XVI. Aurelius und Beelzebub. Es wird Aurel, der nichts, als Armuth scheut, Zum Mammonsknecht, zum Harpax unsrer Zeit. Ihm ist der Klang von vielen todten Schätzen Ein Saitenspiel, das Zählen ein Ergötzen. Oft schläft der Thor, noch hungrig und mit Pein, Vom Hüten matt, auf vollen Säcken ein; Denn Geld und Geiz nimmt täglich bey ihm zu; Geld ist sein Trost, sein Leben, seine Ruh, Sein Herr, sein Gott! Stets nagt ein scharfer Neid Sein blutend Herz: jüngst mehrt' ein vielfach Leid Des Wuchrers Quaal und Unzufriedenheit. Der Witwen Fluch? Beraubter Waisen Ach? Die Reue? Nein. Dergleichen Kleinigkeit Giebt Reichen itzt kein großes Ungemach. Was Wichtigers: Zu spät erfolgte Renten, Ein drohender Protest, zu wenige Procenten, Ein viel zu mildes Jahr, der zu fürwitzge Zoll, Dies alles füllt sein Herz mit Unmuth, Zorn und Groll. Er wird zuletzt verzweiflungsvoll. Als er so großer Noth so peinlich nachgedacht, Ruft der Unsinnige so gar in einer Nacht Den Satan an, und Satan schickt ihm gleich Den größten Herrn aus seinem Reich, Der itzt, den Alten zu berücken, In einer neuen Tracht erschien, Wohl zehnmal schöner, als wir ihn In den Gemälden oft erblicken, Wo ihm die Augen funkelnd glühn, Und Hörner seine Stirne schmücken. Er hatte weder Schweif, noch Klauen, Der Hölle zaubernde Gewalt Gab ihm die menschliche Gestalt, Und Keinem durfte vor ihm grauen. Er überkam, nach unsrer Stutzer Art, Ein schönes leeres Haupt, ein wohl gepudert Haar, Wobey zugleich dem Kinnchen ohne Bart Ein Flügelwerk von Band, anstatt des Schattens, war. Er selbst, wie seine Pracht, war ohne Fehl und Tadel, Und Herr und Kleid von gleichem Adel. Nur ließ man ihm (so lautet der Bericht) Den einen Pferdefuß. Warum? Das weiß ich nicht. Er war ja sonst, ohn' allen Zweifel, Ein hübscher, recht galanter Teufel. Bald fand der karge Greis den längst gesuchten Rath, Als dieser Kavallier zu ihm ins Zimmer trat. 1 Mein Herr, wie heissen Sie? – Beelzebub. – Willkommen! Der oberste der Teufel? – Ja! – Ich hatt' es nicht in Acht genommen, Weil ich noch nicht auf Dero Füße sah. Sie setzen sich. – Wie geht es in der Höllen? – Wie lebt mein reicher Onkel da? – Recht wie ein Fürst. – Und wie befindet sich Der Lucifer? Ich bitte dich Die Komplimenten einzustellen. Dich reich zu machen, komm' ich hier. Ich bin dein Retter. Folge mir. Sein Führer bringet ihn in einen öden Wald Von heiligen, bemooßten, alten Eichen, Den Sitz des Czernebocks, 2 der Gnomen 3 Aufenthalt, Die Schlachtbank vieler Opferleichen. Hier, herrscht fast tausend Jahr, ein schwarzer, wilder Schrecken In grauser Finsterniß. Den unwirthbaren Sitz Verklärt, doch selten nur, ein rother schneller Blitz. Hier sollte sich der Trost Aurels entdecken. Hier blieb der Fliegenfürst und sein Gefährte stehn. Er stampft dreymal: dreymal erbebt der Grund: Es öffnet sich ein lichter, tiefer Schlund, Und läßt im Augenblick so große Baarschaft sehn, Als würde fast der Reichthum aller Welt Hier, an Geschmeid und Gold, den Augen dargestellt. Sieh', spricht der Höllengeist, auf diesem Platz Liegt ein Geschenk für dich, der Schatz. Wie wird der Filz durch dieses Wort entzückt! Kein irdsches Paradies scheint ihm so schön geschmückt, So reich an innerm Werth. Kein Thumherr, kein Prälat, Der seiner Pfründe Zins in Rheinwein vor sich hat, Kein Bischoff, der erfreut, an einem Kirchweihfest, Das erste Glas besieht, das er sich reichen läßt, Weiß mit so merklichem, doch wohlbefugtem Sehnen Sein fromm und fett Gesicht durch Lächeln auszudehnen. Er streckt frohlockend aus die hoffnungsreiche Hand. Wiewohl, o harter Zwang! Glück voller Unbestand! Halt, ruft Beelzebub, dies ist dir zwar gegeben, Allein vor Morgen nicht zu heben. Der Schatz versinkt auf dieses Donnerwort. Gestrenger Herr! wie kurz ist meine Freude! Betrogener Aurel! wie findest du den Ort? Den Busch? die Kluft? den Schatz? – Er ist und bleibet dein. Betrogen! Was? Ich ein Betrüger? – Nein! – Sey klug, und laß ein Zeichen dort, Und nimm dir, wenn es tagt, das Gold und das Geschmeide. Gleich setzt er tiefgebückt sich und ein Zeichen hin. Er jauchzt mit neu vergnügtem Sinn, Und sagt aufs zierlichste mit vielen Worten Dank. Beelzebub verschwand standsmäßig mit Gestank. Es springt Aurel um den bemerkten Platz, Als ob er seinen Fund schon hätte; Doch stößt er sich an einem Baum. Aurel erwacht (denn alles war ein Traum) Und von dem vorgestellten Schatz Bleibt nur das Zeichen in dem Bette. * * * * * Es ist der Geiz der Teufel vieler Alten, Und der Beelzebub, der lockend sie bethört. Ihr ungebrauchter Schatz ist aber nicht mehr werth, Als was Aurel allhier erhalten. Der Stoff zu dieser Erzählung ist aus dem Moyen de Parvenir des Herrn von Verville genommen. Ein Genie kann noch manche schöne unbekannte Bluhme aus diesem Lande, das kein zärtliches Auge betrachten kann, in die Gärten der Huldgöttinnen verpflanzen, wo man ihren Ursprung ihnen gewiß nicht ansehen, und sie als ein himmlisches Gewächs bewundern wird. Außerdem würden sie die Grazien nie zu sehen bekommen; wenige unter ihnen können so viel vertragen, wie die gelehrte Königinn von Schweden Christina , die sich, an dem Krankenbette des Salmasius, Erzählungen im Geschmacke des Grecourt von ihrer Hofdame daraus vorlesen ließ. Fußnoten 1 Pray, let me crave Your Name, Sir – Satan – Sir, Your Slave; I did not look upon Your Feet: You'll pardon me: – Ay now I see't: And pray, Sir, when came Yon from Hell? Our Friends there, did You leave Them well? – All well; but pr'ythee, honest Hans, ( Says Satan, leave Your Complaisance. Prior, im Hans Carvel. 2 Czernebock war, nach dem Bericht des Helmolds, Lib. I.C. XXXV. der böse, schwarze Gott der Slaven, welche Schwarz in ihrer Sprache Czorny und Bag nannten. Ihm ward der gute und weiße Gott, Juterbock, (der Morgengott) oder Belbock entgegen gesetzt. 3 La terre est remplie preseque jusqu'au Centre de Gnomes, gens de petite stature, gardiens des tresors, des minieres & des pierreries. Ceux-ci sont ingenieux, amis de l'homme, & faciles à commander. Ils fournissent aux enfans des Sages tout l'argent, qui leur est necessaire & ne demandent gueres pour prix de leur service, que la gloire d'être commandés. Les gnomides leurs femmes sont petites, mais fort agreables, & leur habit est fort curieux. M.S. le Comte de Gabalis p. 264. in der Bibliotheque de Campagne T. 2.