9. Im Hafen Glücklich der Mann, der den Hafen erreicht hat, Und hinter sich ließ das Meer und die Stürme, Und jetzo warm und ruhig sitzt Im guten Ratskeller zu Bremen. Wie doch die Welt so traulich und lieblich Im Römerglas sich widerspiegelt, Und wie der wogende Mikrokosmus Sonnig hinabfließt ins durstige Herz! Alles erblick ich im Glas, Alte und neue Völkergeschichte, Türken und Griechen, Hegel und Gans, Zitronenwälder und Wachtparaden, Berlin und Schilda und Tunis und Hamburg, Vor allem aber das Bild der Geliebten, Das Engelköpfchen auf Rheinweingoldgrund. Oh, wie schön! wie schön bist du, Geliebte! Du bist wie eine Rose! Nicht wie die Rose von Schiras, Die hafisbesungene Nachtigallbraut; Nicht wie die Rose von Saron, Die heiligrote, prophetengefeierte; – Du bist wie die Ros' im Ratskeller zu Bremen! Das ist die Rose der Rosen, Je älter sie wird, je lieblicher blüht sie, Und ihr himmlischer Duft, er hat mich beseligt, Er hat mich begeistert, er hat mich berauscht, Und hielt mich nicht fest, am Schopfe fest, Der Ratskellermeister von Bremen, Ich wäre gepurzelt! Der brave Mann! wir saßen beisammen Und tranken wie Brüder, Wir sprachen von hohen, heimlichen Dingen, Wir seufzten und sanken uns in die Arme, Und er hat mich bekehrt zum Glauben der Liebe – Ich trank auf das Wohl meiner bittersten Feinde, Und allen schlechten Poeten vergab ich, Wie einst mir selber vergeben soll werden – Ich weinte vor Andacht, und endlich Erschlossen sich mir die Pforten des Heils, Wo die zwölf Apostel, die heil'gen Stückfässer, Schweigend pred'gen, und doch so verständlich Für alle Völker. Das sind Männer! Unscheinbar von außen, in hölzernen Röcklein, Sind sie von innen schöner und leuchtender Denn all die stolzen Leviten des Tempels Und des Herodes Trabanten und Höflinge, Die goldgeschmückten, die purpurgekleideten – Hab ich doch immer gesagt, Nicht unter ganz gemeinen Leuten, Nein, in der allerbesten Gesellschaft Lebte beständig der König des Himmels! Halleluja! Wie lieblich umwehen mich Die Palmen von Beth-El! Wie duften die Myrrhen von Hebron! Wie rauscht der Jordan und taumelt vor Freude! – Auch meine unsterbliche Seele taumelt, Und ich taumle mit ihr, und taumelnd Bringt mich die Treppe hinauf, ans Tagslicht, Der brave Ratskellermeister von Bremen. Du braver Ratskellermeister von Bremen! Siehst du, auf den Dächern der Häuser sitzen Die Engel und sind betrunken und singen; Die glühende Sonne dort oben Ist nur eine rote, betrunkene Nase, Die Nase des Weltgeists; Und um die rote Weltgeistnase Dreht sich die ganze betrunkene Welt.