Die Jahreslose (Dem Bruder.) Hin sind der Rosen Düfte, Die Dich im Lenz erfreut; Längst haben rauhe Lüfte Die Blättlein hingestreut. Ach, daß so bald entschwunden Die Zier der Rose ist, Und daß vom Dorn die Wunde So lang' sich nicht vergißt! Ja, Herz, die volle Rose Blüht nur im Lebensmai, Wählst Du die Jahreslose: Die bleibt Dir ewig treu. Sie steht so still geborgen Im trauten Kämmerlein, Da blüht sie heut wie morgen Im holden Rosenschein. Was blüht die schöne Rose? Sie blühte Lieb' im Mai. Was sagt die Jahreslose? Sie deutet Schwestertreu'. Die blüht so still verborgen Im tiefsten Herzensschrein, Die blüht Dir heut wie morgen, Bis in das Grab hinein. Die wird Dir nie verglühen In Freud' und nicht im Schmerz, Die wird Dir ewig blühen: Sie blüht einst himmelwärts. Berlin, 1815.