Hirtengedichte Es war die Nacht vorbey/ das frühe Pferdgetümmel Gieng vor der Sonnen her/ am liechtbegläntztē Himmel. Die Welt war von dem Schlaf zur Arbeit aufgewekkt/ Das Feld war mit dem Tau durchsafftet und bedekkt. Der Tag war jetzt am tag – – – Als sich FLORIDAN/ mit niemanden/ als seinen freyen Gedanken/ begleitet/ hinter seiner geringen Heerde zu denen gewönlichen Trifften truge. So viel ich/(sagete er zu sich selbst/ nachdem er den ersten Fus ausser seiner Hürde gesetzt/) aus gegenwärtiger Morgenwitterung abnehme/ so wird der gütige Himmel unsre Auen und Heerden mit einem heiteren Tag/ uns Hirten aber mit einem muntern Geizt/ zu Fortsetzung unsrer freymütigen Lustgedichte/ erfreulich beschenken. Möchten doch (fuhre er fort/ nach einem geraumen Stillschweigē) meine wehrte Weidgenossen für dißmal sich mir bald zugesellen/ ihr Felder/ was Lust soltet ihr alsdann eure Schäfere in eurem Schos verüben sehen. Damit triebe er fort/ und truge ihn der Weg auf den bekanten Baumplatz. Ihme beliebte solchen zu begrüssen/ dann er hielte es für unbillich/ diese irdische Beseeligung unangeredet hinter sich zu stellen: Anmutiger Ort/ fienge er an/ wer dich unter die anmutigsten dieser Gegende zälet/ thut dir in Warheit nicht unrecht. Ein Mund voll meines Lobs ist deiner unwehrt/ weil dich ja deine fürtreffliche Bewandniß selbst lobet. Dort wächset deine Pegnitz deine Vfere/und schmeißt ihre Strudeln wider dieselben/ dem Ansehen nach ergrimmet/ weil sie ihr/ weiter zu gehen und deine Stämme zu beküssen/ beharrlich verbieten. Hier weiden deine zierreicheste Gärten/ unsre Augen/deine Kleereiche Matten/ unser Wollenvieh/ und deine beschattete Rasenhügel/ unsre ermüdete Glieder. Was soll ich mehr sagen? Deine Stämme/ wie richtig halten sie ihre Schichtordnung/ wie Kertzengerad steigen sie in die Luft/ ja sie wollen alda gleichsam üm eine Wette zanken/ welcher mit seinen Gipfeln denen Wolken am nächsten kommen. Daß ich ümgehe deine drey silberspritzende Springbörner/deren Quelle mit kunstmässigem Aufsteigen und Wiederabglitzschern ein überliebliches Geräuschel machet. Ich wünsche aber/ daß alle diese deine Lust so lang möge bekleiben/ als lange seyn wird das Lobgedächtniß derer/ die dich vordessen mit kunstpreislichen Reimen freudigst beschenket und besungen. In solchen näherte er einer Brükke/ welche nächst dabey befindlich/ und ihme ihren Rükken freywillig darbote/ woferne er sich über das Wasser wolte tragen lassen. Er weigrete sich aber nicht/ als den seine Füsse ohne das hinüberriefen/ doch schriebe er zu vor/ vielleicht zu Abstattung seiner Dankpflege/ an derer Länebalken einen folgende Reimen: Wer hat dich schlechtes Holtz/ euch lastbejochte Fichten Mit kluger Meisterhand am ersten eingesenkt? Wer hat die starke Stütz in Teuffen erst verschränkt/ Vnd überhergelegt der Bretter breite Schichten? So kan man trokknes Trits die sichren Schritte richten/ Auf Achelous Hals/ der seine Fluht nicht lenkt/ Beschauen von der Höh/ was diese Balken tränkt/ Wir können dessen Brast belachen und vernichten. Wann dorten unverletzt das blaue Saltz durchpflüget Ein daumendikker Baum/ der Wellen Wut besieget/ So laufft man auf der See mit unbenetztem Fus: Hier wird uns festes Land der nimmerstille Fluß/ Die Fluht ist unsre Bahn. Weil Welt und See wird leben/ Wird beyder Künstler Ruhm auf Erd und Wasser schwebē. Nach diesem zoge er ein kleines Geiglein hervor/ und vermälete deren Tohn (weil es noch früher Tag/ und die Sonne gar neulich zu Wagen gestiegen) folgendes Morgenlied. 1 Frisch auf mein Sinn/ ermuntre dich/ 1 Weil dort die Morgensonne sich Zeigt auf vergüldtem Hügel/ Es hüpfet ob den Büschen ümm/ Vnd singet Gott mit krausser Stimm Das leichte Luftgeflügel. Schläfer/ Schäfer sind geflissen Zu begrüssen Trift und Auen/ Dir und ihnen sich zu trauen. 2 Dir/ dir/ dir hier/ O Gott/ stimmt an/ 2 Was schwebt/ was webt/ was beben kan/ Ein Loblied deiner Güte. Auch mich soll nichts beschämen nicht/ Daß ich vergesse meine Pflicht Vnd dankbares Gemüte. Höre/ mehre diß Erklingen/ Laß mein Singen Dich jetzt preisen/ Vnd dir Ruhm und Ehr erweisen. 3 Das Leid der Nacht ist überhin/ Wer macht/ daß ich entkommen bin Aus tausendfachen Strikken? 3 Da mich ümfieng des Todes Bild/ War deine Hand mein starker Schild/ Dein Schutz wolt mich beglükken. Pfeilen/ Seilen böser Leute/ Die zur Beute Mich erwälet/ Hat ihr Werk der Nacht gefehlet. 4 Du Held und Hüter unsrer Wacht/ Der du nicht schläfest in der Nacht/ Dein Gnaden Aug bleib offen/ Beug ferner allem Vnfall für Vnd öffne meines Hertzens Thür Zu fest gefastem Hoffen. Ende/ wende meine Schmertzen In dem Hertzen Ob den Sünden/ Laß mich deine Gnad empfinden. Fußnoten 1 Morgengruß zu singen im Thon: Wie schön leucht uns der Morgen usw. 2 Op. in Zlatna R. 395. aus dem Bartas. 3 Virg. 6. AE. alta quies/ placidæque similima morti.