Abendlied Nach der Stimme: Zu dir von Hertzengrunde, usw. 1. Der Tag ist nun vergangen Mit seiner Sorgenlast, Die Nacht hat angefangen Und aller Arbeit Rast. Das Liecht hat abgenommen Mit unsrer Lebenszeit; Wir sind nun näher kommen Der grauen Ewigkeit. 2. Wie wir zu Bette ligen, So ligen wir im Grab: Wie soll uns denn vergnügen Der Welt verlornes Haab? Indem wir schlaffen gehen, Wird uns der Tod gemein: Kein Mensch kan lang bestehen Es muß gestorben seyn. 3. Wie wir die Kleider lassen, Bevor wir schlaffen ein, So bleibt uns gleicher massen Nichts als der Leichenstein. Ein Leilach mich bedecket Hier und im Todengrab, Bis mich die Sonn erwecket Und Christi Richterstab. 4. Weh denen, welche sterben Ohn allen Vorbedacht: Sie können leicht verderben Dort in der Höllennacht. Ich muß, ich muß bekennen, Daß ich unrecht gethan, Ich muß mich lässig nennen Auf schmahler Tugendbahn. 5. Ich will mich Gott befehlen, Der mich erlöset hat, Und mich um nichts nicht quälen: Er gibt mir seine Gnad. Das Gute zu vollbringen Ist mein Fleisch viel zu schwach; Ich will mich besser zwingen, Wenn ich leb' und erwach. 6. So will ich seyn beflissen Zu leben Sünden rein Und wider mein Gewissen Nicht häuffen Straff und Pein. Der Vorsatz ist genommen, Ich bin darzu gerüst; Mir wird zu Hülffe kommen, Der in uns mächtig ist. 7. Herr! laß dich gnädig finden Und schütz mich diese Nacht. Erlaß mich meiner Sünden, Die ich den Tag vollbracht. Gib, daß ich ruhig schlaffe Ohn böse Träum und Schmertz, Und in mir neu erschaffe Ein dir gehorsams Hertz.