Dritte Abteilung Kriemhilds Rache Ein Trauerspiel in fünf Akten Personen Personen. König Gunther. Hagen Tronje. Volker. Dankwart. Rumolt. Giselher. Gerenot. Kaplan. König Etzel. Dietrich von Bern. Hildebrant, sein Waffenmeister. Markgraf Rüdeger. Iring, Thüring, nordische Könige. Werbel, Swemmel, Etzels Geiger. Ute. Kriemhild. Götelinde, Rüdegers Gemahlin. Gudrun, deren Tochter. Ein Pilgrim. Ein Heune. Otnit, ein Kind. Eckewart, stumm. 1. Akt 1. Szene Erste Szene König Gunther auf dem Thron. Alle Burgunden. Hagen. Dankwart. Gerenot. Giselher. Ute. Etzels Gesandte. Rüdeger. Gefällt es Euch, hochedler Rüdeger, So mögt Ihr Eures Auftrags Euch entledgen, Denn die Burgunden sind um mich vereint. So werb ich denn im Namen meines Herrn, Der überall gebietet und befiehlt Und nur vor Euch als Bittender erscheint, Um Kriemhild, deine königliche Schwester. Denn sie allein ist würdig, der zu folgen, Die er mit bittrem Schmerz verloren hat, Und Witwer muß er bleiben, wenn Ihr ihm Die einzige verweigert, welche Helke Ersetzen und das Volk, das sie betrauert, Als hätt ein jeder Teil an ihr gehabt, Mit einer neuen Wahl versöhnen kann. Wenn du von deinem königlichen Herrn Vermelden kannst, daß er nur selten bittet, So merk dir auch, daß wir nur selten danken! Doch Etzel hat den dunklen Heunen-Thron So hoch erhöht und seinen wilden Namen So manchem Völker-Rücken eingekerbt, Daß ich mich gern erhebe und dir sage: Wir danken ihm und fühlen uns geehrt. Und welche weitre Antwort bring ich ihm? Wenn wir nicht die Trompeten schallen lassen Und die Johannis-Feuer vor der Zeit Auf allen Bergen weit und breit entzünden, So glaube nicht, daß unser Fürstenstolz Den Ausbruch unsers Jubels unterdrückt, Und daß wir mehr verlangen, als du bietest, Das weißt du wohl, daß Kriemhild Witwe ist. Wie Etzel Witwer, ja! Und eben dies Verbürgt dem Bund der beiden Heil und Segen Und gibt ihm Weihe, Adel und Bestand. Sie suchen nicht, wie ungeprüfte Jugend Im ersten Rausch, ein unbegrenztes Glück, Sie suchen nur noch Trost, und wenn Kriemhild Den neuen Gatten auch mit Tränen küßt, Und ihn ein Schauder faßt in ihren Armen, So denkt sich jedes still: Das gilt dem Toten! Und hält das andre doppelt wert darum. So sollt es sein! Doch trotz der langen Frist, Die seit dem unglückselgen Tag verstrich, Der ihr den Gatten raubte, mir den Bruder, Weilt meine Schwester, bis zur Stunde, mehr An ihres Siegfrieds Gruft im Kloster Lorsch, Als unter uns. Sie meidet jede Freude So ängstlich, wie ein andrer Missetat, Und wärs auch nur ein Blick ins Abendrot Oder aufs Blumenbeet zur Zeit der Rosen: Wie schlösse sie den neuen Ehebund? Ists Euch genehm? Und werdet Ihr gestatten, Daß ich ihr selbst die Wünsche meines Herrn Zu Füßen legen darf? Wir gönnen ihr Das neue Glück und uns die neue Ehre Und werden über alles andre Euch Bescheiden, wenn wir Rat gehalten haben. Fürs erste nehmt noch einmal unsern Dank! ab. 2. Szene Zweite Szene Nicht um die Welt! Warum nicht, wenn sie will? Wenn sie nicht wollte, könntest du sie zwingen, Denn auch der Witwe Hand vergibst du frei. Doch eher ließ ich sie in Ketten schmieden, Als zu den Heunen ziehn. Und warum das? Und warum das! Die bloße Frage schon Macht mich verrückt. Habt ihr denn kein Gedächtnis? Muß ich dich erst erinnern, was geschah? deutet auf Ute. Vergiß nicht – Deine Mutter? Gleisnerei! Sie weiß es längst! Ei, wenn sie mir die Hand Seit unsrer Jagd nicht einmal wieder reichte, So hat sie dich ja auch wohl nicht geküßt. So ists. Und da du selbst in deinem Trotz Den dünnen Nebel zu zerblasen wagst, Der das Geheimnis unsres Hauses deckt; Da du das kümmerliche Grün zertrittst, Das diese blutge Gruft besponnen hat, Und mir die Knochen in das Antlitz schleuderst; Da du den letzten Rest von Scham erstickst, Und höhnend auf die giftge Ernte zeigst, Die aufgeschossen ist aus deiner Saat: So habs denn auch, daß ich einmal die Brust Mir lüfte, daß ich dich und deinen Rat Verfluche und dir schwöre: wär ich nicht So jung gewesen, nimmer hättst du mich So arg betört, und jetzt, jetzt würd ich dir Mit Abscheu das verbieten, was ich damals Aus Schwachheit, nicht aus Haß, geschehen ließ. Ich glaubs, denn jetzt ist Brunhild längst dein Weib. Mein Weib! Ja wohl! Sie ist so weit mein Weib, Als sie mir wehrt, ein anderes zu nehmen, Doch sonst – Gibts ein Geheimnis hier für mich? Kann sein! Wie sie uns nach der Tat empfing, Als ich den ersten Becher Weins ihr brachte, Das weißt du wohl noch selbst: sie fluchte uns Noch grauenvoller, als Kriemhild uns fluchte, Und loderte in Flammen auf, wie nie, Seit sie im Kampf erlag. Sie brauchte Zeit, Um sich hinein zu finden. Als ich sie Nun mahnte, daß sie selbst es ja geboten, Goß sie den Wein mir ins Gesicht und lachte, Wie ich die Menschheit noch nicht lachen hörte – Wars so? Sonst straf mich Lügen! Allerdings, Dann aber fiel sie um, und alles war Für immer aus. Ja wohl! So völlig aus, Als hätt sie ihre ganze Ewigkeit In diesem einzgen kurzen Augenblick Durch ihren Feuerfluch voraus verzehrt, Denn nur als Tote stand sie wieder auf! Als Tote? Ja, obgleich sie ißt und trinkt Und in die Runen stiert. Du hattest recht, Nur Siegfried war im Weg. Ich glaubte – – Nein! Das mildste Wort entlockt ihr nie ein Lächeln, Und hätt ichs Volkers frischem Liedermund In einer goldnen Stunde abgefangen, Das härteste noch minder eine Träne, Sie kennt den Schmerz und auch die Lust nicht mehr. So ists! Die alte Amme deckts nur zu! Stumpf blickt sie drein, als wär ihr Blut vergraben Und wärme eines Wurmes kalt Gedärm, Wie mans in alten Mären hört. Der ist Jetzt mehr, als seinesgleichen, und sie selbst Ist weniger, unendlich weniger, Bis ihn in hundert oder tausend Jahren, Wie's blind der Zufall fügt, ihr Fuß zertritt! – Du magst dich freuen, Gerenot, dir ist Die Krone der Burgunden schon gewiß, Sie bringt mir keinen Erben. Steht es so! Du wunderst dich, daß dus erst jetzt erfährst? Ich trug das alles still, doch heute hast Du selbst das Licht ja auf den Tisch gestellt: Nun reiß die Augen auf und sieh dich um! Im Hause Groll und Zwiespalt, draußen Schmach, Entdeckst du mehr in irgend einem Winkel, So zeig mir deinen Fund. Ein ander Mal. Doch von der Schmach kann diese Werbung uns Erlösen, und so wahr ein Schwan sich taucht, Wenn er das klare Wasser vor sich sieht, Und sich den Staub aus dem Gefieder wäscht, So wahr auch will ich dieses Werk betreiben, Wie ich noch nichts auf dieser Welt betrieb. Mein König, eins von beidem kann nur sein: Entweder liebte Kriemhild ihren Gatten, Wie nie ein Weib den ihren noch geliebt – Ich bin der letzte, der dir dies bestreitet, Ich kenne Unterschied! Dann muß sie uns Auch hassen, wie ein Weib noch niemals haßte – Uns? Dich vielleicht! Sie unterscheidet wohl! Und wenn sie uns so haßt, so muß sie brennen, Es darzutun, denn selbst die Liebe ist So gierig nicht nach Kuß und nach Umarmung, Wie grimmger Haß nach Mord und Blut und Tod, Und wenn der Liebe langes Fasten schadet, So wird der Haß nur immer hungriger. Du kannst es wissen. Ja, ich weiß es auch, Und darum warn ich dich! Wir sind versöhnt. Versöhnt! Nun, bei den namenlosen Göttern! Wenn ich dein Mann, dein treuster Mann nicht wäre, Wenn jeder Tropfen meines Blutes nicht So für dich pochte, wie das ganze Herz Der übrigen, wenn ich, was du erst fühlst, Wenn es dich trifft, nicht immer vorempfände, Und tiefer oft, wie du in Wirklichkeit: Jetzt würd ich schweigen und nicht einmal lachen, Denn selbst die Warnung, die im Hohn noch liegt, Verdient solch eine Rede nicht! Versöhnt! Ja, ja, sie bot die Wange endlich dar, Weil Er deutet auf Giselher und Ute. dieser täglich bat und diese weinte, Und – Trankt ihr auch? Ich glaube nicht einmal, Doch damit war die Rechnung nicht zerrissen, Nein, die Versöhnung kam als neuer Posten Hinzu, und nur noch größer ward die Schuld. Du denkst von meiner Tochter, wie von dir! Du magst die Wange bieten und nur fühlen, Daß ihr des Mundes giftge Zähne mangeln, Sie wird das heilge Zeichen nicht entweihn, Das allem Hader unter Menschenkindern Ein Ende setzte, seit die Erde steht. Die Nibelungen haben ihren Vater Um Gold erschlagen, um dasselbe Gold, Das Siegfried an den Rhein gebracht. Wer hätte Sichs wohl gedacht, bevor sies wirklich taten? Doch ists geschehn und wird noch oft geschehn. Ich hör in allen Stücken gern auf dich, Nur nicht in dem. Du übertrugst den Haß Von Siegfried auf Kriemhild. Du kennst mich schlecht! Zeig mir das Land, wovon kein Weg zurück In unsres führt, ich wills für sie erobern Und ihr den Thron erbaun, so hoch sie mag: Nur gebt ihr keine Waffen, muß ich raten, Wenn sie euch selbst damit erreichen kann. Glaubt ihr, ich habe ihr den Hort geraubt, Um ihr aufs neue weh zu tun? O, pfui! Ich ehre ihren Schmerz und zürn ihr nicht, Daß sie mir flucht. Wer wünschte sich denn nicht Ein Weib, wie sie, wer mögte nicht ein Weib, Das blind für alles ist, solang man lebt, Und wenn man stirbt, noch mit der Erde hadert, Weil sie nicht strahlt und leuchtet, wo man liegt. Ich tats nur, weil es nötig war. Das hätte Nicht mehr geschehen sollen. Die Versöhnung Ward schlecht dadurch besiegelt, das ist wahr, Zu Gunther. Und ob sie dich entschuldigt, weil du kurz Vorher das Land verließest, weiß ich nicht Und zweifle fast daran, da du versäumtest, Den Räuber zu bestrafen, als du kamst! Doch unterbleiben durft es nicht, sie hätte Ein Heer damit geworben. Sie ein Heer! Sie dachte nicht daran. Noch nicht, ich weiß. Sie füllte links und rechts die offnen Hände Mit Siegfrieds Gold und kümmerte sich nicht, Ob einer einmal oder zehnmal kam. Das war das Mittel, Freunde zu erwerben Und zu erhalten. Das geschah allein Zu Siegfrieds Angedenken, und man wird Auf dieser Welt das Bild nicht wiedersehn, Wie sie in ihrem schwarzen Trauerkleide, Das schöne, stille Auge immer feucht, Die Edelsteine und das rote Gold Verteilte unter die Verlangenden Und es nicht selten wusch mit ihren Tränen, Der höchste Jammer, vom Geschick erlesen, Des höchsten Glückes Spender hier zu sein. Dies meint ich eben. Ja, es war ein Bild, Den Stein zu rühren! Und da Wohltat drückt, Und jeder, um die Last sich zu erleichtern, Auf irgend eine Art zu danken wünscht, So hätte von den vielen Tausenden, Die sich allmählig um sie sammeln mußten, Zuletzt wohl einer sie gefragt: Was weinst du? Um auf den kleinsten Wink das Schwert zu ziehn Und den zu rächen, der den Wurm erschlagen Und auch den reichen Hort ins Land gebracht. Und diesen Wink – den hätte Kriemhild je Gegeben, glaubst du? Ist sie nicht ein Weib? bin ich nicht ihre Mutter? Ist der König Ihr Bruder nicht? Und sind ihr Gerenot Und Giselher nicht wert bis diesen Tag? Mir ist, als ob ich Siegfried reden hörte! Die Raben kreisen warnend um ihn her, Er aber denkt: Ich bin bei meinem Schwäher, Und wirft sie mit dem Fuchs und jagt sie fort! Ei was! – Es fragt sich nur, aus welchem Mund Vernimmt sie wohl das erste Wort am liebsten! Zu Ute. Aus deinem, denk ich. Sprich denn du mit ihr. Alle ab. 3. Szene Dritte Szene Kriemhilds Kemenate. füttert ihre Vögel und ihr Eichkätzchen. Ich hab so oft mich über alte Leute Gewundert, daß sie so an Tieren hängen, Jetzt tu ichs selbst. 4. Szene Vierte Szene Ute tritt ein. Schon wieder deine Hand Im Weizenkorb? Du weißt, ich bin dazu Noch eben reich genug und hab sie gern. Sie sind mit mir zufrieden, jedes kann Entfliehn, sobald es will, denn offen steht Der Käfig, wie das Fenster, doch sie bleiben, Sogar das Kätzchen, dieses Sonntagsstück Des arbeitsmüden Schöpfers, das er lieblich, Wie nichts, gebildet hat, weil ihm der schönste Gedanke erst nach Feierabend kam, Und das bei mir zum Kind geworden ist, Wie sollt ich sie nicht lieben! Immerhin, Nur tust du Menschen weh. Denn uns entziehst du, Was du an sie verschwendest, und wir sind Doch mehr, als sie. Wer weiß das? Ist von Menschen Dem edlen Siegfried einer nachgestorben? Nicht einmal ich, doch wohl sein treuer Hund. Kind! Der verkroch sich unter seinen Sarg Und biß nach mir, da ich ihm Speise bot, Als wollt ich ihn zu Missetat verleiten, Ich flucht und schwur, doch aß ich hinterher. Vergib mir, Mutter, aber unter Menschen Ergings mir wohl zu schlecht, als daß ich nicht Versuchen sollte, ob der wilde Wald Nicht beßre Arten birgt. Hör davon auf, Ich hab dir was zu sagen! ohne auf sie zu hören. Und ich glaubs. Der grimmge Leu verschont den Schlafenden, Zu edel hat ihn die Natur gebildet, Als daß er würgt, was sich nicht wehren kann. Den Wachenden zerreißt er zwar, doch nur Aus Hunger, aus dem nämlichen Bedürfnis, Das auch den Menschen auf den Menschen hetzt, Nicht, weil er ihm das Angesicht beneidet Und ihm den freien stolzen Gang nicht gönnt, Was unter uns aus Helden Mörder macht. Die Schlange aber sticht und fragt nicht lange, Ob hinten oder vorn. Wenn man sie tritt. Auch kann sie mit der Zunge, die sie braucht, Um ihren Feind zu töten, ihm nicht schwören, Daß sie ihn küssen will. Sie führen Krieg Mit uns, weil wir den heilgen Gottesfrieden Gebrochen haben, und versöhnen sich Mit jedem einzelnen, sobald er mag. Zu ihnen hätt ich, meinen Sohn im Arm, Mich flüchten sollen, denn den nackten Menschen, Den Ausgestoßnen und Verlassenen, Den sein Geschlecht verleugnet und verrät, Beschützen sie, uralter Brüderschaft Gedenkend, aus der Morgenzeit der Welt. In eurer Sprache hätt ich ihm vertraut, Was man an mir verübt, und sie in ihrer Ihm zugeflüstert, wie's zu rächen sei. Und wär er dann, zum Mann heran gewachsen, Die wuchtge Eichenkeule in der Hand, Hervor geschritten aus dem dunklen Wald, So hätten sie ihn alle, wie den König Die Seinen, in gedrängter Schar begleitet, Vom Leuen an bis zu dem scheusten Wurm. Man wird ihm auch am Rhein das Fluchen lehren, Denn Siegfrieds Vater hat das Recht dazu, Und Siegfrieds Mutter kann es nicht mehr hindern. Doch besser wärs gewesen, wenn du ihn Bei dir behalten hättest. Schweig, o schweig, Wenn ich nicht auch an dir noch zweifeln soll. Ha! Siegfrieds Sohn am Hof der Nibelungen! Man hätte nicht zu seinem dritten Zahn Ihn kommen lassen. Du bezahlst es teuer, Daß du den Trost, den die Natur dir bot, Von dir gestoßen hast. Mir ists genug, Daß ich das Kind den Mördern doch entzog, Sobald ich seinen ersten Laut vernahm, Und nimmer werd ichs Giselher vergessen, Daß er so treu dazu geholfen hat. Du hast die Strafe, denn du mußt dich jetzt An die da hängen. Deutet auf die Vögel. Warum quälst du mich? Du weißt doch wohl, wie's stand. Leg einer Toten Den Sohn ans Herz und fordre Milch von ihr: Die heilge Quelle der Natur wird eher In ihrer starren Brust aufs neue springen, Als meine Seele aus dem Winterschlaf Zu wecken war, der nie ein Tier so tief Bis in das Herz beschlichen hat, wie mich. Ich war so weit, daß meine Träume sich Ins Wachen mischten und dem Morgenruf Des muntren Hahnes trotzten: konnte ich Wohl Mutter sein! Ich will auch nichts von ihm, Er wurde nicht geboren, mich zu trösten, Er soll den Mörder seines Vaters töten, Und wenn ers tat, so wollen wir uns küssen Und dann auf ewig auseinander gehn. 5. Szene Fünfte Szene Giselher und Gerenot treten ein. Nun, Mutter, nun? Ich sprach noch nicht davon. So sprechen wir. Was ist denn für ein Tag, Daß alle meine Sippen sich so sammeln? Treibt ihr den Tod aus? Das ist längst geschehn, Man spart ja schon auf das Johannis-Feuer Und steckt den Lauch mit nächstem an den Balken, Entfiel dir der Kalender denn so ganz? Seit mir die Kuchen nicht so viel mehr sind, Vergeß ich jedes Fest. Seid ihr dafür Nur um so fröhlicher. Das sind wir nicht, Solange du die schwarzen Kleider trägst, Auch kommen wir, um dir sie abzureißen, Denn – Zu Ute. Mutter, nein, es ist doch besser, du! Was gibts, daß dieser sich so plötzlich wendet? Mein Kind, wenn du noch einmal so, wie einst, An meiner Brust dein Haupt verbergen wolltest – Gott spare dir und mir den bittren Tag, An welchem das noch einmal nötig wird! Vergaßest du? Ach, davon heute nichts! Ich dachte an die Kinderzeit. Ihr könnt Nicht fertig werden. Nun, ich half euch oft Und will euch wieder helfen, ob ihr mich Nun tadelt oder lobt. Zu Kriemhild. Vernahmst du nicht Die schallenden Trompeten und den Lärm Der Waffen und der Pferde? Das bedeutet: Ein edler König wirbt um deine Hand. So ists. Und meine Mutter hält für nötig, Es mir zu melden? Hätt ich doch gedacht, Die stumpfste Magd, die uns im Stalle dient, Wär Weib genug, das Nein für mich zu sagen: Wie ist es möglich, daß du fragen kannst! Sie bietens dir. Zum Hohn. Ich werde doch Nicht ihres Hohnes Botin sein? Dich kann Ich eben nicht verstehn. Zu den Brüdern. Ihr seid zu jung, Ihr wißt nicht, was ihr tut, euch will ich mahnen, Wenn eure Stunde auch geschlagen hat. Zu Ute. Doch du – – Ich sollte meinen edlen Siegfried Im Tode noch verleugnen? Diese Hand, Die er durch seinen letzten Druck geheiligt, In eine andre legen? Diese Lippen, Die, seit er hin ist, nur den Sarg noch küßten, In dem er ruht, beflecken? Nicht genug, Daß ich ihm keine Sühne schaffen kann, Sollt ich ihn auch noch um sein Recht verkürzen Und sein Gedächtnis trüben? Denn man mißt Die Toten nach dem Schmerz der Lebenden, Und wenn die Witwe freit, so denkt die Welt: Sie ist das letzte unter allen Weibern, Oder sie hat den letzten Mann gehabt. Wie kannst dus glauben! Ob dus nun verschmähst, Ob du es annimmst: immer zeigt es dir, Daß deine Brüder dirs von Herzen gönnen, Wenn du noch irgend Freunde finden kannst. Ja, Schwester, das ist wahr. Auch gilts so gut Vom König, wie von uns. Hättst du gehört, Wie er den Tronjer schalt, als dieser sich Dagegen stemmte, und wie unbekümmert Um seinen Rat er tat, was ihm gefiel, Du würdest ihm von Herzen jetzt verzeihn, Wie du ihm mit dem Munde längst verziehst. So riet der Tronjer ab? Wohl riet er ab. Er fürchtet sich. Er tut es wirklich, Kind. Er glaubt, du könntest Etzel, denn kein andrer, Als Etzel ists, mit allen seinen Heunen Auf die Burgunden hetzen. Denke dir! Er weiß, was er verdient. Doch weiß er nicht, Daß er in unsrer Mitte sicher ist, Wie einer von uns selbst! Er mag sich wohl Erinnern, wie es einem Bessern ging, Der auch in eurer Mitte war. O Gott, Hätt ichs geahnt! Und wären wir nicht alle So jung gewesen! Ja, ihr wart zu jung, Um mich zu schützen, aber alt genug, Den Mörder zu beschirmen, als ihn Himmel Und Erde zugleich verklagten. Sprich nicht so! Du hast den Tronjer ganz, wie sie, geehrt Und auch geliebt! Wenn dich als Kind im Traum Das wilde Einhorn jagte, oder auch Der Vogel Greif erschreckte, war es nicht Dein Vater, der das Ungetüm erlegte: Du sprangst dem Ohm des Morgens an den Hals Und danktest ihm für Taten, die er selbst Nicht kannte, durch den ersten Kuß. Ja, ja! Und wenn die alten Knechte uns im Stall Vom Donnrer Thor erzählten, daß wir glaubten, Er dräue selbst beim falben Schein der Blitze Durchs Bodenloch hinein, so sah er aus, Wie Hagen, wenn er seine Lanze wirft. Laß, ich beschwör dich, was vergangen ist, Doch endlich auch einmal vergessen sein. Du hast genug geklagt um deinen Helden, Und hättst du dir im ersten Schmerz gelobt, Jedweder seiner edlen Eigenschaften Ein ganzes volles Tränen-Jahr zu widmen: Du wärst herum und deines Eides quitt. Nun trockne dir denn auch die Augen ab Und brauche sie zum Sehen, statt zum Weinen, Herr Etzel ist des ersten Blicks schon wert: Den Toten kann dir keiner wiedergeben, Hier ist der beste aller Lebenden. Ihr wißt, ich will nur eins noch auf der Welt, Und nimmer laß ich ab, es zu verlangen, Bis ich den letzten Odemzug getan. 6. Szene Sechste Szene Gunther tritt ein. zu den Brüdern. Wie stehts? kniet vor ihm nieder. Mein Herr, mein Bruder und mein König, Ich bitte dich in Demut um Gehör. Was soll das heißen? Wenn du wirklich heut, Wie man mir sagte, dich zum ersten Mal Als Herrn erwiesen hast – Zum ersten Mal! Wenn du die Krone und den Purpur nicht Zum bloßen Staat mehr trägst und Schwert und Szepter Zum Spott – Du redest scharf. Das wollt ich nicht! Doch wenns so ist, und wenn auf deine Krönung Die Thronbesteigung endlich folgen soll – Nimms immer an. Dann ist ein großer Tag Für die gekommen, welche schweres Unrecht Erlitten haben, und als Königin Von allen, welche Leid im Lande tragen, Bin ich die erste, die vor dir erscheint Und Klage über Hagen Tronje ruft. stampft. Noch immer fort! erhebt sich langsam. Der Rabe, der im Wald Den öden Platz umflattert, wos geschah, Hört nimmer auf, zu kreisen und zu krächzen, Bis er den Rächer aus dem Schlaf geweckt. Wenn er das Blut der Unschuld fließen sah, So findet er die Ruh nicht eher wieder, Bis das des Mörders auch geflossen ist. Soll mich ein Tier beschämen, das nicht weiß, Warum es schreit, und dennoch lieber hungert, Als seine Pflicht versäumt? Mein Herr und König, Ich rufe Klage über Hagen Tronje, Und Klage werd ich rufen bis zum Tod. Das ist umsonst! Entscheide nicht so rasch! Wenn du denn auch mit deiner armen Schwester Und ihrem Jammer schneller fertig wirst, Wie sie in beßrer Zeit mit deiner Hand, Als sie der wütge Hirsch dir aufgeschlitzt; Wenn du dem Schmerz, der ruhig sagen kann: Ist meinesgleichen irgend noch auf Erden, So will ich lachen und mich selbst verspotten, Und alle segnen, die ich sonst verflucht! Wenn du ihm kalt den kleinsten Trost verweigerst Und ihn von hinnen schreckst mit finstern Brauen: Erwäg es doch und nimm dein Wort zurück. Ich bins ja nicht allein, die Klage ruft, Es ruft das ganze Land mit mir, das Kind Braucht seinen ersten Odemzug dazu, Der Greis den letzten, Bräutigam und Braut Den köstlichsten, du wirst es schaudernd sehn, Wenns dir gefällt, sie vor den Thron zu laden, Daß jedes Alter, jeder Stand erscheint. Denn, wie die brechend-schwere Donnerwolke, Hängt diese Blutschuld über ihnen allen Und dräut mit jedem Augenblicke mehr. Die schwangern Weiber zittern, zu gebären, Weil sie nicht wissen, ob kein Ungeheuer In ihrem Mutterschoß heran gereift, Und daß uns Sonn und Mond noch immer leuchten, Gilt manchem schon als Wunder der Natur. Wenn du dein königliches Amt versäumst, So könnten sie zur Eigenhülfe greifen, Wie's einst geschah, bevors noch Kön'ge gab, Und wenn sich alle wild zusammenrotten, So dürften sie, da du nun einmal fürchtest, Noch fürchterlicher, als der Tronjer, sein! Sie mögens tun. Du sprichst, als zeigt ich dir Einen Rock mit trocknem Blut, als hättest du Den Helden nie gesehn, in dessen Adern Es kreiste, seine Stimme nie gehört, Noch seiner Hände warmen Druck gefühlt. Kann das denn sein? So färbe du, o Erde, Dich überall, wie dich der grause Mord Bei den Burgunden färbte! Tauche dich In dunkles Rot! Wirfs ab, das grüne Kleid Der Hoffnung und der Freude! Mahne alles, Was lebt, an diese namenlose Tat, Und bringe, da man mir die Sühne weigert, Sie vor das ganze menschliche Geschlecht. Genug! Ich kam in einer Absicht her, Die Dank verdient. Zu Ute. Hast du mit ihr gesprochen? Auf ein bejahendes Zeichen Utes. Gut! Gut! – Ich will dich nicht um Antwort fragen, Der Bote mag sie selbst entgegen nehmen, Damit er sieht, daß du dich frei bestimmst. Ich hoffe, du gestattest ihm Gehör, Es ist der alte Markgraf Rüdeger, Die Sitte will es, und er bittet drum. Der Markgraf Rüdeger ist mir willkommen. So send ich ihn. Zu Ute und den Brüdern. Laßt ihr sie auch allein! Alle ab. 7. Szene Siebente Szene Er fürchtet sich! Er fürchtet Hagen Tronje, Und Hagen Tronje, hör ich, fürchtet mich! – Du könntest Grund erhalten! Mag die Welt Mich anfangs schmähn, sie soll mich wieder loben, Wenn sie das Ende dieser Dinge sieht! 8. Szene Achte Szene Rüdeger mit Gefolge tritt ein. Seid mir willkommen, Markgraf Rüdeger! – Doch sprecht, ists wirklich wahr, was man mir meldet, Ihr seid als Bote hier? So ists! Doch nur Als Bote Etzels, der kein einzges Szepter In Königs-Händen unzerbrochen ließ, Als das der Nibelungen. Einerlei, Ich bin darum nicht weniger erstaunt! Ihr seid mir längst gerühmt. Ein Abenteuer Und Rüdeger, ders andern weggenommen, Die wurden stets zugleich bei uns genannt, Und wenn man Euch als Boten schicken kann, So sollte man Euch doch so lange sparen, Bis man ums Beste dieser Erde schickt. Das hat mein Herr und König auch getan. Wie, Rüdeger, du wirbst um eine Witwe Und suchst sie in der Mördergrube auf? Was sagst du, Königin? Die Schwalben fliehen Von dannen, und die frommen Störche kehren Ins hundertjährge Nest nicht mehr zurück, Doch König Etzel spricht als Freier ein. Unselig sind die Worte, die du redest. Unselger noch die Taten, die ich sah! – Verstell dich nicht! Du weißt, wie Siegfried starb, Und hättst du nur das Ammenlied behorcht, Womit man jetzt am Rhein die Kinder schreckt. Und wenn ichs weiß? Herr Etzel ist noch Heide, Nicht wahr? Wenn dus verlangst, so wird er Christ! Er bleibe, was er ist! – Ich will dich nicht Betrügen, Rüdeger, mein Herz ist tot, Wie der, für den es schlug, doch meine Hand Hat einen Preis! Ich biet ein Königreich, Das auf der Erde keine Grenzen hat. Ein Königreich ist wenig oder viel, Wie wirds bei Euch verteilt? Dem Mann das Schwert, Nicht wahr, die Krone und der Herrscherstab, Dem Weib die Flitter, das gestickte Kleid? Nein, nein, ich brauche mehr. Was es auch sei, Es ist gewährt, noch eh dus fordern kannst. Herr Etzel wird mir keinen Dienst versagen? Ich bürge dir! Und du? Was ich vermag, Ist dein bis auf den letzten Odemzug. Herr Markgraf, schwört mir das! Ich schwör es Euch! für sich. Sie kennen meinen Preis, ich bins gewiß! Zu den Dienern. Die Könige! So hab ich denn dein Wort? Herr Etzel ist auch in Burgund bekannt, Wer seinen Namen hört, der denkt zuerst An Blut und Feuer, dann an einen Menschen! – Ja wohl, du hast mein Wort! – Man sagt: die Krone Muß ihm ums Angesicht zusammenschmelzen, Der glühnde Degen aus den Händen tröpfeln, Eh er im Stürmen inne hält! Das ist Der Mann dafür, dem wird es Wollust sein! 9. Szene Neunte Szene Ute und die Könige treten ein. Ich habs mir überlegt und füg mich euch! Herr Markgraf Rüdeger, reicht mir die Hand. Ich fasse sie, als ob es Etzels wäre, Und bin von jetzt der Heunen Königin. Ich huldge Euch! Er zieht nebst den Seinigen das Schwert dabei. Und ich, ich segne dich. weicht vor ihr zurück. Laß! Laß! Dein Segen hat ja keine Kraft! Zu den Königen. Doch ihr – Geleitet ihr mich selbst hinab, Wie's König Dankrats Tochter fordern darf, Und wie's der Herr der Welt erwarten kann? schweigt. Wie! Nein? Ihr weigert mir mein Fürstenrecht? Zu Rüdeger. Herr Markgraf, fragt bei König Gunther an, Wodurch ich es verwirkt. Ich weigre nichts, Doch hab ich Gründe, jetzt den Rhein zu hüten, Und bitte Euch, Herr Markgraf, meine Schwester Dem Herrn, den sie gewählt, in meinem Namen Zu übergeben und mich zu entschuldgen, Ich sehe später nach, wie er sie setzt. Du gibst dein königliches Wort darauf? Ich tat es schon. So übernehm ich sie! Nun noch ein letzter Gang zu Siegfrieds Gruft! Beredet ihr indes das übrige! Eckewart tritt hervor. Mein treuer Eckewart hat mich gewiegt, Und ob auch alle andern mich verlassen, Er fehlt gewiß nicht hinter meinem Sarg. Ab. 2. Akt 1. Szene Erste Szene Gunther, Volker, Dankwart, Rumolt und ein großes Gefolge. Werbel und Swemmel vor dem König. Später wird das Schiff mit Hagen, dem Kaplan etc. sichtbar. Nun gib uns endlich Urlaub, hoher König, Sie brauchen uns zu Hause, denn sie wissen Den Fiedelbogen höchstens von der Lanze Zu unterscheiden, aber nicht zu führen, Und die als steife Boten Abschied nehmen, Wirst du als flinke Geiger wieder sehn, Wenn du den feierlichen Einzug hältst. Ihr habt noch Zeit. Ich denke in Bechlarn Beim alten Rüdeger die Rast zu halten, Und so weit haben wir den gleichen Weg. Wir kennen einen nähern, und wir müssen Uns sputen. Nun, so zieht. Wir danken dir. Will mit Swemmel ab. Vergeßt ihr die Geschenke? Wartet doch, Bis sie herüber kommen. kehrt mit Swemmel um. Das ist wahr! Schon naht das Schiff. Das find ich wunderlich, Erst schlagen sie die reichen Gaben aus, Dann lassen sie sie liegen! Rasch zu Werbel. Ist Kriemhild Noch immer traurig? Sagten wir euch nicht, Daß sie so fröhlich scheint, als hätte sie Den Kummer nie gekannt? Das sagtet ihr. Nun denn. Es muß ein Land der Wunder sein, Wo Etzel herrscht. Wer weiße Rosen pflanzt, Pflückt rote, denk ich, oder umgekehrt. Warum? Weil sie sich so verändert hat. Als fröhlich haben wir sie nie gekannt, Sie war sogar als Kind nur still vergnügt Und lachte mit den Augen. Hagen kommt Mit seiner letzten Fracht. Worin denn zeigt Sich ihre Fröhlichkeit? Das seht ihr ja: Sie liebt die Feste, und sie ladet euch Zum größten ein. Ihr fragt uns sonderbar! Ists nicht natürlich, daß sie Boten schickt, Wenn ihr nicht, wie ihr doch versprochen habt, Von selbst erscheint? So sehr sie unsre Frauen An Majestät und Schönheit übertrifft, So seltsam finden die's, und das mit Recht, Daß ihr Geschlecht sich nicht um sie bekümmert, Als wär sie seine Schmach und nicht sein Stolz. Wenn das nicht anders wird, so wird der Neid Ihr noch die fürstliche Geburt bezweifeln, Und darum mahnt sie euch an euer Wort. Ei nun, wir kommen um die Sonnenwende Und, wie ihr seht, Deutet auf das Gefolge. mit unserm ganzen Staat! Mit einem Heer, ja wohl. Auf so viel Gäste Ist Etzel kaum gefaßt, drum müssen wir Voran! Sie gehen zu dem Schiff, das eben anlegt, und verschwinden rasch. Die reden falsch! Das ist gewiß! Doch wahr ists auch, daß Kriemhild wünschen muß, Uns dort zu sehn. Und törigt wärs, zu glauben, Daß sie den zweiten Mann beredet hätte, Für ihren ersten Thron und Kopf zu wagen: Das widerspricht sich selbst und ist zum Lachen, Doch mag geschehn, was heimlich möglich ist! Und da wir unsre Augen für uns selbst Nicht brauchen, denn was hätten wir zu fürchten, So ists, als ob der Tronjer tausend hätte, Und die sind auch um Mitternacht genug. der gleich bei der Ankunft des Schiffes herausgesprungen ist und dem Ausladen zugeschaut hat. Ist alles hier? Bis auf den Priester dort! Deutet auf den Kaplan. Der packt sich erst sein Meßgerät zusammen. springt wieder ins Schiff und stürzt auf den Kaplan los. Steh fest! Er stößt ihn über Bord. Da liegt er, wie ein junger Hund, Und meine ganze Mannheit kehrt mir wieder! ist ihm nachgesprungen. Pfui, Hagen, pfui, das war kein Stück für dich. heimlich. Meerweiber traf ich, grün, wie Schilf, das Haar, Und blau die Augen, die mir prophezeiten – Bricht ab. Was? Kannst du schwimmen, trotz des lahmen Arms? Die Ruderstange her! ergreift sie und hält sie fest. Die Ruderstange! Sonst spring ich nach, gepanzert, wie ich bin! Er nimmt sie und schlägt ins Wasser. Zu spät! Das ist ein Fisch! – So ists denn wahr, Und nicht bloß Bosheit! ruft herüber. König, fahre wohl, Ich geh zurück! Und ich – Zieht sein Schwert und zertrümmert das Schiff. Bist du von Sinnen, Daß du das Schiff zerschlägst? Frau Ute hat Zu schlecht geträumt, als daß dir jeder Knecht Zu Etzels Gastgebot mit Freuden folgte, Doch nun ist auch der letzte dir gewiß. Und halt ich einen, den ein Traum erschreckt? Das war es nicht. Was hast du? Tritt bei Seite, Damit uns keiner hört. Denn dir allein Will ichs vertraun. Heimlich. Meerweiber traf ich an, Als ich vorhin, das Schiff zu suchen, ging, Sie schwebten über einem alten Brunnen Und glichen Vögeln, die im Nebel hüpfen, Bald sichtbar, bald vom blauen Qualm verschluckt. Ich schlich heran, da flohn sie scheu von dannen, Allein die Kleider riß ich ihnen ab, Und schmeichelnd riefen sie, in ihre Locken Sich wickelnd und in einer Linden-Krone Sich bergend: Gibst du uns den Raub zurück, So wollen wir dir prophezein, wir wissen, Was euch begegnen wird und meldens treu! Ich ließ die Kleider hoch im Winde flattern Und nickte, da begannen sie zu singen, Und nie vernahm ich noch ein schönres Lied Von Glück und Sieg und allem, was man wünscht. Das ist ein beßres Zeichen, als du denkst! Wie das Insekt von Sonnenschein und Regen, So haben sie vom Schicksal Witterung, Nur reden sie nicht gern, denn jedes Wort Bezahlen sie mit einem Lebensjahr, Und uralt werden sie, wie Sonn und Mond Am Himmel, doch unsterblich sind sie nicht. Um so verfluchter denn! Ich warf die Kleider Mit Freuden wieder hin und stürzte fort. Doch da erscholl ein Lachen hinter mir, So widerwärtig und entsetzlich-häßlich, Als käms aus einem Sumpf von tausend Kröten Und Unken, und ich sah mich schaudernd um. Was wars? Die Weiber abermals, doch nun In scheußlicher Gestalt. Sie schnitten mir Gesichter, und in seltsam-schnalzgem Ton, Als spräche, statt des Vogels, jetzt der Fisch, In dem ihr schlanker Leib sich endgen soll, Höhnten sie mich: Wir haben dich betrogen, Ihr alle seht, wenn ihr ins Heunenland Hinunter zieht, den grünen Rhein nicht wieder, Und nur der Mann, den du am allermeisten Verachtest, kommt zurück. Doch nicht der Pfaff? Du siehst es ja. Ich rief zwar spöttisch drein: Das heißt: die Fremde wird uns so gefallen, Daß wir die Heimat über sie vergessen, Und lacht und pfiff und fragte nach dem Schiff. Doch trafs mich, wie ein Schlag, und glaubs mir nur, Es endet nimmer gut. Laut. Man wirds erfahren, Daß man, wenn Hagen Tronje einmal warnt, Auf Hagen Tronje hören darf. Warum Hört Hagen Tronje denn nicht selbst auf sich Und bleibt zurück? Wir haben Mut genug, Auch ohne ihn das grause Abenteuer Zu wagen, das in einer Schwester Armen Sein Ende finden wird, wenn uns nicht gar Zuletzt ein Kuß von unserm Schwäher droht. Ho, ho! Ich bin wohl noch zu jung zum Sterben! – Es ist mir nur um dich und nicht um mich. zu Hagen. Was ist denn das für Blut? Wo hätt ich Blut? taucht den Finger hinein und zeigt es ihm. Ei, von der Stirne träufts dir hell herunter, Fühlst dus nicht selbst? So sitzt mein Helm nicht fest. Nein, sprich, was ists? Ich trug den Donauzoll Im stillen für dich ab. Du wirst nicht mehr Gemahnt, der Mautner hat sein Teil. Doch wußte Er nimmt den Helm ab. Ich selber nicht, daß ich so reichlich gab. So hast du doch den Fährmann – Allerdings! Ich sehs jetzt, Lügen haben kurze Beine: Er grüßte mich mit seinem dicken Ruder, Ich dankte ihm mit meinem scharfen Schwert. Gelfrat, den Riesen! Ja, den Stolz der Baiern! Er treibt im Fluß, verhauen, wie sein Schiff! Doch unbesorgt. Ich trag euch auf dem Rücken Hinüber, wenn ihr hier zum zweiten Mal Die Fähre sucht. So brauchts nur fort zu gehn, Und deine Rabenweisheit kommt zu Ehren – Das tut sie auch, wenn ihr die Fiedel streicht! So oder so, wir sind im Netz des Todes – Gewiß! Doch ist das neu? Wir warens stets. Das ist ein Wort, mein Volker, habe Dank. Ja wohl, wir warens stets, es ist nicht neu, Und einen Vorteil haben wir voraus Vor all den andern, welche sterben müssen: Wir kennen unsern Feind und sehn das Netz – unterbricht ihn scharf und schroff. Fort! Fort! Sonst läßt der Baiernherzog sich Den toten Mautner zahlen, wie die Maut, Und König Etzel kommt um seinen Spaß. Ab mit den Seinigen bis auf Hagen und Volker. Und bei den Namenlosen seis geschworen: Wer mich hinunter stößt, den reiß ich nach. Ich helf dabei! Doch sagen muß ich dir: Bis diese Stunde hab ich, wie die andern, Gedacht. Ich auch. Doch weiß ichs selber erst, So ist der Mensch, pfui über ihn und mich, Seit ich die Weiber prophezeien hörte! Und jetzt noch mögt ich zweifeln – Nein, mein Volker, Das wär verkehrt. Die Probe ist gemacht. Doch ist auch alles wahr, was Ute sagte: Sie ist ein Weib, und müßte, um den Gatten Zu rächen, ihre eignen Brüder töten, Und ihre alte Mutter mit! Wie das? Die Kön'ge decken dich, und Ute deckt Die Kön'ge wieder, oder trifft man sie Nicht auch, wenn man die Söhne trifft? Gewiß. Und wird ein Weib wohl einen Pfeil versenden, Der, eh er dir die Haut nur ritzen kann, Durch alle Herzen gehen muß? Komme, was kommen mag, ich bin bereit. Ich hab uns alle bluten sehn im Traum, Doch jeder hatte seine Wunde hinten, Wie sie der Mörder, nicht der Held versetzt, Drum fürchte nichts, als Mäusefallen, Freund! Beide ab. 2. Szene Zweite Szene Bechlarn. Empfang-Saal. Götelinde von der einen Seite mit Gudrun, Rüdeger von der andern mit Dietrich und Hildebrant. Hinter ihnen Iring und Thüring. Es freut mich, edler Dieterich von Bern, Euch in Bechlarn zu sehn, nicht minder gern Erblick ich Euch, Herr Hildebrant. Ich habe Nur eine Zunge, und ich kann mit ihr Zwei tapfre Recken nicht auf einmal grüßen, Allein ich hab zwei Hände, die dem Herzen, Das euch gleich stark entgegen schlägt, gleich willig Gehorchen und Sie streckt ihre Hände aus. verbeßre so den Fehl. während der Begrüßung. Zu milde Worte für so alte Knochen! Das find ich nicht. Ich küß sie noch einmal, Er küßt auch Gudrun. Da sie nun einmal doppelt vor mir steht. Die Ähnlichkeit ist wirklich groß genug, Um die Verwechslung zu entschuldigen. Er küßt Gudrun gleichfalls. Nur immer zu! Ich und mein Waffenmeister, Wir spielen heut: Wer ist der größte Narr? Mit braunen Köpfen haben wir gerauft, Mit weißen küssen wir! zu Iring und Thüring. Euch, edle Herrn Von Dänemark und Thüring, hab ich schon So oft gesehn, daß ich euch wohl als Freunde Behandeln darf! während der Begrüßung. Herrn Dieterich gebührt Der Rang auch ohne das. Wo er erscheint, Tritt alles gern zurück. Wenn wir uns so Zusammenfinden, wir, die Amelungen, Und ihr, die ihr aus fernstem Norden stammt, Ein jeder mehr, als hundert Mal, gekerbt In blutgen Kämpfen, wie ein Eichenbaum, Den sich der Jäger für die Axt bezeichnet, Doch nie gefällt, wie der, so mögt ich glauben, Wir haben, ohne selbst darum zu wissen, Das Kraut gepflückt, das vor dem Tode schützt. Ein Wunder ists. Das Wunder ist nicht groß! Einst saßen wir auf unsren eignen Thronen, Jetzt sind wir hier, um für den Heunen-Fürsten Die blutgen Nibelungen zu begrüßen Und tragen unser Diadem zum Spott. Herr Etzel hat sich seinen stolzen Hof Aus Königen gebildet, und er sollte Für sich auf einen neuen Namen sinnen, Bei dem man gleich an dreißig Kronen denkt: Wir aber hätten wohlgetan, das Zepter Mit einem Bettelstabe zu vertauschen, Der Stock, das schnöde Mittelding, entehrt. Auch ich bin unter euch und kam von selbst. Ja wohl, doch keiner ahnt, warum, und Etzel, Das glaube nur, ist so erstaunt, wie wir. Wärst du von meinem Holz, so würd ich glauben, Du hättst dich eingefunden, um den Löwen Zu spielen und ihn selber zu verschlingen, Nachdem er Bär und Wolf im Magen hat, Doch dies liegt deinem Wesen fern, ich weiß. Und da du ganz aus freien Stücken tust, Was wir aus Klugheit und aus halbem Zwang, So mußt du wunderbare Gründe haben, Die unser plumpe Kopf nicht fassen kann. Ich habe Gründe, und der Tag ist nah, Wo ihr sie kennen lernt. Ich brenne drauf, Sie zu erfahren, denn daß du dich beugst, Wo du gebieten könntest, ist so seltsam, Daß es, ich sag es frei, an Schande grenzt, Besonders dieser Weg. Das mein ich auch! Vergeßt nicht Etzels Sinn und edle Art! Ich würd ihm willig dienen, wenn ich auch So frei, wie Dietrich, wäre, denn er ist Uns gleich an Adel, doch wir hattens leicht, Wir erbtens mit dem Blut von unsern Müttern, Er aber nahm es aus der eignen Brust! So fühl ich nicht, ich folge, weil ich muß, Doch wäre ich, wie der – Ich tröste mich Mit unsern Göttern, denn derselbe Sturm, Der uns die Kronen raubte, hat auch sie Gestürzt, und wenns mich auch einmal verdrießt, Daß dieser Er faßt an sein Diadem. Reif nicht länger blitzt, wie sonst, So tret ich rasch in Wodans Eichenhain, Und denk an den, der mehr verloren hat! So machst dus recht! – Das große Rad der Welt Wird umgehängt, vielleicht gar ausgetauscht, Und keiner weiß, was kommen soll. Wie das? Ich saß einst eine Nacht am Nixenbrunnen Und wußte selbst nicht, wo ich war. Da hab ich Gar viel erlauscht. Was denn? Wer sagts dir an? Du hörst ein Wort und kannst es nicht verstehn, Du siehst ein Bild und weißt es nicht zu deuten, Und erst, wenn was geschieht, besinnst du dich, Daß dirs die Norne schon vor Jahr und Tag In Schattentänzen vorgegaukelt hat! Trompeten. Die Helden nahn! Die Mörder! Davon still! So blieb ein Rätsel mir im Ohre hängen, Das lautete: Der Riese soll den Riesen Nicht fürchten, nur den Zwerg! Hättst dus gelöst? Seit Siegfrieds Tod versteh ichs nur zu wohl. am Fenster. Die Trompeten ganz nahe. Da sind sie. Welche muß ich küssen, Mutter? Die Kön'ge und den Tronjer! zu den Recken. Kommt denn, kommt! Ihr, um zu grüßen, um zu warnen ich. Wie? Ja! Wenn sie auf meine Winke achten, So trinken sie mit dir und kehren um! Im Abgehen. Halt Feuer und Schwefel auseinander, Freund, Denn löschen kannst du nicht, wenns einmal brennt. Alle ab. 3. Szene Dritte Szene Tritt her zu mir, Gudrun, was zögerst du? So edlen Gästen dürfen wir uns nicht Gleichgültig zeigen. tritt gleichfalls ans Fenster. Mutter, sieh doch den, Den Blassen mit den hohlen Toten-Augen, Der hats gewiß getan. Was denn getan? Die arme Königin! Sie war doch gar Nicht lustig auf der Hochzeit. Was verstehst Denn du davon? Du bist ja eingeschlafen, Bevor sies werden konnte. Eingeschlafen! Ich schlief in Wien nicht einmal ein, so jung Ich damals auch noch war! – So saß sie da, Den Kopf gestützt, als dächte sie an alles, Nur nicht an uns, und wenn Herr Etzel sie Berührte, zuckte sie, wie ich wohl zucke, Wenn eine Schlange uns zu nahe kommt. Pfui, pfui, Gudrun! Du kannst mirs sicher glauben, Ihr habts nur nicht bemerkt. Du lobst mein Auge Doch sonst – Wenns Nadeln aufzuheben gibt. Der Vater nennt mich seinen Haus-Kalender – Es soll nicht mehr geschehn, du wirst zu keck. So war sie lustig? Wie's der Witwe ziemt! Nichts mehr davon! Sie tritt vom Fenster zurück. Es fiel mir ja nur ein, Als ich – Schreit auf. Da ist er! 4. Szene Vierte Szene Rüdeger tritt mit seinen Gästen und den Nibelungen ein. Giselher folgt später und hält sich abseits. Wir erschrecken hier? Allgemeine Begrüßung. zu Gudrun. Man hat mich wohl verleumdet und verbreitet, Daß ich nicht küssen kann? Hier der Beweis. Er küßt sie, dann zu Götelinde. Verzeiht mir, edle Frau! Ich war besorgt Für meinen Ruf und mußte eilig zeigen, Daß ich kein Lindwurm bin. Doch, wär ichs auch, So hätt ein Kuß von diesem Rosenmund Mich so gewiß zum Schäfer umgewandelt, Als es im schönsten Märchen je geschah. Was soll ich? Veilchen suchen? Lämmer fangen? Ich wette um den zweiten Kuß mit dir: Die Blumen sollen nicht ein Blatt verlieren, Die Lämmer nicht ein Haar! Sprich, gehst dus ein? Zum Imbiß jetzt! Im Grünen ist gedeckt. Erst laß uns deine Waffen doch besehn! Tritt vor einen Schild. Das ist ein Schild! Den Meister mögt ich kennen, Der ihn geschmiedet hat. Doch hast du selbst ihn Gewiß nicht aus der ersten Hand. Versuchs, Ob du errätst, wer ihn vor mir besaß. nimmt den Schild von der Wand. Ei, der ist schwer. Nur wen'ge gehn herum, Die solch ein Erbstück nicht verschmähen müßten. Hörst du, Gudrun? Du kannst ihn liegen lassen, Wie einen Mühlenstein, wos dir gefällt, Er schützt sich selbst. Habt Dank für dieses Wort. Wie, edle Frau? Habt Dank, habt tausend Dank, Es war mein Vater Nudung, der ihn trug. Dann hatt er recht, als er Euch schwören ließ, Euch keinem andern Recken zu vermählen, Als dem, der seine Waffen brauchen könne, Man denkt zum Schild sich leicht das Schwert hinzu. Das hab ich nie gehört. Was solch ein Fiedler Doch alles weiß! Es war so, wie er sagt. will den Schild wieder aufhängen. Nun, ich beklage seinen Tod von Herzen, Ich hätt – verzeiht – ihn selbst erschlagen mögen, Es muß ein trotzger Held gewesen sein. Laßt ihn nur stehn. Das tut kein Knecht für mich. Schon gut. Wir wissen jetzt, was dir gefällt! Meinst du? Zum Balmung würd er freilich passen, Den mir der wackre Siegfried hinterließ, Und daß ich Waffen sammle, leugn ich nicht. Nur nimmst du keine aus der ersten Hand. Ich liebe die erprobten, das ist wahr! Alle ab. 5. Szene Fünfte Szene hält Giselher zurück. Mein Giselher, ich muß dir was vertraun. Du mir? Auch bitt ich dich um deinen Rat. Wir ritten fast die ganze Zeit zusammen, Und jetzt auf einmal? Nun, so faß dich kurz! Sahst du das Mägdlein? Doch, was frag ich noch, Sie hielt ja keinen Becher in der Hand. Sprich nicht so dumm, ich hab sie wohl gesehn. Du hast ja aber doch den Kuß verschmäht, Den sie dir schuldig war – Was höhnst du mich? Ich muß dich prüfen, eh ichs glauben kann, Denn das vom Becher ist dein eignes Wort. Wie alt erscheint sie dir? Nun laß mich aus! Du hast noch Zeit. Führt sie den Mädchen-Titel Schon unbestritten? Kümmerts dich? Ja wohl: Ich mögt hier werben, und ich muß doch wissen, Daß sie den Bräutigam nicht stehen läßt, Wenn sie zum Blindekuh gerufen wird. Du willst hier werben? Du? Nicht für mich selbst! Mein Helm ist, trotz der Beulen, die er hat, Noch blank genug, mir mein Gesicht zu zeigen. O nein, für Gerenot. Für Gerenot? Nun frag ich dich im Ernst: ists euch genehm? Dann tu ichs gern! Hab ichs doch selbst gesehn, Daß ihns durchfuhr, als ob der Blitz ihn träfe, Wie er dies Kind am Fenster stehen sah. Ihn? Er hat nicht einmal hinauf geschaut! – Das war ja ich. Das wärest du gewesen? Sprachst du denn auch zu mir? Das glaub ich nicht, Doch dafür sprech ich jetzt. Ihr habt ja immer Gedrängt, ich sollte frein, und Gerenot Am allermeisten – Nun, es wird geschehn! Auf einmal? Wenn sie will. Ich hab den Kuß Der Höflichkeit verschmäht – Ists wirklich so? Verpaßt, wenns dir gefällt, wie meinen Teil Vom großen Kuchen, doch es ist mir gleich, Einen andern oder keinen! Rasch ab. 6. Szene Sechste Szene Ei, das kommt, Wie's Fieber! Aber ganz zur rechten Zeit, Drum blies ich auch hinein mit vollen Backen, Denn, wenn wir uns mit Rüdeger verschwähern, Ist Etzels redlichster Vasall uns Freund. Ab. 7. Szene Siebente Szene Garten. Rüdeger und seine Gäste. Bankett im Hintergrund. Hast du ihr im geheimen nichts gelobt? Hätt ichs getan, so müßt ichs wohl verschweigen! Ich glaub es doch. Der Umsprung war zu rasch! Erst war sie durch die Werbung tief gekränkt, Dann wars ihr plötzlich recht. Und wenn es wäre: Kann sie verlangen, was man weigern muß? Wer weiß! Doch mir ists gleich! Ich kenne das! Wohl mag ein Weib, das schwer beleidigt ist, Auf Rache sinnen und in blutgen Plänen Uns alle überbieten: kommt der Tag, Wo sich ein Arm für sie erheben will, So hält sie selbst mit Zittern ihn zurück Und ruft: Noch nicht! Kann sein! – Wo bleibst du, Volker? 8. Szene Achte Szene Volker tritt auf. Ich hatte Kranken-Dienst! – Die Luft bei euch Ist nicht gesund. Hier brechen Fieber aus, Die über zwanzig Jahre ruhig schliefen, Und das so heftig, wie ichs nie gesehn. Wo ist dein Kranker denn? Da kommt er just! 9. Szene Neunte Szene Giselher tritt auf. Zu Tisch! Dort lösen wir dies Rätsel auf, Wenn wir die Nüsse und die Mandeln knacken. Mein edler Markgraf, erst erlaubt ein Wort. Soviel der Küchenmeister noch gestattet, Nicht mehr noch weniger. Ich bitte Euch Um Eurer Tochter Hand. Ei, Giselher! Ists dir nicht recht? Sprich auch! Und laß uns schwören: Wie uns das Los auch fällt, wir grollen nicht! Du lachst? Du sprachst wohl schon und hast dein Ja? Nun wohl, ich halt auch dann, was ich gelobt, Doch nehm ich nie ein Weib! Was fällt dir ein! winkt Frau und Tochter. Tritt her, Gudrun! schlägt Giselher auf die Schulter. Du bist ein braver Schmied! – Das wird ein Ring! – Ich leg mein Fürwort ein! Das tu auch ich. Es wird mich hoch erfreun, Wenn ich auf diese reine Jungfraun-Stirn Die Krone setzen darf. zu Gudrun. Und du? da Gudrun schweigt. O weh! So wißt Ihrs nicht schon längst durch das Gerücht? Mein Kind ist taub und stumm. Ich geb Euch gern Euer Wort zurück. Ich habs noch nicht verlangt, Sie wäre ohne das zu gut für mich. Recht, hämmre tüchtig zu! Denn solch ein Ring Paßt ganz in unsre Kette. Zu Volker. Wenn sies wagt, So soll sie zehn Mal blutger sein, wie ich! Gudrun – Ach ich vergesse! Lehrt mich rasch Die Zeichen, die ihr braucht, mit ihr zu reden, Und dies Mal fragt für mich. Ei, glaubs doch nicht, Ich schämte mich ja nur. Du liebes Kind! Auf deinen Lippen muß ein Zauber wohnen, Wer sich beim ersten Kuß was wünscht, der hats. So sprich! Mein Vater sprach ja auch noch nicht. zu Rüdeger. Da hast du Vollmacht! Siegle! Denn dein Koch Wird ungeduldig. gegen Gunther. Braucht es meiner noch? Muß ich die Rolle jenes Narren spielen, Dem eine Krone auf den Scheitel fiel, Und der gen Himmel rief: Ich nehm sie an? Es sei, und also sag ich ja! Zu Hagen. Nun weißt du, Wie tief ich gegen euch verschworen bin. So gebt euch denn die Hände! Brav! Der Ring Ist fertig! Keinen Schlag mehr, Schmied! Die Hochzeit Erst bei der Wiederkehr! Warum? Ei wohl! Ich harrte sieben Jahr. Doch darfst du nicht Zurück gewiesen werden, wenn dir auch Ein paar von deinen Gliedern fehlen sollten – Zu Gudrun. Ich steh dafür, er kommt nicht ohne Kopf! Das gehn wir ein. Es gilt ja nur ein Fest. tritt plötzlich hinzu. Wer weiß! Frau Kriemhild weint noch Tag und Nacht. Und Etzel duldets? Pah! Da schellt der Koch. Ich bin gekommen, um euch das zu sagen, Es ist geschehn, nun achtets, wie ihr wollt. Geht mit Rüdeger zum Bankett. 10. Szene Zehnte Szene Hört ihrs? Das sprach Herr Dieterich von Bern. kehrt wieder um. Seid auf der Hut, ihr stolzen Nibelungen, Und wähnt nicht, daß ein jeder, der die Zunge Jetzt für euch braucht, den Arm auch brauchen darf. Folgt Rüdeger. 11. Szene Eilfte Szene Das sprach ein König, der gewiß zuletzt Auf Erden Argwohn schöpft. Sie kennen ihn. Und weise Nixen, die dem Zauberborn Entstiegen – Willst du schwatzen? Nun, was ists? Sie meinten, gute Panzer täten not – Und nützten doch zu nichts. Was tuts? Die Hülfe Ist bei der Hand. Wie das? Du gehst zurück! Zurück? Ja wohl! Du meldest meiner Mutter, Was hier geschah, damit sie Betten stopft, Und freust dich, daß du uns gerettet hast. Denn die Gefahr, vor der du ewig warnst, Ist nur für dich und nicht für uns vorhanden, Wir sind gedeckt, sobald du selbst nur willst, Und deinen Auftrag hast du! Kehr denn um! Gebeutst dus mir? Wenn ich gebieten wollte, So hätt ichs schon zu Worms am Rhein getan! Dann ists ein Dienst, den ich dir weigern muß. Siehst du? Es ist dir nicht allein um mich! Du willst nicht fehlen, wo man spotten könnte: Wo bleibt er denn? Er fürchtet sich doch nicht? Nun, was dich treibt, das treibt auch mich! Ich will Nicht warten, bis der Heunenkönig mir Ein Spinnrad schickt. Ja, wenn die Norne selbst Mit aufgehobnem Finger mich bedräute, Ich wiche keinen Schritt zurück! Und du Bist unser Tod, wenns drunten wirklich steht, Wie dus uns prophezeist. Doch – Er schlägt Hagen auf die Schulter. Komm nur, Tod! Folgen den andern. 3. Akt 1. Szene Erste Szene Kriemhild, Werbel, Swemmel. So wagt ers ungeladen? Hagen Tronje, Ich kannte dich! Er zieht voran und führt. Greift gleich nach ihren Waffen, wenn sie kommen, Ihr wißt, mit List. Es liegt uns selbst daran. Habt ihr denn auch noch Mut, nun ihr sie kennt? Dem Hornißschwarm erlag schon mancher Leu! – Weiß Etzel etwas? Nein! – Und doch wohl: Ja. Es ist nur – Was? Auch in der Wüste ehren Wir einen Gast. Ist Gast, wen keiner lud? Bei uns sogar der Feind. Vielleicht ist alles Nicht nötig. Hier wird König Gunther frei, Und wenn sich in Burgund der Henker findet, So brauche ich die Heunschen Rächer nicht. Doch, Königin – Euch halte ich auch dann, Was ich euch schwur. Der Nibelungen Hort Ist euer, wenn er liegt. Ich frage nicht, Durch wen er fiel! Auch wenn wir nichts getan? Trotz Etzels Zorn, dein bis zum Tod dafür! Habt ihr die Königin Burgunds gesehn? Die sieht kein Mensch. Auch nicht von ihr gehört? Die wunderlichsten Reden gehen um. Was denn für Reden? Nun, es wird geflüstert, Daß sie in einem Grabe haust. Und doch Nicht tot? Sie hat es gleich nach dir bezogen, Fort in der Nacht, nach Wochen erst entdeckt, Und nicht mehr weg zu bringen. Sie – Brunhild – In Siegfrieds heilger Ruhestatt? So ists. Vampyr. Am Sarge kauernd. Teufels-Künste Im Sinn. Kann sein. Allein im Auge Tränen, Und mit den Nägeln bald ihr Angesicht Zerkratzend, bald das Holz. Da seht ihrs selbst! Der König gab Befehl, sie einzumauern, Doch eilig setzte ihre graue Amme Sich in die Tür. Dich treib ich wieder aus! – Nach langer Pause. Und meine Mutter schickt mir diese Locke Und fügte nicht ein einzges Wort hinzu? So ists. Sie soll mich mahnen, denk ich mir, Daß ich die Brüder nicht zu lange halte. Es mag wohl sein. Sie ist so weiß, wie Schnee. Doch hätte sie gewiß nicht dran gedacht, Wenn sie ihr Traum nicht so geängstigt hätte, Denn sie betrieb die Reise selbst mit Fleiß. Was für ein Traum? Sie sah die Nacht, bevor Wir ziehen sollten, alle Vögel tot Vom Himmel fallen. Welch ein Zeichen! Nicht? Die Kinder scharrten sie mit ihren Füßen Zusammen, wie im Herbst die dürren Blätter – Und ihre Träume gehen immer aus! – Das ist ein Pfand! Du jubelst? Sie erschrak Und schnitt, als wir zu Pferde steigen wollten, Vom greisen Haupt die Locke sich herunter, Und gab sie mir, wie einen Brief, für dich. Nun richtet euch! Das Netz ist schon gestellt. Werbel und Swemmel ab. 2. Szene Zweite Szene die Locke erhebend. Ich kann dich wohl verstehn! Doch fürchte nichts! Mir ists nur um den Geier, deine Falken Sind sicher bis auf ihre letzte Feder, Es wäre denn – Doch nein, sie hassen sich! 3. Szene Dritte Szene Etzel tritt mit Gefolge ein. Nun wirst du doch mit mir zufrieden sein? Und wenn dus noch nicht bist, so wirst dus werden, Bevor ich dich verlasse. Sag nur an, Wie ich die Deinigen begrüßen soll. Mein König – Stocke nicht! Bedinge dirs, Wie's dir gefällt! Ich ging bis an das Tor, Als ich den alten Dieterich von Bern Zuerst empfing, und trug ein Diadem. Dies war bis jetzt mein Höchstes, aber heut Bin ich zu mehr bereit, damit sie sehn, Daß auch der Heune dich zu schätzen weiß. Bis an die fernsten Marken meines Reichs Hab ich die Könige voraus gesandt, Die mehr aus Wahl mir dienen, als aus Zwang, Und Freudenfeuer, die von Berg zu Berg Entzündet werden, flammen ihnen zu, Daß sie an Etzels Hof willkommen sind Und uns, auf welcher Straße sie sich nahn. Soll ich nun auch noch Kronen-Probe halten Und meinen Purpur einmal wieder lüften, So sprichs nur aus und kehr dich nicht daran, Daß mich ein Zentner Eisen nicht so drückt, Wie eine Unze Gold. Ich wähle mir Die leichteste, und wenn du danken willst, So kannst du sie mit einem roten Band Mir für das Fest der Sonnenwende merken, Damit ich sie sogleich zu finden weiß. Mein Herr und mein Gemahl, das wär zu viel. Zu viel vielleicht für sie, doch nicht für dich! Denn du erfülltest mir den letzten Wunsch, Der mir auf Erden noch geblieben war, Du schenktest mir den Erben für mein Reich, Und was ich dir im ersten Vater-Rausch Gelobte, halt ich auch: Du kannst nicht fordern, Was ich versagte, seit ein Sohn mir lebt. Und wenn du nichts für dich verlangen magst, So laß michs an den Deinigen beweisen, Daß es mir Ernst mit dieser Rede ist. Vergönne denn, daß ich sie nach Verdienst Und Würdigkeit empfange und behandle, Ich weiß am besten, was sich für sie schickt, Und sei gewiß, daß jeder das erhält, Was ihm gebührt, wie seltsam ich das Fest Auch richten und die Stühle setzen mag. So seis! Ich lud ja nur auf deinen Wunsch, Denn Vettern, die mich sieben Jahr verschmähn, Kann ich im achten, wie sie mich, entbehren, Drum ordne alles, wie es dir gefällt. Wenn du mein halbes Reich verschwenden willst, So stehts dir frei, du bist die Königin, Und wenn du deine Kuchen lieber sparst, So ists mir recht, du bist des Hauses Frau! Mein Herr und König, edel bist du stets Mit mir verfahren, doch am edelsten In dieser Stunde. Habe Dank dafür. Um eins nur bitt ich: Laß mich deiner Huld Den alten Dieterich von Bern empfehlen, Wenn du ihn ehrst, so tust du, was mich freut. Es soll geschehn, und das von Herzen gern. Die Herrn von Thüring und von Dänemark Schickt ich hinab, die Gäste zu begrüßen, Doch Dietrich zog aus freien Stücken mit. Er wird sie kennen! Nein, er kennt sie nicht. Sie ehren oder fürchten! Auch nicht! Nein! Dann ist es viel! Weit mehr noch, als du glaubst. Denn sieh: Es sind drei Freie auf der Welt, Drei Starke, welche die Natur, wie's heißt, Nicht schaffen konnte, ohne Mensch und Tier Vorher zu schwächen und um eine Stufe Herab zu setzen – Drei? Der erste ist – Vergib! Er war! Der zweite bin ich selbst. Der dritte und der mächtigste ist er ! Dietrich von Bern! Er hält es gern geheim Und rührt sich nur, wie sich die Erde rührt, Wenn er nicht anders kann, doch sah ichs selbst. Du kennst die Heunen: tapfer, wie sie sind, Muß ich den Übermut gewähren lassen, Der sie erfüllt vom Wirbel bis zum Zeh! Wers Handwerk kennt, der weiß, daß der Soldat Im Feld nur darum unbedingt gehorcht, Weil er im Stall zuweilen trotzen darf, Und willig läßt er ihm das kleine Recht, Die Feder so, die Spange so zu tragen, Das er mit seinem Blut so teuer zahlt. Drum kann ich auch die edlen Könige Nicht so vor aller Ungebühr bewahren, Wie ichs wohl mögte, auch mein letzter Knecht Will seinen Teil von Etzels Macht und Ruhm, Die er als allgemeines Gut betrachtet, Und zeigts, indem er pfeift, wenn andre beten, Und schnalzt, wenn er sie höflich grüßen sieht. So wagte einer hinter Dietrichs Rücken Denn auch ein freches Wort, und das den Tag, An dem er kam, er sah sich schweigend um Und schritt zu einer Eiche, riß sie aus Und legte sie dem Spötter auf den Rücken, Der knickte unter ihrer Last zusammen, Und alles schrie: Der Berner lebe hoch! Das ahnt ich nicht! Er schwört sein Lob so ab, Wie andre ihre Schande, und er würde Die Taten gern verschenken, wie die Beute, Wenn sich nur Nehmer fänden. Doch so ists! Und dennoch? – Über allem Menschenkind, Und dein Vasall? Ich selbst erschrak, als er Mit abgelegter Krone vor mich trat Und seinen Degen senkte. Was ihn trieb, Das weiß ich nicht, allein er dient mir treuer, Wie viele, die ich überwand im Feld, Und schon an sieben Jahr! Ich hätt ihn gern Mit meinen reichsten Lehen ausgestattet, Doch nahm er nichts, als einen Maierhof, Und auch von diesem schenkt er alles weg, Bis auf ein Osterei, das er verzehrt. Seltsam! Errätst auch du ihn nicht? Er ist Ja Christ, wie du, und eure Bräuche sind Uns fremd und unverständlich. Kriecht doch mancher Von euch in Höhlen und verhungert da, Wenn ihm kein Rabe Speise bringt, erklettert In heißer Wüste schroffe Felsenklippen Und horstet drauf, bis ihn der Wirbelwind Herunter schleudert – Heilige und Büßer, Doch Dietrich trägt ein Schwert. Gleichviel! Gleichviel! – Ich mögt ihm endlich danken, und mir fehlt Die Gabe, die er nimmt. Tu dus für mich! Du bist uns noch das erste Lächeln schuldig: Schenks ihm. Du sollst mit mir zufrieden sein! 4. Szene Vierte Szene Werbel und Swemmel treten auf. Mein Fürst, es flammt schon von den nächsten Bergen! Die Nibelungen nahn! will hinunter. hält ihn zurück. Ich geh hinab Und führ sie in den Saal. Du aber bleibst Und wartest ihrer, mag die Treppe ihnen Auch länger werden, als der ganze Weg Vom Rhein bis in die Heunenburg. Es sei. Sie hatten auch ja Zeit. Ich will derweil Die Helden durch das Fenster mir betrachten; Komm, Swemmel, zeig mir einen jeden an. Ab. Swemmel folgt. 5. Szene Fünfte Szene Nun hab ich Vollmacht – Sie ist weit genug! Er braucht mir nicht zu helfen, ich vollbringe Es schon allein, wenn er mich nur nicht hindert, Und daß er mich nicht hindert, weiß ich jetzt! Ab. 6. Szene Sechste Szene Schloßhof. Die Nibelungen mit Dietrich, Rüdeger, Iring und Thüring treten auf. Da sind wir denn! Hier siehts ja prächtig aus! Was ist das für ein Saal? Der ist für euch, Du wirst ihn noch vor Abend kennen lernen, Er hat für mehr als tausend Gäste Raum. Wir glaubten auch, in keiner Bärenhöhle Zu sitzen, weil wir nicht vom Rauch mehr leiden, Wie unsre Väter in der alten Zeit, Doch das ist ganz was andres! Zu den Königen. Hütet euch, Den asiatschen Schwäher einzuladen: Der schickt sein Pferd in euer Prunkgemach Und fragt euch dann, wo Obdach ist für ihn. Herr Etzel sagt: Die Völker denken sich Den König, wie das Haus, worin er wohnt! Drum wendet er auf dieses all die Pracht, Die er an seinem Leibe stolz verschmäht. Dann denken sie sich ihn mit so viel Augen, Als ihnen Fenster hier entgegen funkeln, Und zittern schon von fern. Doch hat er recht! Da kommt die Königin! 7. Szene Siebente Szene Kriemhild mit großem Gefolge tritt auf. Noch immer schwarz! zu den Nibelungen. Seid ihr es wirklich? Sind das meine Brüder? Wir glaubten schon, es käm ein Feind gezogen, So groß ist euer Troß. Doch seid gegrüßt! Bewillkommnung, aber ohne Kuß und Umarmung. Mein Giselher, den Herren von Burgund Entbot die Heunen-Königin den Gruß, Dich küßt die Schwester auf den treuen Mund. Herr Dieterich, mir trug der König auf, Euch Dank zu sagen, daß Ihr seine Gäste Empfangen habt. Ich sag Euch diesen Dank! Reicht ihm die Hand. Man grüßt die Herren anders, als die Mannen, Das ist ein Zeichen wunderlicher Art, Das manchen dummen Traum zu Ehren bringt. Bindet seinen Helm fester. Auch du bist da? Wer hat denn dich geladen? Wer meine Herren lud, der lud auch mich! Und wem ich nicht willkommen bin, der hätte Auch die Burgunden nicht entbieten sollen, Denn ich gehör zu ihnen wie ihr Schwert. Dich grüße, wer dich gerne sehen mag: Was bringst du mir, daß dus von mir erwartest? Ich habe dich des Abschieds nicht gewürdigt, Wie hoffst du jetzt auf freundlichen Empfang! Was sollt ich dir wohl bringen, als mich selbst? Ich trug noch niemals Wasser in das Meer Und sollte neue Schätze bei dir häufen? Du bist ja längst die Reichste von der Welt. Ich will auch nichts, als das, was mir gehört, Wo ists? Wo blieb der Hort der Nibelungen? Ihr kommt mit einem Heer! Es war wohl nötig, Ihn her zu schaffen. Liefert ihn denn aus! Was fällt dir ein? Der Hort ist wohl bewahrt, Wir wählten einen sichren Ort für ihn, Den einzigen, wos keine Diebe gibt, Er liegt im Rhein, wo er am tiefsten ist. So habt ihr das nicht einmal gut gemacht, Was doch noch heut in eurem Willen steht? Dich, sagst du, hielt man nötig für die Fahrt, Und nicht den Hort? Ist das die neue Treu? Wir wurden auf das Fest der Sonnenwende Geladen, aber nicht zum Jüngsten Tag, Wenn wir mit Tod und Teufel tanzen sollen, So sagte mans uns nicht zur rechten Zeit. Ich frage nicht für mich nach diesen Schätzen, Ich hab an meinem Fingerhut genug, Doch Königinnen werden schlecht geachtet, Wenn ihre Morgengabe gar nicht kommt. Wir trugen all zu schwer an unserm Eisen, Um uns auch noch mit deinem Gold zu schleppen, Wer meinen Schild und meinen Panzer wiegt, Der bläst das Sandkorn ab und nicht hinzu. Ich bin hier noch die Brautgeschenke schuldig, Doch das ist Etzels Sache, meine nicht, So legt denn ab und folgt mir in den Saal, Er wartet längst mit Ungeduld auf euch. Nein, Königin, die Waffen nehm ich mit, Dir ständen Kämmrerdienste übel an! Zu Werbel, der auf Kriemhilds Wink Hagens Schild ergreift. Auch du bist gar zu höflich, süßer Bote, Die Klauen sind dem Adler nie zur Last. Ihr wollt in Waffen vor den König treten? So hat euch ein Verräter auch gewarnt, Und kennt ich ihn, so sollt er selbst erleiden, Womit er euch aus Hinterlist bedroht. tritt ihr gegenüber. Ich bin der Mann, ich, Dietrich, Vogt von Bern! Das würd ich keinem glauben, als Euch selbst! Euch nennt die Welt den edlen Dieterich, Und blickt auf Euch, als wärt Ihr dazu da, Um Feuer und Wasser einen Damm zu setzen Und Sonne und Mond den rechten Weg zu zeigen, Wenn sie einmal verirrten auf der Bahn: Sind das die Tugenden, für die's der Zunge An Namen fehlt, weil sie kein Mensch vor Euch Besessen haben soll, daß Ihr Verwandte, Die sich versöhnen wollen, neu verhetzt Und Euren Mund zum Blasebalg erniedrigt, Der tote Kohlen anzufachen sucht? Ich weiß, worauf du sinnst, und bin gegangen, Es zu verhüten. Und was wär denn das? Wenn du den Wunsch in meiner Seele kennst, Den du als Mann und Held verdammen darfst, So nenn ihn mir und schilt mich, wie du magst. Doch, wenn du schweigen mußt, weil du nicht wagst, Mich eines Unrechts zu beschuldigen, So fordre diesen ihre Waffen ab. Das braucht er nur zu tun, so hat er sie. Ich steh dir für sie ein! Für Etzel auch, Daß er die Doppelschmach nicht grimmig rächt? Mit meinen Perlen schmückt die Nixe sich, Mit meinem Golde spielt der plumpe Fisch, Und statt sich hier zum Pfand des Friedens jetzt Den Arm zu binden, blitzt ihr Schwert als Gruß. Herr Etzel war noch nimmer in Burgund, Und wenn du selbst es ihm nur nicht verrätst, So weiß er viel, was Brauch ist unter uns. Ein jeder wählt sein Zeichen, wie er will, Ihr tretet unter dem des Blutes ein, Doch merkt euch: wer da trotzt auf eignen Schutz, Der ist des fremden quitt, und damit gut. Wir rechnen immer nur auf uns allein Und achten alles übrige gering. Ich werde selbst das Salzfaß überwachen, Damit kein Zank entsteht. Du kennst sie nicht Und wirst noch viel bereun! zu Rüdeger. Herr Markgraf, stellt Euch doch als Blutsfreund vor. Da sieht sie gleich, Daß wir ein friedliches Geschäft betreiben, Denn Hochzeitsstifter suchen keinen Streit. Ja, Königin, wir gehen zwar in Eisen, Allein wir haben Minnewerk gepflogen Und bitten dich, den neu geschloßnen Bund Der Giselher vereinigt mit Gudrun, Mit deinem Segen zu bekräftigen. Ists so, Herr Rüdeger, und kanns so sein? Ja, Schwester, ja! Ihr seid vermählt? Verlobt. Die Hochzeit erst, wenn du gesegnet hast! Zu Gunther. Jetzt aber, scheint mir, wird es endlich Zeit, Zu Hof zu gehn! Was sollen wir uns länger Begaffen lassen! Ich geleite euch! Ab mit den Nibelungen. im Abgehen zu Rüdeger. Herr Rüdeger, gedenkt Ihr Eures Schwurs? Die Stunde naht, wo Ihr ihn lösen müßt. Beide ab, es erscheinen immer mehr Heunen. 8. Szene Achte Szene Wie dünkt Euch das? Wir wollen unser Volk Zusammenhalten und das übrige Erwarten. Seltsam ists, daß König Etzel Uns nicht entgegen kam. Er soll doch sonst Von feinen Sitten sein. Und wie das glupt Und stiert und heimlich an den Arm sich stößt Und wispert! Zu einigen Heunen, die zu nahe kommen. Halt! Der Platz ist schon besetzt! Auch der! Und der! Schon zwanzig Schritt von hier Fängt meine große Zehe an. Wer wagts, Mir drauf zu treten? nach hinten rufend. Eben so viel Raum Brauch ich für meinen Buckel, und er ist Empfindlich, wie ein Hühner-Ei. Das hilft! – Sie knurren zwar, doch ziehn sie sich zurück; Unheimliches Gesindel, klein und frech. Ich guckt einmal in eine finstre Höhle Durch einen Felsenspalt hinein. Da glühten Wohl dreißig Augenräder mir entgegen, Grün, blau und feuergelb, aus allen Ecken Und Winkeln, wo die Tiere kauerten, Die Katzen und die Schlangen, die sie zwinkernd In ihren Kreisen drehten. Schauerlich Sahs aus, es kam mir vor, als hätt sich eine Gestirnte Hölle tief im Mittelpunkt Der Erde aufgetan, wie all die Funken So durcheinander tanzten, und ich fuhr Zurück, weil ich nicht wußte, was es war. Das kommt mir in den Sinn, nun ich dies Volk So tückisch glupen sehe, und je dunkler Der Abend wird, je besser triffts. An Schlangen Und Katzen fehlts gewiß nicht. Ob auch Löwe Darunter sind? Die Probe muß es lehren, In meiner Höhle fehlten sie. Ich suchte Den Eingang auf, sobald ich mich besann, Denn draußen war es hell, und schoß hinein. Auch traf gar mancher Pfeil, wie das Geächz Mir meldete, doch hört ich kein Gebrüll Und kein Gebrumm, es war die Brut der Nacht, Die dort beisammen saß, die feige Schar, Die kratzt und sticht, anstatt zu offnem Kampf Mit Tatze, Klau und Horn hervor zu springen, Und eben so erscheinen mir auch die. Gib acht, wenn sie uns nicht beschleichen können, So hats noch keine Not. Verachten mögt ich Sie nicht, denn Etzel hat die Welt mit ihnen Erobert. Hat ers auch bei uns versucht? Er mähte Gras und ließ die Arme sinken, Als er auf deutsche Eichen stieß! 9. Szene Neunte Szene Werbel, schon vorher mit Swemmel unter den Heunen sichtbar, ihnen unbemerkt gefolgt von Eckewart. Nun, Freunde, Verlangt euch nicht ins Nacht-Quartier? Es ist Uns noch nicht angewiesen. Alles steht Schon längst bereit. Zu den Seinigen. Kommt! Mischt euch, wie sichs ziemt. Halt! Wir Burgunden bleiben gern allein. ermuntert die Seinigen zu kommen. Ei, was! Noch einmal! Das ist unser Brauch. Im Krieg! Doch nicht beim Zechgelag! Zurück! Sonst laß ich ziehn! Wer sah noch solche Gäste! Sie gleichen ihren Wirten auf ein Haar! Es wird geklatscht. Man klatscht uns zu. Wer ists? Errätst dus nicht? Ein unsichtbarer Freund. Ich sah vorhin Den alten Eckewart vorüber schleichen, Der Frau Kriemhild hinab geleitet hat. Glaubst du, daß der es war? Ich denk es mir. Der hat ihr Treu geschworen bis zum Tode Und war ihr immer hold und dienstbereit, Das wär ein Wink für uns. 10. Szene Zehnte Szene Hagen kommt mit Volker zurück. Wie stehts denn hier? Wir halten uns, wie dus befohlen hast. Und Kriemhilds Kämmrer klatscht uns Beifall zu. Nun, Etzel ist ein Mann nach meinem Sinn. So? Ohne Falsch? Ich glaubs. Er trägt den Rock Des besten Recken, den sein Arm erschlagen, Und spielt darin des Toten Rolle fort. Das Kleid ist etwas eng für seine Schultern, Auch platzt die Naht ihm öfter, als ers merkt, Doch meint ers gut. Warum denn kein Empfang? Mir kam es vor, als wär er angebunden, Und hätte uns nur darum nicht begrüßt. So war es auch. Sein Weib hat ihm gewehrt, Hinab zu steigen, doch das bracht er reichlich Durch seine Milde wieder ein. Ich dachte An meinen Hund, als er so überfreundlich Die Hand uns bot. Der wedelt immer doppelt, Wenn ihn sein Strick verhindert, mir entgegen Zu springen bis zur Tür. Ich dachte nicht An deinen Hund, ich dachte an den Leuen, Der Eisenketten, wie man sagt, zerreißt Und Weiberhaare schont. Zu Dankwart und Rumolt. Nun eßt und trinkt! Wir habens hinter uns und übernehmen Die Wacht für euch! zu Werbel und Swemmel. So führt uns, wenns gefällt. zu Swemmel. Tu dus! Heimlich. Ich muß sogleich zur Königin. Alles zerstreut sich. Werbel geht in den Palast. Eckewart wird wieder sichtbar. 11. Szene Eilfte Szene Was meinst du? Nimmer wirds mit Etzels Willen Geschehen, daß man uns die Treue bricht, Denn er ist stolz auf seine Redlichkeit, Er freut sich, daß er endlich schwören kann, Und füttert sein Gewissen um so besser, Als ers so viele Jahre hungern ließ. Doch sicher ist der Boden nicht, er dröhnt, Wohin man tritt, und dieser Geiger ist Der Maulwurf, der ihn heimlich unterwühlt. O, der ist falsch, wie's erste Eis! – Auch wollen Wir überall des zahmen Wolfs gedenken, Der plötzlich unterm Lecken wieder beißt. Was nicht im Blut liegt, hält nicht vor. Doch sieh, Wer schiebt sich da mit seinem weißen Haar So wunderlich vorbei? Eckewart schreitet langsam vorüber, wie einer, der in Gedanken mit sich selbst redet. Seine Gebärden in Einklang mit Volkers Schilderung. ruft. Ei, Eckewart! Er raunt, er murmelt etwas in die Lüfte Und stellt sich an, als sähe er uns nicht, Ich will ihm folgen, denn er rechnet drauf. Pfui, Volker, ziemt es sich für uns, zu lauschen? Schlag an den Schild und klirre mit dem Schwert! Er rasselt mit seinen Waffen. Jetzt macht er Zeichen. Nun, so kehr dich um. Sie tun es; sehr laut. Wer was zu melden hat, der meld es dort, Wo man es noch nicht weiß. Das ist – Schweig still, Willst du dem Heunenkönig Schmach ersparen? Er sehe selbst zu. Eckewart schüttelt den Kopf und verschwindet. Das ist mir zu kraus! faßt ihn unter den Arm. Mein Freund, wir sind auf deinem Totenschiff, Von allen zweiunddreißig Winden dient Uns keiner mehr, ringsum die wilde See, Und über uns die rote Wetterwolke. Was kümmerts dich, ob dich der Hai verschlingt, Ob dich der Blitz erschlägt? Das gilt ja gleich, Und etwas Beßres sagt dir kein Prophet! Drum stopfe dir die Ohren zu, wie ich, Und laß dein innerstes Gelüsten los, Das ist der Todgeweihten letztes Recht. 12. Szene Zwölfte Szene Die Könige treten auf mit Rüdeger. Ihr schöpft noch frische Luft? Ich will einmal Die Lerche wieder hören. Die erwacht Erst mit der Morgenröte. Bis dahin Jag ich die Eule und die Fledermaus. Ihr wollt die ganze Nacht nicht schlafen gehn? Nein, wenn uns nicht Herr Rüdeger entkleidet. Bewahr mich Gott! Dann wache ich mit euch. Nicht doch! Wir sind genug und stehn euch gut, Für jeden Tropfen Bluts, bis auf den einen, Von dem die Mücke lebt. So glaubst du – Nichts! Es ist nur, daß ich gleich zu finden bin, Wenn man mich sucht. Nun kriecht in euer Bett, Wie's Zechern ziemt. Ihr ruft? Seid unbesorgt, Es wird euch keiner rufen, als der Hahn. Dann gute Nacht! Ab in den Saal mit den andern. 13. Szene Dreizehnte Szene ihm nach. Und merk dir deinen Traum, Wie's deine Mutter bei der Abfahrt tat! Zu Volker. Wir passen auf, daß er sich nicht erfüllt, Bevor du ihn erzählen kannst! – Der ahnt Noch immer nichts. Doch! Er ist nur zu stolz, Es zu bekennen. Nun, er wär auch blind, Wenn ers nicht sähe, wie sich die Gesichter Um uns verdunkeln, und die besten eben Am meisten. Viele Heunen sind zurückgekehrt. Schau! Da hast du das Geheimnis Des Alten! Doch ich hatt es wohl gedacht! – Komm, setz dich nieder! Mit dem Rücken so! Sie setzen sich, den Heunen ihre Rücken wendend. Fängts hinter dir zu trippeln an, so huste, Dann wirst dus laufen hören, denn sie werden Als Mäuse kommen und als Ratten gehn! 14. Szene Vierzehnte Szene Kriemhild erscheint mit Werbel oben auf der Stiege. Siehst du! Dort sitzen sie! Die sehn nicht aus, Als wollten sie zu Bett! Und wenn ich winke, Stürzt meine ganze Schar heran. Wie groß Ist die? An Tausend. macht gegen die Heunen eine ängstlich zurückweisende Bewegung. Was bedeutet das? Geh, daß sie sich nicht regen. Tun die Deinen Dir plötzlich wieder leid? Du blöder Tor, Die klatscht der Tronjer dir allein zusammen, Indes der Spielmann seine Fiedel streicht. Du kennst die Nibelungen nicht! Hinab! Beide verschwinden. 15. Szene Funfzehnte Szene springt auf. So gehts nicht mehr! Geigt eine lustige Melodie. schlägt ihm auf die Fiedel. Nein, das vom Totenschiff! Das letzte, wie der Freund den Freund ersticht, Und dann die Fackel – Das geht morgen los. 4. Akt 1. Szene Erste Szene Volker steht und geigt. Hagen sitzt wie vorher. Die Heunen in verwunderten und aufmerksamen Gruppen um beide herum. Man hört Volkers Spiel, bevor der Vorhang sich erhebt. Gleich nachher entfällt einem der Heunen sein Schild. Hör auf! Du bringst sie um, wenn du noch länger So spielst und singst. Die Waffen fallen schon. Das war ein Schild! Drei Bogenstriche noch, So folgt der Speer. Wir brauchen weiter nichts, Als die Erzählung dessen, was wir längst Vollbrachten, eh wir kamen, neuer Taten Bedarf es nicht, um sie zu bändigen. ohne auf ihn zu achten, visionär. Schwarz wars zuerst! Es blitzte nur bei Nacht, Wie Katzen, wenn man sie im Dunkeln streicht, Und das nur, wenns ein Hufschlag spaltete. Da rissen sich zwei Kinder um ein Stück, Sie warfen sich in ihrem Zorn damit, Und eines traf das andere zu Tod. gleichgültig. Er fängt was Neues an. Nur zu, nur zu! Nun ward es feuergelb, es funkelte, Und wers erblickte, der begehrte sein Und ließ nicht ab. Dies hab ich nie gehört! – Er träumt wohl! Alles andre kenn ich ja! Da gibt es wildern Streit und giftgern Neid, Mit allen Waffen kommen sie, sogar Dem Pflug entreißen sie das fromme Eisen Und töten sich damit. immer aufmerksamer. Was meint er nur? In Strömen rinnt das Blut, und wie's erstarrt, Verdunkelt sich das Gold, um das es floß, Und strahlt in hellerm Schein. Ho, ho! Das Gold! Schon ist es rot und immer röter wirds Mit jedem Mord. Auf, auf, was schont ihr euch? Erst, wenn kein einzger mehr am Leben ist, Erhälts den rechten Glanz, der letzte Tropfen Ist nötig, wie der erste. O, ich glaubs. Wo bliebs? – Die Erde hat es eingeschluckt, Und die noch übrig sind, zerstreuen sich Und suchen Wünschelruten. Törigt Volk! Die giergen Zwerge habens gleich gehascht Und hütens in der Teufe. Laßt es dort, So habt ihr ewgen Frieden! Setzt sich und legt die Fiedel bei Seite. Wachst du auf? springt wieder auf, wild. Umsonst! Umsonst! Es ist schon wieder da! Und zu dem Fluch, der in ihm selber liegt, Hat noch ein neuer sich hinzugesellt: Wers je besitzt, muß sterben, ehs ihn freut. Er spricht vom Hort. Nun ist mir alles klar. immer wilder. Und wird es endlich durch den Wechselmord Auf Erden herrenlos, so schlägt ein Feuer Daraus hervor mit zügelloser Glut, Das alle Meere nicht ersticken können, Weil es die ganze Welt in Flammen setzen Und Ragnaroke überdauern soll. Setzt sich. Ist das gewiß? So haben es die Zwerge In ihrer Wut verhängt, als sie den Hort Verloren. Wie geschahs? Durch Götter-Raub! Odin und Loke hatten aus Versehn Ein Riesenkind erschlagen, und sie mußten Sich lösen. Gabs denn einen zwang für sie? Sie trugen menschliche Gestalt und hatten Im Menschenleibe auch nur Menschenkraft. 2. Szene Zweite Szene Werbel erscheint unter den Heunen, flüsternd. Nun! Seid ihr Spinnen, die man mit Musik Verzaubert und entseelt? Heran! Es gilt! 3. Szene Dritte Szene Kriemhild mit Gefolge steigt herunter. Fackeln. Wer naht sich da? Es ist die Fürstin selbst. Geht die so spät zu Bett? Komm, stehn wir auf! Was fällt dir ein? Nein, nein, wir bleiben sitzen. Das brächt uns wenig Ehre ein, denn sie ist Ein edles Weib und eine Königin. Sie würde denken, daß wir uns aus Furcht, Erhöben. Balmung, tu nicht so verschämt! Legt den Balmung übers Knie. Dein Auge funkelt dräuend durch die Nacht, Wie der Komet. Ein prächtiger Rubin! So rot, als hätt er alles Blut getrunken, Das je vergossen ward mit diesem Stahl. Da sitzt der Mörder! Wessen Mörder, Frau? Der Mörder meines Gatten. Weckt sie auf. Sie geht im Traum herum. Dein Gatte lebt, Ich habe noch zur Nacht mit ihm gezecht Und stehe dir mit diesem guten Schwert Für seine Sicherheit. O pfui! Er weiß Recht wohl, von wem ich sprach, und stellt sich an, Als wüßt ers nicht. Du sprachst von deinem Gatten, Und das ist Etzel, dessen Gast ich bin. Doch, es ist wahr, du hast den zweiten schon, Denkst du in seinem Arm noch an den ersten? Nun freilich, diesen schlug ich tot. Ihr hört! War das hier unbekannt? Ich kanns erzählen, Der Spielmann streicht die Fiedel wohl dazu! – Als ob er singen wollte. Im Odenwald, da springt ein muntrer Quell – zu den Heunen. Nun tut, was euch gefällt. Ich frag nicht mehr, Ob ihrs zu Ende bringt. Zu Bett! Zu Bett! Du hast jetzt andre Pflichten. Deinen Hohn, Erstick ich gleich in deinem schwarzen Blut: Auf, Etzels Würger, auf, und zeigt es ihm, Warum ich in das zweite Ehbett stieg. steht auf. So gilts hier wirklich Mord und Überfall? Auch gut! Klopft an den Panzer. Das Eisen kühlt schon allzu stark, Und nichts vertreibt den Frost so bald, wie dies. Zieht den Balmung. Heran! Ich seh der Köpfe mehr, als Rümpfe! Was drückt ihr euch da hinten so herum? Der Helme Glanz verriet euch längst. Legt aus. Sie fliehn! Noch ist Herr Etzel nicht dabei! – Zu Bett! Pfui! Seid ihr Männer? Nein, ein Haufen Sand, Der freilich Stadt und Land verschütten kann, Doch nur, wenn ihn der Wind ins Fliegen bringt. Habt ihr die Welt erobert? Durch die Zahl! Die Million ist eine Macht, doch bleibt Das Körnchen, was es ist! Hört ihr das an Und rächt euch nicht? Nur zu! Brauch deinen Hauch, Ich blase mit hinein! Zu den Heunen. Kriecht auf dem Bauch Heran und klammert euch an unsre Beine, Wie ihrs in euren Schlachten machen sollt. Wenn wir ins Stolpern und ins Straucheln kommen Und durch den Purzelbaum zugrunde gehn, Um Hülfe schrein wir nicht, das schwör ich euch! Wenn ihr nur wen'ge seid, so braucht ihr auch Mit wen'gen nur zu teilen! Und der Hort Ist reich genug und käm die ganze Welt. Ja, er vermehrt sich selbst, es ist ein Ring Dabei, der immer neues Gold erzeugt, Wenn man – Doch nein! Noch nicht! Zu Kriemhild. Das hast auch du Vielleicht noch nicht gewußt? Ihr könnt mirs glauben, Ich habs erprobt und teile das Geheimnis Dem mit, der mich erschlägt! Es mangelt nur Der Zauberstab, der Tote wecken kann! Zu Kriemhild. Du siehst, es hilft uns allen beiden nichts, Wir können diesen spröden Sand nicht ballen, Drum stehn wir ab. Setzt sich nieder. zu Werbel. Ist das der Mut? Es wird. Schon anders werden. mit dem Finger deutend. Eine zweite Schar! Die Rüstung blitzt im ersten Morgenlicht, Und abermals ein Geiger, der sie führt. Hab Dank, Kriemhild, man siehts an der Musik, Zu welchem Tanz du uns geladen hast. Was siehst du? Wenn der Zorn mich übermannte, So tragt ihr selbst durch euren Hohn die Schuld, Und wenn der Gast nicht schläft, so wird doch auch Wohl für den Wirt das Wachen rätlich sein. lacht. Schickt Etzel die? Nein, Hund, ich tat es selbst, Und sei gewiß, du wirst mir nicht entkommen, Wenn du auch noch die nächste Sonne siehst. Ich will zurück in meines Siegfrieds Gruft, Doch muß ich mir das Totenhemd erst färben, Und das kann nur in deinem Blut geschehn. So ist es recht! Was heucheln wir, Kriemhild? Wir kennen uns. Doch merke dir auch dies: Gleich auf das erste Meisterstück des Hirsches, Dem Jäger zu entrinnen, folgt das zweite, Ihn ins Verderben mit hinab zu ziehn, Und eins von beiden glückt uns sicherlich! 4. Szene Vierte Szene Gunther im Nachtgewand; Giselher, Gerenot usw. folgen. Was gibt es hier? Die alte Klägerin! Ich rufe Klage über Hagen Tronje Und fordre jetzt zum letzten Mal Gericht. Du willst Gericht und pochst in Waffen an? Ich will, daß ihr im Ring zusammentretet, Und daß ihr schwört, nach Recht und Pflicht zu sprechen, Und daß ihr sprecht und euren Spruch vollzieht. Das weigre ich. So gib den Mann heraus! Das tu ich nicht. So gilt es denn Gewalt. Doch nein, erst frag ich um. Mein Giselher Und Gerenot, ihr habt die Hände rein, Ihr dürft sie ruhig an den Mörder legen, Euch kann er der Genossenschaft nicht zeihn! So tretet ihr denn frei von ihm zurück Und überlaßt ihn mir! – Wer zu ihm steht, Der tuts auf seine eigene Gefahr. treten Hagen mit gezogenen Schwertern zur Seite. Wie? In den Wald seid ihr nicht mitgeritten Und habt die Tat verdammt, als sie geschah, Jetzt wollt ihr sie verteidigen? Sein Los Ist unsres! Doch! O, Schwester, halte ein, Wir können ja nicht anders. Kann denn ich? Was hindert dich? Wir häuften ewge Schmach Auf unser Haupt, wenn wir den Mann verließen, Der uns in Not und Tod zur Seite stand. Das habt ihr längst getan! Ihr seid mit Schmach Bedeckt, wie niemals noch ein Heldenstamm. Ich aber will euch an die Quelle führen, Wo ihr euch waschen könnt. Stößt Hagen vor die Brust. Hier sprudelt sie. zu Gunther. Nun? Ja, du hättst zu Hause bleiben sollen, Doch, das ist jetzt gleichviel. Ihr habt die Treue Gebrochen, als es höchste Tugend war, Nicht einen Finger breit von ihr zu wanken, Wollt ihr sie halten, nun es Schande ist? Nicht die Verschwägrung und das nahe Blut, Nicht Waffenbrüderschaft, noch Dankbarkeit Für Rettung aus dem sichren Untergang, Nichts regte sich für ihn in eurer Brust, Er ward geschlachtet, wie ein wildes Tier, Und wer nicht half, der schwieg doch, statt zu warnen Und Widerstand zu leisten – Zu Giselher. Du sogar! Fällt alles das, was nicht ein Sandkorn wog, Als es Erbarmen mit dem Helden galt, Auf einmal, wie die Erde, ins Gewicht, Nun seine Witwe um den Mörder klopft? Zu Gunther. Dann siegelst du die Tat zum zweiten Mal Und bist nicht mehr durch Jugend halb entschuldigt, Zu Giselher und Gerenot. Ihr aber tretet bei und haftet mit. Vergiß dich selbst und deinen Teil nicht ganz! Du trägst die größte Schuld. Ich! Du! Ja, du! Ich liebte Siegfried nicht, das ist gewiß, Er hätt mich auch wohl nicht geliebt, wenn ich Erschienen wäre in den Niederlanden, Wie er in Worms bei uns, mit einer Hand, Die alle unsre Ehren spielend pflückte, Und einem Blick, der sprach: Ich mag sie nicht! Trag einen Strauß, in dem das kleinste Blatt An Todeswunden mahnt, und der dich mehr Des Blutes kostet, als dein ganzer Leib Auf einmal in sich faßt, und laß ihn dir Nicht bloß entreißen, nein, mit Füßen treten, Dann küsse deinen Feind, wenn dus vermagst. Doch dieses auf dein Haupt! Ich hätts verschluckt, Das schwör ich dir bei meines Königs Leben, So tief der Groll mir auch im Herzen saß. Da aber kam der scharfe Zungenkampf, Er stand, du selbst verrietst es uns im Zorn, Auf einmal eid- und pflichtvergessen da, Und hätt Herr Gunther ihm vergeben wollen, So hätt er auch sein edles Weib verdammt. Ich leugne nicht, daß ich den Todesspeer Mit Freuden warf, und freue mich noch jetzt, Doch deine Hand hat mir ihn dargereicht, Drum büße selbst, wenn hier zu büßen ist. Und büß ich nicht? Was könnte dir geschehn, Das auch nur halb an meine Qualen reichte? Sieh diese Krone an und frage dich! Sie mahnt an ein Vermählungsfest, wie keins Auf dieser Erde noch gefeiert ward, An Schauderküsse, zwischen Tod und Leben Gewechselt in der fürchterlichsten Nacht, Und an ein Kind, das ich nicht lieben kann! Doch meine Hochzeitsfreuden kommen jetzt, Wie ich gelitten habe, will ich schwelgen, Ich schenke nichts, die Kosten sind bezahlt. Und müßt ich hundert Brüder nieder hauen, Um mir den Weg zu deinem Haupt zu bahnen, So würd ichs tun, damit die Welt erfahre, Daß ich die Treue nur um Treue brach. Ab. 5. Szene Fünfte Szene Nun werft euch in die Kleider, aber nehmt Die Waffen, statt der Rosen, in die Hand. Sei unbesorgt! Ich halte fest zu dir, Und nimmer krümmt sie mir ein Haar, auch hab Ichs nicht um sie verdient. Sie tuts, mein Sohn, Drum rat ich, reite nach Bechlarn zurück! Daß sie dich ziehen läßt, bezweifl ich nicht, Doch mehr erwarte nicht von ihr, und eile, Sie hat ja recht, ich tat ihr grimmig weh! Du hast schon manchen schlechten Rat gegeben, Dies ist der schlechteste! Ab mit Gunther und Gerenot ins Haus. 6. Szene Sechste Szene Begreifst du den? Er hat kein mildes Wort mit mir gesprochen, Seit wir zurück sind aus dem Odenwald, Und jetzt – Ich habe nie an ihm gezweifelt, So finster seine Stirn auch war. Gib acht: Er flucht dir, doch er stellt sich vor dich hin, Er tritt dir mit der Ferse auf die Zehen Und fängt zugleich die Speere für dich auf! Des Weibes Keuschheit geht auf ihren Leib, Des Mannes Keuschheit geht auf seine Seele, Und eher zeigt sich dir das Mägdlein nackt, Als solch ein Jüngling dir das Herz entblößt. Es tut mir leid um dieses junge Blut! – Der Tod steht aufgerichtet hinter uns, Ich wickle mich in seinen tiefsten Schatten, Und nur auf ihn fällt noch ein Abendrot. Beide ab. 7. Szene Siebente Szene Etzel und Dietrich treten auf. Nun siehst du selbst, wozu Kriemhild sie lud. Ich sehs. Mir schien sie immer eine Kohle, Die frischen Windes in der Asche harrt. Mir nicht. Hast du denn nichts gewußt? Doch, doch! Allein ich sahs mit Rüdegers Augen an Und dachte, Weiberrache sei gesättigt, Sobald sie ausgeschworen. Und die Tränen? Das Trauerkleid? Ich hörte ja von dir, Daß eure Weise sei, den Feind zu lieben Und mit dem Kuß zu danken für den Schlag: Ei nun, ich habs geglaubt. So sollt es sein, Doch ist nicht jeder stark genug dazu. Auch dacht ich mir, als sie so eifrig trieb, Die Boten endlich doch hinab zu senden, Es sei der Mutter wegen, denn ich weiß, Daß sie nicht all zu kindlich von ihr schied, Und auch, daß sies bereut! Die Mutter ist Daheim geblieben, und ich zweifle selbst, Daß man sie lud. Die andern aber haben Den Hort, um den sie doch so viel gewagt, Die Nacht vor ihrer Fahrt bei Fackelschein Auf Nimmerwiedersehn im Rhein versenkt. Warum denn blieben sie nicht auch daheim? Sie fürchteten doch nicht, daß ich den Geigern Mit Ketten und Schwertern folgte? Herr, sie hatten Kriemhild ihr Wort gegeben, und sie mußten Es endlich lösen, denn wen gar nichts bindet, Den bindet das nur um so mehr, auch war Ihr Sinn zu stolz, um die Gefahr zu meiden Und Rat zu achten. Du bist auch gewohnt, Dem Tod zu trotzen, doch du brauchst noch Grund, Die nicht! Wie ihre wilden Väter sich Mit eigner Hand nach einem lustgen Mahl Bei Sang und Klang im Kreise ihrer Gäste Durchbohrten, wenn des Lebens beste Zeit Vorüber schien, ja, wie sie trunknen Muts, Wohl gar ein Schiff bestiegen und sich schwuren, Nicht mehr zurückzukehren, sondern draußen Auf hoher See im Brudermörderkampf, Der eine durch den anderen, zu fallen Und so das letzte Leiden der Natur Zu ihrer letzten höchsten Tat zu stempeln, So ist der Teufel, der das Blut regiert, Auch noch in ihnen mächtig, und sie folgen Ihm freudig, wenn es einmal kocht und dampft. Seis, wie es sei, ich danke dir den Gang, Denn nimmer mögt ich Kriemhilds Schuldner bleiben, Und jetzt erst weiß ich, wie die Rechnung steht. Wie meinst du das? Ich glaubte viel zu tun, Daß ich mich ihrer nach der Hochzeitsnacht Sogleich enthielt – Das war auch viel. Nein, nein, Das war noch nichts! Doch so gewiß ichs tat, Und noch gewisser, tu ich mehr für sie, Wenn sies verlangt. Das schwör ich hier vor dir! Du könntest – Nichts, was du verdammen wirst, Und doch wohl mehr, als sie von mir erwartet, Sonst hätt sie längst ein andres Spiel versucht. Im Abgehen. Ja, ja, Kriemhild, ich schlage meine Schwäher Nicht höher an, wie deine Brüder du, Und wenn sie nur noch Mörder sind für dich, Wie sollten sie für mich was Beßres sein! Beide ab. 8. Szene Achte Szene Dom. Viele Gewappnete auf dem Platz. Kriemhild tritt mit Werbel auf. Hast du die Knechte von den Herrn getrennt? So weit, daß sie sich nicht errufen können. Wenn sie in ihrem Saal beisammen sitzen Und essen, überfallt ihr sie und macht Sie alle nieder. Wohl, es wird geschehn. wirft ihren Schmuck unter die Heunen. Da habt ihr Handgeld! – Reißt euch nicht darum, Es gibt genug davon, und wenn ihr wollt, So regnets solche Steine noch vor Nacht. Jubelgeschrei. 9. Szene Neunte Szene Rüdeger tritt auf. Du schenkst das halbe Königreich schon weg? Doch hab ich dir das Beste aufgehoben. Zu den Heunen. Seid tapfer! Um den Hort der Nibelungen Kauft ihr die Welt, und wenn von euch auch Tausend Am Leben bleiben, braucht ihr nicht zu zanken, Es sind noch immer tausend Könige! Die Heunen zerstreuen sich in Gruppen. zu Rüdeger. Hast du nicht was zu holen aus Bechlarn? Nicht, daß ich wüßte! Oder was zu schicken? Noch wen'ger, Fürstin. Nun, so schneide dir Mit deinem Degen eine Locke ab, Da stiehlt sich eine unterm Helm hervor – Wozu? Damit du was zu schicken hast. Wie! Komm ich denn nicht mehr nach Haus zurück? Warum? Weil du ein Werk, wie dies, verlangst. Das tut bei uns die Liebe an dem Toten, Wenn sich der Tischler mit dem Hammer naht, Der ihn in seinen Kasten nageln soll. Die Zukunft kenn ich nicht. Doch nimms nicht so! Zu deinem Boten wähle Giselher Und gib ihm auf, an keinem Blumengarten Vorbei zu reiten, ohne eine Rose Für seine Braut zu pflücken. Ist der Strauß Beisammen, steckt er ihn in meinem Namen Ihr an die Brust und ruht sich aus bei ihr, Bis sie aus deiner Locke einen Ring Für mich geflochten hat. Daß ich den Dank Verdiene, wird sich zeigen. Königin, Er wird nicht gehn. Befiehl es ihm mit Ernst, Du bist ja jetzt sein Vater, er dein Sohn, Und wenn er den Gehorsam dir verweigert, So wirfst du ihn zur Strafe in den Turm. Wie könnt ich das! Lock ihn mit List hinein, Wenns mit Gewalt nicht geht. Dann ists so gut Als wär er auf der Reise und bevor Er sich befreien kann, ist alles aus, Der Jüngste Tag ist auch der kürzeste! Erwidre nichts! Wenn deine Tochter dir Am Herzen liegt, so tust du, was ich sage, Ich machte dir ein königlich Geschenk, Denn – – Doch du kannst wohl selber prophezein! Die blutigen Kometen sind am Himmel Anstatt der frommen Sterne aufgezogen Und blitzen dunkel in die Welt hinein. Die guten Mittel sind erschöpft, es kommen Die bösen an die Reihe, wie das Gift, Wenn keine Arzenei mehr helfen will, Und erst, wenn Siegfrieds Tod gerochen ist, Gibts wieder Missetaten auf der Erde, So lange aber ist das Recht verhüllt Und die Natur in tiefen Schlaf versenkt. Ab. 10. Szene Zehnte Szene Ist dies das Weib, das ich in einem See Von Tränen fand? Mir könnte vor ihr grauen, Doch kenn ich jetzt den Zauber, der sie bannt. Ich Giselher verschicken! Eher werf ich Des Tronjers Schild ins Feuer. 11. Szene Eilfte Szene Die Nibelungen treten auf. Nun, ihr Recken. So früh schon da? Es ist ja Messezeit, Und wir sind gute Christen, wie ihr wißt. deutet auf einen Heunen. Wie? Gibt es so geputzte Leute hier? Man sagt bei uns, der Heune wäscht sich nicht, Nun läuft er gar als Federbusch herum? Zu Hagen. Du frugst mich was. Ei wohl, es geht zum Sterben, Da muß ich dich doch fragen: Stirbst du mit? wieder gegen den Heunen. Ists aber auch ein Mensch und nicht ein Vogel, Der rasch die Flügel braucht, wenn man ihn schreckt? Wirft seinen Speer und durchbohrt ihn. Doch! – Hier die Antwort! Lebt ich nicht auch mit? Brav, doppelt brav! zu den Heunen. Nun? Ist es jetzt genug? Großes Getümmel. 12. Szene Zwölfte Szene Etzel tritt rasch mit Kriemhild und seinen Königen auf und wirft sich zwischen die Heunen und die Nibelungen. Bei meinem Zorn! Die Waffen gleich gestreckt! Wer wagt es, meine Gäste anzugreifen? Herr, deine Gäste griffen selber an: Schau her! Das tat Herr Volker aus Versehn! Vergib! Hier steht der Markgraf Rüdeger – wendet ihm den Rücken. Seid mir gegrüßt, ihr Vettern! Doch warum Noch jetzt im Harnisch? halb gegen Kriemhild. Das ist Brauch bei uns, Wenn wir auf Feste gehn. Wir tanzen nur Nach dem Geklirr der Degen, und wir hören Sogar die Messe mit dem Schild am Arm. Die Sitte ist besonders. Die nicht minder, Den größten Unglimpf ruhig einzustecken Und sich zu stellen, als ob nichts geschehn. Wenn du dafür von mir den Dank erwartest, So irrst du dich. Ich bin heut Kirchenvogt, Wer in die Messe will, der folge mir. Er geht voran, die Nibelungen folgen in den Dom. 13. Szene Dreizehnte Szene faßt Etzel währenddem bei der Hand. Tritt auf die Seite, Herr, recht weit, recht weit, Sonst stoßen sie dich um, und wenn du liegst, So kannst du doch nicht schwören, daß du stehst. Herr Rüdeger, keine Waffenspiele heut. Vielleicht dafür ein allgemeines Fasten? Ich bitt Euch sagts den Herrn von Dänemark Und Thüring auch. Der alte Hildebrant Weiß schon Bescheid. Herr Rüdeger, noch eins: Was habt Ihr mir zu Worms am Rhein geschworen? Daß dir kein Dienst geweigert werden soll. Geschah das bloß in Eurem eignen Namen? Was Rüdeger gelobte, halte ich. Nun: König Gunther wandte still den Rücken, Als Hagen Tronje seinen Mordspieß warf, Hättst du den deinen heute auch gewandt, So wärst du quitt gewesen gegen mich, Doch da dus hinderst, daß ich selbst mir helfe, So fordre ich des Mörders Haupt von dir! Ich brings dir auch, wenn er dir nicht das meine Zu Füßen legt. Zu Rüdeger. Nun geh! Wozu denn noch? Bei Waffenspielen gibt es immer Streit, Und nie vollbringt ihr euer Werk so leicht, Als wenn die wilde Flamme einmal lodert Und alles grimmig durcheinander rast. Ich kam, weil ich mich hier erraten glaubte, Verstehst du mich noch heute nicht? Darauf! Nein, Kriemhild, nein, so ist es nicht gemeint! Solang er unter meinem Dach verweilt, Wird ihm kein Haar gekrümmt, ja, könnt ich ihn Durch bloße Wünsche töten, wär er sicher: Was soll noch heilig sein, wenn nicht der Gast? Er winkt Rüdeger, dieser geht. 14. Szene Vierzehnte Szene So redest du? Das wird dir schlecht gedankt! Man hält dich für den Brecher und Verächter Von Brauch und Sitte, für den Hüter nicht, Und wundert sich noch immer, wenn ein Bote Von dir erscheint, daß er mit dir gesprochen Und doch nicht Arm und Bein verloren hat. Man sieht mich, wie ich war, nicht wie ich bin! – Ich ritt einmal das Roß, von dem dir nachts In dem gekrümmten, funkelnden Kometen Am Himmel jetzt der Schweif entgegen blitzt. Im Sturme trug es mich dahin, ich blies Die Throne um, zerschlug die Königreiche Und nahm die Könige an Stricken mit. So kam ich, alles vor mir niederwerfend, Und mit der Asche einer Welt bedeckt, Nach Rom, wo euer Hoherpriester thront. Den hatt ich bis zuletzt mir aufgespart, Ich wollt ihn samt der Schar von Königen In seinem eignen Tempel niederhauen, Um durch dies Zorngericht, an allen Häuptern Der Völker durch dieselbe Hand vollstreckt, Zu zeigen, daß ich Herr der Herren sei, Und mit dem Blute mir die Stirn zu salben, Wozu ein jeder seinen Tropfen gab. So hab ich mir den Etzel stets gedacht, Sonst hätt Herr Rüdeger mich nicht geworben; Was hat ihn denn verwandelt? Ein Gesicht Furchtbarer Art, das mich von Rom vertrieb! Ich darf es keinem sagen, doch es hat Mich so getroffen, daß ich um den Segen Des Greises flehte, welchem ich den Tod Geschworen hatte, und mich glücklich pries, Den Fuß zu küssen, der den Heilgen trug. Was denkst du denn zu tun, den Eid zu lösen? deutet gen Himmel. Mein Roß steht immer noch gesattelt da, Du weißt, es ist schon halb zum Stall heraus, Und wenn sichs wieder wandte und den Kopf In Wolken tief versteckte, so geschahs Aus Mitleid und Erbarmen mit der Welt, Die schon sein bloßer Schweif mit Schrecken füllt. Denn seine Augen zünden Städte an, Aus seinen Nüstern dampfen Pest und Tod, Und wenn die Erde seine Hufen fühlt, So zittert sie und hört zu zeugen auf. Sobald ich winke, ist es wieder unten, Und gern besteig ichs in gerechter Sache Zum zweiten Mal und führe Krieg für dich. Ich will dich rächen an den Deinigen Für all dein Leid, und hätt es längst getan, Hättst du dich mir vertraut, nur müssen sie In vollem Frieden erst geschieden sein. Bis dahin aber dürfen sie beginnen, Was sie gelüstet, und den Bart dir rupfen, Wenns ihnen so gefällt? Wer sagt dir das? Sie stechen deine Mannen tot, und du Erklärst es für Versehn. Sie glaubten sich Verraten, und ich mußte ihnen zeigen, Daß sies nicht sind. In dieser letzten Nacht Geschah gar viel, was ich nicht loben kann Und sie entschuldigt. Sonst verlaß dich drauf: Wie ich die Pflichten eines Wirtes kenne, So kenn ich die des Gastes auch, und wer Den Spinnwebs-Faden, der uns alle bindet, Wenn wir das Haus betreten, frech zerreißt, Der trägt die Eisenkette, eh ers denkt. Sei unbesorgt und harre ruhig aus, Ich bringe dir für jeden Becher Wein, Den sie hier trinken, eine Kanne Blut, Wenn ich auch jetzt die Mücken für sie klatsche, Nur duld ich nicht Verrat und Hinterlist. Ab. 15. Szene Funfzehnte Szene Krieg! Was soll mir der Krieg! Den hätt ich längst Entzünden können! Doch, das wäre Lohn, Anstatt der Strafe. Für die Schlächterei Im dunklen Wald der offne Heldenkampf? Vielleicht sogar der Sieg? Wie würd er jubeln, Wenn ers erlangen könnte, denn er hat Von Jugend auf nichts Besseres gekannt! Nein, Etzel, Mord um Mord! Der Drache sitzt Im Loch, und wenn du dich nicht regen willst, Als bis er dich gestochen hat, wie mich, So soll ers tun! – Ja wohl, so soll ers tun! Ab. 16. Szene Sechszehnte Szene Werbel zieht mit den Seinigen vorüber. Sie sind bei Tisch! Nun rasch! Besetzt die Türen, Wer aus dem Fenster springt, der bricht den Hals. Die Heunen jubeln und schlagen die Waffen zusammen. 17. Szene Siebzehnte Szene Großer Saal. Bankett. Dietrich und Rüdeger treten ein. Nun, Rüdeger? Es steht in Gottes Hand, Doch hoff ich immer noch. Ich sitze wieder Am Nixenbrunnen, wie in jener Nacht, Und hör in halbem Schlaf und wie im Traum Das Wasser rauschen und die Worte fallen, Bis plötzlich – Welch ein Rätsel ist die Welt! Hätt sich zur Unzeit nicht ein Tuch verschoben, So wüßt ich mehr, wie je ein Mensch gewußt! Ein Tuch? Ja, der Verband um meinen Arm, Denn eine frische Wunde hielt mich wach. Sie pflogen drunten Zwiesprach, schienen selbst Den Mittelpunkt der Erde auszuhorchen, Den Nabel, wie ich sie, und flüsterten Sich zu, was sie erfuhren, zankten auch, Wer recht verstanden oder nicht und raunten Von allerlei. Vom großen Sonnenjahr, Das über alles menschliche Gedächtnis Hinaus in langen Pausen wiederkehrt. Vom Schöpfungsborn, und wie er kocht und quillt Und überschäumt in Millionen Blasen, Wenn das erscheint. Von einem letzten Herbst, Der alle Formen der Natur zerbricht, Und einem Frühling, welcher beßre bringt. Von alt und neu, und wie sie blutig ringen, Bis eins erliegt. Vom Menschen, der die Kraft Des Leuen sich erbeuten muß, wenn nicht Der Leu des Menschen Witz erobern soll. Sogar von Sternen, die den Stand verändern, Die Bahnen wechseln und die Lichter tauschen, Und wovon nicht! Allein das Tuch! Das Tuch! Sogleich! Du wirst schon sehn. Dann kamen sie Auf Ort und Zeit, und um so wichtiger Die Kunde wurde, um so leiser wurde Das Flüstern, um so gieriger mein Ohr. Wann tritt dies Jahr denn ein? So fragt ich mich Und bückte mich hinunter in den Brunnen Und horchte auf. Schon hört ich eine Zahl Und hielt den Odem an. Doch da erscholl Ein jäher Schrei: Hier fällt ein Tropfen Bluts, Man lauscht! Hinab! Husch, husch! Und alles aus. Und dieser Tropfen? War von meinem Arm, Ich hatte, aufgestützt, das Tuch verschoben Und kam so um das Beste, um den Schlüssel, Jetzt aber, fürcht ich, brauch ich ihn nicht mehr! 18. Szene Achtzehnte Szene Die Nibelungen treten ein, von Iring und Thüring geführt. Zahlreiches Gefolge. Sie kommen. Wie zur Schlacht. Nur nichts bemerkt. Ihr lebt hier still, Herr Dietrich. Wie vertreibt Ihr Euch die Zeit? Durch Jagd und Waffenspiel. Doch! Davon hab ich heut nicht viel erblickt. Wir haben einen Toten zu begraben. Ists der, den Volker aus Versehn erstach? Wann wird das sein? Da dürfen wir nicht fehlen, Um Reu und Leid zu zeigen. Wir erlassens Euch gern. Nein, nein! Wir folgen! Still! Der König! 19. Szene Neunzehnte Szene Etzel tritt mit Kriemhild ein. Auch hier in Waffen? Immer. Das Gewissen Verlangt es so. Dank, edle Wirtin, Dank! setzt sich. Gefällt es Euch? Ich bitte, wie es kommt. Wo sind denn meine Knechte? Wohl versorgt. Mein Bruder steht für sie. Und ich, ich stehe Für meinen Koch. Das ist das Wichtigste! Der leistet wirklich viel. Ich hörte oft, Der Heune haue vom lebendgen Ochsen Sich eine Keule ab und reite sich Sie mürbe unterm Sattel – Das geschieht, Wenn er zu Pferde sitzt, und wenns an Zeit Gebricht, ein lustges Feuer anzumachen. Im Frieden sorgt auch er für seinen Gaumen Und nicht bloß für den undankbaren Bauch. Schon gestern abend hab ich das bemerkt. Und solch ein Saal dabei! Auf dieser Erde Kommt nichts dem himmlischen Gewölb so nah, Man sieht sich um nach dem Planetentanz. Den haben wir nun freilich nicht gebaut! – Es ging mir wunderlich auf meinem Zug: Als ich ihn antrat, war ich völlig blind, Ich schonte nichts, ob Scheune oder Tempel, Dorf oder Stadt, ich warf den Brand hinein. Doch als ich wiederkehrte, konnt ich sehn, Und halbe Trümmer, um die letzte Stunde Mit Sturm und Regen kämpfend, drangen mir Das Staunen ab, das ich dem Bau versagt, Als er noch stand in seiner vollen Pracht. Das ist natürlich. Sieht man doch den Toten Auch anders an, als den Lebendigen, Und gräbt ihm mit demselben Schwert ein Grab, Mit dem man kurz zuvor ihn nieder hieb. So hatt ich auch dies Wunderwerk zerstört Und fluchte meiner eignen Hand, als ichs Im Schutt nach Jahren wieder vor mir sah. Da aber trat ein Mann zu mir heran, Der sprach: Ich habs das erste Mal erbaut, Es wird mir auch das zweite Mal wohl glücken! Den nahm ich mit und darum steht es hier. 20. Szene Zwanzigste Szene Ein Pilgrim tritt ein, umwandelt die Tafel und bleibt bei Hagen stehen. Ich bitt Euch um ein Brot und einen Schlag, Das Brot für Gott den Herrn, der mich geschaffen, Den Schlag für meine eigne Missetat. Hagen reicht ihm ein Brot. Ich bitt! Mich hungert, und ich darfs nicht essen, Bevor ich auch den Schlag von Euch empfing. Seltsam! Gibt ihm einen sanften Schlag. Pilgrim geht. 21. Szene Einundzwanzigste Szene Was war denn das? Was meint Ihr wohl? Verrückt? Nicht doch! Ein stolzer Herzog ists. Wie kann das sein? Ein hoher Thron steht leer, Solang er pilgert, und ein edles Weib Sieht nach ihm aus. lacht. Die Welt verändert sich. Man sagt, er sei schon einmal heimgezogen Und an der Schwelle wieder umgekehrt. Fort mit dem Narren! Käm er noch einmal, So weckt ich rasch mit einem andern Schlag Den Fürsten in ihm auf. Es ist doch was! Zehn Jahre sind herum, und endlich kommt er Des Abends auf sein Schloß. Schon brennt das Licht, Er sieht sein Weib, sein Kind, er hebt den Finger, Um anzupochen, da ergreift es ihn, Daß er des Glückes noch nicht würdig ist, Und leise, seinem Hund, der ihn begrüßt, Den Mund verschließend, schleicht er wieder fort, Um noch einmal die lange Fahrt zu machen, Von Pferdestall zu Pferdestall sich bettelnd Und, wo man ihn mit Füßen tritt, verweilend, Bis man ihn küßt und an den Busen drückt. Es ist doch was! lacht. Ha, ha! Ihr sprecht, wie unser Kaplan am Rhein! Wo bleiben aber heut Die Geiger nur? Es ist ja einer da, Der alle andern zum Verstummen bringt. So spielt denn auf, Herr Volker! Seis darum, Nur sagt mir, was Ihr hören wollt. Sogleich! Sie winkt einem Diener, welcher abgeht. erhebt den Becher und trinkt. Schwester! gießt ihren Becher aus, zu Rüdeger. Du hast dein Haar zu lieb gehabt, Jetzt wirst du mehr verlieren! 22. Szene Zweiundzwanzigste Szene Otnit wird von vier Reisigen auf goldenem Schild herein getragen. Das ist recht! Seht ihr dies Kind, das mehr der Kronen erbt, Als es auf einmal Kirschen essen kann? So singt und spielt zu seinem Ruhm und Preis. Nun, Vettern? Ist der Junker groß genug Für seine Jahre? Gebt ihn erst herum, Daß wir ihn recht besehn. zu Otnit. Mach du den Hof, Bis man ihn dir macht. Otnit wird herumgegeben; wie er zu Hagen kommt. Nun? Ich mögte schwören, Er lebt nicht lange! Ist er denn nicht stark? Ihr wißt, ich bin ein Elfenkind und habe Davon die Totenaugen, die so schrecken, Doch auch das doppelte Gesicht. Wir werden Bei diesem Junker nie zu Hofe gehn. Ist dies das Lied? Da spricht wohl nur dein Wunsch! Macht Ihr es gut, Herr Volker, stimmt nicht länger, Der junge König nimmts noch nicht genau. 23. Szene Dreiundzwanzigste Szene Dankwart tritt in blutbedecktem Panzer ein. Nun, Bruder Hagen, nun? Ihr bleibt ja lange Bei Tische sitzen! Schmeckts denn heut so gut? Nur immer zu, die Zeche ist bezahlt! Was ist geschehn? Von allen den Burgunden, Die Ihr mir anvertrautet, ist nicht einer Am Leben mehr. Das war für Euren Wein. steht auf und zieht. Getümmel. Und du? Das Kind! Mein Kind! sich über Otnit lehnend zu Dankwart. Du triefst von Blut! Er bringt es um! Das ist nur roter Regen, Er wischt das Blut ab. Du siehst, es quillt nicht nach, doch alle andern Sind hin. Herr Rüdeger! Helft! schlägt Otnit den Kopf herunter. Hier, Mutter, hier! – Dankwart, zur Tür! Auch da ist noch ein Loch! Dankwart und Volker besetzen beide Türen des Saales. springt auf den Tisch. Nun, laßt denn sehn, wer Totengräber ist. Ich! – Folgt mir! zu Volker. Platz dem König! Etzel und Kriemhild schreiten hindurch, Rüdeger, Hildebrant, Iring und Thüring folgen; als sich auch andere anschließen. Ihr zurück! in der Tür. Ich wußte nichts vom Mord an euren Knechten Und hätt ihn so bestraft, daß ihr mir selbst Ins Schwert gefallen wärt. Dies schwör ich euch! Dies aber auch: Jetzt seid ihr aus dem Frieden Der Welt gesetzt und habt zugleich die Rechte Des Kriegs verwirkt! Wie ich aus meiner Wüste Hervorbrach, unbekannt mit Brauch und Sitte, Wie Feuer und Wasser, die vor weißen Fahnen Nicht stehen bleiben und gefaltne Hände Nicht achten, räch ich meinen Sohn an euch Und auch mein Weib. Ihr werdet diesen Saal Nicht mehr verlassen, Ihr, Herr Dieterich, Bürgt mir dafür, doch was den Heunenkönig Auf dieser Erde einst so furchtbar machte, Das sollt ihr sehn in seinem engen Raum! Ab. Allgemeiner Kampf. 5. Akt 1. Szene Erste Szene Hildebrant, Dietrich. Wie lange soll der Jammer denn noch dauern? So lange, fürcht ich, bis der letzte fiel. Sie werden Herr des Feuers. Seht nur, seht! Schon schluckt der Rauch die lichte Flamme ein. Dann löschen sie mit Blut. Sie waten drin Bis an das Knie und können ihre Helme Als Eimer brauchen. 2. Szene Zweite Szene Die Tür des Saals wird aufgerissen, Hagen erscheint. Puh! Kehrt sich um. Wer lebt, der ruft! Der edle Hagen, dem Ersticken nah! Er taumelt! Etzel, du bist fürchterlich! Das Schreckgesicht, das du gesehn am Himmel, Das stellst du wohl auf Erden vor uns hin. Komm, Giselher, hier gibt es frische Luft! von innen. Ich finde nicht! So taste an der Mauer, Und folge meiner Stimme. Tritt halb in den Saal zurück. Falle nicht, Da ist der Totenberg! Führt Giselher heraus. Ha! – Das erquickt! Ich lag schon! Dieser Qualm! Noch eher Glut! 3. Szene Dritte Szene Gunther, Dankwart und Gerenot erscheinen mit Rumolt in ihrer Mitte. Da ist das Loch. Schnell! Schnell! aufatmend. Das ist was wert! zu Rumolt, der zu fallen anfängt. Dem hilfts nicht mehr. Tot? Küchenmeister, auf! – Vorbei! Durst, Durst! Ei, geh doch in die Schenke Zurück, an rotem Wein gebrichts ja nicht, Noch sprudelt manches Faß. Versteht Ihr das? Deutet auf den Totenwinkel. Die ausgelaufnen Fässer liegen dort! Gott helfe uns! Ein Glück nur, daß der Saal Gewölbt ist. Ohne diesen Ziegelrand, Der uns beschirmte vor dem Kupferregen, Hätt alles nichts geholfen. Brätst du nicht In deinem Eisen? Stell dich an den Wind, Jetzt können wir ihn brauchen. Wehts denn noch? 4. Szene Vierte Szene aus einem Fenster. Nun, Waffenmeister? Schießt! Die Schützen erheben ihre Bogen. Ich decke euch! Er erhebt seinen Schild, dieser entfällt ihm und rollt die Treppe herunter. Hinein! Ruft herab. Beseht den Schild, bevor ihr lacht! Er ward nur schwerer, doch mein Arm nicht schwächer. Denn alle eure Speere stecken drin! Folgt den übrigen. 5. Szene Fünfte Szene Ich halt es nicht mehr aus. Wollt Ihr denn nicht Ein Ende machen? Ich? Wie könnt ich das? Ich bin des Königs Mann und um so mehr Verpflichtet, treu zu bleiben, als ich mich Freiwillig und aus bloßem Herzensdrang Ihm unterwarf! Vergeßt nicht! Davon nichts. Die Zeit ist abgelaufen, die Ihr selbst Euch setztet, im Gehorsam Euch zu üben Und Eure Zeugen leben! Heute das? Heut oder nie! Die Helden können sterben, Die Gott bis jetzt so wunderbar verschont. Dann soll ich eben bleiben, was ich bin! Das setzt ich mir zum Zeichen, wie du weißt, Ob ich die Krone wieder tragen, oder Bis an den Tod zu Lehen gehen soll, Und ich, ich bin zu beidem gleich bereit. Nun, wenn Ihr selber schweigt, so rede ich! Das tust du nicht! Auch bessertest du nichts! Legt ihm die Hand auf die Schulter. Mein Hildebrant, wenn eine Feuersbrunst Im Haus entsteht, so kehrt der Knecht noch um, Der seiner Pflicht gerade ledig ward, Und hätt er schon die Schwelle überschritten: Er zieht die Feierkleider wieder aus Und wirft sein Bündel hin, um mit zu löschen, Und ich, ich zöge ab am Jüngsten Tag? Sie werfen wieder Tote aus den Fenstern. Herr, endigt jetzt! Der Teufel hat genug! Wenn ich auch wollte, wie vermögt ichs wohl? Hier hat sich Schuld in Schuld zu fest verbissen, Als daß man noch zu einem sagen könnte: Tritt du zurück! Sie stehen gleich im Recht. Wenn sich die Rache nicht von selbst erbricht Und sich vom letzten Brocken schaudernd wendet, So stopft ihr keiner mehr den grausen Schlund. ist auf die Seite gegangen und kehrt zurück. Nun folgen unsre Edlen endlich auch Den armen Knechten nach. Die meisten sind Nur noch an ihrem Panzer zu erkennen, Der tapfre Iring flog der Schar voran. Herr, geht nicht hin, Ihr könnt ihn doch nicht küssen, Sein Kopf ist ganz verkohlt. Das treue Blut! wird oben wieder sichtbar. Hagen noch einmal. 6. Szene Sechste Szene Kriemhild tritt auf. Schießt! verschwindet wieder. Wie viele leben Denn noch? deutet auf den Totenwinkel. Wie viele tot sind, siehst du hier! Alle Burgunden, die ins Land gezogen, Sind auch gefallen – Aber Hagen lebt! An siebentausend Heunen liegen dort – Und Hagen lebt! Der stolze Iring fiel. Und Hagen lebt! Der milde Thüring auch, Irnfried und Blödel und die Völker mit. Und Hagen lebt! Schließt eure Rechnung ab, Und wärt ihr selbst darin die letzten Posten, Die ganze Welt bezahlt mich nicht für ihn. Unhold! Was schiltst du mich? Doch schilt mich nur! Du triffst, was du gewiß nicht treffen willst, Denn, was ich bin, das wurde ich durch die, Die ihr der Strafe gern entziehen mögtet, Und wenn ich Blut vergieße, bis die Erde Ertrinkt, und einen Berg von Leichen türme, Bis man sie auf dem Mond begraben kann, So häuf ich ihre Schuld, die meine nicht. O, zeigt mir nur mein Bild! Ich schaudre nicht Davor zurück, denn jeder Zug verklagt Die Basilisken dort, nicht mich. Sie haben Mir die Gedanken umgefärbt. Bin ich Verräterisch und falsch? Sie lehrten mich, Wie man den Helden in die Falle lockt. Und bin ich für des Mitleids Stimme taub? Sie warens, als sogar der Stein zerschmolz. Ich bin in allem nur ihr Widerschein, Und wer den Teufel haßt, der spuckt den Spiegel Nicht an, den er befleckt mit seiner Larve, Er schlägt ihn selbst und jagt ihn aus der Welt. 7. Szene Siebente Szene Hagen erscheint wieder. Ist König Etzel hier? Ich sprech für ihn. Was wollt Ihr? Offnen Kampf in freier Luft. Das weigr ich Euch, und wärs nach mir gegangen, So gäbs auch drinnen keinen Kampf, als den Mit Hunger und Durst und Feuer! Der König selbst! 8. Szene Achte Szene Etzel tritt auf. Herr Etzel, ists geschehn mit Eurem Willen, Daß man den Saal in Brand gesteckt, als wir Die Wunden uns verbanden? Habt Ihr uns Die Toten ausgeliefert? Habt Ihr mir Nicht selbst mein Kind verweigert? Das war schlimm! Wir pflegen unsre Toten zu verbrennen! Wenn Euch das unbekannt gewesen ist, So wißt Ihrs jetzt. Dann seid Ihr quitt mit uns! Gewährt uns denn, was Ihr nicht weigern könnt, Wenn Ihr den größten Schimpf nicht wagen wollt. Der größte Schimpf ist, Euch das Ohr zu leihn. Schießt! Schießt! Trägt sie die Krone? Was wollt Ihr mehr? Ich legte Euer Los in Schwesterhand. Die Toten hielten sie als Pfand zurück, Um auch die Lebenden hinein zu locken, Die nicht aus Torheit kamen. Stamm um Stamm! Sie haben meinen ausgelöscht, sie sollen Auch selbst nicht fortbestehn. Was gibts denn hier? Der alte Rüdeger in Wut? 9. Szene Neunte Szene Rüdeger jagt einen Heunen über die Bühne und schlägt ihn mit der Faust zu Boden. Da liege Und spei noch einmal Gift. Herr Rüdeger, Ihr helft dem Feind? Wir haben der Erschlagnen Auch ohne Euch genug. Was hat der Mann Getan? zu Etzel. Bin ich dein bloßer Zungenfreund? Schnapp ich nach Gaben, wie der Hund nach Fleisch? Trag ich den Sack, der keinen Boden hat, Und obendrein ein festgeleimtes Schwert? Wer sagt denn das? Wenn mans nicht sagen darf, So schilt mich nicht, daß ich den Buben strafte: Der warf mir das soeben ins Gesicht, Als ich mit Tränen all des Jammers dachte, Den diese Sonnenwende uns beschert, Und brüllend stimmte ihm sein Haufe bei. So stand ein ganzer Haufe hinter ihm? Herr Rüdeger, die Strafe war zu hart, Denn viele, wenn nicht alle, denken so, Und eine beßre Antwort wärs gewesen, Wenn Ihr sogleich das Schwert gezogen hättet, Um auf die Nibelungen einzuhaun. Ich? Hab ich sie nicht selbst ins Land gebracht? Drum eben ists an dir, sie fort zu schaffen. Nein, König, das begehrst du nicht von mir! Du hast mir kaum gestattet, dir die Dienste Zu leisten, die ich dir entgegen trug, Und solltest fordern, was ich weigern müßte, Und hinge Haut und Haar und alles dran? Ich kann und will sie nicht verteidigen, Doch hab ich sie auf Treue hergeführt, Und darf ich sie nicht schützen gegen dich, So leih ich dir doch auch nicht meinen Arm. Du tust, als wärst du noch ein freier Mann Und könntest dich entscheiden, wie du willst! Kann ichs denn nicht? Was hindert mich, wenn ich Die Lehen niederlege? Was? – Dein Eid! Du bist bis an den letzten Odemzug Mein Knecht, und darfst mir keinen Dienst verweigern, Wohlan denn, dieser ist es, den ich will. Ich kann nicht sagen, daß du lügst, und doch Ists nicht viel besser, denn ein andres Weib Hat meinen Eid gefordert und erhalten, Ein andres aber legt ihn heute aus. Du sprichst von Treue, Rüdeger. Ich darf Dich wohl zum Zeugen nehmen, daß ich sie Heilig zu halten weiß. Doch, gilt das hier? Sie stehen jenseits der Natur und brauchen Als Waffe, was im Abgrund still versank, Eh sich der Bau der Welt zusammenschloß. Sie werfen uns den Kot der Elemente, Der, ausgeschieden, unten sitzen blieb, Als sich die Kugel rundete, hinein. Sie reißen alle Nägel aus und sägen Die Balken durch. Da mußt auch du den Damm Wohl überspringen, wenn du helfen willst. So ists. Der giftge Degen ist die Schande Des ersten, doch der zweite schwingt ihn frei! Es mag so sein, es ist gewiß auch so, Ich will mit Euch nicht streiten. Doch bedenkt: Ich habe sie mit Wein und Brot begrüßt, Als sie die Donaugrenze überschritten, Und sie geleitet bis zu Eurer Schwelle, Kann ich das Schwert wohl gegen sie erheben, Nun sie in ihren größten Nöten sind? Wenn alle Arme, die man zählt auf Erden, Im allgemeinen Aufstand der Natur Sich gegen sie bewaffneten, wenn Messer Und Sensen blitzten und die Steine flögen, So fühlte ich mich immer noch gebunden, Und höchstens stände mir ein Spaten an. Ich hab dich auch geschont, solang ich konnte, Und ruf dich ganz zuletzt. Barmherzigkeit! Was soll ich sagen, wenn mein Eidam mir, Der junge Giselher, entgegen tritt Und mir die Hand zum Gruße beut? Und wenn Mein Alter seine Jugend überwindet, Wie tret ich wohl vor meine Tochter hin? – Zu Kriemhild. Dich treibt der Schmerz um den Verlorenen, Willst du ihn auf ein Kind, das liebt, wie du, Und nichts verbrach, vererben und es töten? Das tust du, wenn du mich zum Rächer wählst, Denn, wie das blutge Los auch fallen mag, Ihr wird der Sieger immer mit begraben, Und keiner von uns beiden darf zurück. Das alles hättest du erwägen sollen, Bevor der Bund geschlossen ward. Du wußtest, Was du geschworen! Nein, ich wußt es nicht, Und, beim allmächtgen Gott, du hast es selbst Noch weniger gewußt. Das ganze Land War deines Preises voll. In deinem Auge Sah ich die erste Träne und zugleich Die letzte auch, denn alle andern hattest Du abgewischt mit deiner milden Hand. Wohin ich trat, da segnete man dich, Kein Kind ging schlafen, ohne dein zu denken, Kein Becher ward geleert, du hattest ihn Gefüllt, kein Brot gebrochen und verteilt, Es kam aus deinem Korb: wie konnt ich glauben, Daß diese Stunde folgte! Eher hätt ich Bedächtig vor dem Eid den eignen Hals Mir ausbedungen, als die Sicherheit Der Kön'ge, deiner Brüder. Wärs dir selbst Wohl in den Sinn gekommen, wenn du sie Im Kreis um deine alte graue Mutter Versammelt sahst, um in den Dom zu gehn, Daß du dereinst ihr Leben fordern würdest? Wie sollte ichs denn ahnen und den ersten Und edelsten der Jünglinge verschmähn, Als er um meine Tochter warb! Ich will Ihr Leben auch noch heute nicht! Die Tür Steht offen für sie alle, bis auf einen: Wenn sie die Waffen drinnen lassen wollen Und draußen Frieden schwören, sind sie frei. Geh hin und rufe sie zum letzten Mal. 10. Szene Zehnte Szene Giselher erscheint oben. Bist du es, Schwester? Habe doch Erbarmen Mit meinem jungen Leib. Komm nur herab! Wer jetzt beim Mahle sitzt, und wär er noch So hungrig, soll dir weichen, und ich selbst Kredenze dir des Kellers kühlsten Trunk! Ich kann ja nicht allein. So bringe mit, Was Ute wiegte, daß sie nicht mit Schmerz Begraben muß, was sie mit Lust gebar. Wir sind noch mehr. Du wagst, mich dran zu mahnen? Nun ist die Gnadenzeit vorbei, und wer Noch Schonung will, der schlage erst das Haupt Des Tronjers ab und zeigs! Mich reut mein Wort! Verschwindet wieder. 11. Szene Eilfte Szene Du siehst! Das eben ists, was mich empört! Heut sind sie untreu, morgen wieder treu: Das Blut des Edelsten vergießen sie, Wie schmutzges Wasser, und den Höllengischt, Der in den Adern dieses Teufels kocht, Bewachen sie bis auf den letzten Tropfen, Als wär er aus dem heilgen Gral geschöpft. Das konnt ich auch nicht ahnen, als ich sie So miteinander hadern sah. Mein Grab Im Kloster war nicht still genug, daß ich Den ewgen Zank nicht hörte: konnt ich denken, Daß sie, die sich das Brot vergifteten, Sich hier so dicht zusammenknäueln würden, Als hingen sie an einer Nabelschnur? Gleichviel! Der grimmge Mörder sprach am Sarg In bittrem Hohn zu mir: Dein Siegfried war Vom Drachen nicht zu trennen, und man schlägt Die Drachen tot. Das wiederhol ich jetzt! Ich schlag den Drachen tot und jeden mit, Der sich zu ihm gesellt und ihn beschirmt. Ihr habt den Kampf verlangt, als ich gebot, Sie mit den stillen Schrecken einzuschließen, Die nach und nach aus allen Wänden kriechen Und wachsen, wie der Tag – Ihr habt den Hunger Beneidet um sein Totengräberamt, Als ichs ihm übertrug, und statt zu lachen, Wie die Verlornen Euch aus List verhöhnten, Um Euch hinein zu locken, Eure Wappen Empor gehalten, und durchs erste Murren Ein Ja von mir ertrotzt. Nun fechtets aus! Ich werds auch an mir selbst nicht fehlen lassen, Wenn mich die Reihe trifft, denn Wort ist Wort. So schwer, wie ich, ward noch kein Mensch geprüft, Denn was ich tun und was ich lassen mag, So tu ich bös und werde drob gescholten, Und laß ich alles, schilt mich jedermann. Aus dem Saal heraus Becherklang. Was ist denn das? Es tönt wie Becherklang! steigt hinauf. Mich dünkt, sie höhnen uns! Das ist die Art Der Fröhlichen. Sie scheppern mit den Helmen Und stoßen an. Nur einen Blick hinein, So bist du stumm! Sie sitzen auf den Toten Und trinken Blut. Sie trinken aber doch! Rührt dich denn nichts? Noch niemals standen Männer Zusammen, wie die Nibelungen hier, Und was sie auch verbrochen haben mögen, Sie habens gut gemacht durch diesen Mut Und diese Treue, die sie doppelt ehrt, Wenns ist, wie du gesagt. Mein Herr und König, Du hast mich so mit Gaben überschüttet Und mir den Dank dafür so ganz erlassen, Daß dir kein Knecht verpflichtet ist, wie ich. Kriemhild, ich habe dir den Eid geschworen Und muß ihn halten, das erklär ich laut Für meine Pflicht und mäkle nicht daran. Wenn ihr mich dennoch niederknieen seht, So denkt des Hirsches, der in höchster Not Sich auch noch gegen seinen Jäger wendet, Und ihm die einzge blutge Träne zeigt, Die er auf dieser Erde weinen darf, Ob er vielleicht Erbarmen in ihm weckt. Ich flehe nicht um Gold und Goldeswert, Nicht um mein Leben oder meinen Leib, Nicht einmal um mein Weib und um mein Kind. Das alles fahre hin, ich fleh zu euch Um meine Seele, die verloren ist, Wenn ihr mich nicht von diesem Eide löst. Zu Etzel. Ich biete nicht, was dir von selbst verfällt, Wenn des Vasallen Zunge auch nur stockt, Und wenn sein Auge nicht vor Freuden funkelt, Sobald du winkst: mein Land ist wieder dein! Zu Kriemhild. Ich sage nicht: wenn du mein Leben willst, So nimm es hin, und wenn du meinen Leib Verlangst, so spann mich morgen vor den Pflug! Zu beiden. Ich biete mehr, obgleich dies alles scheint, Was einer bieten kann: wenn ihr es mir Erlaßt, den Arm in diesem Kampf zu brauchen, Soll er mir sein, als hätt ich ihn nicht mehr. Wenn man mich schlägt, so will ich mich nicht wehren, Wenn man mein Weib beschimpft, sie nicht beschützen Und, wie ein Greis, den die gewaltge Zeit Von seinem Schwerte schied, in voller Kraft An einem Bettelstab die Welt durchziehn. Du tust mir leid, allein du mußt hinein! Glaubst du, daß ich die Seele rettete, Als ich nach einem Kampf, dem keiner gleicht, Mit Etzel in das zweite Ehbett stieg? O sei gewiß, der kurze Augenblick, Wo ich den Frauengürtel lösen sollte Und fest und immer fester um mich knüpfte, Bis er ihn zornig mit dem Dolch zerschnitt, Der Augenblick enthielt der Martern mehr, Als dieser Saal mit allen seinen Schrecken, Mit Glut und Brand, mit Hunger, Durst und Tod. Und wenn ich endlich überwand im Kampf Und, statt den Dolch zu rauben und zu töten, Gleichviel, ob mich, ob ihn, sein Bett beschritt, So wars dein Eid, der mir die Kraft verlieh, So war es dieser Tag, auf den ich hoffte, Und diese Stunde, die ihn krönen muß. Nun sollt es enden, wie ein Possenspiel, Ich hätt mich selbst als Opfer dargebracht Und sollte doch verzichten auf den Preis? Nein, nein, und müßte ich der ganzen Welt Zur Ader lassen, bis zur jüngsten Taube Herunter, die das Nest noch nicht verließ, Ich schauderte auch davor nicht zurück. Drum, Markgraf Rüdeger, besinnt Euch nicht, Ihr müßt, wie ich, und wenn Ihr fluchen wollt, So flucht auf die, sie zwingen Euch, wie mich. zu den Seinen. So kommt! Erst noch die Hand. Beim Wiedersehn. Herr Dieterich von Bern, jetzt mahn ich Euch: Werft Euren schnöden Wächterspieß beiseite Und schreitet ein, wie's einem König ziemt. Zurück noch, Rüdeger, er darfs und kanns, Er trat auf sieben Jahr in Etzels Dienst, Und die sind um, es galt nur ein Gelübde, Und wers nicht glaubt, dem stell ich Zeugen auf. Dein Wort genügt. der die Schwurfinger in die Höhe hob, während Hildebrant sprach. So wars, mein Herr und König, Doch weiß mein alter Waffenmeister nicht, Daß ichs im stillen neu beschworen habe, Indem er sprach, und dies Mal bis zum Tod. tritt Rüdeger aus dem Weg. So zieht! Doch reicht mir noch zum letzten Mal Die Hand, denn niemals wird es mehr geschehn, Ob Ihr nun siegen oder fallen mögt. Herr Etzel, Euch befehl ich Weib und Kind Und auch die armen Landsvertriebenen, Denn was Ihr selbst an mir getan im Großen, Das hab ich Euch im Kleinen nachgemacht. 12. Szene Zwölfte Szene Hagen und die Nibelungen schauen aus, wie Rüdeger mit den Seinigen emporsteigt. Es gibt noch Frieden. Seht ihr? Rüdeger! Es gilt den letzten und den schwersten Kampf, Jetzt soll sich würgen, was sich liebt. Du meinst? Trat die Versöhnung je in Eisen auf? Braucht man den Panzer, um sich zu umarmen, Treibt man die Küsse mit den Schwertern ein, Und nimmt man all sein Volk als Zeugen mit? Wir tauschten alle in Bechlarn die Waffen, Ich trag die seinen, er die meinigen, Und das geschieht in aller Welt doch nur, Wenn man sich niemals wieder schlagen will. Hier gilt das nicht. Nein, reicht euch nur die Hände Und sagt euch gute Nacht. Wir sind am Ziel. tritt Rüdeger entgegen. Willkommen! Ich bin taub! – Musik! Musik! Rauschende Musik. Hätt ich nur einen Schild! Dir fehlt der Schild? An einem Schilde solls dir nimmer fehlen, Hier ist der meinige. Reicht Hagen seinen Schild, während Hildebrant ihm den seinigen wiedergibt. Musik! Musik! Schlagt an die Panzer, rasselt mit den Speeren, Ich habe jetzt das letzte Wort gehört! Tritt mit den Seinigen in den Saal. Kampf. 13. Szene Dreizehnte Szene Bringt mir den Helm! in den Saal schauend, ballt die Hand gegen Kriemhild. Du, Du! Wer ist gefallen? Dein Bruder Gerenot. Er hats gewollt. Was ist das für ein Licht, das mich so blendet? Ich seh nicht mehr! – Der Balmung! – Hagen schreitet In einem Meer von Funken, wo er haut; In Regenbogenfarben tanzen sie Um ihn herum und beißen in die Augen, Daß ich sie schließen muß. Das ist ein Schwert! Es schlägt die tiefsten Wunden, und es macht Sie unsichtbar durch seinen Blitz. Jetzt hält Der Schnitter ein! Wie stehts? Der hat gemäht! Nur wenig Halme heben noch ihr Haupt. Auch Giselher – Was ist mit Giselher? Er liegt. Er liegt? Nun wohl, so ist es aus. Der Tod hat wieder Odem, und es bricht Von neuem los. Wie wütet Rüdeger! Der löst den Eid so treu, als tät ers gern, Doch ist er jetzt schon ganz allein! So hilf! Man schlägt die Nibelungen ohne mich! – Dankwart, du lehnst dich müßig in die Ecke, Statt deine Pflicht zu tun? Siehst dus denn nicht, Daß Volker stürzt? – Ach, er hat guten Grund, Die Mauer hält ihn aufrecht, nicht der Fuß, Der ihn durch tausend schwere Kämpfe trug! – O Gott! Was gibts? Sie liegen Brust an Brust! Wer? Rüdeger und der Tronjer! Schmach und Tod! Spar dir den Fluch! Sie waren beide blind Vom angespritzten Blut und tasteten Herum, um nicht zu fallen. Da verzeih ichs. Jetzt wischen sie die Augen, schütteln sich, Wie Taucher, küssen sich und – Willst du mehr, So steige selbst herauf und schau hinein. Was könnt es nun noch geben, das mich schreckte? Steigt empor. ihr entgegen, als sie die Treppe halb, erstiegen hat. Der Markgraf Rüdeger bittet um sein Grab! greift nach dem Helm, den ihm ein Diener reicht. Nun ists an mir, und keiner hält mich mehr. Es ist an mir, der König kommt zuletzt. Geht in den Saal. Dem Herrn sei Preis und Dank! Die Kraft der Erde Ward in zwei Hälften unter uns verteilt, Die eine kam auf all die Millionen, Die andre kam auf Dietrich ganz allein. 14. Szene Vierzehnte Szene bringt Hagen und Gunther gefesselt. Da sind sie! deutet auf seine Wunden. Alle Hähne stehn schon auf, Man braucht nicht erst zu drehn. Ich mögte mich Ein wenig setzen. Gibts hier keinen Stuhl? wirft sich auf Hände und Füße nieder. Hier, edler König, hier, und einer, der Dir selbst sogar gehört. Begnadigt sie So weit, daß ihrs dem Tode überlaßt, Ob er ein Wunder dulden will. Sie sollen Bis morgen sicher sein! Dann stehts bei ihr! Führt sie ins Haus. Hagen und Gunther werden abgeführt. Herr Hagen Tronje, hört! kehrt um. Was wollt Ihr, Frau? Sogleich! – Ist König Etzel Der einzge Heunen-Recke, der noch lebt? Deutet auf den Totenwinkel. Mir deucht, dort rührt sich was! Ja wohl! Ein zweiter Kriecht mühsam aus dem Totenberg hervor, Er braucht sein Schwert als Krücke. Tritt heran, Verstümmelter, wenn die gebrochnen Glieder Dich tragen wollen, daß ich dich bezahle, Denn ich bin deine Schuldnerin! tritt heran. Herr Hagen, Wo ist der Hort? Ich frag das nicht für mich, Ich frags für diesen Mann, dem er gehört. Als ich den Hort versenkte, mußt ich schwören, Ihn keiner Menschenseele zu verraten, Solange einer meiner Kön'ge lebt. heimlich zu dem Heunen. Kannst du das Schwert noch brauchen? Nun, so geh Und haue den gefangnen König nieder Und bringe mir sein Haupt. nickt und geht. Der Schuldigste Von Utes Söhnen soll nicht übrig bleiben, Das wär ein Hohn auf dieses Weltgericht! kommt mit Gunthers Haupt zurück. deutet darauf. Kennst du dies Haupt? Nun sprich, wo ist der Hort? Da ist das Ende! Wie ichs mir gedacht! Klatscht in die Hände. Unhold, ich hab dich wieder überlistet, Nun ist der Ort nur Gott und mir bekannt, Und einer von uns beiden sagts dir nicht. Dann, Balmung, leiste deinen letzten Dienst! Reißt ihm den Balmung von der Seite und erschlägt ihn, ohne daß er sich wehrt. Kommt hier der Teufel doch noch vor dem Tod? Zurück zur Hölle! Er erschlägt Kriemhild. Hildebrant! Ich bins. Nun sollt ich richten – rächen – neue Bäche Ins Blutmeer leiten – Doch es widert mich, Ich kanns nicht mehr – mir wird die Last zu schwer – Herr Dietrich, nehmt mir meine Kronen ab Und schleppt die Welt auf Eurem Rücken weiter – Im Namen dessen, der am Kreuz erblich!