Vorbildung deß Welt- und Zeit-Lauffs Die Sonne: Es eilet und pfeilet mein güldener Wagen/ den Stunden verbunden in Wolcken getragen: Vom Morgen biß Abend begleitet die Zeit das Beten/ die Arbeit und eitele Freud. Die Betstunden mit Federflügeln: Wir sind sehr klein und schwach/ und leiten Himmel an/ sogar/ daß man uns offt nicht wohl erkennen kan: Wir müssen uns gesamt der grössern Brüder schämen/ weil sie/ was uns gebührt/ ohn Scheu und Reue nehmen. Die Arbeitsstunden mit Muckenflügeln: Wir sind sehr bemüht zu ziehen/ wenn uns treibet der Gewinn. Ist des Nutzens Hoffnung hin/ pflegen wir auch schnell zu fliehen. Die Ergötzlichkeitstunden mit Nacht-Eulenflügeln: Der meiste Teil der Zeit wird leider! überlassen der schnöden Eitelkeit/ auf mancher Sündenstrassen: Nach dieser Welte Lauff sind wir die längsten Stunden/ die offt der tolle Hauf auch mit der Nacht verbunden. Georg Philipp Harsdörffer Christliche Welt- und Zeitbetrachtungen Zwölf Monatslieder Winterlied/ Zu dem ersten Monat deß Jenners Nach der Stimme: Frisch auf mein Seel/ verzage nicht/ Gott wil sich dein erbarmen. Psalm 74. v. 17. Sommer und Winter machest du/Herr! 1 Wir leben in der neuen Zeit/ die alls mit Schnee bedecket: es trägt das Feld ein graues Kleid/ das Krafft und Safft erstecket. Frost/ Kält und Eiß macht alles weiß/ der Regen wird zu Schrollen. Es ligt zu Feld die harte Kält; der Reiff wird gleich der Wollen. 2 Was bringt/ ja vielmehr nimmt uns nicht der Janus weg für Gaben? Mit dem gezweyten Angesicht kan er nichts sonders haben. Doch wird gesucht der Dörner Frucht: Die Hiefen 1 / gleich Korallen/ bringt nun heran der arme Mann/ dem Reichen zu Gefallen. 3 Obgleich der guldne Sonnen-Strahl entfernet abgewichen/ ist doch der kalten Nächte Zahl mehlich herbey geschlichen: Der Wassermann hebt wieder an/ die Täge zu ersetzen/ indem sich hat das Sonnen-Rad gewendt/ uns zu ergetzen. 4 Was bildet diese Winterszeit? Anfechtung/ Angst und Leiden. Doch ist der Hoffnungs-Trost nicht weit/ der niemals pflegt zu scheiden. Es wird der Lentz auch dieser Grentz der Schwalben Bottschaft senden. Die Heroldin sagt: Wart dorthin/ es wird sich alles enden. 5 Inzwischen traget nur Gedult: thut Buß in Staub und Aschen. Wir wollen uns/ durch Gottes Huld/ schneeweiß und reinlich waschen. Die rohte Sünd acht sich geschwind wie zärtlich reine Wollen. Das Hertz wird neu/ durch wahre Reu/ die wir ergreiffen sollen. 6 Wir dancken dir Gott allezeit/ der du stets ob uns wachest; der du die frühe Sommer-Freud und auch den Winter machest. Du ruffst dem Schnee/ und ruffst dem Klee; alls muß nach Ordnung gehen: So hört nicht auf der Wechsel-Lauff/ weil diese Welt wird stehen! Fußnoten 1 Allhier bey uns ist bräuchlich/ daß arme Leute/ am Neuen Jahrtage/ für den Thüren herüm gehen/ und ruffen/ und zugleich überreichen: Drey Hiefen zum Neuen Jahr. (Hiefe = Hagebutte) Lied/ Von dem Monat Hornung/ oder Februario Nach der Stimme: An Wasserflüssen Babylon/ etc. 1 Es muß nunmehr der Sonnen Strahl sich zu den Fischen neigen; so daß der Stunden Schatten-Mahl pflegt höher anzusteigen. Es schmöget sich der weiche Schnee/ und wird nun schiffbar Strom und See; der Bächlein Silberbrücken zerschmeltzen/ und der rauhe Lufft enthält der Erd vereinten Tufft/ mit Schaur uns zu berücken. 2 Gleichwie der Fisch in heller Flut gantz frey im Wasser streichet/ so schweben wir in Gottes Hut/ die niemals von uns weichet: üm/ über/ unter unsrem Pfad erscheinet Gottes Wunder-Gnad/ daß wir gesichert wallen. Deß Höchsten grosse Mildigkeit erhält die Seinen allezeit/ daß sie nicht sündlich fallen. 3 Hinweg mit aller Fatzennacht/ mit Spielen/ Fressen/ Saufen; weg mit der Larven falschen Pracht/ damit die Thoren lauffen/ und mit der Mummer Freuden-Schein sich stürtzen in die Höllen-Pein. Weh solcher Frevler Lachen! die wißlich Gottes Ebenbild/ dem Lügen-Geiste gleich verhüllt/ sich selbst verwerfflich machen. 4 Lasst uns gedencken dieser Zeit/ daß wir sind Staub und Aschen; daß unsrer Sünden Hertzenleid uns mach in Threnen waschen/ so wahre Reu und Busse bringt/ und uns zu manchem Seufftzer zwingt/ die Christi Tod und Schmertzen bey dieser Fastenzeit erweckt/ dardurch die Weltfreud wird ersteckt in Gott-ergebnen Hertzen. 5 O milder Gott! gib deine Gnad: daß wir uns wohl bereiten/ zu preisen deine Liebesthat zu diesen Marter-Zeiten. Der Tod steht auch für unsrer Thür/ wer mit dir leidet/ herrscht mit dir. Die Trübsal kan behagen. Dein Reich ist nicht von dieser Welt: und wer sich gleich demselben stellt/ wird alls gedultig tragen. 6 Es stehet bey uns unser Gott/ wann sich die Unglück' häuffen: daß uns die Ströme/ Noht und Tod/ auf einmal nicht ersäuffen. Er reisst uns aus der Flut heraus/ und bringet uns getrost nach Haus: wann wir ihm nur vertrauen/ und warten gläubig auf die Zeit/ so Gott zur Rettung hat bereit: Wir werden Hülffe schauen. Lied/ Von dem Mertzen In dem Ton: Jesu/ du mein liebstes Leben/ etc. 1 Nun der Winter ist vergangen/ und der Regen ist dahin: wird der Lentz mit Blumen prangen/ und das Falbe werden grün. Alle Bäume sich belauben/ und die heissre Turtultauben girren in dem öden Wald/ daß der Echo gegenhallt. 2 Schauet doch/ die Feigenbäumen knoten von der Westen Hauch: die vor trockne Reben schäumen weinend mit befeuchtem Aug: da sonst Feld und Wälder lachen/ und die frühen Fittig wachen/ welcher krausses Lufftgesang schallet mit dem Freudenklang. 3 Nun beginnen wir den Mertzen/ der vom Krieg den Namen hat; vielleicht/ weil die Sonnenkertzen sieget ob des Winters Pfad. Nun die schnellen Schwalben swiren/ und die gute Zeitung führen: daß der Blumen-reiche Lentz komm in dieses Landes Grentz. 4 Wie sich nun die Welt verneuet zu der frohen Frühlings-Zeit; wie sich Stadt und Feld erfreuet/ und vergißt deß Winters Leid; also wird nach diesem Leben Gott das neue Salem geben: Da wird alles werden neu bey der Engel Jubelschrey. 5 Was die Lentzen-Sonn erwecket mit dem jüngst gewendten Lauff/ was der Frost mit Schnee bedecket/ steiget nun verneuet auff: Also wird es auch ergehen/ wann wir werden aufferstehen; wann uns weckt nach dieser Zeit die Sonn der Gerechtigkeit. 6 Du/ mein Gott! sey hoch gepriesen wegen deiner milden Gnad/ die du mir anher bewiesen/ daß mich freut die grüne Saat; da die Mandelbäume blühen und belaubte Sprossen ziehen. Hat die Erde solchen Schein/ wie schön wird der Himmel seyn! Lied/ Von dem Monat April Nach der Melodey: Wacht auf/ rufft uns die Stimme/etc. 1 Die Sonn ist aufgegangen/ der Lentz hat angefangen/ zu malen das verödte Feld. Das früe Morgentauen versilbert Thal und Auen/ und blumt der hohen Berge Zelt. Der linde Westen-Wind beküsset Florä Kind: das Freuden-Lied der Nachtigall bestimmt den Thal und reimet mit dem Gegenschall. 2 Die Erd ist aufgeschlossen/ daß Bäum und Stauden sprossen/ und treiben ihren Wurtzelsafft. Das Graß ist durchgedrungen/ die Blätlein gleichen Zungen/ zu preisen Gottes Wunderkrafft. Denn aller Menschen Hand/ Kunst/ Arbeit und Verstand ist viel zu schwach/ daß er allein ein Blümelein solt bringen aus der Erden Schrein. 3 Das Haar der grünen Wälder und die smaragden Felder bezieren sich nun in die Wett: Die Blüte stehen offen/ und machen Früchte hoffen/ beschönend manches Gartenbeet; der bunte Blumen-Krantz/ beschminkt mit neuem Glantz/ krönt die Matten. Deß Winters Leid entweichet weit deß frohen Frühlings Freudenzeit. 4 Der Augentrost erscheinet/ vom Morgentau beweinet/ und weiset auf die Gottes-Gnad. Vergiß-mein-nicht/ das blühet/ das Engelsüß nicht fliehet: der Frühling Tausendschöne hat. Die Blum Dreyfaltigkeit beharr zu jeder Zeit in dem Hertzen. Blum Passion/ im bunten Thron/ stellt uns vor der Mariä Sohn. 5 Gott! dir sey Danck gesaget/ daß uns die Zeit behaget/ in welcher weichet Angst und Weh: So wirst du alls erneuen/ und ewig uns erfreuen mit dem verlangten Himmelsklee. Inzwischen bringen wir dir Lob und Danck herfür. Halleluja! Die Salemsstadt mehr Schöne hat als dieser Erden Blumenpfad! Betrachtung der Majenblumen Nach der Stimme: Hertzlich thut mich erfreuen/ etc. 1 Wir wollen uns erfreuen ob dieser Majenzeit: da sich pflegt zu verneuen der Erden grünes Kleid. Die Sonn in Zwilling stralet: die Schönheit der Natur mit guldnen Flammen malet der freyen Felder Flur. 2 Es muß dargegen weichen deß Salomonis Kleid; der Blume kan nicht gleichen deß Königs Herrlichkeit. Die reine Lilje stehet von aller Sünden frey: der König sich vergehet mit viel Abgötterey. 3 Indem die Westen schertzen mit diesem Blumen-Plan/ vergleich ich mit dem Hertzen die rohte Tulipan: So bald sie nur genossen den höchsten Sonnenschein/ so wird sie aufgeschlossen wie frommer Hertzen Schrein. 4 Es hat der Nord beraubet den falben Rosenstock; den nun der Maj belaubet mit einem Dörner-Rock/ der weißlich-roht gestücket mit mancher Rosen-Blüt: Der Hoffnungs-Trost erquicket/ wann wir deß Jammers müd. 5 Der angenehme Majen erwecket neue Lieb/ daß Thier und Menschen freien aus holdem Gegentrieb. Deß Höchsten reicher Segen hat die Geschöpff ernehrt/ und hat sie allerwegen zu unsrem Dienst vermehrt. 6 Was webet und was schwebet/ befeucht der Majentau/ mit neuer Kraft belebet/ und schmeltzet in der Au: Also wird uns verneuen an jenem jüngsten Tag Gott! der pflegt zu erfreuen in aller Angst und Plag. Lied/ Von dem Brachmonat Nach der Stimme: Werde munter/ mein Gemüthe/etc. 1 Nun der güldne Sonnen-Wagen fähret nächst der höchsten Ban/ und erleuchtet mit Behagen den smaragden Erdenplan; weil ihr Weg wird gleichsam krumm/ kehret sie nun wieder um: wie der Krebs zurücke weichet/ dessen Zeichen sie bestreichet. 2 Dieses sol uns Menschen lehren/ wie nichts so erhaben sey/ das sich nicht bald solt verkehren und beharren Wandel-frey. Unser Thun ist Unbestand und deß Wechsels Unterpfand: wie wir fast in allem sehen/ was geschicht/ und was geschehen. 3 Die nun öden Felder brachen/ und sind doch nicht in der Ruh; weil sie viel geschlachter machen die bespitzten Egenschuh. Also muß der Menschen Fleiß und der Arbeit saurer Schweiß Speiß und Brot zuwegen bringen/ durch das Hacken/ Pflügen/ Düngen. 4 Durch den milden Himmels-Regen machet Gott die Furchen weich; das Gepflügte hat den Segen/ daß es Saam- und Früchte-reich. Gottes Güte krönt das Jahr/ und betrieft der Bäume Haar: also daß des Himmels Gnade machet fett der Erden Pfade. 5 Wann deß Morgens Purpurflügel decken dieser Auen Thal/ siehet man die grünen Hügel voller Schaffe sonder Zahl. Also gibt die fette Weid/ nächst der Speiß/ das Wollen-Kleid. Ihnen wird ein Rock genommen/ der uns muß zu nutzen kommen. 6 Mein Gott/ der du Joseph hütest/ (der vermehrten Kirchen Heerd) Gott/ der du dein Volck behütest/ und hilfst dem/ der dein begehrt! gib uns allen deine Gnad/ die noch Maß/ noch Ende hat! Gib uns Früh- und Abendregen/ daß wir preisen deinen Segen. 7 Frölich/ frölich sey die Erde/ und der Himmel freue sich: daß dein Nam gepreiset werde/ Feld und Berge loben dich. Ja die Baumen in dem Wald/ von den Bächlein untermahlt/ reichen Gottes reiche Gaben/ die wir Ihm zu danken haben. Lied/ Von dem Heumonat Nach der Stimme: Wie schön leucht uns der Morgenstern/ etc. 1 Die helle Sonn am höchsten steht/ und in deß Löwens Zeichen geht mit überheissen Flammen. Sie hat verkocht den Erdensafft/ und weist der grünen Farbe Krafft auf jedes Baumens Stammen. Die Weid erfreut/ sie beschönen Himmels-Threnen: daß die Heiden sich mit gelbem Klee bekleiden. 2 Man schlägt die krumme Sichel an; der abgesensste Wiesenplan macht uns deß Tods gedencken: daß nemlich alles Fleisch ist Heu/ der Menschen Ehre Gras und Spreu/ dem leichten Wind zu schencken. Der Ruhm/ die Blum/ welckt geschwinde mit dem Winde: unser Hoffen hat ein schneller Fall betroffen. 3 Die angeglute Sommers-Hitz erregt der Wolcken schnellen Blitz/ daß Mensch und Vieh erstaunet; doch sind wir aller Sorgen frey/ weil Gottes Gnad uns stehet bey/ und unser Gut umzaunet. Er tränckt und schenckt diesen Auen Perlentauen; und der Regen bringt der Felder reichen Segen. 4 Man führt das Heu nun häuffig ein/ gedorret von dem Sonnenschein/ die Heerden zu ernehren; doch wächset eben an dem Ort deß Grases Wurtzel fort und fort/ das Menschen-Volk zu lehren: Auf daß wie Gras wir mit allen grabwärts fallen: aus der Erden unsre Beine grunen werden. 5 Der allem Fleisch/ zu rechter Zeit/ hat ein vergnügtes Mahl bereit/ wil uns mit Gut erfüllen. So manchem guten Unterpfand mißtrauet unser Unverstand mit eitlen Sorgengrillen: Er nehrt und mehrt unsre Heerde/ Thier und Pferde/ auch die Raben: solten wir denn Mangel haben? 6 Was ist/ O Herr! deß Menschen Kind/ das gleich dem unbejochten Rind deß Danckes nicht gedencket: da doch von dir das Leben hat/ was wallet auf der Erden Pfad/ was Lufft und Meer beschrencket. Erweist/ lobt/ preist/ gebt dem Ehre/ den die Heere aller Orten rühmen mit fast stummen Worten! Lied/ Von dem Erndmonat/ oder August Nach der Stimme: Jesu/ der du meine Seele/ etc. 1 Nun die Sonnenstrahlen weichen/ und die Tage nehmen ab/ weil auch in dem Jungfer-Zeichen reiffen unsrer Felder Gab: mitten in den schweren Garben prangen mancher Blumen Farben/ und die Kühlung dieser Zeit lindert alle Mattigkeit. 2 Wie Gott wolt die Erstling haben zu dem Opffer und Altar/ und ob solchen freyen Gaben krönte Gott der Herr das Jahr: also last uns Ihm lobsingen/ und der Lippen Opffer bringen/ daß die Andacht im Gebet unsre Felder mache fett. 3 Wer versaumt die Frücht der Erden/ und schläfft zu der Ernde Zeit/ der wird bald ein Bettler werden ob der trägen Lässigkeit: Müh und Arbeit bringet Segen/ und ernehrt uns allerwegen; ja/ der Schweiß im Angesicht süsset jedes Feldgericht. 4 Hierbey lasset uns betrachten/ daß die Kirchen-Ernde groß: wenig/ die der Arbeit achten/ wehren da deß Unkrauts Schoß. So lasst uns den Herren flehen/ daß Er woll das Elend sehen/ senden treuer Schnitter Schaar/ die der Ernde nehmen wahr. 5 Unser Land ist so gepflüget/ und gedeyet fort und fort/ daß es andre reich vergnüget/ auch an weit entlegnem Ort/ wo die Hungersplage drücket; unser Überfluß erquicket: darum wir zu aller Zeit preisen Gottes Gütigkeit. 6 Alle Freude dieser Zeiten/ aller Schnitter Jubelschall heist uns gleicherweis bereiten zu des Himmels Freudenmahl. Die mit Blut besprengten Farben bringen edle Himmelsgarben. Welcher sät Gerechtigkeit/ erndet Freude nach dem Leid. Lied/ Von dem Monat September/ in welchem man die Baum-Früchte pfleget abzunehmen Nach der Stimme: Wohl dem/ der weit von hohen Dingen/ etc. 1 Der Sonnen Lauf belangt die Waage/ das Regenwetter kömmt herbey; die Nächte gleichen nun dem Tage/ die Bäume werden Blätter-frey/ und fällt derselben reiffe Frucht/ die mancher mit Belusten sucht. 2 Der Baum muß gute Früchte bringen/ wann er nicht werden sol ein Brand; er muß den Gipffel hoch an schwingen/ sonst irrt er nur das gute Land; und wann er keine Früchte trägt/ wird er bald von der Art erlegt. 3 So sol ein Christen-Mensch sich mühen/ zu weisen seines Glaubens Frucht/ die Sünd als eine Schlange fliehen/ und lieben Tugend/ Ehr und Zucht: sonst wird er bald/ mit Leib und Seel/ geworffen werden in die Höll. 4 Der Unterschied ist bey den Bäumen und bey der gantzen Menschen-Schaar/ daß jene jährlich sich nicht säumen/ zu neuren ihre grünen Haar. Hingegen/ fällt der Mensch dahin/ so ligt er sonder Ruckbeginn. 5 Die Bäumen allen Menschen dienen/ zu bauen/ fahren/ und dem Brand; sie blühen/ fruchten/ grauen/ grünen/ zu Nutz und Schutz/ in jedem Land: sie speisen uns auf manche Weiß/ und lohnen ihres Gärtners Fleiß. 6 Nun wird die Frucht vom Stamm genommen/ bedeckt von manchem falben Blat: da sol uns ja zu gutem kommen deß Höchsten Segen-volle Gnad. Wir dancken Gott/ für solche Gab/ und dieses reichen Herbstes Haab! Lied/ Von dem Weinmonat Nach der Stimme: Singen wir aus Hertzensgrund/etc. 1 Jauchtzet/ ihr Wintzer! alle zugleich/ unsere Trauben werden nun weich; kommet/ empfahet mit Freuden den Lohn/ welchen die Arbeit bringet darvon: Reiffende Reben schencken uns ein/ heissen/ die trauren/ frölicher seyn/ füllend die leeren Keller mit Wein. 2 Noe legt erstlich saftige Feser/ lehrte die Häcker/ warbe die Leser/ schniedte deß Rebens Blätter vom Stamm/ bande sie an die Pfäle zusamm/ presste der Kelter lieblichen Saft/ welcher den Hertzen giebet die Krafft/ Sorgen und Kummer ferne wegschafft. 3 Lobet und liebt den herrlichen Most/ welcher versüsst die niedliche Kost; ehret der Thäler edele Frucht/ welche man zu den Kelleren sucht! Aber doch haltet im Trincken das Ziel/ weilen deß Weins zu wenig und viel leichtlich verderbt das lustigste Spiel. 4 Weinen ist unser Leben ohn Wein/ einsam und ohne Freunde zu sein; Trincken verbindet menschlichen Sinn/ nimmet Verdacht und argen Wahn hin: Freunde sind gleich dem freudigen Mahl/ welche man kieset in mehrerer Zahl/ mittels des Weins/ mit offener Wahl. 5 Schauet! Die Sonne den Scorpion trifft/ (sothanes Thier verletzet durch Gifft); hüte dich vor der Trunckenheit Lust/ welcher die Reue stetig bewust: gleichet der krumme Rebe der Schlang/ glänzet im Glase/ schwächet den Gang/ machet dem Säuffer schmertzlichsten bang. 6 Jauchtzet/ ihr Liebsten! alle zugleich/ Trincken macht oft die Ärmesten reich; Trincken beschwert das ruhige Hertz/ bringet mit sich der Kranckheiten Schmertz. Jeder ist edel/ voller Verstand/ jeder rühmt seine Güter im Land/ weilen ihn hält der Trunckenheit Band. 7 Brauchet nun recht und mässig den Tranck; saget dem Höchsten hertziglich Danck! Lobet ihn für die treffliche Gab, lobet Gott in der sicheren Haab! welcher uns giebet freudigen Muth/ speiset uns mit der Kelterpreß Blut; lobet Gott/ der alls Gutes uns tut. Lied/ Von dem Monat November Nach der Stimme: Von Gott wil ich nicht lassen/ etc. Oder: Last uns Gottes Güte preisen/ ihr lieben Kinderlein/ etc. 1 Der Sommer ist entwichen mit seiner Flammen-Hitz; der Herbst herangeschlichen/ und herrschet nun der Schütz: Der treibt die trüben Wind/ und in dem Nebel-Regen beschüttet allerwegen/ die auf dem Felde sind. 2 Man samlet Kraut und Ruben/ es giert der trübe Most; man suchet warme Stuben/ und liebt der Vögel Kost; das Feld liegt ohne Frucht: doch muß es Wildpret tragen/ das man/ mit schnellem Jagen durch Berg und Thäler sucht. 3 Die Müh und Arbeit schencket/ was sonst kein Mensch vermag; wohl dem/ der stets gedencket/ Gott nehr ihn alle Tag/ auf viel und manche Weiß: wenn wir Gott nicht vergessen/ und das Brot wollen essen in unsrer Arbeit Schweiß. 4 Indem die Blätter falben/ verschwindt der Bäumen Zier; es wandern fort die Schwalben/ der Winter bricht herfür. Man sucht das warme Kleid/ und pfleget Holtz zu spalten; dardurch wir uns erhalten im Frost und kalter Zeit. 5 Mein Gott! der du uns liebest/ und segnest dieses Jahr; der du uns reichlich giebest/ was uns vonnöthen war: Wir dancken deiner Gnad! Du wollest uns bewahren/ daß wir kein Leid erfahren. Dich lob'/ was Odem hat! Lied/ Von dem Christmonat Nach der Stimme: Kan ich Unglück nicht widerstahn/ etc. 1 Das Aug der Welt ist dieser Zeit entfernet weit/ und muß fast alles frieren; das Feld ist wie ein alter Greiß voll weisses Eiß; die Kräfften sich verlieren. Der weisse Schnee bedeckt den Klee; ein hartes Dach bebrückt den Bach/ den Winter zu vollführen. 2 Doch wendet sich der Sonnenschein und tritt gleich ein in deß Steinbockes Zeichen. Dadurch sie wieder kehrt zurück; mit schwachem Blick wird sie nun zu uns weichen. Es wächst die Kält/ das Feur erhält die armen Leut in Winters Zeit/ den Frühling zu erreichen. 3 Indem die Sonne nordwärts geht und ferne steht/ so wollen wir uns freuen: Die Sonne der Gerechtigkeit ist nun nicht weit/ wann wir die Sünd bereuen. Das Jesulein wil bey uns seyn; die heilge Nacht hat Heil gebracht/ wenn wir uns nur erneuen. 4 Deß Feldes Wollen-weisses Kleid verhüllt die Weid/ das Menschen-Volck zu lehren: daß ihnen gleiche weisse Tracht in guter Acht der Höchste wil bescheren. Das Erden-Land ist Spott und Schand/ Gott wird behend und sonder End das Leid in Freude kehren! 5 Inzwischen preiset Gottes Sohn/ den Gnaden-Thron/ der sich zu uns geneiget: Es ist der Heiland jeder Seel/ Immanuel: der kan die Feinde beugen. Steht Er uns bey/ so sind wir frey von aller Noth. Ja! in dem Tod wird Er uns Gnad erzeigen!