen An Brettern man befestigt hält? Ich, der den Schauplatz nur der Huris Für meine Heimath anerkannt, Soll nun den Gau der wüsten Zecher Betrachten als mein Vaterland? Wenn aus dem Blute meines Herzens Des Moschus süsse Düfte weh'n, So staune nicht: verwandt durch Leiden Bin ich dem Rehe von Chŏtēn. Sieh auf das gold'ne Stickwerk nimmer Das reich mir ziert des Hemdes Rand, Denn innerhalb des Hemdes nähr' ich, Der Kerze gleich, geheimen Brand. O komm und nimm Hafisen' s Leben, Wie sich's vor ihm entfaltet, hin, Denn Niemand hört, bist du am Leben, Das kühne Wort von mir: Ich bin . 21. Wird der Fuss staub meines Liebling's Seine Hand mir nicht entzieh'n, Male ich die Schrift des Staubes Auf das Brett des Blickes hin. Käme, fordernd meine Seele, Ein Befehl von Ihm mir zu, Übergäbe, gleich der Kerze , Ihm die Seele ich im Nu. Scheint dem Freund mein Herz ein falsches , Das nicht Probe hält beim Kauf, Zähle ich aus meinem Auge Silber das cursirt ihm auf. Schüttle nicht den Saum des Kleides, Nah' ich, Sohn des Staubes, dir: Denn kein Wind kann, nach dem Tode, Meinen Staub verweh'n von hier. Untersinkend, hofft' ich immer Mich umschlinge deine Hand: Doch die Welle meiner Thräne Bringt vermuthlich mich an's Land . Deine schwarze Doppellocke Die Verliebter Leidenschaft Kraft und Festigkeit gegeben, Nahm mir Festigkeit und Kraft. Sei mir treu am heut'gen Tage, Und gedenke jener Nacht Die voll Gram's ich im Gebete Werde haben zugebracht. Bringe mir von jenem Weine Nur ein Düftchen, holde Luft! Von des Rausches Folgen heilet Mich dann sicher jener Duft. Mit dem Lobe deiner Locke Stets beschäftigt ist mein Wort, Und tatar'sche Moschusdüfte Haucht es d'rum auch immerfort. Weil Sein Mund, Hafis , mir theuer Wie die eig'ne Seele ist, Gibt mir der Moment das Leben Wo mein Mund die Seele küsst. 22. Als der Zeit ganz angemessen Seh' ich's gegenwärtig an Nach der Schenke auszuwandern, Und da froh zu weilen dann. Nur ein Buch und eine Flasche Sei dort freundlich mir gesellt, Dass ich listige Genossen Nie erblicke auf der Welt. Nach dem Weinpocale greifend, Such ich Heuchlern fern zu sein, Wähle nämlich mir hienieden Nur ein reines Herz allein. In befleckter Kutte prahlte Gar zu sehr mit Tugend ich, Schäme d'rum vor Schenkenwangen Und vor färb'gem Weine mich. Alle werd' ich überragen, Frei wie der Zipressenbaum, Glückt es mir von Weltgelüsten Abzuziehen meinen Saum. Unbild deckt mein Herz mit Staube; Doch, o Gott, gestatte nicht Dass sich je mein Spiegel trübe, Der da glänzt wie Sonnenlicht. Viel zu eng' ist ja mein Busen Um zu tragen Seinen Schmerz; Nicht gewachsen solcher Bürde Ist mein gramerfülltes Herz. Sei ich Zecher in der Schenke, Sei ich in der Stadt Hafis , Bin die Waar' ich die du schauest; Und noch schlechter überdies. Beim Ăssāf steh' ich in Diensten: Mich zu kränken hüte dich! Denn, wenn ich ein Wort nur spreche, Rächt er selbst am Himmel mich. 23. Auf! Lasst uns der Ssofis Kutte Tragen in der Schenke Haus, Tragen frommer Bräuche Mantel Auf den Trödelmarkt hinaus! Wir verstopften uns die Ohren Vor des Pred'gers Fabelwort! Tragen wir die Schmach der Possen, Thoren gleich, noch länger fort? Dass die Siedler alle greifen Nach dem Glas voll Morgenwein, Tragen wir die Morgenharfe Zu des Wirthes Thor hinein. Als Geschenk der Reise tragen Für den trunk'nen Cālěndēr Wir den Teppich frommer Bräuche Und den woll'nen Mantel her. Pflanzt' auf uns'ren Weg ein Frömmler Desshalb Tadelsdorne hin, Tragen wir aus Rosengärten In der Strafe Kerker ihn. Unser Wollkleid, das befleckte, Bringe uns nur Spott und Hohn, Tragen wir, bei solcher Tugend, Noch der Wunder Ruhm davon. Wenn das Herz, die Zeit nicht schätzend, Sich enthält der Thätigkeit, Tragen wir nur Scham von hinnen, Als die einz'ge Frucht der Zeit. Immer regnet es nur Tücken Von dem hohen Himmelsdach: Auf! Dem Weinhaus übertragen Wir den Schutz vor Ungemach. Werden wir im Feld der Lüste Lang noch irren, und bis wann? Lasst uns um die Strasse fragen, Die zum Ziel uns führen kann. Jenen Bund den wir geschlossen In dem sicher'n Thal mit dir, – Sprichst du: » Zeige dich :« wie Moses – Tragen zur Erfüllung wir; Schlagen deines Ruhmes Pauke Auf des Himmelsthrones Knauf, Tragen deiner Liebe Fahne Auf das Himmelsdach hinauf, Und die Erde deines Gaues, Uns zum Ruhme allzumal, Tragen morgen auf dem Scheitel Wir in's Auferstehungsthal. Giess' Hafis , dein Wangenwassser Nicht vor jedes Nied'ren Thor: Tragen wir dem Herrn der Nöthen Lieber uns're Nöthen vor! 24. Auf! Und lasst uns von der Schenke Pforte Die Eröffnung uns'rer Lust verlangen; Lasst uns sitzen auf des Freundes Strasse, Und verlangen das wornach wir bangen! Auf dem Weg zum Heiligthum der Liebe Mangelt uns das Zehrgeld für die Reise! Lasst ein Zehrgeld von der Thür der Schenke Uns verlangen nach der Bettler Weise! Zwar in stetem Laufe ist begriffen Uns're ganz mit Blut befleckte Zähre: Doch verlangen wir dass sich ein Bote, Den an Ihn wir senden, rein bewähre. Nach dem Wohlschmack deines Kummermaales Mögen fruchtlos uns're Herzen bangen, Wenn vom herben Kummer deiner Liebe Jemals wir Gerechtigkeit verlangen! Deines Maales Pünktchen lässt sich nimmer Auf des Blickes Zeichnerbrettchen malen, Wenn dazu wir Tinte nicht verlangen Von den Männchen die im Auge strahlen. Fleht mein Herz dass um den Preis der Seele Ihm dein Mund ein Küsschen nicht verweig're, Spricht dein Mund, so süss wie Zucker lächelnd: »Wir verlangen dass den Preis man steig're.« Dass ein duft'ges Exemplar besitze Dieses Herz, von schwarzem Gram befangen, Wollten wir die holde schwarze Farbe Von dem Moschus deines Flaum' s verlangen. Weil der Gram, den wir um dich erdulden, Nur im frohen Herzen ist zu finden, So verlangen Frohsinn wir, in Hoffnung Gram um dich und Kummer zu empfinden. Bis wie lang bist du, Hafis , gesonnen Noch zu sitzen an der Schule Thüren? Auf! Verlangen wir dass nun der Schenken Off'ne Thüren uns zur Freude führen! 25. Geht dein Traumgebild vorüber An der Augen Rosenau'n, Tritt das Herz an's Augenfenster In der Absicht es zu schaun'n. Komm, denn Perlen und Rubine Streu' ich dir zu Füssen hin, Schaffe aus des Herzens Schatze Sie in's Augenmagazin. Keinen Wohnort, deiner würdig, Schau' ich rings in der Natur: Ich nur bin's und dieses Auges Heller Winkel ist es nur. Als ich dich zuerst erblickte, Sprach das Herz: »Wenn allenfalls Unglück d'raus entsteht, so büsse Für mein Blut des Auges Hals!« Mich zerstören wollte Morgens Meiner Thränen wilder Lauf: Doch es hielt am Saum des Auges Meines Herzens Blut ihn auf. Weil ich deine Ankunft hoffte Legt' ich, bis der Tag erschien, Gestern Nachts des Auges Fackel Auf die Bahn des Windes hin. Habe Mitleid mit dem Harren Jenes, der die ganze Nacht Herzensblut durch's Augenfenster Auf die Wange strömen macht! Wenn du menschlich bist, so schiesse Auf Hafis den Pfeil nicht ab; Jenes Aug's das, herzdurchbohrend, Manchem Mann den Tod schon gab! 26. O froher Tag an dem ich scheide Von diesem wüsten Wohngebäu', Und, Seelenruhe nur verlangend, Dem Seelenfreunde folge treu! Wohl weiss ich es, den Fremdling führe Sein Weg nach keinem Ruhort zwar; Doch jenes wirren Haares Düfte Folg' ich voll Hoffnung immerdar. Dem Oste gleich, mit krankem Herzen, Mit einem Leibe matt und schwach, Folg' ich der wandelnden Zipresse In luftiger Begierde nach. Der düst're Kerker Alexander's Erfüllt mein Herz mit Grauen schon; D'rum reise ich, mein Bündel schnürend, Bis in das Reich des Salomon. Es kümmern nicht sich flinke Reiter Um den der schwer beladen schleicht: Kommt mir zu Hilfe, fromme Leute, Auf dass ich wandle froh und leicht! Wenn auf dem Haupte, gleich dem Rohre , Ich wandeln muss auf Seiner Bahn, So schreite ich mit wundem Herzen Und thränenvollem Aug' heran, Werd' ich einst frei von diesem Grame, Thu' ich wie ich gelobt zuvor, Und gehe, frohe Lieder singend, Gerade bis zum Schenkenthor, Und tanze, so wie Sonnenstäubchen, In luft'ger Leidenschaft für Ihn, Und wandle bis zum Quellenrande Der strahlenreichen Sonne hin. Führt mich die Strasse, gleich Hafisen , Heraus nicht aus dem wüsten Ort, So ziehe mit dem Heereslager Des herrschenden Assāf's ich fort. 27. In dem Schenkenraum der Maghen Stellt sich Gottes Licht mir dar; Sieh' dies Wunder, welch' ein Licht ist's, Und wo werd' ich es gewahr? Herr! Wer sind die Hefentrinker Dieser Schenke, deren Thür Eine Kibla aller Nöthen, Ein Altar geschienen mir? Liebe, Rausch und Spiel mit Schönen Gleichen einem hohen Amt, Und dem Wirken deiner Gnade Dank' ich selbe insgesammt. Krame nicht, o Pilgerkönig, Deinen Hochmuth vor mir aus, Denn du schau'st das Haus, ich aber Schaue froh den Herrn im Haus. Niemand hat von China's Düften Und vom Moschus aus Chŏtēn Das geseh'n was jeden Morgen Ich vom Morgenwind geseh'n. Um den Mittelpunkt der Einheit Läuft, gleich fern, der Kreis herum, Und ich schau' es ohne Frage Um das Wie und das Warum. Moschusdüfte will ich lösen Von des Götzen Lockenhaar : Doch zu fern liegt der Gedanke! Irrthum nur werd' ich gewahr. Herzensgluthen, Thränenströme, Seufzer Morgens und bei Nacht Seh' ich sämmtlich durch die Blicke Deiner Huld hervorgebracht. Der Gedanken Wege sperret Stets dein Bild , dein holdes, mir: Wem entdeck' ich was ich schaue Hinter diesem Vorhang hier? Freunde, scheltet nicht Hafisen Weil er Augenspiele trieb: Denn ich seh's, er ist von Jenen Denen werth Ihr seid und lieb! 28. Freunde, lasst die Zeit der Rosen Uns der Lust und Freude weihen, Lasst dem Wort des alten Wirthes Uns das Ohr der Seele leihen! Grossmuth wohnt nicht bei den Menschen, Und da Freuden schnell vergehen, Frommt's den Teppich zu verkaufen, Und dafür Wein zu erstehen. Wonnig wehen holde Lüfte; Sende, Gott, uns einen Zarten, Dass wir Rosenwein geniessen, Schauend seiner Wange Garten! In den Weg verdienten Leuten Tritt des Himmels Orgelbauer : D'rum, wie sollten wir nicht klagen , Brausen nicht bei solcher Trauer? Als die Rose sott, begossen Wir sie nicht mit Weinesfluthen: Darum sieden wir in Sehnsucht, Und in der Entbehrung Gluthen. Lasst vermeinten Wein uns trinken Aus der Tulpe Glas! – Von hinnen, Böse Blicke! denn wir kamen Ohne Lied und Wein von Sinnen. Wem, Hafis , kann man das Wunder Jemals mitzutheilen wagen, Dass wir Sprosser sei'n und schweigen In der Rose Wonnetagen? 29. Gestern Nachts lenkt' ich den Strom der Thränen In des Schlummers Weg und hemmte ihn, Und, des Flaum's gedenkend deiner Lippe, Malt' auf Wasser ein Gemäld' ich hin; Und, des Freundes Braue vor dem Blicke, Und mit angebranntem Mönchsgewand, Trank ich auf das Wohl der Altarnische Einen Becher aus, der vor mir stand; Und das Antlitz des Geliebten zeigte Meinem Blicke sich im Strahlenlicht, Und ich sandte Küsse aus der Ferne Nach des Mondes hellem Angesicht; Auf des Schenken Antlitz lag mein Auge, An dem Klang der Harfe hing mein Ohr, Und dem Auge sagt' ich und dem Ohre Künftig noch ein gröss'res Glück bevor. Deines Angesichtes Traumgemälde Malt' ich Nachts bis hin zur Morgenzeit Auf die Künstlerwerkstatt meines Auges, Das sich leider nie des Schlaf's erfreut. Bei den Worten dieses schönen Liedes Griff der holde Schenke nach dem Glas; Er begann dies Lied mir nachzusingen, Und ich trank vom reinsten Rebennass; Und ein jedes Vöglein der Gedanken, Das vom Lust zweig aufgeflattert war. Fing ich wieder, da ich sanft es lockte Mit dem Saitenschwinger, deinem Haar. Fröhlich ging Hafisen' s Zeit vorüber, Und ein wunscherfüllendes Geschick Hab' ich d'rum den Freunden auch verkündet In Bezug auf Leben und auf Glück. 30. Gestern Abends sagte ich: »Der Sehnsucht Ihn zu schauen will ich mich erwehren.« »Wo sind Ketten? – sprach Er – den Verrückten Will ich eines Anderen belehren.« Seine Hochgestalt nannt' ich Zipresse ; Da im Zorne wandt' er sich von hinnen! Wird mein Bild durch Wahrheit schon beleidigt, Freunde, sagt, was soll ich dann beginnen? Sprach ich Worte, die ich schlecht gewogen, O mein Herzensräuber, so verzeihe! Sei auch freundlich, dass ich dem Gemüthe Das verlorne Gleichgewicht verleihe! Jenem Zarten hab' ich es zu danken Dass ich schuldlos an der Gelbsucht leide; Schenke, gib ein Glas mir, dass ich wieder Mein Gesicht in's Roth der Rose kleide! Sage, Lüftchen, du von Leila's Stätte, Ob's um Gotteswillen lang noch währe Dass ich Fluren in des Oxus Fluthen, Und in Trümmer Wohnungen verkehre? Ich, der zu des Freundes Schönheitsschatze Bin gelangt, dem unermesslich reichen, Will in Zukunft zu Cărūnen machen Hunderte von Bettlern die mir gleichen. Mond, beglückter Herrscher, lass Hafisen , Deinen Knecht, dir im Gedächtniss leben, Dass für's Glück ich jener Reize bete Die sich täglich strahlender erheben! 31. Zum Meer mach' ich das Aug' und werfe Auf's Feld hinaus den Duldermuth, Und werfe unter solchem Treiben Das Herz tief in die Meeresfluth. Aus sündigem, beklemmten Herzen Seufz' ich nur Einmal auf; allein In Adam's und in Eva's Sünde Werf' ich dadurch den Brand hinein. Des Himmels Pfeil hab' ich empfunden; Gib Wein mir, dass, vom Rausch entbrannt. Ich einen Knoten möge schürzen Hoch auf Orīŏn's Köcherband! Den Bodensatz des Glases spritz' ich Hinauf auf diesen Wanderthron Und fülle diese blaue Kuppel Mit einer Harfe Jubelton. Man trifft des Herzensglückes Summe Nur wo der Herzensräuber weilt; Auch will ich keine Mühe sparen Bis dass ich jenen Ort ereilt. Mond mit der Sonnenhaube, löse Doch deines Kleides Schleifenzier! Ich werfe dann, gleich deinem Haare. Das düst're Haupt zu Füssen dir. Hafis , ein Irrthum und ein Fehler Ist's, sich zu stützen auf die Zeit; Warum verschieb' ich denn auf morgen Die Wonne die das Heut' mir leiht? 32. Deines Auges Krankheit raubte Mir die Sinne gestern Nacht; Doch die Anmuth deiner Lippe Hat sie mir zurückgebracht. Deinen Flaum, den moschusgleichen, Liebe ich nicht erst seit heut: Dieses Neumondglas berauschet Mich bereits seit langer Zeit. Meinen festen Sinn belob' ich, Weil, bist du auch hart und rauh, Doch mein Fuss nie müd' geworden Aufzusuchen deinen Gau. Hoffe nicht dass ich gesunde Ich, der stets in Schenken weilt: Zechern – sagt' ich – will ich dienen, Bis der Tod mich einst ereilt. Hundert Fährlichkeiten drohen Jenseits auf der Liebe Bahn: Sage nicht: »Mein Leben endet, Und geborgen bin ich dann.« Künftig kümmert mich kein Neider Der mit Marter pfeilen naht: Bin ich doch bei dem Geliebten Der da Bogen brauen hat. Küsse auf dein Onixkästchen Sind wohl nimmer mir verwehrt, Denn die Lieb' und Treue liess ich, Warst du hart auch, unversehrt. Ein gar kriegerischer Götze Plünderte mein Herz, und schwand; Wehe, fasst des König's Gnade Mich nicht hilfreich bei der Hand! Bis zum Himmel hebt Hafisen' s Stufe der Gelehrtheit sich: Doch der Gram den du mir schaffest, Hoher Buchs! erniedrigt mich. 33. All' mein Leiden kömmt vom Freunde, Und so auch die Arzenei; Und mein Herz ward ihm zum Opfer, Wie es auch die Seele sei. Das was schöner ist als Schönheit – Anmuth nennt man's insgemein – Das besitzt mein Vielgeliebter, Und auch jene nennt er sein; Nur ein Abglanz seiner Wangen Scheinen beide Welten mir: Offen hab' ich's dir verkündet, Sagte es auch heimlich dir. Hinter'm Vorhang, theure Freunde, Sagt ein Wörtchen Euch mein Mund: Aber das was man gesprochen Wird durch Weitersagen kund. Jene trunkene Narcisse Sie vergoss, ach, all' mein Blut, Während jene wirre Locke Grausam auch ein Gleiches thut. Kein Vertrauen lässt sich fassen Zu den Dingen dieser Welt; Ja, auch mit dem Lauf des Himmels Ist es Anders nicht bestellt. Denk' an Jenen der da grausam Meinem Blute stellend nach, Kühn den Bund den er geschlossen Und auch die Verträge brach. Wie jetzt an ihr Ziel gekommen Des Vereines frohe Nacht, Schwinden auch die bösen Tage Die die Trennung hat gebracht. Seines Maales Bild, verspritzte Schon gar oft mein Augenblut, That es klar und unverhohlen, Wie es auch es heimlich thut. Keine Furcht kennt der Verliebte Vor dem Richter. Bringe Wein! Auch Verbote eines Herrschers Schüchtern nimmermehr ihn ein. Dass Hafis der Liebe fröhne Ist dem Vogte wohlbekannt, Ist es selbst auch dem Assāfe In der Salomonen Land. 34. In heimlichen Hause der Wonne Da wohnet ein Götze, mir theuer, Für dessen Gesicht ich und Locke Ein Hufeisen halte in's Feuer . Ich bin ein Verliebter, ein Zecher Und trinke, wenn Lieder ertönen, Und diese erhabenen Würden Verdank' ich der Huri, der schönen; Und glaubst du in diesem Bezuge Mir fehl' es an Kopf und Verstande, So bin ich des Morgens durch Seufzer Das Haar dir zu kräuseln im Stande; Und wenn in das Lusthaus der Zecher Die Füsse du wünschest zu setzen, So will ich mit zuck'rigen Liedern Und lauterem Weine dich letzen; Und seh' ich den Flaum des Geliebten In grünlichem Farbenschein prangen, So will ich mit blutigem Wasser Mir färben die eigenen Wangen. Doch bringe mir Pfeile der Wimpern Und Panzer aus Lockengeflechten, Denn mit dem verwundeten Herzen, Dem leidenden, hab' ich zu fechten! Hafis , weil der Gram und die Freude Vergänglicher Art sind hienieden, So ist es das Beste, ich wahre Mir in dem Gemüthe den Frieden. 35. Beschauung ward gestattet, Umarmung auch und Kuss: D'rob dank' ich meinem Glücke Und auch dem Schicksalsschluss. Geh', Frömmler; wenn der Glücksstern Mein wahrer Glücksstern war, Fasst meine Hand den Becher Und auch des Holden Haar. Ich tadle nicht das Zechen Noch das Betrunkensein; Schön ist des Götzen Lippe, Doch auch der süsse Wein. Herz! Frohe Kunde bring' ich: Es lebt der Vogt nicht mehr; Wein füllt die Welt, auch füllt sie Ein trunk'nes Götzenheer; Nun schaut kein böses Auge Mich aus verstecktem Ort, Fort ist der Widersacher, Und auch die Thrän' ist fort. Sich das Gemüth zu trüben Ist nicht der Klugheit Brauch: Begehr' ein Liederbüchlein, Bring' eine Flasche auch! Begiess' der Liebe Opfer Mit Seiner Lippe Wein: Der Staub wird dann rubinfarb Auch moschusduftend sein. Es lebet was da lebet Durch Hoffnung nur auf dich: D'rum wirf nun deinen Schatten, O Sonne, auch auf mich! Da deiner Schönheit Segen Den Blumen Schimmer gab, So regn' auch, Gnadenwolke, Auf mich, den Staub, herab! Du fingst zwar selbst den Klügsten: Doch fürchte Gott! Nebstdem Auch den Assāf, der rechtlich, Und mächtig ist wie Dschem. Ein Hort des Reich's und Glaubens, Macht seine Herrscherhand Das Meer zum Reichthumsschachte, Zum Glückesschacht das Land. Der Himmel, zur Erinn'rung An seinen lichten Sinn, Weiht Morgens ihm die Seele, Streut Sterne auch auf ihn. Mit Rechtsinn, deinem Schlägel, Fängst du der Erde Ball, Ja auch den weitgedehnten, Den blauen Himmelswall. Nach deinem raschen Willen Bewegt sich auch behend Auf seinem Mittelpunkte Das hohe Firmament. So lang der Zweck des Himmels Und seines Kreisens Brauch Die Jahr' und Monde wechselt, Und Herbst und Frühling auch, Fehl's deines Ruhm's Pallaste An grossen Männern nicht, Auch nicht an schlanken Schenken Mit rosigem Gesicht! Hafis , der viele Perlen Zum Lob dir streute, stand Beschämt und auch erröthend Vor deiner Grossmuth Hand. 36. Ich weihe mich dem Dienst der Schenke Bereits seit langer Zeit, Und handle wie ein Reicher handelt, Gehüllt in's Armuthskleid. Es sog der Wahrheit edle Düfte Mein Prediger nicht ein; Horch! In's Gesicht will ich's ihm sagen, Doch kein Verläumder sein. Das Repphuhn mit dem holden Gange Im Liebesnetz zu fah'n, Erwarte ich im Hinterhalte Der günst'gen Stunde Nah'n, Und eile, gleich dem Ost, zum Freunde Hin über Stock und Stein, Und Königskraut und Rose bitt' ich Behilflich mir zu sein. Ein Netz ist meines Liebling's Locke, Sein Blick ein Unglückspfeil: Vergiss nicht, Herz, was ich ermahnend Hier spreche dir zum Heil. Es trägt die Erde deines Gaues Mich künftighin nicht mehr: Hold warst du, Götze, mir; nun mach' ich Die Bürde minder schwer. Verhüll' das Aug' das Böses schauet, Du, stets zur Huld bereit, Bei dem was ich mit Frechheit übe In stiller Einsamkeit! Ich sollte – Gott bewahr's! – die Rechnung Des jüngsten Tag's nicht scheu'n? Das Loos will morgen ich befragen, Doch heut' will ich mich freu'n. Ein Amen ruft der Geist, der treue, Der Gott zur Rechten steht, Wenn für des Reich's und Volkes Kaiser Ich flehe im Gebet. O Fürst! Das Höchste zu erreichen Hoff' ich nur aus dem Grund Weil, o Erhab'ner, deine Schwelle Zu küssen wünscht mein Mund. Hafis benennt mich dieses Kränzchen, Und Säufer jener Kreis; Sieh wie ich durch ein freches Wesen Das Volk zu täuschen weiss! 37. Meine eig'ne Hand, die kurze , Lastet schwer auf mir, D'rum erröth' ich vor den schlanken Hochgestalten hier. Fasst kein Freund mit Kettenhaaren Meine Hand, o dann Heb' das Haupt ich in die Höhe Wie ein toller Mann. Frag' mein Auge, willst du wissen Was der Himmel macht, Denn des Nachts zähl' ich die Sterne Bis der Tag erwacht. Dankbar küsse ich des Bechers Vollgefüllten Rand, Denn mit des Geschickes Räthsel Macht er mich bekannt. Meinem eig'nen Arme bin ich Minder dankbar nicht, Weil zur Peinigung der Menschen Mir's an Kraft gebricht. Wenn ich für die Weinverkäufer Fromme Wünsche sprach, Komm' ich nur – was ist es weiter? – Schuld'gem Danke nach. Mich vom Boden aufzuheben Bist du nicht gewillt, Wenn mir auch statt jeder Thräne Eine Perl' entquillt. Trink' ich Blut auf diesem Felde, O so schilt mich nicht! Denn tatar'schen Moschusrehen Geb' ich Unterricht. Ein berauschtes Haupt besitz' ich, Gleich Hafisen , zwar, Doch auf jenes Hohen Gnade Hoff' ich immerdar. 38. Komm' ich abermals vorüber An dem wüsten Maghenhaus Spiel' ich den Ertrag der Kutte Und des Teppich's eilends aus. Klopf' ich mit der Reue Thorring, Frömmlern ähnlich, heute an, Wird vom Schenkenwächter morgen Mir das Thor nicht aufgethan. Wäre doch die Flügelfreiheit Eines Falters mir verlieh'n! Nur nach jener Wange Lichte Eilte ich im Fluge hin. Lässt du mich, der Harfe ähnlich, Nicht im Schosse ruhen dir, O so schmeichle, wie der Flöte, Mit dem Hauch der Lippen mir! Umgang selbst mit Huris meid' ich, Denn ich fehlte wahrlich sehr Hätte ich, bei deinem Bilde, Noch mit Anderen Verkehr. Keinem Menschen will ich klagen Was mein blutend' Herz erfuhr, Ist mein einziger Vertrauter Deines Grames Schwert ja nur. Das Geheimniss meiner Trauer Hätte gern die Brust bewahrt; Doch das nassbesäumte Auge Hat es nun geoffenbart. Aus des Staubes Käfich schwang' ich In die Luft , wie Vögel, mich: Hoffend dass der Königsfalke Mich zur Beute mache sich. Würde auf Hafisen' s Leibe Jedes Haar zum Haupt; fürwahr Alle legt' ich dir zu Füssen, Wie dein eig'nes Lockenhaar. 39. Überlass die Locke nicht dem Winde Weil du mich dem Wind' sonst überliessest; Unternimm den Bau nicht des Gekoses, Weil du meinen Bau sonst niederrissest. Lass die Wange hell im Feuer glühen, Und du machst auf Rosen mich vergessen; Lass empor den schlanken Wuchs sich heben, Und du machst mich frei von den Zipressen . Suche nicht Berühmtheit in den Städten , Denn du machst mich sonst durch Berge streichen; Sei nicht spröde, wie Schĭrīn gewesen, Denn du machst mich sonst Fěrhāden gleichen. Trink' nicht Wein in Anderer Gesellschaft, Denn sonst würde Herzblut mein Getränke; Denke nicht an alle Stammgenossen, Dass ich deiner künftighin gedenke. Lass dein Haar sich nicht zu Ringen formen, Dass du mich nicht anzuketten strebest; Gib dem Antlitz nicht des Wassers Schimmer, Dass du nicht dem Wind' mich übergebest. Werde nicht zum Freunde Unbekannter, Weil du sonst mich von mir selber scheidest; Kümm're dich um And'rer Leiden nimmer, Weil du sonst mir jede Lust verleidest. Werde nicht zur Kerze jeden Saales, Dass du mich nicht gar verbrenn'st am Ende; Wende nicht das Haupt, dass meine Klage Nicht empor ihr Haupt zum Himmel sende. Habe Mitleid mit mir armem Manne, Und erschein', wenn Hilfe ich verlange, Dass mein lauter Hilferuf nicht etwa Bis zum Thürstaub des Ăssāf's gelange! Sei nicht immer grausam, wie der Himmel, Denn du tödtest sicher sonst Hafisen : Füge dich, dass mir die Gunst der Sterne Das verleih' was sich als Recht erwiesen. 40. Wie mach' ich es möglich, o Götze, Den Gram deiner Liebe zu tragen, Und soll ich den Gram wohl noch länger Ergiessen in nächtlichen Klagen? Mein Herz, wie von Diwen besessen, Ist, ach, durch kein Mittel zu retten, Es sei denn ich machte zur Stelle Dein lockiges Haar ihm zu Ketten. Das Ganze der eig'nen Verwirrung, Mit der deines Haares verbunden, Im Einzelnen treu zu beschreiben Hat Niemand noch möglich gefunden; Und wollte ich, was ich gelitten Seitdem du mich grausam verlassen, Dir schildern – vergebliche Mühe! – Kein Buch wär' im Stand' es zu fassen; Und wenn ich die eigene Seele Begierig zu schauen verlange, So mal' ich mir treu vor die Blicke Das Bild deiner lieblichen Wange; Und wüsst' ich das Mittel gelänge Dich mir zu vereinen in Liebe, Verspielt' ich das Herz und den Glauben, Wobei ich im Vortheil noch bliebe. O Prediger, bleib' mir vom Leibe, Und sprich nicht vergebens, gleich Thoren! Denn Jener nicht bin ich der wieder Den Lügen verschliesset die Ohren. Die Hoffnung, Hafis , ist entschwunden Der bösen Gewalt zu entrinnen; So hat es das Schicksal beschlossen: Was kann ich dagegen ersinnen? 41. Wird das Haar dir zu berühren Nochmals meiner Hand erlaubt, Schlage ich mit deinem Schlägel Manches ballengleiche Haupt. Als mein langes Leben hab' ich Stets dein Lockenhaar erkannt: Doch von diesem langen Leben Liegt kein Haar in meiner Hand. Gibt den Machtbefehl der Ruhe Heute Nacht, o Kerze , mir, Denn im Herzensfeuer schmilz' ich, Einer Kerze gleich, vor dir! Übergeb' ich einst, gleich Flaschen, Laut auflachend, meinen Geist, Sollen Jene für mich beten Die man deine Trunknen heisst. Ein Gebet von mir, Beflecktem, Kann kein wahrhaft frommes sein; Darum schmelze ich und brenne Tret' ich in die Schenke ein. Lässt in Tempeln und in Schenken Sich dein Wahngebilde schau'n, Mach' ich zu Altar und Zither Deine beiden Augenbrau'n. Wenn einst Nachts mir deine Wange Meine Einsamkeit erhellt, Hebt mein Haupt sich, wie der Morgen, Hoch empor in alle Welt. Löblich wird auf diesem Wege Meinem Thun ein End' gemacht, Wenn die Liebe zu Ăjāsen Mich um meinen Kopf gebracht. Wem, Hafis , soll ich des Herzens Gram vertrau'n, da heut zu Tag Mir als innigster Vertrauter Nur der Becher taugen mag? 42. Jahrelang folgt' ich dem Pfade Zechender Gesellen hier, Bis ich, auf's Fětwā der Weisheit, Eingekerkert die Begier. Nach Ăncā's entfernter Stätte Ging ich nicht auf eig'nes Glück: Mit des weisen König's Vogel Legt' ich diese Bahn zurück. Sich enthalten, sich berauschen Hängt nicht von uns Beiden ab: Ich gehorchte dem Befehle Den der ew'ge Fürst mir gab. Durch die ew'ge Gnade hoff' ich Einzugeh'n in's Paradies, Wenn ich auch als Schenkenpförtner Mich gar häufig brauchen liess. Wenn ich alter Mann genossen Joseph's theurer Gegenwart, War's, weil ich im Trauerstübchen So geduldig ausgeharrt. Schatz der Wünsche! Deinen Schatten Wirf auf's Herz, das wunde, mir, Denn dies Haus hab' ich verwüstet In der Leidenschaft zu dir. Schenkenlippen nicht zu küssen Nahm ich mir gar reuig vor: Nun zerbeiss' ich mir die Lippe Weil ich Thoren lieh mein Ohr. Suche nur bei Gegensätzen Die Frfüllung; denn, fürwahr, Sammlung des Gemüthes fand ich Nur durch jenes wirre Haar. Sitz' ich auf des Lieder-Diwan's Ehrenplatz, was wundert's dich? Diente doch durch viele Jahre Einem Herrn des Diwan's ich. Lass den ersten Strahl dich wecken, Suchend, wie Hafis , das Heil: Denn an Allem was ich wirkte Hat das Glück des Coran's Theil. Am gewölbten Himmelsaltar Fühlet kein Hafis die Lust Die ich, durch das Glück des Coran's, Zu erwerben mir gewusst. 43. Erhitzt ist mir der Kopf vom Weine, Und laut tönt meiner Stimme Schall: »Den Hauch, der Leben mir verleihet, Den fordr' ich nur von dem Pocal!« Es setzt der finst're Trotz des Frömmlers Auf kein berauschtes Antlitz sich: Ein Kuttenjünger nur der Zecher, Der immer frohen, bleibe ich. Erschliesst mir freundlich nicht die Pforte Des alten Wirthes güt'ger Sinn, An welche Pforte soll ich pochen, Wo wend' ich mich um Beistand hin? Wirf mir nicht vor, dass ich von selber Auf dieser Wiese spross empor: Denn nur wie man mich nährt und pfleget, Nur eben so spriess' ich hervor. Erblicke hier kein Haus der Andacht, Und keine Schenkenstube dort: Denn Gott mag selber es bezeugen: Ich bin bei ihm an jedem Ort. Es ist der Wegstaub des Verlangens Die Alchymie der Seligkeit; Dem Glücke jener Ambraerde Hab' ich zum Sclaven mich geweiht. Von Lust nach eines schlanken Schönen Berauschender Narciss' entbrannt, Lieg' ich, den Becher in den Händen, Wie Tulpen an des Baches Rand. Als Schwindelkopf ward ich zum Mährchen: Es zogen mich des Freundes Brau'n In ihren zartgeschweiften Schlägel , Und als ein Ball bin ich zu schau'n. Bring' Wein, denn auf's Fětwā Hafisen' s Wasch' ich vom reinen Herzen flugs, Durch des Pocales reichen Segen Den Staub mir ab des Gleissnertrug's. 44. Komm, Ssofi, lass vom Leib uns ziehen Das Mönchsgewand der Gleissnerei; Lass, als unbrauchbar, uns durchstreichen Dies schnöde Bild der Heuchelei! Wir geben das Gelübd' des Klosters Und seine Spenden hin für Wein, Und tauchen in der Schenke Wasser Den Mantel des Betruges ein. Berauscht geh'n wir hinaus und tragen Von uns'res Gegners Tafelschmaus Den Wein als Beute fort, und schleppen Den Liebling an das Thor hinaus; Und dem Geheimniss des Geschickes, Das nie aus seiner Hülle bricht, Dem ziehen wir in uns'rem Rausche Den Schleier von dem Angesicht. Lass uns ein edles Werk vollbringen, Weil sonst uns Schande überfällt Wenn wir, mit dem Gepäck der Seele, Einst wandern in die and're Welt; Und räumet morgen man nicht willig Die Gartenflur Rĭswān's uns ein, Zieh'n wir die Knaben aus den Sälen, Die Huris aus dem Himmelshain. Wo winkt uns freundlich Seine Braue? Dem Neumond ähnlich, wollen wir Den Ball des Firmaments berühren Mit eines Schlägels gold'ner Zier. Hafis ! Auf solche Art zu prahlen Steht uns fürwahr gar übel an: Was strecken wir die Füsse weiter Als uns're Decke reichen kann? 45. Durch Lebensfrist schon schreit' ich rüstig Voll Sehnsucht täglich durch das Land, Und poch' an eines Edlen Pforte Beständig mit des Fürspruch's Hand. Fern meinem Mond , der Liebe wecket, Soll mir kein Tag vorüberzieh'n: D'rum stell' ein Netz ich auf die Strasse Und setz' in's Netz ein Vöglein hin. Weil des Cypressenbaumes Schatten Ich Hoffnung nähre zu erspäh'n, Richt' ich der Liebe Ruf an Jeden Den holden Gang's ich nah'n geseh'n. Ich weiss, die Trauer nimmt ein Ende Und die Geschichte färbt sich bunt Durch's Ach, das täglich Früh und Abends So blutig steigt aus meinem Mund. Ěwrēnk und Gūltschehrē , wo weilt Ihr? Wo ist der Treu' und Liebe Bild? Jetzt bin nur ich's der in der Liebe Als Muster der Vollendung gilt. Zwar weiss ich, jener Trost des Herzens Weist meinen Herzenswunsch zurück, Und dennoch mal' ich Wahngebilde Und loose auf beständ'ges Glück! Und hab' ich auch mich selbst verloren, Verschwörend, wie Hafis , den Wein, So trink' ich manchmal doch ein Gläschen In einem geistigen Verein. 46. Der Festtag erschien, und d'rum lasse Ich heute den Plan in mir reifen, Des Fastenmond's Werke zu opfern, Und nach dem Pocale zu greifen. Schon leb' ich durch mehrere Tage Von Wein und von Bechern geschieden; Doch brachte mir viele Beschämung Der Umstand, dass ich sie gemieden. Das Leben in einsamer Stille Vermag ich nicht länger zu tragen, Und sollte der Frömmler der Zelle Den Fuss auch in Ketten mir schlagen. Der Pred'ger der Stadt zwar ertheilet Mir väterlich heilsame Lehren; Ich aber bin Keiner von Jenen Die Jemand noch könnte bekehren! Wo weilt wer dem Thorstaub der Schenke Die Seele zum Opfer gegeben? Ich lege diess Haupt ihm zu Füssen Und nehme vor ihm mir das Leben. Wein trink' ich und hab' auf die Schulter Der Gottesfurcht Teppich gehangen; Doch weh, wenn das Volk je erführe Ich sei nur in Lügen befangen. » Hafis – sagt das Volk – o bedenke Das was ein Betagter dir sagte!« Nein; heut ist ein Wein mir, ein alter, Viel lieber als hundert Betagte. 47. Liebesspiele, jugendliche Reize, Wein, an Farbe dem Rubine gleichend, Traute Kränzchen, gleichgesinnte Zecher, Eine Trinklust, nie ihr Ziel erreichend; Holde Schenken mit dem Zuckermunde, Frohe Sänger, süss zu sprechen wissend, Tischgenossen redlichen Gemüthes, Laut're Freunde, guten Ruf's geniessend; Ein Geliebter der durch Mild' und Reinheit Selbst den Lebensquell zum Neid bewegte, Und ein Herzensräuber dessen Schönheit Selbst des Vollmond's Eifersucht erregte; Ein Gelag das jedes Herz erfreuet, Wie ein Köschk im hohen Paradiese, Rings umhegt von einer Rosenlaube, Wie des Heilgebäudes Gartenwiese; Eine Reihe gutgesinnter Gäste, Feine Männer auf den Ehrenplätzen, Freunde die Geheimes treu bewahren, Zechgesellen die die Freunde schätzen; Wein, so roth wie Rosen, kräftig, bitter, Und verdaut mit Leichtigkeit und Schnelle, Dem, als Kost, sich der Rubin des Holden, Und der Onix der da schwätzt geselle; Schenkenwimpern die die Schwerter zücken, Und zur Beute die Vernunft verlangen, Schöne Locken die als Netze dienen Um die Herzen schlau darin zu fangen; Ein gar feiner, launiger Geselle Wie Hafis , der süsse Lieder singet, Und ein Edler der verzeihen lehret Wie Kăwām, des Geistesfackeln schwinget; Wer sich solchen Umgang nicht verlanget, Dessen Lust soll sich in Leid verkehren; Wer nach solchem Hochgenuss nicht strebet, Dessen Leben soll nicht länger währen! 48. Vor den Staub den deine Füsse treten Legt' ich hundertmal das Antlitz hin, Hielt mich stets in gänzlicher Entfernung Von des Volkes heuchlerischem Sinn. Allen Ruhm der tugendhaften Ahnen, Der hinauf durch viele Jahre reicht, Weihte ich dem Glase und dem Schenken, Dessen Antlitz einem Monde gleicht; Und der Schule Bogengang und Kuppel, Und was streitend Weisheit dort bespricht, Weihte ich den Freuden dieses Lebens Und des Lieblings Rosenangesicht; Und ich legte keine schwere Bürde Auf ein Herz das baar an Kräften war, Und ich knüpfte das Gepäck des Lebens Jederzeit nur an ein einz'ges Haar; Und des Heiles Königreich bezwang ich Nimmermehr durch einen Kriegerschwarm, Und den Grund zum Herrschaftsthrone legt' ich Nimmermehr durch einen starken Arm. Jenem Paar bezaubernder Narcissen Brachte willig ich die Seele dar, Und das Herz auch legte ich mit Wonne Hin vor jenes ind'sche Sünbülhaar. Welch' ein Spiel treibt wohl des Freundes Auge Das die Macht der Zauberei besitzt, So dass ich auf seines Blickes Zauber Meines Lebens ganzen Bau gestützt; Und, gelagert in der Hoffnung Ecke, Jenen gleich, die nach dem Neumond schau'n, Richtete ich des Verlangens Auge Hin auf jene hold geschweiften Brau'n. Fern von Seiner lieblichen Narcisse Legte ich, mit schwermuthvollem Sinn, Wie berauscht, mein Haupt, dem Veilchen ähnlich, Auf die Spitze meines Kniees hin. Nur Genuss, Hafis , sei dein Bestreben Denn die Barschaft »Einsicht und Verstand« Für den Freund mit kettengleicher Locke Hinterlegte ich als Unterpfand. Und du sprachst: » Hafis , an welchem Orte Mag dein Herz, das irrende, nun sein?« In die Ringe jener zarten Häkchen Deiner Locken legt' ich es hinein. 49. Ich lieb' einen reizenden Jungen Der neu erst erblühte zum Leben, Und flehte zu Gott im Gebete, Die Lust dieses Gram's mir zu geben. Ich liebe und zeche und äugle, Und will es vor Niemand verschweigen; D'rum wisse auch du es: mir seien So zahlreiche Tugenden eigen. Mir treibt die besudelte Kutte Die Röthe der Scham auf die Wangen, Indem ich durch hundertlei Künste Die Kutte mit Lappen behangen. Hoch brenne dein Licht, durch den Kummer Den Er dir geschaffen, o Kerze! Sieh, ich auch stand auf, mich umgürtend Zu einem ganz ähnlichen Schmerze. Bei solchem Erstaunen der Liebe Ist aller Gewinn mir entronnen: An Herz und an Seele verlor ich Das was ich an Kummer gewonnen. Ich will, wie Hafis , in die Schenke, Zerschlitzten Gewand's, mich begeben: Dann herzt mich vielleicht jener Holde Der neu erst erblühte zum Leben. 50. Für den Weltschmerz, dessen Grenzen Ich stets weiter sehe weichen, Seh' ich wohl kein and'res Mittel Als den Wein, den erg'wangleichen. Ich entsage nicht des Wirthes Mir so freundlichem Verkehre, Denn ich seh' in dieser Sache Nichts was Nutzen mir gewähre. Niemand gibt bei diesem Rausche Mir nur Eines Schlückchens Labe; Sieh, ich seh' hienieden Keinen Der ein Herz im Busen habe. Miss an des Pocales Sonne Deiner Lebensfreuden Höhe, Weil ich das Gestirn der Zeiten Nicht beharrlich günstig sehe. Für ein Herz zeugt nur die Liebe: Halte dich an sie für immer; In der Stadt bei uns'ren Scheïchen Seh' ich dieses Zeichen nimmer. Um das Härchen Seiner Mitte , D'ran das Herz ich fest gebunden, Frag' mich nicht: denn selber seh' ich Aus der Mitte mich verschwunden. Über die zwei nassen Augen Ruf' ich tausend Male Wehe! Weil ich, ach, trotz zweier Spiegel, Sein Gesicht nicht deutlich sehe. Seit dein schlanker Wuchs dem Bache Meines Auges ward entrissen, Seh', an der Cypresse Stelle, Ich nur Wasserströme fliessen. Mir genügt das Schiff Hafisens : Denn auf keinem and'ren Meere Seh' ich eine Redewaare Die so herzerfreuend wäre. 51. Ich sprech' es offen aus vor Allen, Und was ich sprach macht mich zufrieden: »Ich bin der Liebe Knecht; es fesselt Kein Jenseits mich und kein Hienieden.« Ein Vogel bin ich heil'ger Haine; Erklär' ich dir der Trennung Bangen, Und wie ich den Begebenheiten In's aufgestellte Netz gegangen? Ein König war ich und bewohnte Erhab'ne Paradiesesauen; Mich brachte Adam in dies Kloster, Wo nur Ruinen sind zu schauen. Doch Thuba's Schatten, holde Huris, Und Teiche mit beblümtem Rande Sind aus dem Sinne mir entschwunden In Lust nach deinem Heimathlande. Kein Astrolog hat noch ergründet Ob mich mein Stern zum Glück erkoren; Herr, unter welchem Sternenbilde Hat Mutter Erde mich geboren? Seit, Sclaven ähnlich, ich im Ohre Der Liebesschenke Thorring trage, Muss stets ein neuer Gram erscheinen Der spottend: »Wohl bekomm' es!« sage. Mein Herzblut trinkt das Augen männchen , Und das mit Recht, wird Jeder denken; Musst' an der Männer Herzenswinkel Ich selber denn das Herz verschenken? Nur das Elīf des Freundeswuchses Erscheint auf meines Herzens Blatte; Was soll ich thun, da mich der Meister Kein Zeichen sonst gelehret hatte? Mit deiner Locke wisch' Hafisen Die Thränen aus dem Angesichte, Auf dass ihr Strom nicht unaufhaltsam Den Lebensbau zu Grunde richte. 52. Ein Fětwā des Wirth's besitz' ich, Und ein Wort, ein altes, spricht: »Dort nur ist der Wein verboten Wo's an einem Freund gebricht.« Ich zerreisse diesen Mantel, Denn er hüllt nur Falschheit ein: Umgang mit Nichtgleichgesinnten Ist dem Geiste Höllenpein. Dass mit Hefe mich besprenge Des Geliebten Lippenpaar, Weile ich am Schenkenthore Schon durch manches lange Jahr. Weil mein alter Dienst Ihm etwa Schon aus der Erinn'rung schwand, So erinn're, Morgenlüftchen, Ihn an's alte Freundschaftsband! Sollte, selbst nach hundert Jahren, Meinen Staub dein Duft umweh'n, Würde mein Gebein, mein morsches, Tanzend wieder aufersteh'n. Hundert Hoffnungen mir gebend Stahl mein Herz der Herzensdieb: Doch gewiss hält sein Versprechen Wem ein edler Sinn verblieb. Ängstige dich nicht! o Knospe, Schmachtest du in Banden auch, Denn dir werden Hilfe bringen Morgenluft und Abendhauch. Sorge auf ganz ander'n Wegen Für dein Wohlergeh'n, o Herz, Denn des Arztes Mittel heilen Nimmer des Verliebten Schmerz. Strebe nach des Wissens Perle: Trägst nach Jenseits sie mit dir: Doch mit Gold und Silber wurden Andere betheiligt hier. Unzerreissbar sind die Netze Wenn's an Gottes Huld gebricht, Denn den steinbeworf'nen Satan Überwält'gen Menschen nicht. Fehlt, Hafis , dir Gold und Silber, Danke Gott für dein Geschick: Rechtlichkeit und Sängergaben Sind sie nicht das höchste Glück? 53. Wenn ich als Diener auch Des Kaisers mich bekunde, So bin ich Kaiser doch Im Reich der Morgenstunde. Im Ärmel einen Schatz, Den Beutel leer gelassen, Bin ich das Wunderglas Und bin der Staub der Strassen Von Ruhe nüchtern zwar, Allein von Hochmuth trunken, Bin ich der Einheit Meer Und bin in Schuld versunken; Und lässt das Liebchen »Glück« Den Blick hold auf mir hangen, Bin ich, dem Monde gleich: Der Spiegel seiner Wangen. Bei'm König wachen Glück's Bin ich durch alle Nächte Als Wächter aufgestellt Für seine Kronenrechte. Sag' ihm: »Zu Nutze mög'st Mein Streben du dir machen, Denn ruhig schlummerst du, Und meine Augen wachen.« Mănssūr, der König, ist Vom Orte unterrichtet Nach dem ich das Gesicht Des Strebens hingerichtet. Aus Blut ein Leichentuch Bestimme ich den Feinden; Doch der Erob'rung Kleid Bereite ich den Freunden. Die Farbe des Betrug's Befleckt nicht meine Wange: Ich bin der rothe Leu Und bin die schwarze Schlange. Sprich: »Was Ihr ausgeborgt Das gebt zurück Hafisen !« Du selbst gestand'st es ja Und ich, ich hab's bewiesen. 54. Jenem, dessen Fuss mich grausam, Gleich dem Strassenstaub zertrat, Küsse ich den Staub, nicht ruhend Bis sein Fuss verzieh'n mir hat. Bin von Jenen nicht die klagen Dass du hart sei'st: Gott bewahr'! Bin ein treuer Knecht und Diener, Glück dir wünschend immerdar. An dein Locken häkchen knüpfte Ich ein langes Hoffnungsband, Und es möge ja mir nimmer, Kürzen des Verlangens Hand! Bin ein Stäubchen, dem die Stunden Froh im Gau bei dir vergeh'n; Doch mich wird, o Freund – so fürcht' ich – Unverhofft der Wind verweh'n; Bin ein Ssofi aus der Klause Einer heil'gen Welt; allein In dem Kloster nur der Wirthe Kehr' ich gegenwärtig ein. Morgens gab der Greis der Schenke Mir das Glas das Welten weist, Zeigend mir in jenem Spiegel Wie du gar so reizend sei'st. Auf! Mit mir, dem Strassenbettler, Eile nach der Schenke hin, Und dann sieh' wie hoch an Würde Ich in jenem Kreise bin! Trunken zögst du fort, der Sorge Um Hafis gabst du nicht Raum Ach, wenn um mein Ach ergriffe Deiner holden Reize Saum! Froh vernahm ich's als des Morgens Der Monarch des Ostens sprach: »Bin ich Kaiser auch, so dien' ich Doch als Knecht dem Tūrănschāh.« 55. Macht mich auch des Herzens Feuer Einem Weinfass ähnlich gähren, Muss ich doch, verschloss'nen Mundes , Schweigend mich mit Blute nähren. Wer des Liebling's Lippe wünschet, Trachtet nach dem eig'nen Leben: Sieh, mit aller Kraft der Seele Richtet sich darauf mein Streben! Wird vom Grame frei zu werden Meinem Herzen je gelingen, Wenn der Götzen Locken-Inder Stets mein Ohr versieht mit Ringen ? Mein Bekleiden mit der Kutte Soll nicht Frömmigkeit bedeuten; Hundert gar geheime Fehler Berg' ich d'runter vor den Leuten. Ich, der nur den reinsten Inhalt Einer Humpe will geniessen, Könnte eines Wirthes Worten Freventlich mein Ohr verschliessen? Eig'ner Tugend zu misstrauen? – Gott soll mich davor bewahren! Nur dass ich zuweilen trinke Mögt ihr als gewiss erfahren. An dem Tage der Vergeltung Hoffe ich, dass Gottes Gnade, Trotz der Feinde, meine Schulter Nicht mit Sünden überlade. Für zwei Körner gab mein Vater Eden's Glück und seine Ruhe; Ungerathen will ich heissen, Wenn ich nicht um Ein's es thue. Wenn auf diese Art der Sänger Einfällt in den Ton der Minne , Raubet mir das Lied Hafisen' s Bei dem Reigentanz die Sinne. 56. Wenn mich auch die Sorge quälet, Dass die Gegner auf mich schmähen, Werd' ich doch des Rausches Reize Nie vor mir verschwinden sehen. Schnöd ist selbst die Tugend Jener Die im Zechen Schüler heissen; Kann da ich, der Weltverruf'ne, Frommer Werke mich befleissen? Nenne mich Vernunftberaubten, Einen König wirrer Köpfe: Bin ich auf der ganzen Erde Doch der grösste aller Tröpfe. Mal' mit Herzblut mir ein Zeichen Auf die Stirn, damit man wisse Dass ich, ein bestimmtes Opfer, Dir, o Ketzer, fallen müsse. Traue mir; dann aber ziehe Eilends fort, um Gotteswillen! Wüsstest sonst dass diese Kleider Einen Nicht-Děrwīsch verhüllen. Eile, Wind, mein blutend' Liedchen Einem Freunde vorzutragen Der mir in die Seelenader Wimpernflieten eingeschlagen. Heb' den Saum auf vor dem Blute Meines Herzens; du begreifest Dass du selber dich besudelst Wenn du an die Wunde streifest. Hab' als Scheïch und hab' als Zecher Nichts zu schaffen mit den Leuten: Selbst bewahr' ich mein Geheimniss Und begreife meine Zeiten. 57. Geh' aus dieser Fremdlingsstätte Ich zurück in's eigne Haus, Geh' ich, wo ich hin auch gehe, Künftig mit Bedacht nur aus. Komme ich von dieser Reise Glücklich in der Heimat Schoss, Geh' ich, wie ich es gelobte, Schnurstracks auf die Schenke los. Um zu künden was die Wand'rung Mir gebracht für einen Lohn. Geh' ich an das Thor der Schenke Mit Pocal und Barbiton. Zwar der Liebesbahn Bekannte Trinken stets mein Blut; allein, Geh' ich klagend je zu Fremden , Will ein schlechter Mann ich sein. Nur des Liebling's Lockenkette Fessle meine Hand; doch ach, Geh' ich länger noch den Wünschen Eines tollen Herzens nach? Seh' ich Seine Braue wieder, Hochgewölbt wie ein Altar, Geh' ich hin und niedersinkend, Bring' ich Dankgebete dar. O des Glück's wenn, gleich Hafisen , Ich dem Reichswesir vereint, Trunken aus der Schenke gehe In das Lusthaus mit dem Freund! 58. Schürzte auch mir Seine Locke Einen Knoten in mein Thun, Hoff' ich doch, durch Seine Gnade, Eine frohe Lösung nun. Halte meiner Wangen Röthe Für der Freude Zeichen nicht: Denn, wie durch ein Glas, so schimmert Herzblut mir durch's Angesicht. Durch des Sängers Weisen werde Aller Fassung ich beraubt; Ach, mir ist in diese Weisen Einzustimmen nicht erlaubt! Vor das Heiligthum des Herzens Stell' ich Nachts mich wachend hin, Einlass in dies Zelt gewährend Dem Gedanken nur an Ihn; Und es schlief durch Seinen Zauber Meines Glückes Auge ein; Doch das Lüftchen, das mich gnädig Wieder weckt, wo mag es sein? Jener Zauberdichter bin ich, Dem aus seinem Schreibe-Rohr, Durch die Wundermacht des Wortes, Zucker quillt und Kand hervor. Ich betrat der Liebe Wüste, Hoffend hundertfält'ges Glück; Führer des verirrten Herzens, Lass mich ja nicht hier zurück! Niemals kann ich Ihn erblicken: Gleich dem Winde eilt Er fort! D'rum, wem sage ich, er sage Meinem Freund ein holdes Wort? »Alles trägt – so sprach Er gestern – An Hafis der Falschheit Spur.« Sprich, mit wem hab' ich zu schaffen Als mit deinem Thürstaub nur? 59. Ich liebe ein freundliches Antlitz Und herzenanziehendes Haar; Ein trunkenes Auge entzückt mich, Auch Wein, ist er lauter und klar. Du sagtest ich solle dir deuten Das Räthsel vom ewigen Bund ; Erst wenn ich zwei Becher geleeret, Da thu' ich es willig dir kund. Wer Liebe empfindet, der leiste Auf Rettung aus Flammen Verzicht; Hoch rag' ich empor wie die Kerze: D'rum schrecke durch Feuer mich nicht! Ein Mensch bin ich, stammend aus Eden; Allein ich besuchte die Welt, Wo Liebe zu mondgleichen Jungen Zur Stunde gefangen mich hält. Gewährt mir das Glück seine Hilfe, Und ziehe beim Freunde ich ein, So fegen die Locken der Huris Das Lager vom Staube mir rein. Schĭrās ist ein Fundort der Reize, Für Lippenrubine ein Schacht: Dies kränkt mich, den Edelsteinhändler, Der leider schon Bankbruch gemacht; Und weil mir manch' trunkenes Auge Gar oft in der Stadt hier erschien, So bin ich berauscht, wenn in Wahrheit Ich jetzt auch kein Trinker mehr bin. Es ist diese Stadt von sechs Seiten Erfüllt mit der Schönen Gekos, Und sämmtliche Sechs wollt' ich kaufen, Wär' leider nicht Armuth mein Loos. Hafis , mein Gemüth hat, wie Bräute, Im Glanze zu zeigen sich Lust; Doch mangelt mir leider ein Spiegel : D'rum fährt mir ein Ach aus der Brust. Hafisen versetzt der Gedanke An Thoren in flammende Gluth: Wo weilet der Schenke? er giesse Auf's Feuer mir kühlende Fluth! 60. Ich erhebe Nachts die Hände Im Gebete himmelwärts, Um ein Mittel aufzufinden Gegen Deiner Trennung Schmerz. Schon erliegt das Herz, das kranke; – Weggefährten, steht mir bei, Dass ich einen Arzt ihm bringe Und ihm reiche Arzenei! Jenen der mich schuldlos kränkte, Mit dem Schwerte schlug und floh, Bringt mir heim, um Gotteswillen, Dass ich wieder werde froh! Bitte das Gemüth der Zecher, O mein Herz, dir beizusteh'n, Denn die Sache ist gar schwierig: Fehler könnte ich begeh'n. Lass mich auf der Bahn der Lüste, Aus dem Götzenhaus der Brust Seufzer, Pfeilen gleich, entsenden Und geniessen Siegeslust! Dürr schon ward der Freude Wurzel: Doch wo ist der Schenke Bahn, Dass ich dort durch Luft und Wasser Wachse blühender heran? Eines schwachen Vogels Schatten Lässt kein grosses Werk gescheh'n: Lasst mich denn um eines Huma Glückbetheilten Schatten fleh'n! Es entfloh mein Herz; wo aber Kam Hafis , der Sänger, hin? Lasst mich denn mit Instrumenten, Wenn er singt, begleiten ihn! 61. Von geliebten Freunden Hofft' ich Freundschaft nur: Doch im Wahn verfolgte Ich die falsche Spur. Ob der Baum der Freundschaft Je wohl Früchte beut, Jetzt, wo ich geschäftig Samen ausgestreut? Manches ward gesprochen; Hat sich wer beklagt; Auch dem Anstand habe Niemals ich entsagt. Viel zu schwätzen pflegen Die Děrwīsche nicht: Denn mit dir zu streiten Würde sonst mir Pflicht. Eine List des Krieges Barg dein holder Blick, Doch ich hielt ihn leider Für des Friedens Glück. Nicht von selbst gefällst du, Schöner Rosenstrauch: Ich ja übermachte Dir des Segens Hauch. »Warst, Hafis , es selber Der das Herz mir gab;« – Sprach Er – »Zöllner sandte Ich an Niemand ab.« 62. Sei gegrüsset, Vogel du des Glückes, Du, der stets als Freudenbot' erscheint, Sei willkommen! Welche Kunde bringst du, Wohin willst du? Führt der Weg zum Freund? Herr! Es leite diese Karawane Deine Huld, die ewige, an's Ziel, Weil durch sie das Liebchen glücklich wurde, Und der Gegner in die Schlinge fiel. Zwischen mir und zwischen dem Geliebten Endet nie der zänkische Verkehr: Denn was keinen Anfang hat genommen, Das gelangt auch nie zum Ende mehr. Weil des Holden Sonnargleiche Locke Es gebieterisch von mir begehrt, Nun so ziehe ruhig fort, o Meister: Eine Kutte bleibt mir streng verwehrt. Meinen Geist, den Vogel dessen Lieder Man von Sidra's hohem Wipfel hört, Hat das Körnchen deines Maales endlich In das Netz gelockt und schlau bethört. Allzu stolz geberdet sich die Rose: Lass denn gnädig du die Wange schau'n! Unschön ist die Haltung der Zipresse: Schreite du denn zierlich durch die Au'n! Meinem Auge, dem nur Blut entträufet, Ist der Trost des Schlummers nicht gewährt: Wen ein Schmerz, ein tödtender, befallen Hat des Schlafes Wohlthat stets entbehrt . Dass du meiner niemals dich erbarmest Hab' ich Herzberaubter dir gesagt; Auch behaupt' ich's, und die Zeit wird kommen , Wo dich reut was du zu thun gewagt . Wenn Hafis zu deinen holden Brauen Hin sich neigt, so thut er wohl daran, Denn es siedeln die beredten Männer In dem Winkel sich des Altar's an. 63. Wir sorglose, trunkene Männer, Wir gaben das Herz aus der Hand; Wir sind die Vertrauten der Liebe Und geistig dem Weinglas verwandt. Man schoss aus den Bogen des Tadels Auf uns schon gar häufig und viel, Seitdem durch des Seelenfreund's Braue Wir glücklich getroffen das Ziel. Das Brandmaal des Morgens, o Rose, Du trägst's erst seit gestriger Nacht: Wir aber, wir sind Anemonen, Die mit auf die Welt es gebracht. Gesetzt uns're Reue erweckte Im Wirthe Betrübniss und Leid, So heiss' ihn den Rebensaft klären: Zum Widerruf sind wir bereit. Durch dich nur wird Alles gefördert, Ein Blick nur, o Führer, von dir, Und unsere Ohnmacht zu allem Erkennen, wie billig, dann wir. Erblicke nicht stets wie an Tulpen An uns nur Pocale und Wein; Nein, blick' aufs Maal auch; wir brannten Dem blutenden Herzen es ein! Du sprachst: »All' die Farben und Bilder, Hafis , was bedeuten sie dir?« So lies doch nicht falsch und nicht irrig: Ein Blatt, ein ganz reines, sind wir. 64. Ziele mit dem Wimpernpfeile Nimmer nach dem Herzen mir, Denn vor deinem kranken Auge Sehn' ich mich zu sterben hier. Deiner Schönheit Summe reichet Zur Vollendung schon hinan: Gib denn mir davon den Zehent, Mir, dem gar so armen Mann. Jener Vogel, der sein Liedchen Morgens und allabendlich Von des Himmelsthrones Dache Laut erschallen lässt, bin ich. Fülle mir mit Wein den Becher, Denn, da Liebe mich beglückt, Bleibt mein Glück ein ewig junges, Wenn mich auch das Alter drückt. Meines Busens Räume füllten Also mit dem Freunde sich, Dass das Denken an mich selber Mir aus dem Gemüthe wich. Nur der Wein und nur der Sänger Sei'n in Rechnung mir gebracht, Wenn das Rohr des Schreiberengels Sich zum Schreiben fertig macht; Und in jenem Streit, wo Keiner Freundlich um den Andern frägt, Werde ich zu grossem Danke Für des Wirthes Huld bewegt. Wirst du wohl noch lang, o Frömmler Mich bethören, wie ein Kind, Dessen Köder Gartenäpfel Oder Milch und Honig sind? Mit den Weinverkäufern habe Ich geschlossen den Vertrag Mich nur an das Glas zu halten, Nahet einst des Grames Tag. O des frohen Augenblickes Wo der Stolz des Rausches mir Unabhängigkeit gewähret Von dem König und Wesir! Denn in meinem Busen bergen Mannigfache Schätze sich, Blicket auch der Widersacher Mit Verachtung nur auf mich. Abgewandt hat von Hafisen Sich mein Herz in dem Moment Wo zum Freund mir ward der Schenke, Er, von dem mich nichts mehr trennt. 65. Lieb' und Schöne meid' ich nimmer. Nimmer auch den Weinpocal; Hundertmal hab' ich's verschworen, Nimmer thu' ich's abermal. Thuba's Schatten, Hurisköschke Und des Paradieses Reich Stelle ich dem Staub im Gaue Meines Freundes nimmer gleich. Schon ein Wink genügt dem Manne Dem's an Einsicht nicht gebricht, Und verblümt hab' ich gesprochen Und ich wiederhole nicht. Zornig sagte mir der Alte: »Geh' und lass die Liebe ruh'n!« Es bedarf nicht erst des Streites, Bruder, nimmer werd' ich's thun. Mir genügt ja schon als Tugend Dass mit Schönen in der Stadt Auf der Kanzel liebzukosen Stets mein Blick vermieden hat. Wo der eig'ne Kopf mir stehe, Weiss ich wahrlich selber kaum, Bis ich nicht den Kopf erhebe Mitten in der Schenke Raum. Tadelnd sprach der Rathertheiler: »Meide den verbot'nen Wein!« Und ich sprach: »Nicht jedem Esel Wünschte ich mein Ohr zu leih'n.« Nur vernünftig sind die Dinge Die der alte Wirth bespricht; Doch du sagst Unmöglichkeiten D'rum verzeih', dir glaub' ich nicht. Des betagten Wirthes Schwelle Ist, Hafis , ein sel'ger Ort. Und den Staub an dieser Pforte Werd' ich küssen immerfort. 66. Ich gab den Unterricht des Morgens Für Sehnsucht nach dem Weinhaus hin, Und opferte dem Seelenfreunde Der Andacht heiligen Gewinn. Die Garbe hundert weiser Männer Wird lichterloh in Brand gesetzt Durch jenes Maal das ich, der Tolle, Mir in das eig'ne Herz geätzt. Der ew'ge Herrscher hat die Schätze Des Liebesgrames mir beschert. Seit den Ruinen dieses Hauses Das Angesicht ich zugekehrt. Nie wurde noch ein gröss'rer Heuchler Bedeckt von einem Ordenskleid, Dem ich als Grundbau unterlegte Das Mienenspiel der Trunkenheit. Ich öffne keiner Götzenliebe Die Herzensbahn wie einst zuvor, Denn Seiner Lippe Siegel legte Ich nun an dieses Hauses Thor; Und jenen Kuss, um dessentwillen Der Frömmler mir gereicht die Hand, Ich legte ihn mit reinem Sinne Hin auf des Weinpocales Rand. Gottlob, des Herzens und des Glaubens War, wie ich selber, auch beraubt Der Mann, an dessen Weisheitspflege Und helle Einsicht ich geglaubt. Dies Schiff, stets hin und her getrieben, Wie fördert es den ferner'n Lauf? Ich opferte ja meine Seele Für diese selt'ne Perle auf. Ich war, Hafisen gleich, zufrieden, Erschienst du mir im Bilde nur; O Herr, wie dürftig ist mein Streben Und wie befremdender Natur! 67. Auf des Auges Werkstatt malte Dich mir hold die Phantasie, Und von einem Bild, dir ähnlich, Hört' ich nie und schaut' es nie. Als ich Herr zu werden hoffte, Sucht' ich deine Knechtschaft mir; Als ich Lust zu herrschen fühlte, Wählte ich den Dienst bei dir. Mit dem Nordwind um die Wette Dich verfolgend, kam ich doch Bis zum Staube der Zipresse Deines Wuchses nimmer noch. An des Lebens Tag verzweifeln Hiess mich deiner Locken Nacht, Und dem Herzenswunsch entsagen Deines Mundes Herrschermacht. Nur dein schwarzes Auge klag' ich Und den schönen Nacken an, Wenn ich, gleich dem scheuen Rehe Fliehen muss vor Jedermann. Wie viel Tropfen schon entlockte Mir dein Quell, so süss und rein, Und wie täuschte dein Rubin mich, Der da Handel treibt mit Wein! Und wie viele Wimpernpfeile Schoss'st du auf mein wundes Herz, Und wie trug nach deinem Gaue Ich so viele Lasten Schmerz! Bringe mir vom Gau des Freundes Nur ein Stäubchen, Morgenluft! Hoffnung gab dem blut'gen Herzen Immer jener Erde Duft. Wie an Knospen glitt ein Lüftchen Seines Gau's an mir vorbei, Und des armen Herzens Hülle Riss bei seinem Duft entzwei. Bei dem Staube deiner Füsse Und Hafisen' s Augenlicht! Ohne deine Wange strahlte Meines Auges Fackel nicht. 68. Ich kam ja nicht an diese Pforte Auf dass ich Rang und Ruhm begehre: Ich kam auf dass vor Missgeschicken An diesem Ort ich sicher wäre. Ich wandle nach dem Haus der Liebe, Und fernher von des Nichtseins Strande Kam ich den weiten Weg gegangen Bis in des Daseins frohe Lande. Ich sah den Flaum auf deiner Wange Im frischen Grün, gleich einer Wiese. Und kam, um dieses Kraut der Liebe Zu holen, her vom Paradiese. Mit einem solchen Schatz des Wissens, Bewacht vom treuen Geist , dem Horte, Kam ich, so dürftig wie ein Bettler. Zu eines Königshauses Pforte. Wo ist der Anker deiner Milde, O Segensschiff, lass mich ihn finden! Denn auf dies Meer der Gnade kam ich Ganz eingetaucht in meine Sünden. Der Glanz vergeht. O Wolke, tilge Das Unrecht das ich mochte üben! Ich kam ja, in das Buch der Thaten Mit schwarzen Lettern eingeschrieben. Hafis , befreie dich für immer Von diesem wollenen Gewande: Denn dieser Karawane folgend, Kam ich mit einem Feuerbrande. 69. Ich spreche Böses nicht, und neige Mich nicht zur Ungerechtigkeit; Ich schwärze keiner Menschen Wange, Und bläue nicht das eig'ne Kleid. Schlecht ist es, Arme oder Reiche Mehr oder weniger zu schmäh'n, Und das Gerathenste ist immer, Nie böse Thaten zu begeh'n. Ich schreite schön einher zu Fusse In aller Wand'rer Angesicht, Und kümm're mich um schwarze Pferde Und um geschmückte Sättel nicht. Ich schreibe in das Buch des Wissens Nie eine falsche Stelle ein, Und füge das Geheimniss Gottes Nicht zu dem Blatt der Gaukelei'n. Am Klügsten ist's, dass, wenn der Frömmler Mir den Genuss des Weines wehrt. Ich ihn mit keinem Weine ehre, Der lauter ist und rein geklärt; Und setzt der König ohne Achtung Die Zecherhefe an den Mund, So gebe ich in keinem Falle Ihm Lauterkeit und Treue kund. Den Schiffbruch der verdienten Männer Begünstiget der Himmel sehr: Am Klügsten ist, mich nicht zu stützen Auf dieses aufgehang'ne Meer; Und sprach ein Neider irgend Böses, Und zürnet der Gefährte dann, So sprich zu ihm: »Sei guten Muthes! Wir hören keinen Dummen an.« Hafis , hat sich der Feind geirret, Lass mich darum ihn schelten nicht, Und sprach er wahr, lass mich nicht streiten Mit Einem der da Wahrheit spricht. 70. Ich versprach dem Holden, dass, so lange Seel' und Leib in mir vereinigt blieben, Ich die Freunde seines theuren Gaues Wie die eig'ne Seele würde lieben. Freuden, die ich einsam still geniesse, Hat mir jenes Licht Tschĭgīl's gewähret; Augenschimmer so wie Herzenshelle Hat mir jener Mond Chŏtēns bescheret. Da ich nun, nach Wunsch und Lust des Herzens, Die ersehnte Einsamkeit errungen, Acht' ich's nicht, wenn in des Haufens Mitte, Mich verläumden böse Lästerzungen. Wenn auf mich auch hundert Heere Schöner Hinterlistig einen Angriff wagen, Preis' ich Gott; mir wurde ja ein Götze Der im Stand ist jedes Heer zu schlagen. Neider! Schliess' heut Nacht um Gotteswillen Deine Augen nur für Eine Stunde, Denn zu sprechen hab' ich hundert Worte Insgeheim mit Seinem stummen Munde. Wenn ich Seines Glückes Rosengarten Froh durchwandle, dann, Gottlob, vermisse Ich die Tulpe und die weisse Rose Und das zarte Blatt nicht der Narcisse. Kluger Greis, du darfst mir nicht verwehren In der Schenke fürder einzusprechen, Denn mein Herz, entsagt' ich dem Pocale , Würde schmählich die Verträge brechen. Wein besitz' ich, den man leicht verdauet, Einen Freund, der einem Bilde gleichet; Traun , kein Sterblicher ist im Besitze Eines Freund' s, der an den Meinen reichet! Ein Zipressenbaum schmückt meine Wohnung, Und in seines hohen Wuchses Schatten Kann des Hain's Zipresse ich entbehren Und des Buchses auf den grünen Matten. Mir gebührt's, durch Sein Rubinensiegel, Eine Macht wie Salomon zu üben: Im Besitz des allergrössten Namens Kann kein Ahriman die Lust mir trüben. Zwar berüchtigt ist Hafis als Zecher, Er, der mässig pflegte sonst zu leben; Doch was fürcht' ich? Ward mir ja hienieden Ein Ěmīněddīn Hăssān gegeben. 71. Wer bin ich denn, dass deine Seele, Die duftende, mich nicht vergisst? Du Gnädiger, du, dessen Thürstaub Die Krone meines Hauptes ist! Wer lehrte dich dem Diener schmeicheln? O sag' es, Herzensräuber du! Ich traue ähnliche Gefühle Den Nebenbuhlern nimmer zu. Lass deine Huld, o heil'ger Vogel, Mich freundlich leiten auf der Bahn! Lang ist der Weg; ich aber trete Die allererste Reise an. O Morgenlüftchen überbringe Den Ausdruck Ihm der Dienstbarkeit! Er möge meiner nicht vergessen In dem Gebet der Morgenzeit. Des frohen Tag's, an dem ich endlich Von diesem Orte scheiden kann, Und mich die Weggefährten fragen Ob deinem Gaue schon wir nah'n! O wolle mir die Pfade zeigen Nach deiner trauten Einsamkeit, Auf dass ich Wein nur mit dir trinke, Und nimmer trinke Erdenleid! Erhaben ist der Dichtkunst Würde, Und sie besiegt das Erdenrund: Es fülle d'rum des Meeres Kaiser Mit hellen Perlen mir den Mund! Willst du der Liebe Perle fischen, Hafis , so habe auch den Muth Das Aug' zum Thränenmeer zu machen, Und dann zu tauchen in die Fluth. 72. Du blick'st auf mich, und meine Leiden Vermehr'st du augenblicklich mir. Ich blick' auf dich, und augenblicklich Vermehrt sich meine Lust nach dir. Du frägst nicht nach, wie es mir gehe? Was hast du denn im Sinne? sprich! Du müh'st dich nicht um meine Heilung: Wie? weisst du denn nicht leidend mich? Ist's Recht, mich in den Staub zu schleudern? Und dann vorbei zu geh'n an mir? O komm' und frage wie's mir gehe! Dann werde ich zum Wegstaub dir. Ich lasse deinen Saum nicht fahren Als nur im Grabe, und auch dann Hängt – kömmst am Grabe du vorüber – Mein Staub sich deinem Saume an. Dein Liebesgram hemmt mir den Athem : Sprich, bis wie lang bethörst du mich? Du liessest mich zu Grunde gehen Und sagest nicht: » Erhole dich !« Ich forderte von deiner Locke Zur Nachtzeit einst mein Herz zurück, Da sah ich dein Gesicht, und schlürfte Aus deines Mundes Glas das Glück; Flugs zog ich dich an meinen Busen: Da kräuselte sich hold dein Haar, Und, meine Lippe an der deinen, Bracht' ich dir Herz und Seele dar; Und als du auf die grünen Felder Lustwandeln gingest ohne mich , Da löste eine rothe Thräne Von meiner gelben Wange sich. Sei du nur freundlich mit Hafisen , Mag dann der Feind erblassen auch: Wenn nur bei dir ich Wärme finde, Was liegt am kalten Feindeshauch? 73. Bin nicht der Zecher der's vermöchte Dem Wein und Schönen zu entsagen; Auch weiss der Vogt dass ich wohl nimmer Solch' eine Handlung würde wagen. Ich, der so lang auf Jene schmähte Die es verschworen Wein zu trinken, Ich wäre toll, verschwör' ich selber Den Wein zur Zeit wo Rosen winken. Die Liebe gleicht dem Perlenkorne: – Ich tauche d'rum in's Meer der Schenke; Wo wird das Haupt zum Vorschein kommen, Das Haupt, das ich darein versenke? Ich, der ich einen Schatz besitze An Perlen- und Rubinenthränen, Ich sollte mich nach Segensspenden Der hochgestirnten Sonne sehnen? Ich, der, als Bettler, Schätze habe Die eines Herrschers würdig wären, Ich sollte auf den Himmel hoffen Der nur Gemeine pflegt zu nähren? Narcissen zechen, Tulpen bechern! Und mich, mich will man Wüstling nennen? Ich hab', o Herr, der Händel viele: Wen soll als Richter ich erkennen? »Sei fromm!« sprichst du zur Zeit der Rosen; »Von ganzem Herzen« würd' ich sagen, Müsst' ich nicht erst um ihre Meinung Die Schönen und den Becher fragen. Wenn Freundesgnade die Verliebten Zur Feuerqual verdammen sollte, Soll ich erblinden, wenn mein Auge Nach Himmelsquellen spähen wollte; Und würd' ich plötzlich eine Weide, Und leer wie sie, die Früchtelose! Wie sollt' ich dann das Haupt erheben Aus Scham vor dem Gesicht der Rose! Und wusch das Sammelbuch der Rose Der Morgenwind im Gnadenthaue, So soll mein Herz ein falsches heissen: Wenn ich auf Bücher blätter schaue. Zwar mich befleckt der Staub der Armuth; Doch müsst' ich vor mir selbst erröthen, Hätt' ich, um mir den Saum zu netzen, Das Nass des Sonnenquell's vonnöthen; Und weil Vertrag und Bund des Himmels Nicht die gehoffte Achtung finden, Schliess' ich mit dem Pocal Verträge, Und will mich mit dem Glas verbinden. Den Zaum ein wenig angehalten, Mein Türke, Aufruhr du der Städte, Dass Wangengold und Thränenperlen Ich auf die Reisebahn dir bette! Ein Minnespiel, nach Art der Zecher, Kann meinem Handeln jetzt nicht frommen: Doch sollt' ich – einmal d'rein verfallen – Auf andere Gedanken kommen? Aus dem Rubin – so sprach man gestern – Strömt Kandel dir; allein bedenke Dass, bis mein Mund ihn nicht verkostet, Ich jenem Wort nicht Glauben schenke. Die Altarnische deiner Braue Begehr' ich von der Gunst der Sterne, Damit ich dort so Früh als Abends Die Wissenschaft der Liebe lerne. Ich, der des wahren Paradieses Schon heute freudig kann geniessen, Ich sollte einem Pred'ger glauben Der mir's erst morgen will erschliessen? Ein Sclav' bin ich Mănssūr's, des König's, Doch dürfte es ganz nahe liegen, Dass ich des Ostens lichten König Durch Kraft vermöge zu besiegen. Gescherzt hat gestern mit Hafisen Dein Mundrubin; allein bedenke Ich sei es nicht der solchen Mährchen Von seiner Seite Glauben schenke. Zur Zeit der Rosen Tugend üben? – Sei klug Hafis – welch ein Beginnen! Ein » Zu dir flücht' ich « will ich beten, Und eines Ander'n mich besinnen. 74. Wo weilt die frohe Kunde deiner Liebe, Dass ich beseligt ihr entgegen ziehe Und, als ein Vogel heiliger Gefilde, Dem Netze dieser Erdenwelt entfliehe? Bei deiner Liebe sei es hier geschworen! Willst du als deinen Diener mich erkennen, So will ich freudig dem Gelüst entsagen Gebieter mich von Zeit und Raum zu nennen. Dass du den Regen deiner Leitungswolke Herab mir sendest, Herr, ist meine Bitte, Eh der Moment erscheint wo ich, als Stäubchen Empor mich schwinge aus der Menschen Mitte. Nie ohne Wein und nie auch ohne Sänger Verfüge auf mein Grab dich zum Besuche, Auf dass ich mich, bei deinem süssen Dufte, Zum Tanz erhebe aus dem Leichentuche. Bin ich gleich alt, so magst du doch nicht minder Mich einmal Nachts mit Innigkeit umfangen, Auf dass ich jung mich deinem Arm entwinde Wenn in der Früh die Sonne aufgegangen. Erhebe dich, lass deinen Wuchs mich schauen, O Götze du von lieblicher Geberde, Auf dass, Hafisen ähnlich, ich entsage Der eig'nen Seele und der Lust der Erde! 75. Beginn' ich beim Abendgebete Der Fremdlinge weinend zu stöhnen, Erzähl' ich gar selt'ne Geschichten In fremden und klagenden Tönen; Und weine, des Freund's in der Heimath Gedenkend, so stark, dass auf Erden Der Brauch und die Sitte des Reisens Durch mich zur Unmöglichkeit werden. Ich bin ja dem Lande des Freundes, Nicht fremdem Gebiete, entsprossen: D'rum sende, allmächt'ger Beschützer, Mich wieder zu meinen Genossen! Beim einigen Gotte beschwör' ich Dich, Führer, mir Hilfe zu bringen, Um wieder im Gaue der Schenke Die Fahne der Freude zu schwingen! Wie könnte der rechnende Scharfsinn Mich unter die Greise versetzen? Ich spiele ja Spiele der Liebe Mit einem noch kindischen Götzen. Mich kennt nur der Ost und der Nordwind, Und sonst kennt mich Niemand hienieden: Mein Theurer, denn ausser dem Winde Ward, ach, mir kein Trauter beschieden! Die Luft in der Wohnung des Freundes Ist Wasser , das Leben mir spendet: O bringe mir, Ostwind, ein Düftchen Schĭrăsischer Erde entwendet! Die Thräne erschien, um die Schande Mir offen in's Antlitz zu sagen: Ein Hausfreund war's, der mich verrathen: Wen soll ich nun diesfalls verklagen? Die Harfe Sŏhrē's liess am Morgen – Ich hört' es – die Worte erklingen: »Ich bin aus der Schule Hafisens , Der lieblich kann sprechen und singen.« 76. Obgleich ich alt geworden bin Und herzenskrank und schwach, So ward ich doch stets wieder jung Sobald ich von dir sprach. Gottlob, dass noch ein jedes Ding Das ich von Gott begehrt, Wenn ernstlich ich darnach gestrebt, Mir immer ward gewährt! Am Heerweg ew'gen Glückes stieg Ich auf des Glückes Thron , Und, wie die Freunde es gewünscht, Mit einem Weinglas schon. Geniesse, junger Rosenbaum, Des Glückes Frucht, denn ich Erhob zur Nachtigall der Welt In deinem Schatten mich! Bekannt war von der Welt mir einst Kein Buchstab' und kein Laut: In deines Grames Schule erst Ward ich damit vertraut; Und seit dein Schelmenblick mich traf, Seit jener frohen Zeit, Ward ich von jeder Schelmerei Der künft'gen Zeit befreit. Seit jenem Tag erschloss sich mir Des Sinnes hohes Thor, An dem des Wirthes Wohnhaus ich Zum Aufenthalt erkor. Das Schicksal weiset unbedingt Mich an die Schenke an, So sehr dagegen und dafür Ich auch bisher gethan. Mich macht' nicht Jahr und Monat alt, Der falsche Freund allein Der, gleich dem Leben, mir entflieht, Gab mir des Alters Schein. Die Huld des Herrn gab gestern Nacht Die frohe Kunde mir: Hafis , bereue! für der Schuld Vergebung bürg' ich dir. 77. Welche Verwirrung wohl ist's die im Laufe des Mondes ich sehe? Voll ist von Tücke – ich seh's – so auch von Bosheit die Welt. Mit den Müttern im Krieg und im Streite sind immer die Töchter, Und den Vätern – ich seh's – wollen die Söhne nicht wohl. Dumme nur trinken sich voll mit Sorbet aus Rosen und Zucker Und die Weisen – ich seh's – nähren mit Herzblut sich nur. Der arabische Zelter ward unter dem Sattel verwundet, Und der Esel – ich seh's – trägt einen Halsring aus Gold. Meister! Vernimm nun den Rath Hafisen' s: »Geh' hin und thu' Gutes!« Ist dieser Rath doch – ich seh's – mehr als ein Perlenschatz werth.