IX. Melson. Der Dollmetsch, welcher oft mehr Sprachen, als er wußte, Vor seiner Königinn 1 sogleich erklären mußte, Der schlaue Melson fand durch seine Munterkeit Den Rath, den nur der Witz verleiht. Einst kömmt aus Indien ein schwarzer Abgesandter, Erscheinet vor dem Thron, und fängt den Vortrag an, Den er nicht übersetzen kann; Denn keine Sprache war dem Melson unbekannter. Doch hilft die List ihm aus. Ihm winkt die Königinn. Er nähert sich, und spricht: dies ist der Rede Sinn: Großmächtigste! Dein Ruhm dringt bis in unsre Gränzen. Nur dich verehrt ein jeder Theil der Welt. Wo sollte nicht, in Marmor aufgestellt, Dein Bild und Lob den spätsten Enkeln glänzen? Es ist dir Brama hold. Zur Ehre schuf er dich. Dein Anblick, wie dein Geist, ist mehr als königlich. Dies hört' Tavernier , der sich im Saal befand. Des Fremden Sprache war ihm ganz genau bekannt. Er hatte, wie man weiß, von seinen vielen Reisen Mehr, als ein Stammbuch, aufzuweisen. Er sagte: Königinn, was Melson itzo spricht, Das redte der Gesandte nicht. Wer wird, sprach Melson drauf, den Mischmasch wissen wollen? Mir liegt die Pflicht der Ehrfurcht ob. Die Königinn verdient das Lob: Und hat ers nicht gesagt, so hätt' ers sagen sollen. Fußnoten 1 Anna v. Oesterreich, Gemalinn Königs Ludewigs XIII von Frankreich, und Regentinn zur Zeit der Minderjährigkeit Ludewigs XIV.