19 Hans ohne Land »Leb wohl, mein Weib«, sprach Hans ohne Land, »Mich rufen hohe Zwecke; Ein andres Weidwerk harret mein, Ich schieße jetzt andre Böcke. Ich laß dir mein Jagdhorn zurück, du kannst Mit Tuten, wenn ich entfernet, Die Zeit vertreiben; du hast ja zu Haus Das Posthorn blasen gelernet. Ich laß dir auch meinen Hund zurück, Daß er die Burg behüte; Mich selbst bewache mein deutsches Volk Mit pudeltreuem Gemüte. Sie bieten mir an die Kaiserkron', Die Liebe ist kaum zu begreifen; Sie tragen mein Bild in ihrer Brust Und auf den Tabakspfeifen. Ihr Deutschen seid ein großes Volk, So simpel und doch so begabet! Man sieht euch wahrhaftig nicht an, daß ihr Das Pulver erfunden habet. Nicht Kaiser, Vater will ich euch sein, Ich werde euch glücklich machen – O schöner Gedanke! er macht mich so stolz, Als wär ich die Mutter der Gracchen. Nicht mit dem Verstand, nein, mit dem Gemüt Will ich mein Volk regieren; Ich bin kein Diplomatikus Und kann nicht politisieren. Ich bin ein Jäger, ein Mensch der Natur, Im Walde aufgewachsen Mit Gemsen und Schnepfen, mit Rehbock und Sau, Ich mache nicht Worte, nicht Faxen. Ich ködre durch keine Proklamation, Durch keinen gedruckten Lockwisch; Ich sage: Mein Volk, es fehlt der Lachs, Begnüge dich heut mit dem Stockfisch. Gefall ich dir nicht als Kaiser, so nimm Den ersten besten Lausangel; Ich habe zu essen auch ohne dich, Ich litt in Tirol nicht Mangel. So red ich; doch jetzt, mein Weib, leb wohl! Ich kann nicht länger weilen; Des Schwiegervaters Postillion Erwartet mich schon mit den Gäulen. Reich mir geschwind die Reisemütz' Mit dem schwarzrotgoldnen Bande – Bald siehst du mich mit dem Diadem Im alten Kaisergewande. Bald schaust du mich in dem Pluvial, Dem Purpurtalar, dem schönen, Den weiland dem Kaiser Otto geschenkt Der Sultan der Sarazenen. Darunter trag ich die Dalmatika, Worin gestickt mit Juwelen Ein Zug von fabelhaftem Getier, Von Löwen und Kamelen. Ich trage die Stola auf der Brust, Die ist gezieret bedeutsam Mit schwarzen Adlern im gelben Grund; Die Tracht ist äußerst kleidsam. Leb wohl! Die Nachwelt wird sagen, daß ich Verdiente, die Krone zu tragen – Wer weiß? Die Nachwelt wird vielleicht Halt gar nichts von mir sagen.«