Venezianische Nacht auf dem Zürichsee Die Lampions gaukeln auf dem See, Laut zischen nach unten die sprühenden Garben, Das Glühlicht scheint wie Mondesschnee, Hellt weit die Flut vom hohen Quai, Bengalisch leuchten die Farben, Bis matt sie im Dunkel erstarben. Die Königin der Gondeln naht Langsam auf stolzem Spiegelpfad. Der Buntlaternen zauberisch Tor Spitzt diademisch sich empor. Darunter spielt die Stadtmusik Ein südlich Barkarolenstück. Leuchtkugeln steigen und neigen Ihr schön verscheidendes Haupt, Brandfrösche knattern im Reigen, Das Feuerrad schwirrt und schnaubt. Vom Ütliberg aufschimmert's hell, Mit Blenden grüßt das Kulmhotel. Mattblinkend winken Mond und Sterne Aus meeresdunkelblauer Ferne. Das ganze Ufer schwarzgedrängt Staunt in das rot-blau-grüne Spiel, Die Fahne des Vergnügens schwenkt Frau Neugier hoch am Vorderkiel. Verliebte Leute, Bräute, Greise Genießen laue Luft und Licht, Der eine jauchzt, der summt was leise, Der Dichter schaukelt sein Gedicht. Er ist so farbenlustberauscht, Er schaut in Wundertraum und lauscht, Wie all die kleinen Lichter hüpfen, Leuchtschlangen durcheinander schlüpfen, Wie nach dem Takt der Melodien Sie tanzen, kreisen, suchen, fliehn. Die schwarzen Zuschauer, die flimmernden Nachen, Er sieht sie mit Trauer, er sieht sie mit Lachen – Das springt empor bei japanischem Licht, Geistessprühfeuer bezaubert sie nicht. Aber wir alle freun uns am Schein ... Da schleift hochaufgedonnert pikfein Starrblickende Dirne vorüber, Sie lockt nicht der wellengespiegelte Schein, Zwanzig Fränkli wären ihr lieber. Ihre Hechtaugen spähen nach Beute, Ein günstiger Fangabend heute. Und hinter ihr an der Tochter Arm Tastet ein blinder Mann durch den Schwarm. Die Raketen platzen in seinem Ohr, Er träumt mit dem Auge, das er verlor. Sein Töchterlein muß ihm berichten Von den schönen, bunten Geschichten.