Friedrich Hebbel Der Rubin Ein Märchen-Lustspiel in drei Akten [Widmung] F. Gustav Kühne in freundschaftlicher Hochachtung zugeeignet Personen Personen. Der Kalif. Der Vezier. Der Kadi. Omar, Pascha von Ägypten. Assad, ein Jüngling. Hakam, sein Kamerad. Irad, ein Greis. Rustan, Henker. Selim, Häscher. Soliman, ein Juwelier. Khalf, sein Nachbar. Babeck, ein Gefangener. Der Aufseher der öffentlichen Hunde. Ein Bote des Pascha von Ägypten. Fatime. Gefolge des Kalifen, des Veziers und des Kadis. Zehn Emire. Diener. Verschnittene. Musikanten. Volk. 1. Akt 1. Szene Erste Szene Assad und Hakam treten auf. Welch eine Pracht! O Hakam, schau dich um! Was das für Häuser sind und was für Gassen! Kaum glauben kann ichs, daß die Wunderstadt Von Menschenhand erbaut ward und noch minder, Daß sie ein Menschenfuß betreten darf – Und stehst doch selbst darin, und obendrein Mit Füßen, die nicht gar zu sauber sind! Schau, dort das Minarett! Der Halbmond drauf, Sieht er nicht ganz so aus, als hätt man ihn So von der Himmelsdecke weggerissen? Und drüben der Palast! Ein Fenster ist So groß, wie meiner Eltern Hütte war, Und sieh! ein Blumengarten auf dem Dach! Oft führte mich nach Bagdad schon der Traum. Fast jedes Mal, wenn ich vor Schlafenszeit Ein Märchen hörte – Nun, dann weißt du hier Gewiß Bescheid und kannst mir ohne Zweifel Den Brunnen zeigen, der aus sieben Röhren Statt Wassers Wein verspritzt und den ein Baum Beschattet, der, sobald man ihm nur winkt, Die Früchte fallen läßt, die man sich wünscht, Heut Feigen, morgen Datteln oder Trauben. Denn Märchen hörtest du ja alle Abend Und gabst dem blinden Araber, wenn er Nicht gleich von selbst begann, dein bißchen Brot, Damit er nur erzählte und nicht schwieg! Oft war ich hier im Traum, doch niemals sah Ichs so! O nein, ich sah mein Dorf vergrößert, Auch wohl verschönert, doch – Ich hätte mir Dies alles noch viel prächtger vorgestellt. Die Häuser sind denn doch, soviel ich sehe, Aus Steinen aufgebaut und nicht von Gold, Das Straßenpflaster scheint mir nicht von Silber. Und auch der Kot ist ganz gemeiner Kot. in Gedanken versinkend. Und dennoch! Einmal! Einmal? Was denn einmal? Ein Pudel! Siehst du? Ganz so, wie bei uns! Vier Beine! Keine sechs! Und Kopf und Schwanz! Einmal sah ichs schon so! Das war ein Traum! Gewiß gibts keinen buntern! Nun? Ich ging Durch eine Straße, breit, wie jene dort, Und endlos, wie der Tigris. Staunend blickt ich, Wie jetzt, die wunderbaren Dinge an, Die mir bei jedem Schritt entgegentraten, Die Menschen aber, die mir auf der Straße Begegneten, die blieben alle stehn Und sahn auf mich! Auf dich? Lacht. Du lachst zu früh, Das Beste kommt erst! Ja, sie drängten sich Um mich herum, sie zeigten mit den Fingern Auf mich und flüsterten, es ward zuletzt Ein dichter Knäuel. Ich erschrak und dachte: Du lagst zur Nacht in einem Ährenfeld Und hast gewiß noch einen Halm im Haar, Auf, säubre dich! Schnell trat ich an ein Fenster, Das fast die halbe Straße spiegelte, Und sah hinein. Da – Nun ists Zeit, zu lachen! Worüber denn? Weil ich – Ich schäme mich, Es dir zu sagen, Hakam! Sahst du aus, Als ob du dich noch nie gewaschen hättest? O nein! O nein! Ich trug ein Feierkleid, So schön, als wär es aus der Morgenröte Herausgeschnitten und besetzt mit Sternen – Das hast du wieder abgelegt! Fast hätt ich Vor meinem eignen Bilde ehrfurchtsvoll Mich in den Staub geworfen, doch – Genug! Mehr sag ich nicht! So warst du Prinz im Traum! Ich bin einmal geflogen! Beim Propheten, Das möcht ich auch mal träumen! Weißt du, Assad, Was ich dann täte? Ei, wie kann ich wissen, Was du im Traume tun wirst! Unsern Herrn Würd ich langsam zu Tode peitschen lassen, Und während das geschähe, Feigen essen! Nein, Datteln, denn die Datteln haben Steine, Und diese spiee ich ihm ins Gesicht! Pfui, schäme dich! Denkst du nicht mehr daran, Wie gräßlich wir bei ihm gehungert haben? Ein Schneider könnt mich durch die Nadel fädeln, So dünn bin ich geworden bei dem Filz! Und du, du schwitztest ja noch heut für ihn, Hätt er dich auch nur sonntags satt gemacht! Ich habs ihm schon vergeben! Ja? Mir deucht, In Bagdad hab ich keinen Magen mehr! Ich aß noch nichts, und dennoch knurrt er nicht! Das freut mich sehr, dann brauch ich nicht zu teilen! Steh still! Was willst du? Deine Tasche leeren, Ich hab mir etwas darin aufbewahrt! Er zieht Früchte aus Assads Tasche hervor. Woher hast du die Früchte? Aus der Quelle, Aus der ich alles hatte, was bisher Uns noch das Leben fristete: ich nahm Sie weg, wo ich sie fand! Die Hökerin Am Tor war eingeschlafen, die den Wandrern Das Obst verkauft. Hätt ich sie wecken sollen? Sie war vielleicht gerade Sultanin! Ich griff in ihren Korb und steckte dir, Was ich erwischte, in den Sack. Du hast Es nicht bemerkt. Sie noch viel weniger! Ich hoff, das ist nur Spaß! Was wär es sonst? Es wächst ja gutes Obst in deiner Tasche! greift selbst hinein und zieht einen Becher hervor. Auch sitzt ein Goldschmied drin, der Becher macht! Hakam! Gib her! Den Becher kenne ich! Wir haben gestern morgen draus getrunken! Und unser Wirt – hat er ihn dir geschenkt? Nein! Er vergaß es! Doch du siehst, ich machte Den Fehler wieder gut! Du stahlst den Becher? Ich nahm ihn mit, als ich, um meinen Stock Zu holen, noch einmal ins Zimmer ging. Du weißt, ich hatt den Stock da Lacht. stehen lassen! Begreifst du nun, warum ich, statt mich rechts Zu wenden, wie's der gute Mann uns riet, Den Weg zur Linken einschlug? Schuft! Ei was! Meinst du, ich bin mit dir geflohn, weil ich Verhungern will? Dies ist der Ort für mich! Mit jeder Straße eine neue Welt! Wenn man in einer mit dem Bambusrohr Als Dieb gebläut wird, kann man in der andern Trotzdem für einen halben Heilgen gelten! Hier ist man, wenn man sich einmal versieht Und das, was einem Nachbar zugehört, Als Eigentum behandelt, nicht sogleich Ein Popanz für die Alten und die Jungen: Das trieb mich her, wie dich die Träumerei! Hier hat man Raum! wirft den Becher weg. Was machst du da? Was machst du? Er will ihn aufheben. packt ihn. Nichts da! Wag einen Schritt! Wag einen Laut, So sag ich – 2. Szene Zweite Szene Irad tritt auf, findet den Becher, hebt ihn auf. schreit. Ihr da! hält den Becher hin. Hast du ihn verloren? zu Hakam. Nimm dich in acht! Zu Irad. Ihr fragt wohl nur im Hohn, Seht mich und meinen Kameraden an – Ich sah den Becher früher! Das kann jeder Behaupten, dems beliebt. Der Fund ist mein! Hält den Becher gegen die Sonne. Das feinste Silber! An der Ecke wohnt Ein Juwelier, dem will ich ihn verhandeln, Zu Hakam. Und dir – Die Halbscheid bringen? Nein, mein Freund, Ich will dir sagen, was er eingetragen, Damit du schneller bist das nächste Mal! Geht in den Juwelier-Laden. 3. Szene Dritte Szene greift Assad nach der Kehle. Assad, ich bring dich um! wirft ihn zurück. Wo willst du gehn? Links oder rechts? Hier scheiden unsre Wege! Pfui! Pfui! Nun glaub ichs, was man immer sagte, In deinen Adern fließt Zigeunerblut! Und du – du bist mit Eselmilch ernährt! Den wackern Mann, der uns, noch eh wir baten, Sein Haus schon öffnete, zum Dank dafür So schändlich zu bestehlen – Hakam, lauf, Es geht dir schlecht, wenn du hier stehen bleibst! Jetzt wird er seine Tür verschlossen halten, Und ob ein Derwisch pocht. Fort, Bösewicht! Welch Wunder, daß die Schlange dich nicht stach, Bei deren Nest wir gestern mittag schliefen! Wenn wir uns wiedersehn, so sind wir Feinde! Er will fort. Doch halt! Dort trägt man Speisen auf, wie's scheint! 4. Szene Vierte Szene Ein Aufseher der öffentlichen Hunde kommt. Ihm folgen Diener mit Schüsseln voll Brot und Fleisch. Setzt hin! Die Diener setzen die Schüsseln nieder. nähert sich. Ist das für – Hand davon! Für den Kalifen? Lästermaul! So sagt mir doch, Für wen die Mahlzeit angerichtet wird, Ich bin noch fremd in Bagdad. Für die Hunde! Die räudgen Tiere, unrein, wie sie sind, Die werden öffentlich gespeist? Ja wohl, Und das von frommen Seelen, die schon längst, Zum Teil seit mehr als hundert Jahren schon, Im Paradiese beim Propheten wohnen. Und ich muß hungern? Ich zum wenigsten Hab nicht für dich zu sorgen! Zu den Dienern. Fort die Schüsseln! Sie sind noch satt! Ab mit den Dienern. 5. Szene Fünfte Szene Die Herren kommen nicht! Von jetzt an stoß ich jeden Hund mit Füßen! Sie haben es zu gut auf dieser Welt! Er tritt wieder zu Assad. Hast dus gehört? antwortet ihm nicht und geht auf die Seite hinüber, wo der Juwelier-Laden ist. 6. Szene Sechste Szene tritt heraus. Wo ist dein Kamerad? Der geht mich nichts mehr an! Dort steht er ja! Geht zu Hakam. Fünfzig Denare! Ich erhalte? Nichts! Eine Wespe soll Euch in den Rachen fahren, Wenn Ihr einmal zu einem Feigenbaum Mit offnem Maul hinaufseht! Dank, mein Freund! Ein Bienenschwarm sich auf Euch niederlassen! 7. Szene Siebente Szene Musik. Ein glänzender Zug. Zuerst viele Sklaven, die Kostbarkeiten tragen. Dann eine Menge Sklavinnen, die prächtig gekleidet sind. Zuletzt ein Vezier mit Gefolge. Viel Volk strömt zusammen. betritt, nachdem die Musik aufgehört hat, eine Tribüne. Im Namen des Kalifen! Alle Versammelte werfen sich zu Boden. Trauernd sitzt Er im Palast, die Fenster hat er sich Ringsum mit schwarzem Tuch verhängen lassen, Weil er das goldne Licht der Sonne haßt; Zwei Tage halten ihm die Sklaven schon, Auf Knien vor ihm liegend, Trank und Speise Vergebens vor, er ißt und trinkt nicht mehr; Und heute morgen hat er mir geboten, Was mich mit Grauen und Entsetzen füllt! Steht alle auf! Die Versammelten erheben sich. Und Mustafa, herauf! Mustafa, ein Sklave, der auf rotem Sammetkissen eine Krone trägt, ersteigt die Tribüne. erhebt die Krone. Ihr seht, dies ist die Krone Mahomeds, Der Himmel hat den Stern nicht, welcher ihr Nicht einen Strahl lieh, und die Erde nicht Den Edelstein, der sie nicht funkelnd schmückt! Vernehmt! Die Krone Mahomeds ist feil! Ihr staunt? Hört weiter! Eben heute hats Gejährt, daß die Prinzessin, daß Fatime, Die heißgeliebte Tochter des Kalifen, Aus ihrem Garten, als sie Rosen pflückte, Auf eine Art, die keiner faßt, verschwand. Ihr wißt, der tiefbetrübte Vater hat Dem, der sie wiederbrächte, längst sein Alles, Bis auf die Krone selbst, als Lohn verheißen. Wohlan, er fügt die Krone jetzt hinzu. Der soll sie tragen, der das einzge Kind Zurück in seine Arme führt, und jeder, Der auch nur eine Spur von ihr entdeckt, Soll selbst bestimmen, ob er seine Perlen, Er deutet hiebei auf diejenigen Sklaven, die Perlen tragen. Ob er sein Gold und Silber Er deutet hiebei auf diejenigen Sklaven, die mit Gold und Silber beladen sind. lieber will, Und obendrein die Sklavin sich erwählen, Die ihm von allen, welche noch im Lenz Er deutet auf die verschleiert dastehenden Sklavinnen. Der Jugend stehn, am meisten einer Houri Zu gleichen scheint, wie sie sein Herz begehrt! Dies ist es, was ich euch verkünden soll: Es ist geschehn. Nun aber hört noch eins: Wer glaubt, daß er sich einen dieser Preise Verdienen kann, der gehe schnell ans Werk! Die Hoffnung war es nicht, die den Kalifen Bewog, auch noch sein letztes einzusetzen, Nur die Verzweiflung trieb ihn dazu an, Und er erwartet nichts davon, er läßt, Indem ich rede, in der Stille schon Aus seinem Paschalik am fernen Nil Den Bruder rufen und – ich darf nicht sagen, Was ich befürchte, doch ich fürchte viel! Er steigt von der Tribüne herunter. Der Zug entfernt sich, mit Musik, auf dieselbe Weise, wie er kam. 8. Szene Achte Szene tritt wieder zu Assad. Nun, Assad, das ist was für dich! Du träumtest Ja stets von solchen Dingen! Ei, der Tausend, So hat sogar auch der Kalif noch Sorgen? Ich dachte mir ihn immer ohne Zahnweh! Willst du durchaus, daß ich dich prügeln soll? Ich tus nicht gern, denn als mein armer Vater Im Sterben lag, hast du mir frisches Wasser Ins Haus gebracht, und das gedenk ich dir. Jetzt aber mach! Ich kenne dich nicht mehr! Ich will nicht bei dir hängen. Er dringt auf ihn ein. entspringend. Aber ich, Ich möchte gern zu deinen Füßen sitzen, Wenn du Kalif bist! 9. Szene Neunte Szene tritt aus seiner Tür. Heda! Junger Bursch! Kann ich Euch dienen, Herr? – Euch dienen, Herr? Sprachst du: Euch dienen, Herr? Das tat ich, Herr! Das tat ich, Herr, nicht so? Ei, allerdings! Ei, allerdings! Es ist so! In der Tat! Die Wolle, nicht das Ohr, war schuld daran! Allah sei Dank dafür! Allein ich sage Es keinem! Wenn sie für stocktaub mich halten, So kann ich leichter lauschen und erfahren, Was sie im stillen treiben! Zu Assad. Noch einmal! Herr, foppt Ihr mich? Ich bitte, etwas leiser, Dies hätte ich auch gestern hören können! Ich lasse mich nicht foppen, und Ihr seid Zu alt, als daß ichs Euch Er ballt die Hand. beweisen dürfte! Drum geh ich! Will gehen. Nicht doch! Bleib! Ich mein es gut! Ich rief dich, um mein Ohr zu prüfen! Sieh – Doch, das nachher! Erst weiter! kehrt sich wieder um. Alter Narr! Ja! – Alter Narr! Ich schenk dir was! Ganz deutlich! Und dies Mal sprach er leise! Komm! Er geht zu dem Auslagekasten vor seinem Fenster. Such aus! Was dir gefällt! Das heißt natürlich hier, Wo alles unecht ist! tritt heran. O, welche Pracht! Nicht wahr, mein lieber, guter, junger Mensch, Wer so viel hat, der ist ein reicher Mann? Und doch hab ich noch mehr! Du schaust darein, Als ob das gar nicht möglich wär? Doch! Doch! Und weil du mir gefällst, so will ich dir Auch das noch zeigen, was ich keinem zeige, Der nicht zum wenigsten ein Emir ist! Er öffnet ein Schubfach. Was sagst du dazu, he? Die liebe Sonne Meints gleichfalls gut mit dir! Sie scheint auf einmal So hell, wie sie den ganzen Tag nicht schien! Nun sieh dich satt! Doch greife mir nichts an, Denn – deine Finger scheinen zwar nicht klebrigt, Allein – Das sind wohl echte Edelsteine? Verlaß dich drauf! Wer beßre zeigen kann, Dem schenk ich meine Augen! Also seh ich Das Herrlichste und Köstlichste der Welt! Das tust du, Freund, das tust du! Beiseite. Wie ich höre! Ein wunderlicher, guter junger Mensch! Er freut sich über meine Edelsteine, Wie kleine Kinder übern Mond sich freun! zeigt auf einige Steine. Die sehn wie Wasser aus! Sind grün, wie das! Smaragde nennt man sie! Wie Wasser? Schüttelt den Kopf. Himmel! Die kommen auch wohl aus dem Wasser? Nein! Doch, doch! Man pflegt sie in dem Schlamm zu finden, Der sich in Fischernetzen setzt. Mein Vater War selbst ein Fischer, aber niemals fand Ich einen solchen Stein in seinem Netz! für sich. Der glaubt mir! Laut. Nun, in jedem Flusse trifft Man sie nicht an! zeigt auf andere Steine. Die sind so blau, wie Luft! Saphire sinds! Sie fallen aus den Wolken! Was tun sie? Wußtest du das nicht? Ei, freilich! Wir tragen ja bei uns den Turban bloß, Damit sie uns den Schädel nicht zerschmettern! Ich merks! Ich habe dumm gefragt! Ja wohl! Und weil du mir die erste Lüge glaubtest, Ließ ich die zweite zur Enttäuschung folgen! Die Edelsteine kommen aus der Erde, Sie wachsen da, wo alles wächst! erblickt den Rubin und streckt die Hand aus. O, Allah! Dies Feuer brennt dich, wie es scheint! Das ist – Nun, was wohl? he? Das übrige ist nichts, Ist alles nichts! Weg, weg damit! Ich könnt es Mit Füßen treten! Wird er mir verrückt? Das wären Edelsteine? Alter Mann, Ihr seid betrogen! Er zeigt wieder auf den Rubin. Das – Ist ein Rubin, Rot, wie die andern grün und blau, nun gibt Es auch noch weiße! Schweigt! O, schweigt davon! Hier sehe ich den Mittelpunkt der Welt! Wer diesen Stein ergreift und dann ins Meer Hinab sich stürzt, der zieht die Könige Sich wie die Bettler nach! Die ganze Erde Wird menschenleer in einem Augenblick. Und dennoch ist der Diamant noch edler! Noch edler? Reizt mich nicht! Ich mache jetzt Ein Ende! Er nimmt einen Ring. Gib mir deine Hand einmal! gibt ihm, aber fast bewußtlos, die Hand. steckt ihm den Ring an. Da hast du was! Nun denk an mich und geh! streift den Ring wieder ab. Pfui! Pfui! Ein Regenwurm, mir um den Finger Gewickelt, wär mir ganz so lieb! legt den Ring wieder hin. Auch gut! Ich hab noch Platz für ihn! Gebt den Rubin! Ha! Ha! Ich muß ihn haben! In der Tat? Wollt Ihr ihn geben? Wenn dir der Kalif Die Krone aufgesetzt hat! Eher nicht! Ich fleh Euch an – Beim Barte des Propheten, Jetzt ists genug! Er will den Kasten schließen. stößt ihn vor die Brust. Was untersteht Ihr Euch? schreit. He! Hülfe! Der Rubin ist mein! Er ergreift ihn und stürzt fort. hinterdrein. Ein Dieb! Ein Räuber! Haltet auf! Ein Mörder! Greift ihn! rennt durcheinander. Wen denn? Den da! Den Burschen! packt Assad. Diesen hier? – Wen sonst? Er tritt zu Assad. Du Bösewicht! Zu Hakam. Ich dank dir, Freund! herzutretend. Was ists mit dem? Erst laßt mich Atem schöpfen! Ich kenn den Menschen! Nun? zu Assad. Dieb! Räuber! Mörder! Das ist genug für einmal, Kamerad! Jetzt bist dus ja wohl wieder? O, der Schmach, Daß Schelme mich für ihresgleichen halten, Weil ich – Zu Hakam. Ich habe nichts mit dir gemein! Prüft mich, ob ich ein Dieb und Räuber bin, Werft, was Ihr habt an Gold und an Juwelen, Werfts auf das Pflaster hin, laßt mich allein Und seht in einer Stunde nach, ob ich – Noch da bin, he? lacht. Allah, steh du mir bei! Du hast dies Herz in meine Brust gesetzt, Nimm es heraus und zeig, wie rein es ist! Der freche Bube denkt gewiß zu leugnen, Daß er so spricht! Vielleicht hat er mein Kleinod Im Laufen weggeworfen! Blöder Tor! So wenig, wie den Kopf! Dann – her damit! So lang ich lebe, nicht! dringt auf ihn ein. Wir werden sehn! Ja wohl! Er entreißt Soliman den Dolch, den er trägt. Nun kommt nur! Er sticht nach Soliman. Der Kadi! Macht Platz! 10. Szene Zehnte Szene tritt mit Gefolge auf. Was gibts hier? Alles, was nur möglich ist! Raub! Überfall! Was nicht? Der Bösewicht Ist gar nicht zu bezeichnen! Eh man ihn Noch Räuber oder so was nennen kann, Ist er schon Mörder, und es paßt nicht mehr! Er stach nach mir! Ich weiß nicht, blute ich? Raub! Mord! Man hätt den Mord verhindern sollen! Sein Leben war schon durch den Raub verfallen, Er hat kein zweites, auch den Mord zu büßen, Der Mord war hier von Überfluß! Ja, könnte Man diese Frevler einmal hängen lassen, Dann köpfen und zum dritten Male sacken, So mögten sie die Missetaten häufen Und die Gesetze zehnmal übertreten, Allein es geht nicht an. Wer ist es denn? Du wirst es nicht erraten! deutet auf Hakam. Der gewiß! Herr – ich vergeb Euch! Ich wars, der ihn griff, Als er entfloh! deutet auf Assad. Der da! Nicht wahr, man sieht Es ihm nicht an? Den mußt du zweimal strafen, Erst für die Tat und dann für sein Gesicht! Ich hätt erwägen sollen, daß die Äpfel Gewöhnlich rot sind, wenn der Wurm sie stach! Rustan! tritt hervor und hält ein Beil in die Höhe. gibt kein Zeichen. senkt das Beil und hält einen Strick empor. nickt. Vorher? Er macht die Bewegung des Hauens. Vorher die Bastonade, Was fragst du erst, und eine, die er fühlt, Damit der Eindruck vorhält nach dem Tode, Und er uns nicht zu zeitig wiederkommt! für sich. Mich freuts, daß ich den Becher nicht mehr habe! So hätt ich den Kadi mir nicht gedacht! Herr! Nun? Hast du ihn fälschlich angeklagt? Dann trittst du selbst in seine Stelle ein! Das nicht – Jedoch – Du siehst, ich lebe noch, Der Mord – Ward nicht vollbracht! Das ist mir lieb! Ich habs ja schon gesagt, warum! Und dann – Verzeih mir, Herr, der Bursche dauert mich, Ich bin doch schuld an seinem frühen Tode! Wie das? Erlaubst du, daß ich weiter rede? Du sprachst von Schuld, Freund, ich befehl es dir! Sieh, Herr, ich litt drei Jahre fort und fort An Taubheit, nein, ich glaubte dran zu leiden, Weil ichs vergessen hatte, daß ich Pfropfen Von Wolle trug in meinen beiden Ohren, Die ich bei Zahnweh einst hinein gesteckt. Was geht mich das an? Nur Geduld! Ein wenig! Heut nachmittag fahr ich von ungefähr Mit einer Nadel mir ins Ohr und merke, Daß was darin sitzt, ziehe es heraus Und hör auf einmal wieder, hör die Katze Im Hof miaun und hör vom Minarett Auch zum Gebete rufen. Ich frohlocke Und tret aus meiner Tür, da steht der Bursche Vor meinem Hause – Die Gelegenheit Zu Dieberei und Raub erspähend – Möglich! Doch sah er mir nicht darnach aus! Ich rief ihn, Um im Gespräch mit ihm mein Ohr zu prüfen, Er kam – Und raubte – Ja! Doch nicht sogleich! Erst, wie ich ihm die Edelsteine zeigte, Und da nicht einmal, nein, erst ganz zuletzt, Als der Rubin ihm in die Augen strahlte, Der ihn nicht, wie es menschlich ist, zu reizen, Nein, der ihn schier verrückt zu machen schien, So daß er zugriff, wie 'n verzognes Kind! Mich kümmert nur das Ob und nicht das Wie! Zu Assad freundlich. Du leugnest? Nein! Es hälfe auch zu nichts. Rustan, vollzieh den Spruch! Und auf der Stelle, Wo dieser freche Raub begangen ward! Ab mit Gefolge. Rustan mit seinen Knechten bleibt zurück und bereitet die Hinrichtung vor. 11. Szene Elfte Szene dem Kadi nachsehend. Der ändert keinen Spruch! Allein mich freuts! Das Mit einem Blick auf Soliman. ist ein altes Weib! Was sagtet Ihr? Ich pries Eur weiches Herz. Wagt nicht zu viel! Ich hör jetzt wieder gut! zu Assad. Du hattest recht! Wir werden nicht zusammen hängen. Schenkst Du mir die Kleider? Ja! tritt zu Assad. Du bist ein Räuber? Es muß ja wohl so sein. Du siehst, ich sterbe Des Räubers Tod! Bereust du deine Tat? Nein! Nicht? Es mag wohl gut sein, daß ich sterbe, Denn – Zu Soliman. Herr, es tut mir leid, daß ich den Dolch Auf Euch gezückt, Ihr seid ein alter Mann, Ders gut mit mir gemeint, ich weiß das wohl, Und wahrlich, wenn ich Euch getroffen hätte, Wenn Ihr in Eurem Blute vor mir läget, Mir würde sein, als hätt ich meinen Vater Getötet, denn Ihr seid so weiß, wie er, Und selber stellt ich jetzt mich dem Kadi! Das glaubt mir! Sohn, ich glaubs dir! zu Irad. Dennoch fühl ichs, Ich hätt ihn eher zehn Mal töten können, Als den Rubin in seinen Händen lassen! Zu Soliman. Vergebt mir, doch ich muß es leider sagen, Es ist so, mags begreifen, wer da kann! Läg hier mein Kopf, und dort der Edelstein, Ich griffe erst nach dem – Höchst sonderbar! Höchst sonderbar! Ja, ja! Auch ich, ich habe Den Stein vor allen andern Steinen lieb! Es hat ihn mir einmal ein Greis gebracht, Der sprach zu mir: verkauft ihn, wie Ihr könnt, Und gebt mir dann die Hälfte, doch er kam Bis heute noch nicht wieder – Sieht Irad an. Seid Ihr nicht Der Greis? Irad schweigt. Ich kann mich täuschen, und Ihr würdet Euch, wenn Ihrs wärt, ja sicher nicht verleugnen! Gleichviel, er kam nicht wieder, und der Stein Tat mir es an, ich forderte für ihn Mit jedem Tage mehr und legte ihn Am Ende ganz zurück – Laßt mir ihn denn, Deutet auf Rustan. Bis dieser fertig ist – Ich laß ihn dir! Ich bins! Drum fort! Es gibt noch mehr zu tun! küßt den Rubin und will ihn Soliman reichen, zieht die Hand aber wieder zurück. Nicht wahr, es ist ja gleich? Nehmt ihn nachher! Rustan will Assad anfassen. für sich. Nun ist es Zeit! Er tritt zwischen Rustan und Assad. Reich mir die Hand zum Abschied! So alt Ihr seid, ich komme noch vor Euch Ins Paradies! Reicht Irad die Hand. Du irrst! Assad und Irad verschwinden. Wo sind sie hin? Es war der Greis! Hier darf man doch was wagen! Am Fuß des Galgens wird man noch gerettet! Wer hätte in dem Alten das gesucht! Ich häng mich selbst, bevor mich der Kadi Dazu verdammt! Der wirds mir nimmer glauben. Daß dieser ohne meine Schuld entkam! Er stampft die Erde. Pfui, Erde, pfui! Mir wirds wieder leicht. 2. Akt 1. Szene Erste Szene Du bist gerettet! Und ich hab den Stein! Er zieht den Rubin hervor. O, wie er strahlt! Ich glaube, wenn wir beide Die Lichter alle löschten, die hier brennen, Und wenn dann Allah auch mit seinen Händen Die Sterne deckte, die am Himmel flammen, Es würde doch nicht finster auf der Welt! Meinst du? Vergib, vergib, ehrwürdger Greis, Daß ich dir noch die Füße nicht geküßt! Er tuts. Wer bist du? Doch, was frag ich! Weiß ichs nicht? Du kannst kein andrer sein, als der Prophet, Du sprachst ja auch in meiner Eltern Hütte Schon einmal ein! Wie war das? Meinst du, daß ichs Vergessen hab? O nein! So klein ich war, Ich habs mir wohl gemerkt! Mein Vater lag An schwerer Krankheit auf den Tod darnieder, Und wie er selbst, so konnte auch die Mutter Nichts mehr verdienen, denn sie mußt ihn pflegen Und durft ihn nicht verlassen! Was wir hatten, War bald verzehrt, obgleich mein Mund allein Den Vorrat schmälerte, da ihr so gut, Wie ihm die Eßlust fehlte. Was geschah, Als sie zur Nacht das letzte Stücklein Brot Mir weigerte, um für den nächsten Morgen Nicht ganz mit leeren Händen dazustehn? Die Tür ward aufgemacht, ein voller Beutel Mit Geld flog in die Stube und zugleich Rief eine Stimme: Allah leiht euch das, Gebrauchts, solange ihr es nötig habt, Und zahlt es, wenn ihr könnt, dereinst zurück An einen, der so hülflos ist, wie ihr! Und dieses, glaubst du – Glaubst du? Nein, ich weiß, Daß der Prophet es war, daß – du es warst! Wie solltest du im Paradiese auch Dich freuen können, wenn die Deinen unten Im Elend schmachten! Assad, halte ein! Ich bin nicht, was du meinst! Wer bist du denn? Wer bist du, wenn du der Prophet nicht bist? Wer bist du, daß vor deinem Wink die Erde Sich spaltet, daß sich zum kristallnen Gang, In dem man wandeln kann, ihr Innres wölbt, Und daß – Ich bin der, der dich retten konnte! Das sei genug für dich! Und jetzt vernimm, Warum ichs tat! Laß erst noch einmal dir, Auf meinen Knieen, danken für mein Leben! Jetzt schauderts mich! Zwar weiß ich es gewiß, Daß ich ins Paradies gekommen wäre, Denn einer Sünde, die mir seine Pforten Verschließen könnte, zeiht mein Herz mich nicht. Allein, wie hätt ich dort erröten müssen! Und nicht vor Omar bloß und Abubeker, Die Mahomed am nächsten stehn und die Wohl nie auf Erden ihresgleichen finden, Ach nein, vor jedem, der die Hungernden Gespeist, die Durstigen getränkt und nicht, Wie ich, die Vögel bloß gefüttert hat. Ja, selbst vor meinem Vater, denn ich trug Die Schuld, die er zurückließ, noch nicht ab, Und das gelobt ich ihm, bevor er starb; Sie war erst halb bezahlt, als er verschied! Verkaufe jetzt den Stein, so kannst dus tun! Den Stein? Du zweifelst, ob in dieser Stadt Des Glanzes und der Pracht auch ein Verlaßner Zu finden sei, der dein bedarf? Doch ich, Vor dessen Blick die Erde selbst sich spaltet, Ich schau von hier durch Mauern und durch Wände Und kann dich gleich zu einem führen, der Vor wütgem Hunger in sein eignes Fleisch Hineinbeißt und in grimmiger Verzweiflung Sich selbst und Allah mit verflucht. Den sollst Du trösten und mit Gott und Welt versöhnen, Deswegen ward dir der Rubin zuteil! Drum gib ihn hin! Ihn hin? Mein Blut viel lieber! Assad! Da ist er! Mach nun, was du willst! Mir aber sage, wie ich den Kadi Am schnellsten wieder finde! Den Kadi? Du Undankbarer! Allah hat die größte Der irdschen Freuden dir bestimmt und du – Geht, geht! Ich fall Euch an, wenn Ihrs nicht tut! Hier ist mein Dolch! Nehmt ihn, damit ich ihn Nicht brauche oder Ihr Euch wehren könnt! Ich werd den Stein verkaufen! Tröste dich, Es bleibt, auch wenn du diese Schuld bezahlst, Genug noch für dich übrig! O, zu viel! Zu viel! Und wenns auch nur ein Pfenning wäre, Ich brauch von jetzt an keinen Pfenning mehr! schickt sich zum Abgehen an. Begleite mich und sieh – Wohin Ihr geht? O nein! Ich mach die Augen lieber zu, Sonst könnte ich Euch folgen und den Mann Ermorden, der – Ich bitt Euch, zögert nicht! Ich hab dich nur geprüft! Nimm ihn zurück! Er reicht Assad den Stein. Auch diesen brauchst du noch! Er reicht ihm den Dolch. Ich wog die Krumen, Die du den Vögeln vor dein Fenster streutest, Und schwerer in die Wage fielen sie, Als all die Schätze, welche der Kalif Den Darbenden verteilen ließ, denn du Gabst alles, was du übrig hattest, hin, Er nicht, und das hat Mahomed befohlen! Ehrwürdger Greis, mein Alles war ein Nichts! Ich sah an deines Vaters Sterbebett Dich sitzen, tief bekümmert, daß du nur Die Fliegen ihm verjagen, nicht die Frucht Ihm reichen konntest, die vielleicht die letzte Equickung ihm geboten oder ihm Das letzte Lächeln abgewonnen hätte – hält die Hand vors Gesicht. O Gott! Ich dachte – An des Nachbars Garten Und an die Trauben, die darin gereift! Allah verzieh es, ja auf seinen Wink Trug der Prophet ins goldne Buch dich ein! Und darum stehst du jetzt vor mir und hältst In deiner Hand ein Kleinod, das, so köstlich Es dir und aller Welt auch scheinen mag, Doch noch viel mehr ist, als du ahnen kannst! Was ist es denn? Es ist ein Grab! Ein Grab? Es ist ein Grab für eine, die noch lebt! Für eine, die – für eine! O, mein Herz, So war es dies! Die allerschönste Jungfrau, Die auf der Erde jemals wandelte, Ist durch die Tücke eines bösen Geistes In diesen Stein hinein gebannt und schläft Den Schlaf des Todes, ehe sie noch starb! schaudernd. Den Schlaf des Todes! Rot ist der Rubin Zwar immer, doch in einen Purpur, wie Er diesen schmückt, war keiner noch getaucht. Wie Feuer schimmert jeder Edelstein, Denn tief in seinen Kern hat die Natur Den Sonnenstrahl, den flüchtgen, eingeschlossen, Doch einen Blitz, wie dieser deinem Blick Entgegen sendet, wenn du ihn betrachtest, Hat selbst der Diamant noch nie versprüht! Es ist ihr Blut und ihres Auges Glanz! Das ists! Ja wohl! Denn beides sog er ein! Und Allah ließ es zu? Die bösen Geister Sind mächtig bis zum jüngsten Tag! Und doch Nicht mächtig gnug. Was halfs, daß der Rubin Schon, tief verscharrt, im Schoß der Erde lag? Ich fand ihn dennoch! Kannst du denn die Jungfrau Nicht auch erlösen? Ich nicht! Nur ein Mensch! Ein Mensch! Ich selbst bin ja ein Mensch! Doch wie? Das weiß ich nicht! Der Zaubrer fiel in Schlaf, Als ich erwachte, denn wir wechseln stets, Wie Tag und Nacht, doch nur umsonst belauschte Ich seine Träume, er verriet sich nicht! Weh! Weh! Verzweifle nicht zu früh! Er hält Den Schlaf nicht ewig aus, und dennoch weicht Der Schlaf erst dann von ihm, wenns mir gelang, Das zu befrein, was er gefesselt hat. Sobald der Traum in den verruchten Sinn Ihm eine neue, größre Bosheit bringt, Deckt er die alte selber auf! Das kann Auch dieses Mal geschehn! Noch weiß ich nur, Daß du die Jungfrau einmal wecken kannst! Ich kann sie wecken? Ja! Um Mitternacht! Wenn du auf den Rubin drei Küsse drückst, Erscheint sie dir! Ist es nicht Mitternacht? Noch nicht! Doch bald! Vielleicht kann sie dir selbst Das Mittel nennen, das den Zauber bricht, Vielleicht entdecke ichs. Zwar blickte er In jener Nebelhöhle, die ihn birgt, So selbstzufrieden, tückisch-stolz darein, Als hätte er sein Äußerstes vollbracht, Und dieses deutet auf ein schweres Werk. Doch über ihm ist Allah! Was ich nur Zum Teil durchschaue, das durchschaut er ganz Und gibts dir wohl in Träumen ein! Leb wohl! Er verschwindet. 2. Szene Zweite Szene Ich soll sie sehn! Und wenns nur einmal wäre, Ich soll sie sehn! O, daß die Mitternacht Doch endlich käme! Daß der Tempelwächter Doch endlich – ruft von der Moschee herab. Auf, ihr Gläubgen, zum Gebet! So ist sie da, die grause, grause Stunde, In welcher, wie es heißt, die Toten leben Und die Lebendgen tot sind; wird denn nun Geschehn, was mir der Greis – Er stürzt betend auf die Knie. Allah! – Du weißt! – Ich finde keine Worte! Laß den Greis Mich nicht betrogen haben! Springt auf. Pfui! Pfui! Was sagt ich da! Mein Herz weiß nichts davon! Er hebt den Rubin gegen den Mund. Ists denn so kalt? Mich friert! In dieser Stunde Schloß meines Vaters Auge sich auf ewig, Wird sich das ihre öffnen? Fort, ihr Zweifel! Es wird! Es muß! Es soll! Er küßt den Rubin drei Mal. Dieser entfällt ihm. Der Stein wird schwer In meiner Hand, als ob – Eine Nebelwolke quillt aus der Erde. In eine Wolke Löst er sich auf – Ja, ja, in eine Wolke! Und diese Wolke – sie verdichtet sich – Ich seh – ich seh ein holdes Angesicht – Ausbrechend. Ich sehe sie! 3. Szene Dritte Szene Fatime erscheint allmählig, die Wolke verschwindet nach und nach, ein rötliches Licht umfließt sie. wie träumend. Drei Tropfen meines Bluts? Droht, wie ihr wollt, ich geb sie nicht! Nicht näher! Ich fürcht Euch! – Bin ich hier denn ganz allein? – Rührt mich nicht an! Sie schreit. Mein Vater! nähert sich ihr ängstlich. Holdeste – Wer bist du? O, genug! Der Alte nicht! Der grimme Alte nicht! So schütze mich! Tritt her! Ganz nah! Weg, Mädchenscham und Sitte! Hier gilts den Tod, und mehr! Ganz nah! Ganz nah! für sich. Sie weiß nicht, was mit ihr geschah! Wo blieb er? Steht er nicht hinter mir? Er tuts! Er tuts! Ich fühle es! Nimm mich in deine Arme So lange, bis mein Vater kommt! Er kommt Gewiß im Augenblick! Du hast Doch einen Dolch? Beruhge dich! Wie kann ich? Noch eben war es Tag! Nun ist es Nacht! Ich stand an einem Rosenbeet, und nun – Sie schaut sich um. Der Greis ist fürchterlich! Auf seinen Wink Verkriecht die Sonne sich zur Mittagszeit, Die Gärten sinken ein – Ein Menschenkind Wird durch die Luft entführt und merkt es nicht! Stürzt auf ihre Knie. Allah, beschirme du mich! Bete lieber: Allah, erlöse mich! springt auf. Mich graust! Mich graust! Sprich! Ist es schon geschehn? Bin ich verzaubert? Hat er die Drohung schon erfüllt? Du schweigst? Er hat! Er hat! O, ich erinnre mich! »Sagst du noch ein Mal nein, so bist du Stein!« Das rief er mir in grimmgem Zorne zu Und zog ein spitzes Instrument hervor Und griff nach meiner Hand, als wollte er Mir eine Ader öffnen, ehe ich Das zweite Nein noch fände – Dennoch hast Du es gefunden, denn – Ich lebe ja, Ich atme ja! Sie faßt ihre Locken an. Die sind ja weich, wie sonst, Ich bin ja noch nicht Stein – Du warst es schon Und mußt, o Allah! mußt es wieder werden, Wenn du – Mich fröstelt schon! O, es ist wahr! Ist schrecklich wahr! fährt fort. Wenn du nicht weißt, wie du Entzaubert werden kannst! greift sich an die Stirn. Mir deucht, ich weiß es! So sags mir an! O, jetzt besinn ich mich Auf alles wieder! Nun, so zögre nicht! Ich bin in einen Edelstein gebannt! Nicht länger, als – Und du, du hast den Stein! Laß das! Verkünde mir – Du liebst den Stein! O ganz gewiß, du liebst ihn! Mit dem Leben Hab ich ihn fast bezahlt! Und, sicher geb ich Mein Leben eher hin, als ihn! bricht aus. Entsetzlich! Ich werde nie erlöst! Ich faß dich nicht! Nur deshalb wählte er den Edelstein Und nicht den Kiesel! Selbst den Kiesel hättest Du in den herrlichsten Rubin verwandelt, Mit Purpurrot hätt ihn dein Blut durchhaucht, Mit Feuer dies dein Auge ihn getränkt! Wer weiß denn, obs vorher kein Kiesel war. Du liebst auch mich! Dich liebt ich stets in ihm! Weh dir und mir! Wohl bin ich zu gering, Doch wahrlich auch nicht kühn genug, zu dir Den Blick emporzuheben! Du verstehst Mich nicht! Du bist bestimmt, den Mann zu lohnen, Der auf der Welt die größte Tat vollbringt, Du schwebst ihm vor, das spornt ihn an, nun stürzt Er freudgen Mutes sich in Not und Tod, Und wenn er dann als Sieger wiederkehrt Und dich erblickt, wenn du dich huldvoll ihm Entgegen neigst, dann tritt er noch in Demut Zurück und sagt: auch ich bin dein nicht wert! Ja, tut ers nicht, so rufe ichs ihm zu. mit einem Blick auf Assad. Ich möchte leben, leben! Doch das gibt Mir eben Kraft, das Äußerste für dich Zu wagen und mein Alles einzusetzen! Wer deiner würdig ist, der schone sich, Und wärs auch nur, weil du vielleicht im Herzen Sein Bild schon trägst und ihn nicht missen kannst! Ich bin es nicht und werde mich nicht schonen, Drum sag mir, wie du zu erlösen bist! Und wär es dadurch, daß ich diesen Dolch Ins Herz mir stoße: schneller werd ichs tun, Als du es fordern kannst! Das würde ich Gewiß nicht fordern! Tu es ohne Scheu! Denn ohne dich vermag ich nicht zu leben, Seit ich mit diesen Augen dich gesehn, Und – Edler Jüngling! Oft schon warf der Baum Die goldne Frucht von selbst auf den herab, Den heilge Scheu zurückhielt, ihn zu schütteln! Was sagst du da? O, wiederhol es mir! für sich. Er rührt mein Herz! Laut. Wie gerne würd ich dir Mein Leben danken! Aber nimmer wirst Du mich erlösen! Dennoch hörte ich, Es steh in Menschenmacht! In Menschenmacht? Ach, es ist leicht, es ist unendlich leicht! Und doch – So leicht, daß dus an jedem Ort Vollbringen könntest und zu jeder Zeit! Und doch – O, gib mir keine Rätsel auf! Doch würdest du mich eher einem Drachen Abkämpfen, eher aus dem Grund des Meers Herauf mich holen, wenn mich eine Muschel Umschlösse, eher Salomonis Siegel Zerbrechen, wenn es in ein Grab mich bannte, Als dieses Leichteste des Leichten tun! So nenn es mir! Ach, dürft ich dir es nennen, So wär es schnell vollbracht! Du mußt darauf Von selber kommen! Doch du wirst es nicht! Denn es ist schwer, es steht im Widerspruch Mit allem, was du denkst und fühlst. Und wenn Ich dir entdecken wollte, was es ist, Gleich würde eine andere Bedingung, Und eine noch viel schlimmere, gesetzt; Ich weiß es nur, damit ich doppelt leide. Du wirst auf jedem Stern den Schlüssel suchen, Der meinen Kerker öffnet, wirst den Abgrund Darnach durchspähn und hast ihn in der Hand. Ich werde alles tun – Bis auf das rechte! Ja, wenn du mich nicht – Unglückselge, schweig! Du nimmst mir selbst die Hoffnung? Nehme ich Sie dir allein? Ich nehm sie mir zugleich! Du durftest mich nur darum einmal sehn, Damit du elend würdest! Elend bist Du jetzt! Ich fühls! Nun siehst du mich nicht mehr! Ich werde niemals wieder aus dem Stein Zu neuem Sein hervorgehn, oder erst, Wenn alles, was mir lieb und teuer war, In Staub zerfallen und die schöne Welt Mir völlig fremd geworden ist. Wer weiß, Ob das nicht schon geschah, ob ich nicht schon Jahrhunderte – Wer herrscht in Bagdad? Harun! So ists noch Zeit! – Wie wird mir! Allah! Hülfe! Ich möcht ihm noch was sagen! – Was denn? – Zu Assad, verwirrt. Frag doch! Eine Wolke umfließt sie, sie verschwindet. Es wird dunkel. Weh, weh! Ich seh nichts mehr von ihr! Und dort, Dort funkelt der Rubin schon wieder hell! Er hebt ihn auf. 4. Szene Vierte Szene tritt im Hintergrund auf. So groß die Stadt ist, überall gibts Augen, Die einen hindern, in der Nacht sogar! Wie oft bin ich nun schon gestört! Die Assads Sind selten in der Welt! Dem wollte ich Den Turban stehlen, während er ihn trägt, Und gleich darauf ihn an ihn selbst verkaufen. Wo mag er nur geblieben sein! Ich wette: Wenn ihn der Greis nicht überwacht, wie 'n Kind, So liegt er irgendwo jetzt auf der Straße, Die Augen zu, die Hand halb offen Und in der Hand den Stein! nachsinnend. Auch das ist nichts! Dort redet einer! Sprach ich nicht von Stehlen? Es wäre dumm, wenn der – Ei was, ei was! Er spricht ja selbst! Ich will ihn doch belauschen, Wer weiß, was man erfährt! Er nähert sich Assad. Wie schön sie war! So, war sie schön? Nun, das ist ein Geheimnis, Wofür mir höchstens der was gibt, der sie Zum Weibe nehmen soll! Allein die Stimme Kommt mir bekannt vor! Das – Ja, das ist Assad! – Das alte Kleid! Der Greis hat nichts für ihn Getan! Ruft. As – Unterbricht sich. Still! Ich will erst sehn, wie's steht! Dahin! Dahin! Das heißt: er ist schon fort! Ein solcher Stein! Du Tor! Nun wundre dich, Wie schlecht die Menschen sind! Nun klag und seufze! Gleich könnt ich dir von hinten eines geben Für diese grobe Unvorsichtigkeit! sieht auf den Rubin. Das ist sie jetzt! Nein, nein, er hat ihn noch! Nun, so gewiß ich morgen essen will, Rubin, vor Tag noch wechselst du den Herrn. Er ist mir zwar an Kräften überlegen, Allein im Laufen kam er stets zu kurz Und obendrein hat er noch wunde Füße! Wüßt ich nur ihren Namen! Doch ich war So ganz verwirrt, daß ich vergaß, zu fragen! Nun tuts mir weh, daß ich sie nicht einmal Zu nennen weiß! Er ist verliebt, wie's scheint! Tat dir ein schadenfroher Wind den Dienst? Hat er den Schleier eines schönen Weibes Gelüftet, das ins Bad getragen ward? Ei, freilich, nach dem Namen hättest du Den obersten Eunuchen fragen sollen, Dann wüßtest du es jetzt schon ganz genau, Wie gut zum Bambusrohr dein Schädel paßt! Ich solls an jedem Ort vollbringen können Und auch zu jeder Zeit! Jetzt faselt er! Ei, denk sie dir mit einem starken Schnupfen, Sieh ihrer Mutter ins Gesicht und sag dir: So sieht sie selbst in zwanzig Jahren aus, Dann nimmt dein Fieber ab! Was ist es nur? Ein altes Märchen klingt mir in den Ohren, Ein schauerliches, wie kein zweites mehr! Erzähls! Erweiche dich! Vergieße Tränen Und laß den Stein, wenn du dir mit der Hand Die Augen trocknest, fallen! Ich erspare Dir gern die Müh, ihn wieder aufzuheben! Ein wunderschönes Mädchen war verzaubert, Nicht an Gestalt, allein in ihrem Sinn. Sie haßte, was sie sonst geliebt, und wurde Nur dadurch, daß ihr der Geliebte selbst Den Dolch ins Herz stieß, was er tat im Zorn Und in der Wut der Eifersucht, erlöst! Das hört ich schon vom alten Araber! Ich schob ihm, als er grade dies erzählte, Den Igel untern Burnus, der ihn stach! Hätt ich vielleicht, als sie in Fleisch und Blut Hier vor mir stand, mit meinem Dolch das gleiche An ihr – Mich schaudert! Aber das war sicher Im Widerspruch mit allem, was ich dachte Und was ich fühlte! Doch, das kanns nicht sein, Denn das vermögt ich jetzt ja schon nicht mehr! Er träumt im Stehn. Gleich fällt er um. Dann geh ich Ans Werk! Er tritt dicht hinter Assad. geht lebhaft vorwärts. Ich will mich heut nicht länger quälen, Ich will mich freun und dem mit Zuversicht Vertraun, der über mir und ihr ist. Ists Für heut nicht schon genug, daß ich sie sah, Und daß sie freundlich mit mir sprach? Ihr Auge War aus der Wolke noch auf mich gerichtet, Ja, selbst aus dem Rubin heraus noch scheint Sein Strahl mich anzublicken. Leuchtet er Nicht wie ein Stern? Hält den Rubin in die Höhe. der ihm gefolgt ist, greift nach dem Stein, und ruft mit verstellter Stimme. Ja! Er gefällt auch mir! – Triumph! Ich hab ihn! Er läuft fort. eilt ihm mit gezücktem Dolche nach. Stirb für diesen Raub! Er sticht ihn. Mord! Raub! Er überwältigt Hakam. Ich hab ihn wieder! Büß es jetzt, Daß du ihn angefaßt! Und mit dem Tode! Ich hab genug! Stürzt um. 5. Szene Fünfte Szene Der Kadi. Nachtwache mit Fackeln erscheint. Greift jeden, den ihr trefft! Hier wurde Mord geschrieen! ist, gleich wie Hakam stürzte, neben ihm niedergekniet. Ist das wahr? Traf ich dich tödlich? Sprich! – Er kann nicht mehr! So wäre ich ja – Wo ist deine Wunde? Er ruft. O, helft, helft! Hieher! Nun, was gibt es hier? Hier liegen zwei am Boden! Mit den Fackeln Herbei! Die Nachtwache umzingelt Hakam und Assad. zu Assad. Wer bist du? Er erkennt ihn. Ha! Er springt zurück. Du schrickst zurück? Ist er bewaffnet? Stach er dich? Verzeih! Das ist – Wer denn! Doch nicht – Er ergreift selbst eine Fackel und beleuchtet Assad. Ei freilich, freilich, Das ist der Bube, den die Erde heut Verschlungen haben soll! Dank, Allah, Dank! So wirds mir doch belohnt, daß ich mich selbst Für diese Nacht der Wache beigesellt. Ich hab den Flüchtling! Steht doch diesem bei! Weswegen kamt Ihr, wenn Ihr das nicht wollt! Der Bursch verspricht das Mögliche! Er hat, Man siehts, hier einen mördrisch angefallen Und ruft, nun er den Richter kommen hört, Mit eigner Kehle nach Verband und Ärzten! Es hilft nur leider nichts! Mich täuscht das nicht! Packt ihn und hebt den andern auf! Ich glaube, Ich brauche keine Hülfe, wenn ich auch Verwundet bin! Er steht auf. Doch, doch! Mir schwindelt jetzt! Die Umstehenden unterstützen ihn, Selim untersucht ihn. Es ist nicht viel! Ein Schlitz im linken Arm! Bindet ihm ein Tuch um den Arm. Pfui, schäme dich, daß du von Schwindel sprichst! Gewiß nicht mehr? Ich glaubte – Halt doch still! Was sonst? zu Hakam. Bist du nicht der, der diesen fing, Als er entlief? Ich soll dich an der Stimme Erkennen! Hätt ich diese Wunde wohl, Wenn ichs nicht wäre? Nur aus Rache fiel Er mich hier an. Das paßt zum übrigen! Elender, hast du mich nicht erst beraubt, Und wußte ich auch nur, daß du es warst? Ich bin zum Schwur bereit! Des braucht es nicht! Ich kenne ihn, wie dich! Der Bube da Ist schuld dran, daß mein Rustan sich erhing, Und du bist, wenn auch ohne dein Verdienst, Jetzt Ursach, daß ich ihm das lohnen kann. Ihm wird der schnellste Galgentod zuteil, Du sollst den Preis, den ich im ersten Grimm Auf seinen schlechten Kopf gesetzt, erhalten, Wenn du nicht eine andre Bitte hast! Herr, gebt mir Rustans Amt! – Laßt mich dies Amt Zum wenigsten an dem vollziehn! Du bist Ein wenig keck! Und doch – Mir mißfällts nicht! Es sei! Mißlingt mein Probestück an ihm, So laßt ihn seins an mir versuchen! Mach dich Bereit, es gleich beim ersten Morgengraun Vor meinen eignen Augen abzulegen! Ich bins! Für sich. Ich kenn das Knotenknüpfen längst. Zu Assad. Du stachest mich, und ich, ich hänge dich! Siehst du, wie alles sich auf Erden dreht? zu Assad. Nun? – Es wird Ernst! – Verschwinde noch einmal! Du zögerst? – Fehlt der schurkische Genoß Jetzt mit dem Räucherpulver? Denn der Dampf Von Räucherpulver wars, der dich verhüllte, Nicht eine Wolke, wie die Toren glaubten, Ich hätt den Kniff im Augenblick durchschaut! Zu Selim. Siehst du hier noch ein Wunder? Herr, vergib! Nun rasch zum Markt, wo er den Raub beging! Denn, wo er sündigte, da soll er büßen! Ab, mit allen. indem er abgeführt wird. Ehrwürdger Greis, verließest du mich auch? 3. Akt 1. Szene Erste Szene Soliman und Khalf treten vor. Er wird doch noch gehängt! Er wird es nicht! Ho! Ho! So sicher, als es Stricke gibt! So sicher nicht, als Allah Allah ist! Setzt Ihr das Kalb, das Ihr von Eurer Kuh Erwartet, setzt Ihrs an das Füllen, Mit welchem meine Stute geht? Ich biete Die Wette! Nein! Dann denkt Ihr auch, wie ich! Gewiß nicht! Doch ich will nicht, daß ein Mensch Aus Eigennutz ihm Böses wünschen soll, Und ginge ich die Wette ein, so würdet Ihrs tun. Gleichviel! Er wird noch heut gehängt! So dacht ich diesen Morgen auch, als ich Aus meiner Tür trat und ihn stehen sah, Den Strick schon um den Hals, und den Kadi, Argwöhnisch passend, neben ihm. Doch, als Auf einmal, von Trompetenschall verkündigt, Der Herold nun dahergeritten kam Und ausrief: Haltet ein, denn heute soll Kein Todesurteil hier vollzogen werden, Eh der Kalif es selbst bestätigt hat! Da jauchzt ich wieder auf, und klar erkannt ich Den Finger Allahs! Wirklich? Ist es denn Nicht wunderbar? Das erstemal verschluckte Die Erde ihn, es sah zum wenigsten So aus, und jetzt – – In diesem Jüngling steckt Was ganz Besondres, glaubt es mir! Das Lamm, Das gestern, als er kaum verschwunden war, An seiner Statt hervortrat aus dem Nebel, Schneeweiß und schuldlos um sich blickend, Hat etwas zu bedeuten! Wunderbar Ists auch, daß Ihr, der Ihr von ihm beraubt seid, Ihn so in Euren Schutz nehmt! – Dennoch – Habt Ihr den Kadi Euch angesehn? Der ließ So ab von seiner Beute, wie der Tiger, Wenn er den Löwen hört! Einstweilen zaudernd, Doch immer noch zum Sprung bereit. Und – Nachbar, Ich mögt zu Mittag gern was essen können! Hört auf, wir werdens sehn! – Ich bin begierig, Obs wahr ist, was man vom Kalifen sagt. Unglaublich scheint es mir. Noch nie stieg einer Von seinem Thron herab, und wurde Derwisch, Wenn ihn kein Bruder dazu zwang! Man konnte Darauf gefaßt sein! Meint Ihr? Nun, man weiß Ja, was man weiß! Ihr tut geheim! faßt sich an den Hals. Ich habe Den äußerst lieb! Und glaubt Ihr, daß Ihr mir Nicht trauen dürft? Man sollte niemand trauen! Es ist schon schlimm genug, daß man sich selbst Nicht zwingen kann, gefährliche Geheimnisse beizeiten zu vergessen. Im Fieber hat schon mancher ausgeplappert, Was ihn, wenn die Besinnung wiederkehrte, Auf die Genesung gern verzichten ließ. Ihr treibt es weit! Was ists? Wißt Ihr etwas, Das Ihr zu meiner Sicherheit im Tausch Dagegen setzen könnt? Ihr schweigt? So schweige Ich auch! Ihr könnt schon was erfahren haben, Denn Euer Sohn ist des Kalifen Arzt, Seit ihm die wunderbare Kur gelang! Ach, wär ers nicht! Wieso? Ich denke doch, Er wird nicht karg beschenkt! Nur hat er leider Die Kunst noch nicht entdeckt, den Arzeneien Den widerwärtigen Geschmack zu nehmen, Und der Kalif nimmt nie ein Mittel ein, Das seinem Gaumen widersteht. Das ist Denn freilich schlimm! Ich denks! Für einen Arzt, Der mit dem Kopf für des Kalifen Leben Zu haften hat und der, sobald er stirbt, Gehängt wird! Dies ist doch wohl nicht zu ändern! Was könnte wohl den Arzt so eifrig machen, An des Kalifen heiliger Person Nichts zu versäumen, als die Furcht vorm Strick! Im Pavillon erscheinen Mohrenknaben. Im Pavillon wirds laut! Hinweg! Er kommt! Sie ziehen sich zurück. 2. Szene Zweite Szene In den Pavillon treten der Kalif und der Vezier nebst Gefolge ein. Herr, nimm mir meinen Kopf! Warum denn, Alter? Er will es nicht begreifen, daß du recht tust! Ich tu, was ich nicht lassen kann! O, laß dich Beschwören! Spar das! Mein Entschluß steht fest! Du in die Wüste ziehn! Ein Derwisch werden! Führ mir Fatime her! Dann unterbleibts! Man wird sie sicher noch entdecken! Nie! Seit sie verschwand, verstrich ein ganzes Jahr! Und wenn denn nicht – Schon mancher Vater hat Sein Kind verloren! Ja! Doch an den Tod! Ist das nicht noch viel schlimmer? Abubeker, Du willst nicht, daß ich Derwisch werden soll Und sprichst, als wär ichs schon. Wenn meine Zunge Durch Widerspruch mich um den Kopf gebracht, So dank ichs ihr. Ich brauch ihn nur so lange, Als ich dir dienen darf und geb ihn jetzt Mit Freuden hin! Sprich immer zu! Zwar trage Ich heute noch die Krone Mahomeds, Allein ich tus zum letztenmal und will Gern zum voraus mich an die Zeit gewöhnen, Wo man in mir nur noch den Greis erblickt. Das muß ich hören! Erde, tu dich auf Und schlinge mich hinab! Vezier! Ich habe Dir nie gesagt, warum ich etwas tat! Du winkst, und wir gehorchen! So geziemt sichs! Dir legt es Allah in das Herz! So ists! Wir Potentaten sind für ihn dasselbe, Was ihr für uns seid; wenn wir tun, Hat er gedacht! Drum ist es auch gewiß Kein Märchen, daß es einen Apfel gibt, Den nur ein König essen kann, der jedem Zu Gift wird, der nicht unsresgleichen ist. Ich ließ die Welt schon längst nach ihm durchforschen, Wer weiß, wie bald man mir ihn bringt! Was soll Er dir? Du fragst? Wenn ein Empörer sich Erhübe, und, auf Lug und Trug gestützt, Im Pöbel Anhang fände, brauchte man Nicht erst das ungewisse Schwert zu ziehn: Man zöge diesen Apfel bloß hervor Und lüde ihn zum Essen ein! Wie kannst Du an Empörung denken? Lebt der Mensch In deinem Reich, der, wenn du ihm gebeutst, Den Bauch sich aufzuschlitzen und die Schnur Sich um den Hals zu legen, auch nur wagt, Nach dem Warum zu fragen? Das ist wahr! Allein, es kam schon vor! Nur nicht bei uns! Nur nicht in Bagdad! Muß ich dich, o Herr, An die Moschee erinnern, die dein Vorfahr Am Tigris aus den Schädeln seiner Feinde Erbaun ließ nach der großen Christenschlacht? Fehlt ihr die Krone? Sind, als es zuletzt Gebrach an Köpfen, Tausende nicht gleich Herbei geströmt, von heilgem Eifer voll, Und haben ihren eignen dargebracht? Und ist das Denkmal seiner Herrlichkeit Nicht auch ein ewges Denkmal unsrer Treue? Dein Ahnherr ging den übrigen voran Du darfst dran mahnen! Und dies treue Volk Willst du – – Nein! Nein! Du kannst es nicht! Ich habe Dir nie gesagt, warum ich etwas tat! Jetzt solls geschehn! Ich liebe meine Tochter Nicht bloß, weil dies ein Vater immer tut, Und auch nicht bloß, weil sie die einzge ist, Der ich, verzeih, mich ganz vertrauen darf, Ich tus noch weit mehr ihrer Mutter wegen, Denn diese ihre Mutter habe ich Im Rausch – es war mein erster und mein letzter! – Erschlagen! Herr der Gläubigen! Es war Ein Weib und deine Sklavin! Habe sie Erschlagen, ohne sie, die im Harem mir Noch stets die liebste war, auch nur zu kennen, Bin dann auf ihrem Leichnam eingeschlafen, Als obs ein Kissen wär, und hätt ihn fast Mit mir emporgerissen, als ich morgens Erwachend aufsprang, ihre langen Locken Vom Abend her noch um die Faust gewickelt, Und ganz durchnäßt von ihrem kalten Blut! Je nun! je nun! Du hast dein Kleid gewechselt Und auf dem nächsten Sklavenmarkt Ersatz Für die Verlorene gefunden! Freilich! Doch wünschte ichs aus meinem Leben weg! Ja, Abubeker, ja! Der Koran spricht: Du sollst die Mutter deiner Kinder ehren, Und das gilt mir, wie dir! Du hast dafür Die Tochter, welche sie dir hinterließ, Mit unbegrenzter Zärtlichkeit beglückt. Ja wohl! Doch eben darum kann ich sie Auch nicht entbehren, und gewiß ward sie Mir nur entrissen, um die frühre Schuld An mir zu strafen. Ich versteh den Wink Und suche mir das Paradies zu sichern, Indem ich selbst die Buße noch verdopple, Und auch aufs Reich verzichte. Das ist nicht So schwer, wie es dir scheinen mag! Du kennst Mein Fieber nicht! Für sich. Ich zittre nachts im Traum Vor Euch, wie Ihr bei Tag vor mir! – Auch glaub ich, Daß mir mein Kind vielleicht zum Lohn dafür Zurückgegeben, daß es wenigstens Der Welt zurückgegeben und nicht länger Für meine Sünden leiden wird! Weh uns! Verdammt sei, wer die erste Traube preßte! Ein Teufel sitzt in jedem Tropfen Wein. Ich kostete nur einmal das Getränk, Das der Prophet verbot, und jetzt noch trifft Der Fluch mich. Doch ich hätte mich vielleicht Auf dem verruchten Pfad der Neuerung, Den ich verwegen eingeschlagen hatte, Noch weit verirrt, wenn diese ernste Mahnung Zur schnellen Umkehr nicht gekommen wäre. Jetzt klammerte ich fest mich ans Gesetz, Wie der Ertrinkende sich an den Balken, Und daher rührts, daß ich mit Feur und Schwert Jedweden, der sich von der alten Weise Auch nur um einen Fingerbreit entfernt, Vertilge. Ich erfuhr, wohin es führt. Du bist der Hort des Glaubens. Soll der Glaube Des Horts entbehren? Dies erwäg noch, Herr! Dem Glauben ist sein ewger Hort gewiß. Ich will die letzten Pflichten jetzt erfüllen, Damit ich ruhig ziehen kann. Zunächst Ernenne ich Ägyptens Pascha noch, Da ich den jetzgen Pascha, meinen Bruder, Auf meinen Thron berief. Laß sämtliche Emire kommen! Der Vezier winkt. 3. Szene Dritte Szene Die Emire, zehn an der Zahl, treten ein. Jetzt vollzieh an mir Den uralt-heilgen Brauch, damit nicht Neigung Und Vorurteil, mir selber unbewußt, Sich geltend machen können! Der Vezier verbindet ihm mit Feierlichkeit die Augen. Wechselt nun Die Plätze! Die Emire wandeln einige Male durcheinander, dann knien sie nieder. Es geschah! mit erhobenen Händen. So leite du mich, Der du im Stein den Funken und im Menschen Das Herz siehst! 4. Szene Vierte Szene Indem er sich langsam in Bewegung setzt, tritt ein Bote ein und wirft sich vor ihm auf die Kniee. berührt den Boten. Auf denn, Pascha von Ägypten, Erhebe dich. Ich bin der Pascha nicht, Ich bin sein Bote nur und soll dir melden, Daß er noch heut erscheint. Er wär schon hier, Wenn nicht sein Pferd den Hals und er den Arm Gebrochen hätte! nimmt sich die Binde ab. Was ist dies, Vezier? Der Mensch trat eben ein! nach einem feierlichen Stillschweigen. Allah, vergib! Du kannst nicht irren! – Was gehört zum Pascha? Ein Mensch! Und der da Er betrachtet den Boten. ist kein Tier! Zum Boten. Steh auf Und kehre in dein Paschalik zurück! Zum Vezier. Du, fertige den Firman aus! Ich küsse Die Füße dir! Der Pascha küßt den Rock. nimmt den Boten beiseite. Du kennst des Paschas Pflicht? Wie sollte ich? Ägypten ist ein reiches Land, die Ernten Sind höchst ergiebig! Wenn der Nil im Frühling Den Boden wässert. Doch er tuts nicht stets! Das gilt uns hier in Bagdad gleich. Wir können Den Nil nicht strafen, aber wohl den Pascha, Wenn er den schuldigen Tribut nicht schickt. Ich selbst war einmal Pascha von Ägypten Und habe dort ein Hungerjahr erlebt. Da ging der Zehnte spärlich ein. Was tat ich? Ich legte eine Steuer auf die Luft! Ich weiß es wohl. Man mußte Scheine lösen, Und wenn mans unterließ, so wurde einem Der Mund verklebt, und durch die Nase mußte Man kümmerlich sein bißchen Atem ziehn, Bis man der Vorschrift nachgekommen war. Ich selbst, ich habe damals einen Becher Verkaufen müssen, der noch aus der Zeit Der Pharaonen stammte und vom Vater Stets auf den Sohn vererbt ward. Ja, das Mittel War gut, um alte Münzen, alte Teller Und alten Schmuck ans Tageslicht zu ziehn, Drum wählte ichs. Dies merke dir. Man fragt In Bagdad nie, wie dus zusammenbringst, Wenn du das Geld nur schickst. Ich werd mich treu Nach deinem Wink verhalten! zum Kalifen. Ich belehrte Den neuen Pascha über seine Pflicht. Laß ihm auch aus dem Schatz das Nötge reichen, Damit er einziehn kann, wie sichs gebührt. Es soll geschehn! Emir! Ein Emir tritt heran. Der Vezier spricht mit ihm. Der Emir geht mit dem neuen Pascha, dem er viele Ehrfurcht erweist, ab. Jetzt sprech ich Recht! Noch eins, Herr! Dein Erzähler – Geht, wohin Es ihm gefällt, und auch mein witzger Kopf! Was soll mir ihr Tribut noch! Um Fatimen Erheitrung zu verschaffen, ließ ich mir Ihn zollen. Selbst erfind ich keine Märchen, Auch kommt mir niemals etwas in den Sinn, Was junge Mädchen lachen macht, und lachen Sah ich Fatime gern. Drum ließ ich mir In Märchen, Possen, Phantasien und Witzen Von diesen Bettlern, die nichts andres hatten, Die Steuer zahlen und ergötzte dann Mein Kind damit. Doch, das ist längst vorbei. Nun mag er graben, dieser Dichterpöbel, Um endlich auch einmal in barer Münze Dem Schatz gerecht zu werden, wie sichs ziemt. Wohlan! 5. Szene Fünfte Szene Er verläßt mit seinem Gefolge den Pavillon und tritt in den Garten. Rauschende Musik begrüßt ihn. Das Volk wirft sich nieder. Er setzt sich und gibt dem Vezier ein Zeichen. Der Herr der Gläubigen will heut In eigener Person des Rechtes pflegen, Wie ers getan, als er den Thron bestieg! Tritt vor, Kadi! tritt vor, hinter ihm sein Gefolge, mit verschiedenen Gefangenen, unter denen man Babeck und Assad bemerkt. Du, dessen Angesicht Die Sonne selbst verdunkelt, dessen Tritt Die Erde zittern macht und dessen Stimme Den Sternen Halt gebietet, demutvoll Küß ich die Füße dir und preise mich Beglückt, daß deine tiefe Weisheit jetzt Den kleinen Schatz von Einsicht und Erfahrung, Den ich erwarb, vertausendfachen will! zeigt auf Babeck. Was hat der Mann verübt? Er tötete! Und keinen Menschen – Das geschieht zu oft, Als daß es mich noch sehr erhitzen sollte! – Nein, eine Spinne! zu Babeck. Hast dus nicht gewußt, Daß der Prophet die Spinnen heilig sprach, Seitdem sie, eifrig webend, zu Medina Ihn in der Höhle bargen vor dem Feind? Ich tat es aus Versehn! So sprechen alle! Der eine will vom Baum gefallen sein, Und so das fromme Tier zertreten haben, Der andre gibt für blind sich aus, doch immer Wird Mahomeds Beschützerin erquetscht, Anstatt daß man ihr Fliegen fangen soll. Was diesen Wicht betrifft, so hab ich Zeugen, Daß er vor Monden auch nach einer Katze Schon Steine warf. Das deutet allerdings Auf ein verwildertes Gemüt. Zu Babeck. Vernahmst Du nie, daß der Prophet, als seine Katze Auf seinem Ärmel eingeschlafen war Und ihn die Stunde zum Gebete rief, Den Ärmel abschnitt, statt das Tier zu wecken? Ich tats im Zorn, weil sie mein letztes Brot Gestohlen hatte! Das entschuldigt dich, Wenn auch nur halb. So sollst du denn auch nur Die halbe Strafe leiden! Zum Kadi. Kerkr ihn ein, Solange dirs gefällt. Doch laß ihn leben! Babeck wird zurückgeführt. für sich. Stehts heute so? Dann bleibt mein armer Rustan Leicht ungerächt! Knieend. Herr, darf dein treuster Sklav An diesem Tag, wo deine Mildigkeit, Wie Tau und Regen, selbst auf Disteln sich Ergießt und Dornen, darf er auch für sich Um eine letzte Gnade zu dir flehn? Sie ist gewährt, noch eh du sie genannt! So stoß jedweden Urteilsspruch mir um, Nur einen nicht, nur den nicht, welcher diesen Er zeigt auf Assad. Betrifft! Es sei! Doch sag mir, was er tat, Daß er, so jung noch, dich so sehr gereizt! Ich sag dir leichter, was er nicht tat, Herr, Denn eher zähl ich eines Dornstrauchs Nadeln Dir vor, als seiner Missetaten Menge. Er raubte, erstlich, einen Edelstein, Und das am hellen Tag, auf offnem Markt! bedeckt sich das Gesicht. O! O! Irad erscheint im Hintergrunde. Er scheint die Tat doch zu bereun! Er stellt sich so, um dich zu rühren, Herr! Er bemerkt Soliman, der sich genähert hat. Dort seh ich den Beraubten! Dieser kann Von seiner Reu erzählen. Mit dem Dolch Hat sie der Bösewicht ihm dargetan. Zu Soliman. Du kommst gewiß um den Rubin! Ich will Ihn nicht zurück. Dann fällt er an den Schatz! Zu Assad. Heraus mit ihm! Nimm mir das Leben erst! Ich will den Stein zuvor! Ich geb ihn nicht! Was sagst du, Herr, zu einem solchen Trotz Vor deinem Angesicht? Mein Arzt soll kommen! Er ist verrückt! O nein! Ich bürge dir! zu Assad, mild. Gib mir den Stein! überreicht dem Kalifen nach einem kurzen innerlichen Kampf den Rubin, zieht ihn aber, als dieser die Hand nach ihm ausstreckt, wieder zurück. Ich kanns nicht! Gib ihn her! – Er mahnte mich, wie ich ihn funkeln sah, An meiner Tochter Auge! – Schnell! – Ich sehe Sie vor mir! – Nun? Er streckt die Hand aus. schließt seine Hand. Ha! Stoßt ihn nieder! Gleich Tu ich das selbst! Erst – Er schleudert den Rubin in den Fluß. Unerhört! Nun wird Ihn keiner haben! Jetzt, mein Dolch, heraus Und – Er zieht den Dolch und zückt ihn gegen sich selbst. 6. Szene Sechste Szene im Hintergrunde. Halt! O, halt! Welch eine Stimme! Tochter! fliegt an seine Brust. Mein Vater! Bist dus? Habe ich dich wieder? Danks diesem Jüngling! Er erlöste mich Aus eines Zaubrers fürchterlicher Macht! Er? mit innerlichem Hohn. Ich! So dank ichs ihm, wie ichs gelobt. Ich war bis heut Kalif. Zu Assad. Du bist es jetzt! macht eine Bewegung des Erstaunens. Hast dus nicht selbst verkündigt? Oder brach Ich je mein Wort? Tät ichs, so stellte ich Ja unter meinen letzten Sklaven mich, Denn jeden andern zieht ein Höherer Zur Rechenschaft, ich bin der Höchste selbst! So sprach mein Ahnherr einst! So sprech auch ich! Wohl! Doch – Er ist des Raubes angeklagt! Was tuts? Wenn er Kalif ist, hat er alles Und kann solch eine Tat nicht mehr begehn! Drum – Er legt sein Purpurgewand und sein Diadem ab und gibt es dem Vezier. nähert sich Assad und will ihn bekleiden. Demutvoll – tritt zurück. Ich habe nichts zu fordern! Er wendet sich gegen Fatime. Wohl hätt ich gern den letzten Tropfen Bluts Für dich verspritzt, doch ward mirs nicht so gut, Und wer auch immer mit dem Zaubrer kämpfte, Ich war es nicht! Warfst du den Stein nicht weg? bitter. Das tat ich! O, das tat ich! Weißt dus schon, Und gönnst mir doch noch einen Blick und lächelst Mich freundlich an? Das habe ich verdient! Von Raserei der Eifersucht erfüllt – Ja, ja, der Eifersucht, ich! – schleuderte Ich ihn hinunter in den Fluß und wußte Doch längst, daß er dein holdes Selbst umschloß. Pfui über mich! Nie werd ichs mir verzeihn! Nie wird er sichs verzeihn und hat mich doch Dadurch erlöst! Dies war das einzge Mittel! Wer den Rubin besaß, der sollte ihn Wegwerfen, wie der Knab den Kieselstein! Das war des Zaubrers letztes Wort zu mir, Das ich, gefrierend, noch mit Graun vernahm. Der Zauber war gesprengt, sobald ers tat, Doch Edelsteine hält ein jeder fest. Dies machte mich so hoffnungslos. 7. Szene Siebente Szene tritt ein, der rechte Arm ist ihm verbunden. Kalif, Du winktest, ich bin da! Mein Bruder Omar, Ich bin zufrieden! Huldige denn jetzt Dem neuen Herrn! Die Krone des Propheten Ging über auf Er deutet auf Assad. dies junge Haupt. – Du zauderst? sich mühsam fassend. So lange nur, als not ist, dich zu bitten, Dem Boten, welchen du an mich gesandt, Die freche Zunge aus dem Hals zu reißen! Denn dieser Lügner sagte mir – Ich hätte Dir selbst die Krone zugedacht, nicht wahr? Das hatt ich auch! Ja, ich ernannte schon An deiner Statt Ägyptens neuen Pascha! Nun kam es aber so! geschmeidig, indem er sich vor Assad niederwirft. Und das war gut! Wer diente dir nicht lieber, als er selbst Die Welt beherrschte! Doch, ich bitte dich: Ernenne mich zu deinem Mundschenk! Dich? Es wär mein Stolz und meine Seligkeit! Den Pascha und den Bruder des Kalifen? Wie könnt es sein! aufstehend. So mache ich mir den Zum Freund, ders wird! – Es gibt ja wohl noch Gift! Ist es denn möglich! Er kann nicht länger an sich halten. Nun? mit einer Gebärde an den Hals. Ich folge Rustan! Der läßt mich braten! Täte ichs doch selbst, Wär ich an seiner Statt und er an meiner! Zu Selim leise. Den Strick! reicht ihn hin. Den Strick? greift rasch darnach. Nur her! Ich habe Eil! – Noch denkt er nicht an mich! Schleicht sich fort. zu Assad. Vergönnt jetzt, Herr! Er hängt Assad das Purpurgewand um und setzt ihm das Diadem auf. Assad läßt es willen- und bewußtlos geschehen. streicht sich mit der Hand über die Stirn. Schon einmal träumt ich so! kniet. Bin ich der zweite Im Niederknien, so werde ich dafür Im Pflicht-Erfüllen stets der erste sein! Das hoff ich dir noch heute darzutun! Ich huldige dir auch! Er will ihn zum Thron führen. Dies ist dein Sitz! Herr! tritt mit Majestät hervor. Still! Ich weiß, was dein bescheidner Sinn Einwenden möchte. Aber dies geschieht Mit Allahs Willen und auf sein Geheiß. Der böse Geist hat, ohne es zu ahnen, Für seinen Plan gewirkt! Ehrwürdger Greis, Ich bin ein Fischersohn! Ward der Prophet Im Purpurkleid geboren? Zwanzig Jahre Trieb er Kamele durch den Wüstensand! Wie kann der Fischersohn die Millionen Regieren, welche – Wenn er nie vergißt, Daß er von allen diesen Millionen Nur einer ist, und daß sein Volk nicht bloß Mit seinen beiden, nein, mit Millionen Von Ohren und von Augen hört und sieht, Daß es mit Millionen Herzen fühlt, Mit Millionen Köpfen denkt! Du hast Die Not gekannt, die bittre Not, es schritt Drei Mal sogar der Tod an dir vorüber, Du wirst dich niemals in betörtem Sinn Für einen Gott erklären, auch dein Sohn Wirds noch nicht tun, und selbst dein Enkel nicht. Und das ist schon genug! Erfüll, o Herr, Jetzt deine erste Herrscherpflicht: die Pflicht, Dich selbst zu schützen vor Verrat und Tücke. Es gibt hier einen, der dir Böses sinnt, Deutet auf Omar. Leg den in Fesseln! Das verschiebe ich So lange, bis er Böses an mir tat! Wer sprach das, Abubeker? Wer das sprach? Ein treuer Diener seines neuen Herrn! Doch, wenn ich wirklich meine Brüder jetzt In Fesseln legen kann, so werd ich sie Ja wohl von Fesseln auch befreien können! Nehmt diesem denn die seinen ab! Er deutet auf Babeck. Es geschieht. jauchzend. Man tuts! Ich kann das in der Tat! O Allah, Allah! Ich bin ein Fischersohn und doch Kalif. Jetzt öffn ich denn die Kerker meines Reichs, Daß Tausende um Segen für mich flehn, Dann wird mir Kraft und Mut und Weisheit werden, Und was noch fehlt, das Zu Irad. fügt dein Rat hinzu! Wir scheiden gleich! Der böse Geist erwacht, Ich fühl es schon, und ich muß schlafen gehn! Zum Vezier. Vezier, verkünde du dem Volke jetzt Den neuen Herrscher! Assad nennt er sich! Noch nicht! Deutet auf Fatime. Und sie? Sie teilt den Thron mit dir! zu Fatime. Darf ich es hoffen? Weißt du es nicht schon? Mein Vater! Folg ihm nur! Ich segne euch! Kalif, ich küsse dir die Füße! Er wirft sich vor Assad nieder. tritt zurück. Au! steht auf. Verzeih die Inbrunst! Einmal mußt ich ihn Noch beißen! Jetzt verehr ich den in ihm, Der mir die Taschen füllen und den Kopf Mir nehmen kann! mit erhobener Stimme. Ihr Gläubgen, Harun stieg Herab vom Thron und Assad steigt hinauf! Musik und Jubelgeschrei der Menge.